Tag Archive for: Haftpflichtversicherung

 (OGH 24.08.2022, 7 Ob 135/22m)

Was ist passiert?

In gegenständlicher Rechtsangelegenheit schloss der Kläger mit der Beklagten für das von ihm genutzte Einfamilienhaus einen Versicherungsvertrag (Eigenheimversicherung), der unter anderem auch die Sparte Leitungswasserschaden umfasst. Die Allgemeinen Bedingungen für Versicherungen gegen Leitungswasserschäden (AWB) lauteten auszugsweise:

Artikel 1: Versicherte Gefahren und Schäden

1. Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Schäden, die an den versicherten Sachen dadurch entstehen, dass Wasser aus Zu- oder Ableitungsrohren oder angeschlossenen Einrichtungen von Wasserleitungs-, Warmwasserversorgungs- oder Zentralheizungsanlagen sowie aus Etagenheizungen austritt.

[…]

Artikel 3: Nicht versicherte Gefahren und Schäden

[…]

h) Schäden an den an die Leitung angeschlossenen Einrichtungen und Armaturen wie Wasserhähnen, Wassermessern, Wasserbehältern, Badewannen, Brausetassen, Waschbecken, Spülklosetts, Heizkörpern, Heizkesseln und Boilern, mit Ausnahme der nach Art 1 (2) lit b eingeschlossenen Frostschäden.

[…]

Allgemeinen Bedingungen für Versicherungen gegen Leitungswasserschäden (AWB)

Wie ist die Rechtslage?

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 ff ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung. Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers.

In seiner Entscheidung vertrat der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht, dass aus der Formulierung des Art 1 Abs 1 AWB sich unzweifelhaft das Erfordernis des Anschlusses und damit der Verbindung der Einrichtung mit dem Wasserleitungssystem ergibt. Dementsprechend wird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer die Dusch-/Brausetasse, die über den Zulauf (Duschkopf) und Ablauf (Abwasserleitung) mit dem Rohrsystem verbunden ist, als Behältnis verstehen, das dauernd durch eine Zu- oder Ableitung mit dem Rohrsystem verbunden ist und folglich als angeschlossene Einrichtung ansehen.

Dieses Verständnis wird durch Art 3 Abs 1 lit h AWB verdeutlicht: Dieser nimmt auf „an die Leitung angeschlossene Einrichtungen“ Bezug und nennt ausdrücklich die Brausetasse. Keine Anhaltspunkte bietet der Wortlaut jedoch dafür, den gesamten Duschbereich, das heißt über die Dusch-/Brausetasse hinaus, wie die angrenzenden Wände und die sonstigen Bauteile einer Dusche wie etwa auch die Fugen als angeschlossene Einrichtung zu verstehen. Der Umstand, dass Duschen in ganz unterschiedlichen baulichen Gestaltungen ausgeführt werden, bestärkt dieses Verständnis des Versicherungsnehmers, zumal insbesondere im Falle von niveaugleichen und barrierefrei ausgeführten Duschen gesamte Räume umfasst sein müssten. Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer wird dementsprechend nicht davon ausgehen, dass die über Dusch-/Brausetasse hinausgehenden Bauteile einer Dusche, wie zum Beispiel Duschtrennwände, Verfugungen, Verfliesungen und Fugen gemeinsam mit der Dusch-/Brausetasse ein Behältnis bilden, das mit dem Rohrsystem verbunden und damit als eine angeschlossene Einrichtung iSd Art 1 Abs 1 AW anzusehen sind.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Entscheidung verdeutlicht, dass Klauseln in den Versicherungsbedingungen, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen sind und dabei der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen ist.«

Was ist passiert?

Im gegenständlichen Fall war zwischen den Parteien strittig, ob die Antragsgegnerin nach § 16 Abs 1 Z 3 MRG berechtigt war, dem Antragsteller für die von ihm gemietete Wohnung in einem denkmalgeschützten Gebäude einen angemessenen Hauptmietzins zu verrechnen.

Das Erstgericht verneinte dies und stellte die Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung sowie den gesetzlich zulässigen monatlichen Hauptmietzins auf Basis des Richtwertes nach § 16 Abs 2 MRG fest. Die Antragsgegnerin erhob Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung.

Wie ist die Rechtslage?

Im abgeführten Rechtsstreit zu GZ 5 Ob 18/22s hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, unter welchen Voraussetzungen die Vereinbarung eines angemessenen Mietzinses ohne die Beschränkungen des § 16 Abs 2 bis 5 MRG (Mietzins auf Basis des Richtwertes) zulässig ist sowie um die Behauptungs- und Beweislast des Vermieters.

