Werden Händlerverträge gekündigt, so ergeben sich für die betroffenen Betriebe naturgemäß zahlreiche Rechtsfragen rund um allfällige Ansprüche, die nach Beendigung des Händlervertrages zustehen können.

In diesem Zusammenhang finden sich gesetzliche Regelungen einerseits in § 24 Handelsvertretergesetz (HVertrG), der den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters regelt und auf den KFZ-Händler analog anzuwenden ist, sowie andererseits in § 454 UGB, der den sogenannten Investitionskostenersatz vorsieht. Darüber hinaus sind allfällige vertraglich vereinbarte Ansprüche zu prüfen.

Der angemessene Ausgleichsanspruch gemäß § 24 HVertrG beträgt höchstens eine Jahresvergütung und wird grundsätzlich aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre errechnet. Der Ausgleichsanspruch ist jedoch an strenge Voraussetzungen geknüpft. Demnach muss der Vertragshändler dem Unternehmer neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert haben („Aufbau eines Stammkundenstocks durch den Vertragshändler“). Darüber hinaus muss bei Beendigung des Händlervertrages zu erwarten sein, dass der Unternehmer aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann. Weiters setzt der Ausgleichanspruch voraus, dass die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, der Billigkeit entspricht.

Daneben gebührt dem Vertragshändler grundsätzlich der sogenannte Investitionskostenersatz gemäß § 454 UGB. Dabei handelt es sich einen Anspruch des Vertragshändlers auf Ersatz von Investitionen, die der Vertragshändler aufgrund des Händlervertrags für einen einheitlichen Vertrieb zu tätigen verpflichtet war. Der Anspruch besteht jedoch nur dann, wenn die Investitionen im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung weder amortisiert noch angemessen verwertbar sind.

Hinsichtlich beider Ansprüche muss der Vertragshändler dem Unternehmer innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mitteilen, dass er seine Ansprüche geltend macht. Wird diese Frist vom Vertragshändler verabsäumt, so führt dies dazu, dass er seine Ansprüche auf Ausgleichszahlung und Investitionskostenersatz zur Gänze verliert. Die gerichtliche Geltendmachung dieser Ansprüche hat innerhalb von drei Jahren ab Vertragsbeendigung zu erfolgen.

Darüber hinaus nennt das Gesetz Ausnahmen, bei denen der Anspruch auf Ausgleichszahlung und Investitionskostenersatz nicht besteht. Die in der Praxis wichtigste Ausnahme liegt dann vor, wenn der Unternehmer den Händlervertrag wegen eines schuldhaften, einen wichtigen Grund darstellenden Verhaltens des Vertragshändlers gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat. Auch für den Fall, dass der Vertragshändler den Händlervertrag gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Ausgleichszahlung und Investitionskostenersatz.

Die gesetzlichen Bestimmungen zu den beiden Ansprüchen sind zwingend, d.h. sie können vertraglich auch nicht zu Lasten des Vertragshändlers abgeändert oder ausgeschlossen werden. Bei Vorliegen der gesetzlich erforderlichen Voraussetzungen stehen dem Vertragshändler daher die Ansprüche nach § 24 HVertrG und § 454 UGB grundsätzlich zu.

Neben den genannten Ansprüchen könnten für den Automobilhändler noch schadenersatzrechtliche Ansprüche im Falle von Vertrags- oder Gesetzesverletzungen sowie Ansprüche auf Rückverkauf der Vertragswaren bestehen.

Vor dem Hintergrund, dass es sich bei den Ansprüchen eines Vertragshändlers nach Beendigung eines Händlervertrages jedoch um komplexe rechtliche Fragestellungen handelt, empfehlen wir Ihnen jedenfalls rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Vortrag von Ingmar Etzersdorfer, Weinrauch Rechtsanwälte

Im Rahmen der Jahrestagung WGG der MANZ-Rechtsakademie wird am 20. Oktober 2021Ingmar Etzersdorfer, RA und Partner bei Weinrauch Rechtsanwälte, die besonderen Anforderungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes im Zusammenhang mit Wohnungseigentum aufzeigen. Der Schwerpunkt liegt auf den Änderungen durch die WGG-Novelle 2019. 

