Schlagwortarchiv für: Haftpflichtversicherung

Was ist passiert?

Ein selbstständiger Rechtsanwalt begehrte von seiner Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung die Deckung für Schadenersatzforderungen iHv von rund EUR 210.000,00. Hintergrund war, dass der Anwalt während eines Auslandsaufenthalts im Februar 2022 krankheitsbedingt, nicht wie sonst üblich, Substitute (anwaltliche Vertretungen) für anberaumte Gerichtstermine seiner Mandanten organisieren konnte, weshalb Versäumungsurteile zu Lasten seiner Mandanten ergingen.

Der Versicherer verweigerte die Leistung unter Verweis auf den Risikoausschluss bei „wissentlicher Pflichtverletzung“ laut Art 4.1.3 der AVBV 1999 sowie auf eine angeblich grob fahrlässige Verletzung der sogenannten Rettungsobliegenheit (§ 62 VersVG), weil keine Wiedereinsetzungsanträge gestellt und keine Weisungen des Versicherers eingeholt wurden. Das Erstgericht wies die Klage ohne Beweisverfahren ab, das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung im Wesentlichen. Der Anwalt erhob Revision.

Wie ist die Rechtslage?

Der OGH gab der Revision statt und hob die Urteile der Vorinstanzen auf. Entscheidend sei, dass das Vorliegen einer „wissentlichen Pflichtverletzung“ iSd Art 4.1.3 AVBV eine positive Kenntnis des Versicherten über seine konkreten Pflichten sowie ein Bewusstsein über deren Verletzung voraussetze. Fahrlässige Unkenntnis oder ein Rechtsirrtum über den Inhalt der Pflicht genügen hingegen nicht dafür, dass der Risikoausschluss greift.

Der Kläger argumentierte, er habe die Aussicht auf Wiedereinsetzungsanträge geprüft und diese aufgrund ständiger, restriktiver Judikatur als aussichtslos bewertet. Selbst wenn diese Rechtsansicht unvertretbar wäre, könne daraus noch kein „wissentlicher“ Pflichtverstoß abgeleitet werden, solange der Kläger subjektiv davon ausging, rechtmäßig zu handeln. Die fahrlässige Unkenntnis von der Pflicht aber auch die irrtümliche (fahrlässige) Entscheidung für eine ungeeignete Maßnahme vermag keine wissentliche Pflichtwidrigkeit zu begründen.

Auch hinsichtlich der Verletzung der Rettungsobliegenheit nach § 62 VersVG betonte der OGH, dass eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung vom Versicherer, das Fehlen von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit wiederum vom Versicherungsnehmer zu beweisen sei. Zu dem Einwand der Beklagten, dass der Kläger die Rettungsobliegenheit verletzt habe, dadurch, dass er grob schuldhaft keine Wiedereinsetzungsanträge gestellt habe, hielt der Kläger auch hier entgegen, dass die Einbringung von Wiedereinsetzungsanträgen ex ante aussichtlos gewesen wäre und ihm höchstens ein leichtes Verschulden zur Last gelegt werden könnte, da er keine Weisung von der Beklagten eingeholt habe, aber auch diesfalls fehle es an der Kausalität, weil auch in dem Fall, dass Wiedereinsetzungsanträge weisungsgemäß gestellt worden wären, diese mit hoher Wahrscheinlichkeit abgewiesen worden wären. Der Schaden wäre daher im selben Ausmaß eingetreten.

Mangels jeglicher Tatsachengrundlage könne weder der Risikoausschluss noch die Verletzung der Rettungsobliegenheit beurteilt werden, weshalb die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde.

Schlussfolgerung

Für eine Leistungsfreiheit genügt nicht bloß eine ex-post Betrachtung der Unvertretbarkeit anwaltlichen Handelns, sondern es bedarf konkreter Feststellungen zum subjektiven Pflichtverletzungsbewusstsein. Rechtsirrtümer oder vertretbare Fehleinschätzungen können dazu führen, dass der Risikoausschluss nicht greift.

Die Versicherungsstreitigkeit verdeutlich aber auch, wie wichtig es ist, dass der Versicherer in sämtliche Entscheidungen miteingebunden wird, die auf den Versicherungsfall oder die Versicherungsleistung Einfluss nehmen könnten.