Der OGH traf folgende Erwägungen:

Gemäß § 16 Abs 1 Z 3 MRG sind Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Hauptmietzinses ohne die Beschränkungen des § 16 Abs 2 bis 5 MRG (Richtwert) bis zu dem für den Mietgegenstand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag dann zulässig, wenn der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, an dessen Erhaltung aus Gründen des Denkmalschutzes öffentliches Interesse besteht, sofern der Vermieter unbeschadet der Gewährung öffentlicher Mittel zu dessen Erhaltung nach dem 8. Mai 1945 erhebliche Eigenmittel aufgewendet hat.

Im gegenständlichen Fall ging es um die Frage der „Aufwendung erheblicher Eigenmittel“. Zu dieser Tatbestandsvoraussetzung „Aufwendung erheblicher Eigenmittel“ gibt es bereits einige Entscheidungen des Fachsenates, wonach unter den Begriff „Eigenmittel“ in § 16 Abs 1 Z 3 MRG nur verrechnungsfreie Mittel des Vermieters zu verstehen sind (vgl. RS0068797, 5 Ob 119/98f). Bei der Beurteilung der Frage, ob der Vermieter erhebliche Eigenmittel aufgewendet hat, ist von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Aufwendung auszugehen. Zukünftige Mietzinseinnahmen sind nicht zu berücksichtigen. Beachtlich ist auch, ob der Vermieter einmal (rechtmäßig) aufgewendete derartige Eigenmittel in der Folge (noch vor Abschluss der Mietzinsvereinbarung) nicht etwa (rechtmäßig) als Ausgaben in die Mietzinsabrechnung eingesetzt hat (RS0069740). Die Behauptungs- und Beweislast hierfür trifft den Vermieter (RS0111657). Um die Qualität der aufgewendeten Mittel als „erhebliche Eigenmittel“ in diesem Sinn beurteilen zu können, muss über den jeweils maßgeblichen Verrechnungszeitraum für Mietzinsreserven eine vollständige Abrechnung iSd § 20 Abs 1 MRG gelegt und die Kosten dürfen auch nicht nachträglich als Mietzinspassivum verrechnet werden (5 Ob 119/98f mwN; 5 Ob 227/18w).

Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass die übereinstimmende Auffassung der Vorinstanzen, die Antragsgegnerin habe hier die Aufwendung erheblicher Eigenmittel und damit den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs 1 Z 3 MRG nicht ausreichend nachgewiesen, sich im Rahmen der Rechtsprechung hält und daher nicht korrekturbedürftig war.

Schlussfolgerung

Bei der Vereinbarung eines angemessene Mietzinses in einem denkmalgeschützten Gebäude ist besonders darauf zu achten, dass das notwendige Kriterium „Aufwendung erheblicher Mittel“ im Sinne der oben beschriebenen Judikatur berücksichtigt wird. Ansonsten drohen dem Vermieter hohe Mietzinsausfälle.

Was ist passiert?

Ein Wohnungsmieter schloss mit einem Sperrventil einen Gartenschlauch an seinem Waschmaschinen-Wasseranschluss an, um Terrassenpflanzen zu bewässern. Nach wenigen Tagen dürfte sich in den Nachtstunden der Schlauch von der Schlauchhülle des Ventils gelöst haben, wodurch Wasser auslief, das in Bodenfugen sowie den durchgängig verlegten Klebeparkettboden eindrang und an diesem nicht reparable Quell- und Schwundschäden verursachte. Der Parkettboden musste mit Kosten von mehreren Tausend Euro erneuert werden. Der Gebäudeversicherer des Vermieters hat den Schaden ersetzt und begehrt vom Mieter gemäß § 67 VersVG den Rückersatz, weil der Schaden grob fahrlässig verursacht worden sei.

Der Mieter wiederum klagt seinen eigenen Versicherer auf Feststellung der Deckungspflicht des von ihm verursachten Schadens. Zwischen dem Kläger und dem beklagten Versicherungsunternehmen bestand am Ereignistag eine „Haushaltsversicherung Exklusiv Premium“ samt Privat-Haftpflichtversicherung. Die Bedingungen lauteten auszugsweise:

Nicht versichert sind:

[…]

3. Schadenersatzverpflichtungen der Personen, die den Schaden, für den sie von einem Dritten verantwortlich gemacht werden, rechtswidrig und vorsätzlich herbeigeführt haben. Dem Vorsatz wird gleichgehalten eine Handlung oder Unterlassung, bei welcher der Schadenseintritt mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden musste, jedoch in Kauf genommen wurde.