Der Vortrag spannt einen Bogen von den Voraussetzungen für den zwingenden Anspruch auf Erwerb von Wohnungseigentum, der Gleichstellung von Ausländern, über die Weitergeltung des WGG und dessen Ausnahme, bis hin zur Gründungsphase des Wohnungseigentums und dem Erfordernis der Erstellung eines Bauzustandsgutachtens gemäß § 37 Abs 4 WEG und dessen Ausnahme. Relevant ist diese Tagung insbesondere für Mitarbeiter von Gemeinnützigen Bauvereinigungen, Rechtsanwälte, Notare, sowie Immobilien- bzw. Hausverwalter.

Vortrag Vortrag von Ingmar Etzersdorfer, Weinrauch Rechtsanwälte

Termin: Dienstag, 4.Oktober 2021

Im Rahmen des jährlichen Seminars der Fachgruppe Miet- und Wohnrecht der Vereinigung der Österreichischen Richterinnen und Richter am Berghotel Tulbingerkogel (TBK) referiert am 4. Oktober 2021 Ingmar Etzersdorfer, RA und Partner bei Weinrauch Rechtsanwälte, über den Einfluss des deutschen Mietrechts auf die jüngste Rechtsprechung und Lehre in Österreich und über die Rechtslage bei Mietzinsminderung bei Geschäftsräumen in Deutschland durch COVID-19.

Ingmar Etzersdorfer war über mehrere Jahre hauptberuflich als Legal Counsel bei einem internationalem Asset Manager und Developer ua mit deutschem Miet- und Wohnrecht und dabei insbesondere mit dem Ankauf, der Entwicklung und der Verwertung von Immobilien beschäftigt. Obwohl sich im Mietrecht die Rechtslage in Deutschland und Österreich in ganz wesentlichen Punkten voneinander unterscheidet, besteht in manchen Bereichen durchaus große Ähnlichkeiten. Dies und der Einfluss des dt. Mietrechts auf die jüngste Rechtsprechung und Lehre in Österreich sind der Gegenstand seines Vortrages. Abgerundet wird der Vortrag durch einen Vergleich der Rechtslage betreffend Mietzinsminderung bei Geschäftsräumen und COVID-19.

Ingmar Etzersdorfer wird, wie auch in den letzten Jahren, einen Tagungsbericht über den TBK verfassen, der in den wohnrechtlichen Blättern (wobl), voraussichtlich der Ausgabe 11/2021, erscheinen wird. Falls Sie interessiert sind, ist dieser im Fachhandel erhältlich.

Termin: Dienstag, 9.November 2021 | 09:00 – 17:00

Im Rahmen einer Spezialtagung der MANZ-Rechtsakademie zeigt am 9. November 2021 Ingmar Etzersdorfer, RA und Partner bei Weinrauch Rechtsanwälte, Gemeinsamkeiten und wesentliche Unterschiede zwischen schlichtem Miteigentum und Wohnungseigentum, ua bei der Vermietung, Verwaltung, Zustandekommen von Beschlüssen, deren Anfechtbarkeit und bei Minderheitsrechten auf.

Gemeinsam mit Ri Cornelius Riedl vermittelt Ingmar Etzersdorfer bereits zum dritten Mal rechtliches und praktisches know-how unter anderem zu den Themenbereichen der Begründung von Wohnungseigentum, der Verwaltung, der Abhaltung von Eigentümerversammlungen, dem Änderungsrecht nach § 16 WEG und gerichtlichen Verfahren iZm dem WEG. Relevant ist diese Tagung insbesondere für Rechtsanwälte, Genossenschaften, Eigentümer sowie Immobilien- bzw. Hausverwalter.

Termin: Mittwoch, 22.September 2021 | 09:00 – 17:00

Im Rahmen einer Spezialtagung der MANZ-Rechtsakademie zeigt am 22. September 2021 Ingmar Etzersdorfer, RA und Partner bei Weinrauch Rechtsanwälte, Gemeinsamkeiten und wesentliche Unterschiede hinsichtlich Erhaltungspflichten und Verbesserung in den sehr unterschiedlichen Materien MRG, WEG und WGG auf.

Gemeinsam mit Richter Cornelius Riedl vermittelt Ingmar Etzersdorfer erneut rechtliches und praktisches Know-how. Der Fokus liegt auf den Themenbereichen WRN 2015, dynamischer Erhaltungsbegriff und dessen Grenzen, Graubereiche bei der Erhaltung und Erhaltungspflichten im WGG NEU. Die WGG-Nov 2016 machte auch den Ergänzungsband zur 23. Auflage des MANZ Kurzkommentars Miet- und Wohnrecht notwendig, den Ingmar Etzersdorfer gemeinsam Dr. mit Helmut Würth verfasste. Relevant ist diese Tagung insbesondere für Rechtsanwälte, Genossenschaften, Eigentümer sowie Immobilien- bzw. Hausverwalter.

