Mietrecht: Mangelnde Vertragszuhaltung als unleidliches Verhalten?

7 Ob 56/22w

Was ist passiert?

Die Klägerin ist Vermieterin einer Wohnung. Im Mietvertrag aus dem Jahr 2000 vereinbarten die Parteien Folgendes: »Festgehalten wird, dass bezüglich des Personenaufzuges eine separate Vereinbarung zu treffen sein wird. Der Mieter stimmt einer allfälligen Verlegung der WC-Anlage auf Kosten der Vermieterin zu.«

Als die Vermieterin in weiterer Folge die Verlegung der WC-Anlage beabsichtigte, knüpfte die Mieterin die Zustimmung an gewisse Bedingungen, mit welchen die Vermieterin nicht einverstanden war. Die Vermieterin kündigte daraufhin das Mietverhältnis mit der Begründung, die mangelnde Vertragszuhaltung stelle ein unleidliches Verhalten und somit einen Kündigungsgrund dar.

Wie ist die Rechtslage?

Ein erheblich nachteiliger Gebrauch vom Mietgegenstand iSd § 30 Abs 2 Z 3 Fall 1 MRG liegt vor, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht oder wenn das Verhalten des Mieters geeignet ist, den Ruf oder wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Vermieters oder der Mitmieter zu schädigen oder zu gefährden. Bei einem Verstoß gegen vertragliche Verpflichtungen liegt ein Kündigungsgrund dann vor, wenn hierdurch wichtige Interessen des Vermieters in einer Weise verletzt werden, dass sie einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Vermieters gleichkommen, was der Vermieter schon in der Aufkündigung dartun muss.

Der Kündigungsgrund des unleidlichen Verhaltens (§ 30 Abs 2 Z 3 Fall 2 MRG) stellt die mietrechtliche Konkretisierung der Unzumutbarkeit des Fortbestands des Dauerrechtsverhältnisses dar, bei dessen Beurteilung stets das Gesamtverhalten des Mieters zu berücksichtigen ist. Auch laufende Versuche eines Mieters, seine Benützungsrechte auf nicht in Bestand genommene Räume oder Gegenstände auszudehnen, sind als unleidliches Verhalten zu werten, weil ein derart beharrlich vertragswidriges Verhalten des Mieters dem Vermieter die Vertragsfortsetzung unzumutbar macht.

Nichtsdestotrotz berechtigt aber nicht jede gesetz- oder vertragswidrige Verwendung des Bestandgegenstands durch den Mieter zur Aufkündigung, wenn diesem Verhalten auch mit einer Klage auf Vertragszuhaltung oder Unterlassung begegnet werden kann. Bei der Frage, ob ein bestimmtes Verhalten des Mieters oder seiner Mitbewohner als unleidlich zu qualifizieren ist, handelt es sich regelmäßig um eine Abwägung der Umstände im Einzelfall.

Gegenständlich bestätigte der OGH die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach die genannten Kündigungsgründe schon deshalb nicht vorlägen, weil weder wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen noch eine Existenzgefährdung in der Kündigung auch nur annähernd konkretisiert wurden, zumal die Klägerin in der Aufkündigung nur behauptete, die Beklagte verweigere beharrlich die bereits im Mietvertrag erfolgte Zustimmung zur Verlegung der WC-Anlage.

Laut OGH kann der Umstand, dass die Beklagte der Verlegung der WC-Anlage zur Errichtung eines Personenaufzugs nur unter gewissen Bedingungen zustimmt, nicht mit einer beharrlichen vertragswidrigen Ausdehnung der Benützungsrechte im Sinn der zitierten Judikatur gleichgesetzt werden und ist der Klägerin die Fortsetzung des Bestandverhältnisses keineswegs unzumutbar, zumal dem Verhalten der Beklagten auch mit einer Klage auf Vertragszuhaltung begegnet werden kann.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ob ein vertragswidriges Verhalten eine Kündigung rechtfertigt oder der Vermieter auf eine Klage auf Vertragszuhaltung verwiesen wird, ist stets eine Frage des Einzelfalls; umso wichtiger ist es, durch eine möglichst konkrete und bestimmte Formulierung im Vertrag Auslegungsspielräume bereits im Vorhinein zu vermeiden.“«