[…]

7. Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an

7.1. Sachen, die der Versicherungsnehmer oder […] entliehen, gemietet, geleast, gepachtet oder in Verwahrung genommen haben, […].

Artikel 31 ABH (Allgemeine Bedingungen für die Haushaltsversicherung)

Was ist nicht versichert (Risikoausschlüsse)?

[…]

10. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an

10.1. Sachen die der Versicherungsnehmer oder […] entliehen, gemietet, geleast, oder gepachtet haben;

Artikel 7 ABHV (Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung)

Wie ist die Rechtslage?

Das Berufungsgericht wies das Begehren des Klägers auf Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten ab und ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, ob für die Wirksamkeit von Subsidiaritätsklauseln der Versicherungsnehmer bei der primären und subsidiären Versicherung ident sein müsse.

In seiner Entscheidung zu 7Ob117/22i stellte der OGH zunächst klar, dass es zu den Voraussetzungen der Doppelversicherung gehört, dass in zwei Versicherungsverträgen dasselbe Interesse versichert ist. Dies muss allerdings nicht durch dieselbe Person geschehen, sodass eine Doppelversicherung auch dann anzunehmen ist, wenn (wie hier) dasselbe Interesse etwa durch eine Eigenversicherung und eine Versicherung für fremde Rechnung geschützt wird. Daher sprach der OGH aus, dass nicht die Identität des Versicherungsnehmers, sondern die Identität des versicherten Interesses die Doppelversicherung begründet.

Im vorliegenden Fall wurde vom OGH festgestellt, dass einerseits eine Gebäudeversicherung des Vermieters (dessen Eigenversicherung) und andererseits eine dasselbe Interesse des Vermieters an der Integrität des vermieteten Objekts deckende Haushaltsversicherung des Klägers besteht. Nach den ABH wäre die Beklagte nur dann zur Deckung verpflichtet gewesen, wenn die Gebäudeversicherung des Vermieters den verursachten Schaden nicht ersetzt hätte. Da dies jedoch nicht der Fall war, greift die ausdrückliche Subsidiaritätsklausel und die Beklagte ist nicht leistungspflichtig.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Nicht die Identität des Versicherungsnehmers begründet eine Doppelversicherung, sondern die Identität des versicherten Interesses. Im Wesentlichen greift eine Subsidiaritätsklausel bei Doppelversicherung dann, wenn der in Rede stehende Schaden durch eine andere Versicherung gedeckt wurde.«

Was ist passiert?

Die Beklagte schloss bei der Klägerin einen KFZ-Haftpflichtversicherungsvertrag für einen LKW ab. Ein Mitarbeiter der Beklagten fuhr mit dem LKW auf das Gelände eines Möbelhauses, um dort Waren abzuliefern. Dabei musste er eine Schrankenanlage passieren und streifte mit dem LKW das Bedienteil des Modulträgers sowie den Ticketnehmer der Schrankenanlage, wodurch der Schrankenautomat beschädigt wurde.

Im Bereich der Schrankenanlage befindet sich eine Überwachungskamera, die den Unfall aufzeichnete. Als das geschädigte Möbelhaus den Schaden an der Schrankenanlage bemerkte, überprüfte es die Aufzeichnungen, stellte die Schadensursache fest und meldete der Klägerin am nächsten Tag den Schaden. Dabei legte es eine Schadensmeldung sowie ein Fotoprotokoll vor, auf welchem zu sehen ist, dass der LKW sie Schrankenanlage beschädigte.

Die Klägerin bezahlte dem Möbelhaus die entstandenen Reparaturkosten. Die Beklagte erstattete erst zweieinhalb Wochen nach Schadenseintritt eine Schadensmeldung an die Klägerin. Aus diesem Grund begehrte die Klägerin von der Beklagten den Ersatz dieser Kosten mit der Begründung, dass die Beklagte die Obliegenheit zur Anzeige des Versicherungsfalles verletzt habe. Der vorliegende Fall gelangte schließlich zum Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

Der OGH führte in seiner Entscheidung zu 7 Ob 52/22f zunächst aus, dass Obliegenheiten im Versicherungsrecht dem Zweck dienen, den Versicherer vor vermeidbaren Belastungen und ungerechtfertigten Ansprüchen zu schützen und die sachgemäße Abwicklung des Versicherungsfalles zu gewährleisten. Grundsätzlich sind Versicherer insbesondere dann von ihrer Leistung befreit, wenn eine Anzeigeobliegenheit mit Täuschungs- und Verschleierungsvorsatz im Sinne des § 6 Abs 3 VersVG verletzt wurde.