Was ist passiert?

Zwischen der Versicherungsnehmerin und dem Versicherer besteht ein Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag. Die zugrunde liegenden Allgemeinen und Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 2004 und EHVB 2004) lauten auszugsweise wie folgt:

»Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung:
Artikel 7
Was ist nicht versichert (Risikoausschlüsse)
1. Unter die Versicherung gemäß Art 1 fallen insbesondere nicht
1.1 Ansprüche aus Gewährleistung für Mängel;[…]
1.3 die Erfüllung von Verträgen und die an die Stelle der Erfüllung tretende Ersatzleistung;[…]
«

Die Versicherungsnehmerin war mit der Planung, Fertigung und Montage von medizintechnischen Funktionsmöbeln für Operationssäle beauftragt. Nach der Montage stellte sich heraus, dass die Schränke nicht den technischen Anforderungen an Stabilität und Tragfähigkeit entsprachen. Konkret kippten Schubläden bei Belastung heraus, da die verwendeten Bleche fehlerhaft gestanzt waren. Um eine Stilllegung der Operationssäle zu vermeiden, vereinbarte die Versicherungsnehmerin mit der Auftraggeberin eine Sanierung (Ersatz der fehlerhaften Komponenten) und einen neuen Fertigstellungstermin. Dadurch entstanden ihr Mehrkosten in der Höhe von EUR 49.860,00, welche die Versicherungsnehmerin von ihrer Betriebshaftpflichtversicherung forderte. Dabei vertritt sie die Ansicht, dass durch die Sanierung aufgrund der neuen Vereinbarung mit der Auftraggeberin schwerwiegende Folgeschäden abgewehrt worden ist. Durch Vertragsstrafen und die drohende Sperre der Operationssäle wäre demnach ein Schaden von rund 3 Mio EUR entstanden. Der geltend gemachte Betrag stelle daher „Rettungskosten“ im Sinne von § 62 Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) dar, die der Versicherer zu ersetzen habe.

Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 19.03.2025, Aktenzeichen 7Ob23/25w, führte der OGH zunächst aus, dass gem. § 62 VersVG der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, bei Eintritt des Versicherungsfalls den Schaden möglichst abzuwenden oder zu mindern. Er habe unter gewissen Voraussetzungen Anspruch auf Ersatz der Rettungskosten durch den Versicherer. Rettungskosten müssen dem Zweck dienen, den versicherten Schaden zu vermeiden. Unter den Begriff Rettungskosten fallen daher nur Kosten, die der Abwehr jener Schäden dienen, die der Versicherer zu decken hätte. Nicht unter den Begriff der Rettungskosten fallen Ausgaben, die „sowieso“, also ohne Rücksicht auf die Rettungsmaßnahme erwachsen wären. Unvorhergesehener Mehraufwand für die eigene Vertragserfüllung ist nicht als Rettungskosten zu qualifizieren.

Der OGH kommt daher zu dem Ergebnis, dass die Kosten für die Verbesserung der gelieferten Möbel einen Mehraufwand zur Erfüllung einer eigenen – nun modifizierten – vertraglichen Verpflichtung darstellen. Sie fallen nach Ansicht des OGH unter den Risikoausschluss nach Art 7.1.3 AHVB, der Schäden im Zusammenhang mit der (auch nachträglich vereinbarten) Erfüllung ausschließt, auch wenn durch die Reparatur Vertragsstrafen und Folgeschäden vermieden worden sind. Der geltend gemachte Mehraufwand diente nicht primär zur Abwehr von Folgeschäden, sondern zur Erfüllung einer (nachverhandelten) Leistungsverpflichtung.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Der Aufwand zur Erfüllung einer (auch neuen bzw. modifizierten) Vereinbarung ist nicht dem Zweck der Schadensvermeidung im versicherten Sinne zuzurechnen. Rettungskosten im Sinne des § 62 VersVG müssen objektiv zur Abwendung eines versicherten Schadens dienen. Unvorhergesehene Mehraufwände zur Vertragserfüllung sind explizit keine Rettungskosten

Was ist passiert?