Datum: 15.Juni 2021
Vortragender: Dr. Roland Weinrauch, LL.M.(NYU)

Vortrag von Ingmar Etzersdorfer, Weinrauch Rechtsanwälte zu den gesetzlichen Erhaltungspflichten des Vermieters – ein Update zur Judikatur der letzten Jahre

Termin: 21.Juni 2021

Die erfolgreiche Vortragsreihe “Innsbrucker Wohnrechtlicher Dialog” (IWD) versteht sich als Plattform für einen Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis, der Fokus liegt auf der Darstellung und Diskussion aktueller wohnrechtlicher Rechtsfragen und Entwicklungen. Univ.-Prof. Dr. Martin Häublein und Univ.-Prof. Dr. Andreas Vonkilch leiten das Projekt seit dem Start im Wintersemester 2014/15.

Der Vortrag spannt einen Bogen von den Erhaltungspflichten des Vermieters § 14a WGG idF der WGG-Novelle 2016, die durch die WRN 2015 erfolgte Neuregelung der Erhaltungspflichten für mitvermietete „Wärmebereitungsgeräte, dem Umfang der vom Vermieter geschuldeten Arbeiten bis hin zu Erhaltungspflichten bei E-Leitungen und anderen aktuellen Judikaten.

Der Vortrag wird als Onlineveranstaltung durchgeführt. Das Programm und den Zugangslink finden Sie auf der Homepage der Universität Innsbruck.

von Roland Weinrauch

Was ist passiert?

Die Mieterin einer Wohnung in einem Wohnungseigentumsobjekt beabsichtigte in ihrer Küche eine neue Armatur bei der Küchenspüle zu montieren. Die Kosten für die neue Armatur sollte die Vermieterin übernehmen. Nachdem der Vater der Mieterin (im Folgenden „Beklagter“) über handwerkliches Geschick verfügt, erklärte sich dieser lediglich aus Gefälligkeit dazu bereit, die Montage selbst durchzuführen, wovon die Hausverwaltung in Kenntnis war.

Einige Zeit nach Fertigstellung kam es zu einem Wasseraustritt, wodurch Schäden in mehreren Wohnungen des Wohnungseigentumsobjekts entstanden sind. Wie sich herausstelle, war die vom Beklagten montierte Armatur für den vorhandenen Untertisch-Warmwasserspeicher ungeeignet.

Die Gebäudeversicherung trat für den Leitungswasserschaden ein und begehrte gestützt auf § 67 VersVG vom Beklagten als Schädiger Kostenersatz. Der Beklagte lehnte die Haftung mit der Begründung ab, dass er unentgeltlich gehandelt habe und mangels installtionstechnischer Ausbildung nicht erkennen habe können, dass die Armatur ungeeignet ist. Zudem hätte er in Abstimmung mit der Hausverwaltung eine Maßnahme übernommen, die tatsächlich in die Instandhaltungspflicht der Vermieterin fallen würde, weshalb keine Haftungsgrundlage gegeben sei.


Wie ist die Rechtslage?

Steht dem Versicherungsnehmer (Wohnungseigentumsgemeinschaft) ein Anspruch gegen einen Dritten (Vater der Mieterin) zu, geht dieser Anspruch nach § 67 VersVG auf den Versicherer über, sofern dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt.

Nachdem der Vater der Mieterin als „Dritter“ im Sinne von § 67 VersVG anzusehen ist, steht der Gebäudeversicherung der Regressweg grundsätzlich offen. Im anhängigen Zivilverfahren stellte sich jedoch die Frage, ob für die Gebäudeversicherung mangels vertraglicher Rechtsgrundlage (kein entgeltliches Rechtsgeschäft) eine deliktische Haftungsgrundlage gegeben ist. Dies wurde sowohl von der ersten, als auch von der zweiten Instanz bejaht.

Der OGH bestätigte schließlich in der Entscheidung 4Ob17/21k vom 23.02.2021 die Ansicht der Vorinstanzen, dass der Beklagte gegenüber der Gebäudeversicherung nach § 1297 ABGB haftet, da er ein mit erkennbaren Gefahren verbundenes Geschäft übernommen hat, dessen fachgemäße Durchführung besondere Fachkenntnisse erfordert. Nachdem der Beklagte diese Fachkenntnisse nicht besitzt, handelte er deliktisch und schuldhaft, da er von der Durchführung der Arbeiten nicht Abstand genommen hat (RS00227209).