Allerdings normiert § 33 Abs 2 VersVG, dass Versicherer dennoch leistungspflichtig sind, sofern sie in anderer Weise von dem Eintritt des Versicherungsfalles rechtzeitig Kenntnis erlangt haben. Diese Bestimmung gilt auch für das Verhältnis Versicherungsnehmer und KFZ-Haftpflichtversicherer.

Ausgehend vom Gesetzeswortlauft des § 33 Abs 2 VersVG kann sich die Klägerin somit nicht auf die Verletzung der Anzeigeobliegenheit stützen, da sie vom Möbelhaus vom Versicherungsfall in Kenntnis gesetzt wurde. Dabei spielt es keine Rolle, aus welchen Gründen die Beklagte die Schadensmeldung unterlassen hat.

Nach Ansicht des OGH entspricht dies auch dem Gesetzeszweck, da die schuldhaft verspätete Anzeige durch den Versicherten nicht geeignet ist, den Versicherer in der Abwicklung des Versicherungsfalles zu beeinträchtigen und diesen zu ungerechtfertigten Leistung zu veranlassen, wenn er ohnehin schon von anderer Seite rechtzeitig und vollständig Kenntnis vom Schadensfall erlangt hat.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Selbst wenn ein Versicherungsnehmer die Obliegenheit zur Anzeige des Versicherungsfalles mit Täuschungs- und Verschleierungsvorsatz verletzt, bleibt der Versicherer leistungspflichtig, sofern er in anderer Weise vom Eintritt des Versicherungsfalles Kenntnis erlangt hat. Im vorliegenden Fall kam der OGH daher zum Ergebnis, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin nicht ersatzpflichtig ist.«

Was ist passiert?

Zwischen dem Kläger als Versicherungsnehmer und der Beklagten als Versicherer bestand bis Jänner 2014 ein Rechtsschutzversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung der Beklagten (ARB 2003) zugrunde lagen. Diese lauten auszugsweise:

»Artikel 8

Welche Pflichten hat der Versicherungsnehmer zur Sicherung seines Deckungsanspruches zu beachten? (Obliegenheiten)

1. Verlangt der Versicherungsnehmer Versicherungsschutz, ist er verpflichtet

1.1. den Versicherer unverzüglich, vollständig und wahrheitsgemäß über die jeweilige Sachlage aufzuklären und ihm alle erforderlichen Unterlagen auf Verlangen vorzulegen; …«

Der Kläger hat im Jahr 2013 einen dieselbetriebenen PKW der Marke VW Touran erworben, welcher letztlich vom VW-Dieselabgasskandal betroffen war. Im Februar 2017 folgte der Kläger der Einladung der Herstellerin und ließ auf seinem Fahrzeug das von ihr empfohlene (bzw als Lösung der Manipulationen angepriesene) Software-Update durchführen. In der Folge bemerkte der Kläger jedoch einen höheren Kraftstoffverbrauch.

Erst im Juni 2020 wandte sich der Kläger an einen Rechtsvertreter, welcher am 17. Juni 2020 um Rechtsschutzdeckung bei der Beklagten ansuchte. Allerdings lehnte die Beklagte die Deckung mit Schreiben vom 18. Juni 2020 mit der Begründung ab, dass der Schaden dem Kläger seit Jahren bekannt gewesen wäre und die Schadensmeldung daher nicht unverzüglich erfolgt wäre. Weiters führte die Beklagte begründend aus, dass die dreijährige Verjährungsfrist nach § 12 Abs 1 VersVG spätestens im Februar 2017 zu laufen begonnen habe und der Anspruch somit verjährt sei.

Der Kläger begehrte die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten für die klageweise Geltendmachung seiner Ansprüche. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wohingegen das Berufungsgericht dieses Urteil in eine Klagsabweisung abänderte.

Wie ist die Rechtslage?

Der OGH nahm in seiner Entscheidung zu 7 Ob 98/22w zur Frage der Verjährung Stellung. Im besonderen Fall der Rechtsschutzversicherung beginnt die Verjährung mit der Fälligkeit des Rechtsschutzanspruchs zu laufen. Nach ständiger Rechtsprechung des OGH ist Beginn der Verjährung des Anspruchs aus der Rechtsschutzversicherung nach § 12 Abs 1 VersVG jener Zeitpunkt, zu dem sich die Notwendigkeit einer Interessenwahrnehmung für den Versicherungsnehmer so konkret abzeichnet, dass er mit der Entstehung von Rechtskosten rechnen muss, deretwegen er die Rechtsschutzversicherung in Anspruch nehmen will.

