Obliegenheit in der Rechtsschutzversicherung

Deckungsablehnung wegen unterlassener Verständigung vom Verkehrsunfall

Was ist passiert?

Ein Fahrzeuglenker hat einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und es verabsäumt, diesen in Entsprechung der gesetzlichen Verpflichtung nach § 4 Abs. 5 StVO der nächsten Polizeidienststelle zu melden.

Nachdem die Kaskoversicherung die Schadensübernahme ablehnte, führte der Unfalllenker (Kläger) gegen seine Kaskoversicherung einen Deckungsprozess, wofür die Rechtsschutzversicherung (vorläufig) Kostendeckung gewährte. In diesem Deckungsprozess stellte sich heraus, dass der Kläger den Verkehrsunfall grob fahrlässig im Sinne des § 61 VersVG verursacht hat, weshalb die Deckungsklage nicht erfolgreich war. Eine gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Feststellung zur unterlassenen Meldung des Verkehrsunfalls wurde nicht getroffen.

Ausgehend von dieser Entscheidung im Vorprozess, lehnte die Rechtschutzversicherung die Kostendeckung (nachträglich) ab. Die Ablehnung erfolgte mit Verweis auf die in den ARB enthaltene Obliegenheit, wonach eine Deckung dann entfällt, wenn der Versicherungsnehmer seiner Verständigungspflicht nicht nachgekommen ist. Mit der Frage, ob die Ablehnung der Rechtschutzversicherung berechtigt ist, hat sich der OGH in der Entscheidung 7Ob134/20m auseinandergesetzt.


Wie ist die Rechtslage?

In den ARB sind Obliegenheitspflichten für den Versicherungsnehmer geregelt, deren Verletzung zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen kann. Im vorliegenden Fall war als Obliegenheit unter anderem geregelt, dass der Lenker nach einem Verkehrsunfall seinen gesetzlichen Verständigungs- oder Hilfeleistungspflichten zu entsprechen hat. Nach dem Bedingungswortlaut bestünde eine Leistungsfreiheit wegen Verletzung dieser Obliegenheit dann, wenn der angeführte Umstand im Spruch oder in der Begründung einer im Zusammenhang mit dem Versicherungsfall ergangenen rechtskräftigen Entscheidung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde festgestellt wurde.

Ausgehend davon, müssen sohin 2 Voraussetzungen vorliegen (Verletzung der Verständigungspflicht plus gerichtliche oder behördliche Feststellung), damit die Leistungsfreiheit des Rechtschutzversicherers gegeben ist.

Nachdem im Vorprozess gegen den Kaskoversicherer zwar festgestellt wurde, dass der Unfalllenker eine grobe Fahrlässigkeit zu verantworten hat, womit die Leistungsfreiheit des Kaskoversicherers gegeben war, hat sich das Gericht des Vorprozesses nicht weiter mit der Thematik auseinandergesetzt, ob eine Verletzung der Verständigungspflicht nach § 4 Abs. 5 StVO erfolgt ist. Folglich kam der OGH im Rechtsschutzprozess (7 Ob 134/20m) zum Ergebnis, dass sich der Rechtsschutzversicherer nicht erfolgreich auf die Obliegenheitsverletzung stützen kann, da die zweite Voraussetzung für die Leistungsfreiheit, nämlich die gerichtliche oder behördliche Feststellung der Verletzung der Verständigungspflicht nach § 4 Abs. 5 StVO nicht erfüllt ist. Die Beweislast für die Obliegenheitsverletzung trägt nämlich der Versicherer (RS0081313).


Schlussfolgerung

Die Rechtschutzversicherung kann sich nur dann erfolgreich auf eine die Leistungsfreiheit begründende Obliegenheitsverletzung stützen, wenn die in der Versicherungsbedingung enthaltenen Voraussetzungen zur Gänze erfüllt sind, wofür sie selbst die Beweislast trägt. Liegt zwar grundsätzlich die Verletzung der Verständigungspflicht vor, aber fehlt eine in den Bedingungen geforderte gerichtliche oder behördliche Feststellung dazu, kann die Rechtsschutzversicherung die Kostendeckung aus dieser Obliegenheitsverletzung nicht ablehnen.