Der Hausverwaltung wurde hinsichtlich der Schäden in der Wohnung der Tochter allerdings ein Mitverschulden zuerkannt, welches der Klägerin nach § 1315 ABGB zugerechnet wurde.

Schlussfolgerung

Dazu Dr. Roland Weinrauch:

Selbst wenn eine Werkleistung lediglich aus Gefälligkeit und ohne Gegenleistung erbracht wird, kann eine mangelhafte Leistung für den Gefälligkeits-Werknehmer erhebliche schadenersatzrechtliche Folgen haben. Nach Schadensübernahme durch eine Versicherung, kann diese beim Schädiger einen Regressanspruch nach § 67 VersVG geltend machen. Das gegenständliche Urteil zeigt weiters die Sinnhaftigkeit, Regresse in Bedingungen abzubedingen.

von Roland Weinrauch

Was ist passiert?

Der Kläger fuhr mit seinem Monowheel, einem elektrisch angetriebenen Einrad in die Arbeit. Bei einem Sturz mit einer Geschwindigkeit von rund 20km/h erlitt er einen offenen Trümmerbruch des Oberarms.

Die Versicherungsanstalt lehnte die Deckung mit der Begründung ab, dass der Unfall nicht vom Versicherungsschutz umfasst sei. Das Monowheel sei nicht für den Arbeitsweg geeignet und sei kein Verkehrsmittel iSd StVO, sondern ein Sportgerät für Freizeitzwecke.

Der Kläger begehrte mit der eingebrachten Klage die Feststellung, dass der Vorfall ein Dienstunfall war und forderte diverse Leistungen aus der Unfallversicherung.


Wie ist die Rechtslage?

Nach § 90 Abs 2 Z 1 B-KUVG (entspricht im Wesentlichen § 175 ASVG) sind Dienstunfälle auch Unfälle, die sich auf einem mit dem Dienstverhältnis zusammenhängenden Weg zur oder von der Dienststätte ereignen. Versichert sind die typischen Gefahren eines Arbeitsweges, das heißt jenes Risiko, dem sich die versicherte Person in ihrer Eigenschaft als Versicherte auf diesem Weg aussetzen musste.

Die Wahl des Verkehrsmittels bzw. die Art der Fortbewegung steht dem Versicherten auf Arbeitswegen aber grundsätzlich frei. Ob zumutbare günstigere, raschere, ökologisch sinnvollere oder wie auch immer zu bewertende Alternativen (etwa öffentliche Verkehrsmittel zu verwenden oder zu Fuß gehen) in Frage kämen, ist für die Unfallversicherung nicht maßgeblich.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs ist jedoch eine Grenze zwischen allgemein üblichen Verkehrsmitteln einerseits und den Spiel- und Sportgeräten andererseits zu ziehen. Es sollen nur die typischen (allgemeinen) Weggefahren und Risiken versichert sein, nicht aber mit dem Weg in irgendeinem Zusammenhang stehende andere Ereignisse, wie etwa auch Ereignisse, die im Zusammenhang mit Gefahren stehen, die typischerweise mit der Verwendung von Sport- und Spielgeräten verbunden sind.

Einen Anhaltspunkt für die Abgrenzung könnten auch die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung bilden. Skateboards, Hoverboards, Scooter und Miniscooter fallen nicht unter den Begriff des Fahrzeugs. Dies wird damit begründet, dass diese Fortbewegungsmittel, nicht vorrangig einem Verkehrsbedürfnis dienen, sondern auch einen Spiel- und Freizeitzweck verfolgen und für die Nutzung eine besondere Geschicklichkeit notwendig sei.

Die Verwendung derartiger Sport- bzw. Spielgeräte auf dem Arbeits- bzw. Dienstweg beseitigt allerdings von Vornherein nicht den Schutz bei allen Weggefahren, sondern nur insoweit, als die Unfallfolgen kausal auf die Verwendung des Sportgeräts zurückzuführen sind.

Schlussfolgerung

Der OGH kommt in seiner Entscheidung zu 10 ObS 150/20m zum Ergebnis, dass der Arbeitsweg, soweit er mit einem Monowheel zurückgelegt wird, nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, außer es würde sich eine allgemeine Weggefahr verwirklichen, die nicht im Zusammenhang mit der Verwendung eines Monowheel steht. Da im vorliegenden Fall zum Unfallhergang keine Feststellungen getroffen werden konnten, weil sich der Kläger an den Unfall nicht mehr erinnerte und keine Zeugen vorhanden (oder benennbar) waren, wurde das Klagebegehren abgewiesen. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass sich der Unfall aufgrund einer allgemeinen Weggefahr verwirklichte.