Gegenständlich ging die Beklagte vom Beginn der Verjährung im Frühjahr 2017 aus und begründete dies damit, dass dem Kläger spätestens nach dem Softwareupdate im Februar 2017 bekannt war, dass sein PKW vom Dieselabgasskandal betroffen ist und dadurch erhöhten Kraftstoffverbrauch hat.

Nach Ansicht des OGH zeichnete sich für den Kläger zu diesem Zeitpunkt allerdings noch keine Notwendigkeit zur Interessenwahrnehmung im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Dieselabgasskandal so konkret ab, dass er mit dem Entstehen von Rechtskosten rechnen musste, deretwegen er den Rechtsschutzversicherer in Anspruch nehmen wird. Aus diesem Grund sah der OGH die Verjährung noch nicht eingetreten.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Verjährungsfrist in der Rechtsschutzversicherung beträgt grundsätzlich drei Jahre. Sie beginnt mit jenem Zeitpunkt zu laufen, zu dem sich die Notwendigkeit einer Interessenwahrnehmung für den Versicherungsnehmer so konkret darstellt, dass er mit der Entstehung von Rechtskosten rechnen muss, deretwegen er die Rechtsschutzversicherung in Anspruch nehmen will. Die Feststellung dieses Zeitpunktes ist im Einzelfall nicht immer ganz einfach und bietet Spielraum für Argumentation.«

Was ist passiert?

Der Kläger ersteigerte eine Liegenschaft mit dem darauf befindlichen Gebäude um EUR 42.500,00 (Meistbot). Eine Besichtigung der Liegenschaft fand nie statt. Der Kläger kannte jedoch das im Versteigerungsverfahren eingeholte Gutachten, in dem der Sachverständige ausführte, dass das gesamte Objekt sichtbare Verfallserscheinungen aufweise, eine nicht erhaltungswürdige Bausubstanz habe und das Ende der technisch-wirtschaftlichen Lebensdauer erreicht habe. Am selben Tag informierte sich der Kläger im Internet über Versicherungen für die von ihm ersteigerte Liegenschaft und wählte über ein Vergleichsportal das Angebot der Beklagten mit einer Versicherungssumme von EUR 265.000,00 aus. Im Zuge des Versicherungsvertragsabschlusses kam die Frage, ob sich das Gebäude in einem ordnungsgemäßen Bauzustand befinde. Da der Kläger wusste, dass das gegenständliche Gebäude den gefragten Zustand nicht aufwies, blieb er an der Frage hängen, beantwortete diese sodann dennoch mit „ja“, um die Versicherung über den wahren Zustand des Objekts zu täuschen und den Versicherungsvertrag abzuschließen.

Fünf Monate nach Vertragsabschluss kam es zu einem Brand, durch welchen der Stalltrakt des Gebäudes weitgehend zerstört wurde. Der Kläger begehrte einen Betrag von rund EUR 172.000,00 aus der mit der Beklagten geschlossenen Feuerversicherung.

Wie ist die Rechtslage?

In der Entscheidung zu 7 Ob 87/22b berief sich der OGH auf § 16 Abs 1 VersVG welcher besagt, dass der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Versicherungsvertrages alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen hat. Erheblich ist ein Umstand schon dann, wenn er bei objektiver Betrachtung geeignet ist, den Versicherer zur Ablehnung des Versicherungsvertragsabschlusses zu veranlassen. Ob der Versicherer den Vertrag nach Kenntnis der wahren Sachlage tatsächlich abgelehnt oder nicht zu den bestimmten Bedingungen geschlossen hätte, ist nicht erforderlich.

Des Weiteren führte der OGH aus, dass an den Versicherungsnehmer bei Erfüllung seiner vorvertraglichen Anzeigepflicht ganz erhebliche Anforderungen zu stellen sind, insbesondere dann, wenn Individualtatsachen betroffen sind. Eine schuldhafte Verletzung der Anzeigepflicht liegt schon bei leichter Fahrlässigkeit vor, wobei der Beweis für das fehlende Verschulden an der Anzeigepflicht grundsätzlich den Versicherungsnehmer trifft. Wurde ein erheblicher Umstand im Sinne des § 16 Abs 1 VersVG nicht angegeben, so kann der Versicherer nach § 16 Abs 2 VersVG vom Vertrag zurücktreten. Auch ohne Vertragsauflösung kann sich der Versicherer nach der ständigen Rechtsprechung auf Leistungsfreiheit berufen, wenn er erst nach dem Versicherungsfall von der Verletzung der Anzeigeobliegenheit erfahren hat.

