Rücktrittserklärung nach deutschem Recht in Österreich nicht ausreichend
Was ist passiert?
Ein österreichischer Staatsbürger schloss mit einem deutschen Versicherungsunternehmen eine Lebensversicherung ab. Im Vertrag wurde die Anwendbarkeit von deutschem Recht vereinbart und erfolgte auch die Rücktrittsbelehrung nach deutschem Recht.
Mit Schreiben vom 29.06.2019 erklärte der Versicherungsnehmer den Spätrücktritt gemäß § 165a VersVG.
Wie ist die Rechtslage?
In der Entscheidung 7 Ob 117/20m entschied der Oberste Gerichtshof, dass bei Lebensversicherung gemäß Art. 7 Abs. 3 lit. c ROM-I-VO das Recht jenes Mitgliedstaats anzuwenden ist, dessen Staatsangehörigkeit der Versicherungsnehmer besitzt. Es war im vorliegenden Fall daher jedenfalls österreichisches Recht anzuwenden. Zudem hielt der Oberste Gerichtshof fest, dass die Belehrungen nach deutschem Recht eine Erschwernis der Rücktrittsrechte des Klägers bewirkten. Beispielsweise sei in der Rücktrittsbelehrung festgehalten worden, dass der Rücktritt in Textform zu erklären sei. Nach österreichischem Recht gelte jedoch die Formfreiheit des Rücktritts. Bloße Verweise auf „zwingende österreichische Rechtsvorschriften“ seien zu unspezifisch und würden Zweifel in Bezug auf die anzuwendenden Rechtsvorschriften bestehen lassen. Zusammengefasst entspreche die dem Kläger erteilte Belehrung daher nicht den Anforderungen an eine korrekte und verständliche Belehrung über das ihm nach § 165a VersVG zustehende Rücktrittsrecht, wodurch dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit genommen worden sei, sein Rücktrittsrecht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Mitteilung zutreffender Informationen auszuüben. Der Kläger forderte daher zu Recht die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung.
Schlussfolgerung
Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:
„Gerade bei ausländischen Versicherungsprodukten ist es immer wichtig, zunächst die Frage der Rechtsanknüpfung zu stellen. Die Belehrung über die Rücktrittsrechte nach deutschem Recht, während tatsächlich österreichisches Recht anwendbar ist, ist nicht korrekt und verständlich und löst daher die Frist zur Erklärung des Rücktritts nicht aus, sodass ein Spätrücktritt möglich ist.“