Was ist passiert?

Am 03.07.2011 brannte das bei der Beklagten versicherte Gebäude der Klägerin beinahe zur Gänze ab und hatte das Gebäude nach dem Brand noch einen Restwert von circa EUR 120.000,00. Nach einem der Klägerin bekannten Sachverständigengutachten wurde unter der Überschrift „Schadenbild und Reparaturbeschreibung“, eine Trocknung der Deckenkonstruktion infolge Durchfeuchtung durch das Löschwasser angesprochen und wurde erwähnt, dass sich im Keller Löschwasser befindet und der Keller durch Raumtrockner zu trocknen sei. Die vom Löschwasser durchnässten Gebäudeteile wurden jedoch von der Klägerin über einen Zeitraum von sieben Jahren zu keiner Zeit getrocknet. Dadurch kam es im Gebäude zu einer Schimmelbildung, was zur Abbruchreife des Gebäudes geführt hat. Die Klägerin begehrte schließlich von der Beklagten mit ihrer Klage die Bezahlung des vor der Schimmelbildung vorhandenen Gebäuderestwertes von EUR 120.000,00.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 27.01.2021 (7 Ob 185/20m) musste sich der OGH nunmehr mit der Frage auseinandersetzen, ob die Vergrößerung des Schadens in Folge Schimmelbildung auf einen grob fahrlässigen Verstoß der Klägerin gegen ihre Rettungsobliegenheit zurückzuführen ist. Nach § 62 Abs 2 VersVG ist der Versicherer von der Leistung frei, wenn der Versicherte die Obliegenheit, nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen und Weisungen des Versicherers einzuholen oder zu befolgen, vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat.

Die Rettungsobliegenheit gilt zeitlich unbeschränkt, solange der Schaden abgewendet oder gemindert oder der Umfang der Entschädigung gemindert werden kann. Sie verlangt inhaltlich vom Versicherungsnehmer die ihm in der jeweiligen Situation möglichen und zumutbaren Rettungsmaßnahmen unverzüglich und mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zu ergreifen. Der Inhalt der Rettungs- und Schadenminderungsobliegenheit bestimmt sich danach, wie sich der Versicherungsnehmer verständigerweise verhalten hätte, wenn er nicht versichert wäre. Dabei hat der Versicherer den Verstoß gegen die Obliegenheit, der Versicherungsnehmer das Fehlen von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit zu beweisen.

Nach Ansicht des OGH weiß ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer, dass Feuchtigkeit in einem Haus zu Schimmelbildung führen kann und er einer solchen Gefahr mit Abwehrmaßnahmen begegnen würde. Die Verletzung der Rettungsobliegenheit wurde daher im vorliegenden Fall aufgrund der Untätigkeit der Klägerin bejaht.

Blieb noch zu prüfen, ob die Klägerin grobe Fahrlässigkeit zu verantworten hat. Grobe Fahrlässigkeit wird im Versicherungsvertragsrecht dann als gegeben erachtet, wenn schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedermann einleuchten müssen. Nach Ansicht des OGH lässt das Sachverständigengutachten weder auf einen Totalschaden, noch darauf schließen, dass der Aufwand für Trocknungsmaßnahmen verloren wäre. Es sei daher kein nachvollziehbarer Grund für das Unterlassen von Trocknungsmaßnahmen oder zumindest für das Unterbleiben der Einholung einer Weisung bei der Versicherung für allfällige weitergehende Rettungsmaßnahmen ersichtlich. Nach Ansicht des OGH kann daher die Klägerin in einem solchen Fall das fehlende grobe Verschulden nicht nachweisen, was zu einer Leistungsfreiheit des Versicherers führt. Im vorliegenden Fall waren jedoch die Feststellungen zum Sachverständigengutachten unklar, weshalb die Rechtssache zur Verfahrensergänzung an die untere Instanz zurückverwiesen worden ist.

Schlussfolgerung

Im Zweifel sollte daher in jedem Schadenfall mit dem Versicherer abgeklärt werden, ob weitergehende Sanierungsarbeiten vorzunehmen sind, um die mögliche Gefahr, die Rettungsobliegenheit zu verletzten, möglichst zu minimieren.