Bringt der Finanzierungsvorbehalt nur Vorteile oder auch Risiken?
Was ist passiert?
Im Alltag stellt sich für Käufer und Verkäufer bei Immobilientransaktionen immer wieder die Frage wie ausführlich ein Finanzierungsvorbehalt in einem Immobilien Kaufangebot ausformuliert sein muss und wen er wie bindet. Reicht die oft verwendete Formel „unter Finanzierungsvorbehalt“ aus oder sollte man klarere Regeln treffen?
Wie ist die Rechtslage?
Ohne spezifische Regelung im Kaufangebot oder im Kaufvertrag trifft das Risiko der Kaufpreisfinanzierung den Käufer. Er wird sich, wenn er schlussendlich nicht finanzieren kann, nicht aus seinen vertraglichen Verpflichtungen argumentieren können.
In der Praxis von Immobilientransaktionen wird jedoch häufig ein sogenannter Finanzierungsvorbehalt vereinbart, oft lediglich durch Zusatz der Formulierung „vorbehaltlich Finanzierung“ oder „unter finanzierungsvorbehalt“. Sinn und Zweck ist der Wunsch des Käufers die Finanzierbarkeit des Kaufpreises als Voraussetzung für die Wirksamkeit des Kaufvertrages zu vereinbaren.
Da solch ein Finanzierungsvorbehalt in der Regel nicht sehr ausformuliert in den Kaufangeboten aufgenommen wird, braucht man zur Feststellung der tatsächlichen Bedeutung vertragliche Auslegung. Was ist der Wille der Parteien? Wie ist solch ein Finanzierungvorbehalt im redlichen Verkehr zu verstehe? Im Wesentlichen ist ein Finanzierungsvorbehalt entweder als (i) Rücktrittsrecht oder (ii) Bedingung einzustufen.
In der Praxis ist der Finanzierungsvorbehalt uE als unbedingtes Angebot auf Abschluss eines aufschiebend bedingten Kaufvertrags zu sehen. Was Detailfragen aufwirft: Wie lange und intensiv muss sich der Käufer um eine Finanzierung bemühen? Welche Konditionen muss der Käufer bei einer Bank akzeptieren? Wie lange ist der Verkäufer gebunden und muss darauf warten, dass der Käufer eine Finanzierung findet?
Die Vertragsparteien eines bedingten Vertrages müssen grundsätzlich alles Erlaube und Zumutbare unternehmen, um den Bedingungseintritt zu fördern und alles unterlassen, was der Erfüllung entgegensteht.
Pflichten des Käufers: Vereitelt der Käufer den Bedingungseintritt treuwidrig, dann wird der Eintritt der Bedingung fingiert, dh, dass der Kaufvertrag auch dann rechtskräftig zustande kommt, wenn der Käufer keine Finanzierung erhalten hat. In der Praxis heißt das, dass der Verkäufer vom Käufer Erfüllung verlangen kann, bei entsprechendem Verzug und Verstreichen einer Nachfrist zurücktreten und Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung geltend machen kann. Ein redlicher Käufer muss also alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen um den (unter Finanzierungsvorbehalt geschlossenen) Kauf finanzieren zu können. Unseres Erachtens ist somit eine Anfrage bei der jeweiligen Hausbank allein nicht ausreichend um den Verpflichtungen des Käufers genüge zu tun. Dieser muss binnen angemessener Frist Anfragen bei mehreren Banken stellen und entsprechende Verhandlungen führen. Die Annahme eines Kreditangebots eines Kreditinstituts zu marktüblichen Konditionen wird dem Käufer idR zumutbar sein.
Pflichten des Verkäufers: Ohne klare Formulierung des Finanzierungsvorbehalts befindet sich der Verkäufer in einem rechtlichen Schwebezustand. Wie lange ist der Verkäufer gebunden? Wie lange muss er warten, ob der Käufer in der Lage ist eine entsprechende Finanzierung zu erlangen? Da die Rechtsprechung verlangt, dass die endgültige Entwicklung bis zur vollen Gewissheit abgewartet wird, resultiert dies für den Verkäufer in einem potentiell sehr langen vertraglichen Schwebezustand. Ein vorzeitiger Rücktritt für den Verkäufer soll somit nur dann zulässig sein, wenn ein Abwarten der endgültigen Entwicklungen für ihn unzumutbar und rechtsmissbräuchlich sind. Wann dies der Fall ist, muss im Einzelfall beurteilt werden. Ein Rücktrittsrecht des Verkäufers sollte jedoch idR dann möglich sein, wenn eine im Geschäftsverkehr übliche Dauer zur Erlangung einer Finanzierung deutlich überschritten wurde und den Verkäufer daran kein Verschulden trifft. Es sollten den Vertragsparteien nicht zugemutet werden ewig an einen bedingten Vertragsabschluss gebunden zu sein. In der Praxis wird es bei der Beweiswürdigung jedoch schwer zu belegen sein, ob sich die Vertragsparteien ausreichend bemüht haben oder ob ein treuwidriges Verhalten einer Vertragspartei vorliegt.
Schlussfolgerung
Eine bloße Verwendung von „unter Finanzierungsvorbehalt“ ohne genauere Regelungen vorzusehen, ist kein vertragliches Allheilmittel für den Käufer. Solch eine Formulierung kann sowohl für Käufer als auch für Verkäufer Rechtsunsicherheiten nach sich ziehen. Aus Sicht das Käufers ist unsicher, wie stark er sich um eine Finanzierung bemühen muss und was (z.B welche Konditionen) er im Sinne einer Finanzierung akzeptieren muss, um nicht vertragsbrüchig zu werden und für den Verkäufer ist unklar, wie lange er auf den Käufer und dessen potentielle Finanzierung warten muss.
Wir empfehlen in der Praxis daher bei der Formulierung eines Finanzierungsvorbehalts detailliertere Regelungen vorzusehen. Jedenfalls sollte ein sogenanntes „Long-Stop Date“ verhandelt werden, dh eine Regelung bis wann ein Bedingungseintritt spätestens zu erfolgen hat, um beiden Parteien Rechtssicherheit über die Dauer des geschuldeten Bemühens zu geben.