Gegenständlich bejahte der OGH die Rechtsansicht der Vorinstanzen, wonach die Beklagte aufgrund der schuldhaften Verletzung der Anzeigeobliegenheit durch den Kläger leistungsfrei sei, da der Kläger im Antrag über die Frage des Versicherers angegeben habe, dass sich das versicherte Gebäude in einem ordnungsgemäßen Zustand befinde, obwohl er aufgrund des Sachverständigengutachtens wusste, dass dies unrichtig ist. In diesem Zusammenhang bezog sich der OGH darauf, dass zum Zeitpunkt des Versicherungsvertragsabschlusses das im Versteigerungsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten vorlag und somit auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne jeden Zweifel ersichtlich war, dass das Gebäude nicht in einem ordnungsgemäßen Bauzustand war. Laut OGH haben die Vorinstanzen die Ansicht des Klägers, dass für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ein Bauzustand nur dann „nicht ordnungsgemäß“ im Sinne der von der Beklagten gestellten Frage sei, wenn der Zustand „bauordnungswidrig“ sei, verneint.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Den Versicherungsnehmer trifft bei Abschluss eines Versicherungsvertrages eine besondere Sorgfaltspflicht, wenn es um die Auskunft über Tatsachen geht, die nur der Versicherungsnehmer aus eigenem Wissen erteilen kann (sogenannte „Individualtatsachen“). Dafür reicht schon aus, dass der Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Kenntnis von dem im Versteigerungsverfahren vorliegenden Gutachtens hatte.«

Was ist passiert?

Nach einem Umfall mit einem PKW machten sowohl die Versicherungsnehmerin, als auch der Lenker des Fahrzeugs gegenüber dem Versicherer unrichtige Angaben über den Aufenthaltsort des Lenkers unmittelbar vor dem Unfall. Der Versicherer konnte diese Aussagen widerlegen und lehnte die Deckung für den Schadensfall ab. Daraufhin brachte die Versicherungsnehmerin Klage gegen den Versicherer ein.

Wie ist die Rechtslage?

In den, dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen wurde vereinbart, dass der Versicherungsnehmer nach Möglichkeit zur Feststellung des Sachverhalts beizutragen hat. Kommt der Versicherungsnehmer dieser Pflicht nicht nach, führt dies, unter Berücksichtigung der Beschränkungen gemäß § 6 Abs 3 VersVG zur Leistungsfreiheit des Versicherers.

In der Entscheidung 7 OB 13/22w vom 29.06.2022 hält der Oberste Gerichtshof fest, dass die den Versicherungsnehmer treffende Aufklärungsobliegenheit nicht nur die nötigen Feststellungen über den Unfallsablauf, die Verantwortlichkeit der Beteiligten und den Umstand des entstandenen Schadens ermöglichen soll, sondern auch die Klarstellung all jener Umstände Gewähr leisten, die für allfällige Regressansprüche des Versicherers von Bedeutung sein können. Darunter würden auch die objektive Prüfung der körperlichen Beschaffenheit des an einem Unfall Beteiligten hinsichtlich einer allfälligen Alkoholisierung oder Beeinträchtigung durch Suchtgift oder Übermüdung fallen.

Weiters hält der OGH fest, dass ein Versicherungsnehmer, der eine Obliegenheitsverletzung mit dem Vorsatz begeht, die Beweislage nach dem Versicherungsfall zu Lasten des Versicherers zu manipulieren (sogenannter „dolus coloratus“), nach ständiger Rechtsprechung seinen Anspruch verwirke.

Der Vorsatz müsse sich zudem auf die Verschlechterung der Beweislage zum Nachteil des Versicherers erstrecken. Für die Annahme eines „dolus coloratus“ genüge es schon, wenn die Obliegenheitsverletzung in der Absicht erfolgte, die Versicherungsleistung schneller und problemloser zu erhalten oder den Versicherer in die Irre zu führen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Im vorliegenden Fall bestätigte der Oberste Gerichtshof daher die Entscheidungen der Unterinstanzen und hielt fest, dass durch die unrichtigen Angaben sowohl bei der Versicherungsnehmerin, als auch beim Lenker ein sogenannter „dolus coloratus“ vorgelegen ist. Der Versicherer verweigerte daher zu Recht die Leistung.«

Was ist passiert?

Der nunmehr Beklagte wurde von seiner ehemaligen Arbeitgeberin entlassen. Die Arbeitgeberin begründete die Entlassung damit, dass der nunmehr Beklagte eine Krankenstandsbestätigung verfälscht haben soll, was von ihm jedoch bestritten worden ist. Der nunmehr Beklagte brachte daher in einem Vorverfahren eine Klage gegen seine ehemalige Arbeitgeberin ein. Die Klage war auf Feststellung gerichtet, dass die Entlassung zu Unrecht erfolgt ist.

Dieses Vorverfahren wurde von seiner Rechtsschutzversicherung gedeckt. Der nunmehr Beklagte begründete sowohl seine Anfechtungsklage, als auch seine Deckungsanfrage bei der Rechtsschutzversicherung nicht nur damit, den vorgeworfenen Entlassungsgrund (Verfälschen einer Krankenstandsbestätigung) nicht gesetzt zu haben. Vielmehr machte er auch geltend, dass die Entlassung zu spät erfolgt und daher verfristet sei.

In weiterer Folge unterlag der nunmehr Beklagte in diesem Vorprozess. Das Gericht ging davon aus, dass er die Krankenstandsbestätigung tatsächlich verfälscht haben soll. Die Klägerin begehrte daraufhin im nunmehrigen Gerichtsverfahren die Rückzahlung der dem Beklagten im Vorprozess geleisteten Verfahrenskosten, und zwar mit der Begründung, der Beklagte habe zur Erreichung der Deckungszusage bewusst unrichtige Angaben gemacht und dadurch gegen die gesetzliche Auskunftspflicht gemäß § 34 VersVG verstoßen. Auf eine vertragliche Obliegenheit, samt der Anordnung, dass bei deren Verletzung unter den Voraussetzungen des § 6 Abs 3 VersVG Leistungsfreiheit eintritt, hat sich die Klägerin hingegen nicht gestützt.

Wie ist die Rechtslage?

Gemäß § 34 Abs 1 VersVG kann der Versicherer nach dem Eintritt des Versicherungsfalls verlangen, dass der Versicherungsnehmer jede Auskunft erteilt, die zur Feststellung des Versicherungsfalls oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist. Solche Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall dienen dem Zweck, den Versicherer vor vermeidbaren Belastungen sowie ungerechtfertigten Ansprüchen und vor betrügerischen Machenschaften zu schützen. Damit soll der Versicherer in die Lage versetzt werden, sachgemäße Entscheidungen über die Behandlung des Versicherungsfalls zu treffen und insbesondere Art und Umfang seiner Leistung möglichst genau und frühzeitig überblicken zu können.

§ 34 VersVG sieht zwar keine Rechtsfolgen für die Verletzung der gesetzlichen Auskunftspflicht vor. Allerdings kommt eine Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung der von der Klägerin aufgewendeten Verfahrenskosten nach den allgemeinen Grundsätzen des Schadenersatzrechts in Betracht. Dabei muss die geschädigte Rechtsschutzversicherung eine Pflichtverletzung und einen dadurch verursachten Schaden sowie den ursächlichen Zusammenhang (Kausalzusammenhang) zwischen Pflichtverletzung und Schaden beweisen.

Im gegenständlichen Fall wurde jedoch vom Obersten Gerichtshof (7 Ob 203/21k) ein solcher Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Beklagten und einem Schadenseintritt bei der Klägerin verneint. Die Klägerin hat ihr Rückzahlungsbegehren nur auf die unrichtigen Angaben des Beklagten im Zusammenhang mit dem Verfälschen einer Krankenstandsbestätigung gestützt. Nach Ansicht des OGH habe die Klägerin allerdings nicht bewiesen, dass sie nicht ohnedies Rechtsschutzdeckung hätte gewähren müssen, und zwar bereits aufgrund der vom Beklagten eingewandten Verfristung des Entlassungsgrundes. Die Klägerin legte nämlich keine Gründe dar, aus welchen sie im Fall des pflichtgemäßen Verhaltens des Beklagten (Erteilen der vermissten Information über das Verfälschen der Krankenstandsbestätigung) vor dem Hintergrund der weiters von ihm erhobenen Einwendungen gegen die Entlassung die begehrte Rechtsschutzdeckung ablehnen hätte können.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Im Ergebnis schied daher ein Schadenersatzanspruch der klagenden Rechtsschutzversicherung schon deshalb aus, weil sie die Kausalität der behaupteten Täuschungshandlung nicht aufzeigen konnte.«

Was ist passiert?

Als der Kläger einen Kasten anhob, zog seine Frau den Kasten nach vorne. Dabei verletzte sich der Kläger schwer und erlitt einen Deckenplattenbruch an der Lendenwirbelsäule.

Der Kläger machte in der Folge Ansprüche gegen seine Unfallversicherung geltend. Die Versicherung lehnte die Deckung jedoch ab und wendete ein, dass kein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliegen würde.

Wie ist die Rechtslage?

In den Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung wurde unter andrem vereinbart, dass ein Unfall, ein vom Willen der versicherten Person unabhängiges Ereignis ist, das plötzlich von Außen mechanisch oder chemisch auf ihren Körper einwirkt und eine körperliche Schädigung oder den Tod nach sich zieht. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung kann das eigene Verhalten zum Unfall beitragen, ihn sogar herbeiführen. Ein gewolltes und gesteuertes Verhalten vom Versicherungsnehmer kann jedoch nicht als Unfallereignis angesehen werden. Bei einem Unfall liegt somit ein Vorgang vor, der vom Versicherungsnehmer bewusst und gewollt begonnen und beherrscht wurde. Diese Beherrschung wird jedoch durch einen unerwarteten Ablauf entzogen und wirkt sich schädigend auf den Versicherten ein.

Schlussfolgerung

Im vorliegenden Fall stellte das Gericht jedoch fest, dass die körperliche Schädigung des Klägers bereits beim Anheben des Kastens eingetreten ist und nicht erst, nachdem seine Frau den Kasten nach vorne gezogen hat. Die körperliche Schädigung sei somit gerade nicht durch einen der Beherrschung des Klägers entzogenen und von Außen einwirkenden Vorgang eingetreten. Es liegt somit kein Unfall im Sinne des Unfallbedingungen vor.

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die nunmehr vorliegende Entscheidung 7 Ob 76/22k vom 29.06.2022 bestätigt die bisherige Rechtsprechung zum Begriff des Unfalls in der Unfallversicherung. Es ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob ein vom Willen der versicherten Person unabhängiges Ereignis, von Außen auf den Körper einwirkte, und somit tatsächlich auch ein Unfall vorliegt.«

Was ist passiert?

Die Beklagte schloss bei der Klägerin für einen LKW einen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsvertrag ab. Im Februar 2020 beschädigte ein Mitarbeiter der Beklagten mit dem LKW eine Schrankenanlage eines Möbelhauses. Der Unfall wurde von einer Überwachungskamera gefilmt und bereits am nächsten Tag meldete das Möbelhaus den Schaden bei der Versicherung der Beklagten. Die Beklagte selbst meldete den Schaden erst einige Wochen später bei der Versicherung. Die Versicherung bezahlte letztlich knapp EUR 10.000,– an Reparaturkosten.

In weiterer Folge forderte die Versicherung im Regressweg die Rückzahlung der Reparaturkosten von der Beklagten. Diese habe den Schaden bewusst und mit Täuschungs- und Verschleierungsvorsatz nicht rechtzeitig gemeldet und schulde daher den Ersatz der Reparaturkosten.

Wie ist die Rechtslage?

Das Erstgericht gab der Klage statt und folgte der Argumentation der Versicherung. Der Kläger erhob dagegen Berufung und stützte sich insbesondere auf § 33 Abs 2 VersVG. Demnach kann sich der Versicherer auf eine Vereinbarung, nach welcher er von der Verpflichtung zur Leistung frei sein soll, wenn der Pflicht zur Anzeige des Versicherungsfalls nicht genügt wird, nicht berufen, sofern er in anderer Weise vom Eintritt des Versicherungsfalls rechtzeitig Kenntnis erlangt hat.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte in der nunmehr veröffentlichen Entscheidung 7Ob52/22f vom 25.05.2022 die Rechtsansicht der Beklagten.  Es sei zwar unbestritten, dass die verspätete Meldung des Versicherungsfalls geeignet ist, dessen sichere Feststellung sowie die Feststellung des Umfangs der vom Versicherer zu erbringenden Leistungen zu beeinträchtigen und damit zu vermeidbaren Belastungen und ungerechtfertigten Ansprüchen des Versicherers führen könne. Dies sei rechtzeitiger Kenntnis vom Schadensfall und somit bei Anwendung des § 33 Abs 2 VersVG aber gerade nicht möglich. Das Klagebegehren wurde daher abgewiesen und schuldet die Beklagte nicht die Reparaturkosten.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann sich somit auch ein Versicherungsnehmer, der die Obliegenheit zur Anzeige des Versicherungsfalls mit Täuschungs- und Verschleierungsvorsatz im Sinn von § 6 Abs 3 VersVG verletzt, auf § 33 Abs 2 VersVG berufen, wenn der Versicherer in anderer Weise vom Eintritt des Versicherungsfalls rechtzeitig Kenntnis erlangt hat. Der Versicherungsnehmer kann in diesen Fällen somit nicht zum Regress verpflichtet werden.«