Der Kläger schloss mit der Beklagten einen Versicherungsvertrag, welcher einen KFZ-Haftpflicht- sowie einen Kaskoversicherungsvertrag enthielt. Die Beklagte übermittelte dem Kläger am 08.03.2023 die Polizze und ein gesondertes Schreiben mit einer Prämienvorschreibung und dem Hinweis auf die Rechtsfolgen im Sinne von § 38 VersVG in Form einer Leistungsfreiheit, wenn die Prämie nicht fristgerecht bezahlt wird. Nachdem die Vertragsparteien ein Lastschriftverfahren vereinbart hatten, wies die Beklagte den Kläger mit diesem Schreiben außerdem darauf hin, dass der offene Betrag in den nächsten Tagen vom angeführten Konto abgebucht und daher für eine ausreichende Dotierung zu sorgen ist. Dies war gegenständlich nicht der Fall, weshalb die Beklagte hinsichtlich eines am 04.04.2023 eingetretenen Totalschaden am Fahrzeug des Klägers die Versicherungsleistungen wegen Nichtzahlung der Erstprämie ablehnte.

Der Kläger akzeptierte die Leistungsfreiheit nicht und bemängelte unter anderem, dass das Schreiben der Versicherung nicht den Voraussetzungen des § 38 Abs. 3 VersVG entspricht, zumal der Hinweis auf die Rechtsfolgen der Leistungsfreiheit nicht durch Fettdruck hervorgehoben und die Prämienforderung außerdem nicht nach Sparten getrennt ausgewiesen wurde. Der Einziehung der Prämien hätte nach Ansicht des Klägers ebenso getrennt erfolgen müssen.


Wie ist die Rechtslage?

Nach § 38 Abs. 2 VersVG wird der Versicherer leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer 14 Tage nach der Aufforderung zur Prämienzahlung die erste Prämie zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles noch nicht bezahlt hat, es sei denn, der Versicherungsnehmer kann beweisen, dass ihn an der nicht rechtzeitigen Zahlung kein Verschulden trifft (RS0114043). Auf diese Rechtsfolgen hat die Versicherung nach § 38 Abs. 3 VersVG den Versicherungsnehmer ausdrücklich hinzuwiesen (RS0080486). Der OGH hat in der Entscheidung 7 Ob178/24p zunächst klargestellt, dass durch das Lastschriftmandat die Prämienschuld in einvernehmlicher Abänderung des § 36 VersVG zu einer Holschuld der Versicherung wird. Aufgabe des Versicherungsnehmers ist es, dass der Betrag zum Fälligkeitstermin auf dem Konto zur Abbuchung bereit gehalten wird. Nachdem dies nicht der Fall war, konnte die Abbuchung nicht vorgenommen werden, womit zum Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles Leistungsfreiheit bestand.

Hinsichtlich der Bemängelung eines ordentlichen Hinweises auf diese Rechtsfolgen bestätigte der OGH die Ansicht des Berufungsgerichtes, wonach es grundsätzlich nicht erforderlich für die Erfüllung der Warnpflicht ist, dass der Text in Fettdruck hervorgehoben wird. Ebenso wenig sei nach Ansicht des OGH erkennbar, warum bei der vorliegenden Bündelversicherung eine Aufgliederung der Prämie und ein gesonderter Einzug nach Sparten erfolgen hätte müssen. Das Gesetz sehe ein derartiges Erfordernis nicht vor und wurde eine Einzelvereinbarung dazu nicht getroffen. Demgemäß wurde dem Klagebegehren des Klägers auf Bezahlung der Versicherungsleistung nicht gefolgt.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Bei einem Lastschriftmandat ist es Aufgabe des Versicherungsnehmers den Kontostand so hoch zu halten, dass die Versicherung die Prämie fristgerecht durch Einzug abholen kann. Ist die Versicherung ihrer Hinweispflicht in Bezug auf die Rechtsfolgen des Prämienverzugs nachgekommen und hat der Versicherungsnehmer nicht für die ausreichende Abdeckung seines Kontos gesorgt, liegt ein Fall der Leistungsfreiheit vor, sollte es zum Versicherungsfall kommen.«

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Was ist passiert?

Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer besteht – im Rahmen eines Haushaltsversicherungsvertrags – ein Haftpflichtversicherungsvertrag. Die zugrundeliegenden Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltsversicherung (ABH 2015) lauten auszugsweise wie folgt:

»Abschnitt C Haftpflichtversicherung:
[…]
Artikel 11
[…]
Was ist mitversichert? (Sachlicher Umfang des Versicherungsschutzes)
Die Versicherung erstreckt sich auf Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens, insbesondere
[…]«

Der mitversicherte Sohn des Versicherungsnehmers warf sich in stark alkoholisiertem Zustand in Suizidabsicht vor einen sich auf einer Bundesstraße annähernden LKW. Fraglich war im vorliegenden Fall, ob daraus resultierende Schäden von dritten Personen vom Haftpflichtversicherungsschutz umfasst sind. Der Versicherer lehnte eine Leistung ab. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 23.10.2024, Aktenzeichen: 7 Ob 172/24f, führte der OGH zunächst aus, dass in Abschnitt C Art 11 ABH 2015 eine primäre Risikoumschreibung dahin vorgenommen werde, dass in der hier vorliegenden Privathaftpflichtversicherung der Risikobereich „Gefahren des täglichen Lebens“ unter Versicherungsschutz gestellt werde.

Der versicherungsrechtliche Begriff der „Gefahr des täglichen Lebens“ sei nach Ansicht des OGH so auszulegen, dass davon jene Gefahren, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss, umfasst seien. Für das Vorliegen einer Gefahr des täglichen Lebens sei nicht erforderlich, dass sie geradezu täglich auftritt. Vielmehr genüge es, wenn die Gefahr erfahrungsgemäß im normalen Lebensverlauf immer wieder, sei es auch seltener, eintritt. Voraussetzung für einen aus einer Gefahr des täglichen Lebens verursachten Schadenfall sei eine Fehlleistung oder eine schuldhafte Unterlassung des Versicherungsnehmers. Auch ein vernünftiger Durchschnittsmensch könne aus Unvorsichtigkeit eine außergewöhnliche Gefahrensituation schaffen oder sich in einer solchen völlig falsch verhalten oder sich zu einer gefährlichen Tätigkeit, aus der die entsprechenden Folgen erwachsen, hinreißen lassen. Derartigen Fällen liege eine falsche Einschätzung der jeweiligen Sachlage zu Grunde. Es dürfe sich jedoch nicht um eine ungewöhnliche Gefahr handeln. Die Abgrenzung zwischen dem gedeckten Eskalierenden einer Alltagssituation und einer nicht gedeckten ungewöhnlichen und gefährlichen Tätigkeit hänge von den Umständen des Einzelfalls ab.

Im vorliegenden Fall kam daher der OGH zum Ergebnis, dass keine vom gedeckten Risiko umfasste Gefahr des täglichen Lebens vorliege, wenn man sich in stark alkoholisiertem Zustand in Suizidabsicht vor einen sich auf einer Bundesstraße annähernden LKW wirft. Auf eine – im Verfahren behauptete – gesteigerte Selbstmordrate bei Jugendlichen komme es dabei nicht an. Es liege auch dann keine Gefahr des täglichen Lebens vor, wenn die Handlung im Zustand voller Berauschung oder einem psychischen Ausnahmezustand verübt wird.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Gefahr, haftpflichtig zu werden, stellt im Leben eines Durchschnittsmenschen zwar eine Ausnahme dar, die Privathaftpflichtversicherung soll allerdings Deckung auch für nicht alltägliche Situationen schaffen, in die auch ein Durchschnittsmensch ausnahmsweise hineingeraten und dadurch haftpflichtig werden kann. Absolut ungewöhnliche Gefahren und Tätigkeiten sollen jedoch nicht vom Versicherungsschutz umfasst sein

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Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer hat mit dem Versicherer einen Eigenheimversicherungsvertrag mit Neuwertentschädigung abgeschlossen. Artikel 18 der vereinbarten Allgemeinen Bedingungen für die Eigenheimversicherung (ABE 2017) lautet auszugsweise wie folgt:

»[…] 1.1 Bei Beschädigung oder Zerstörung versicherter Gebäude hat der Versicherungsnehmer Anspruch auf Ersatz der Reparatur- bzw. Wiederherstellungskosten bis zum Neuwert (ortsübliche Kosten laut der Neuherstellung des versicherten Gebäudes zum Zeitpunkt des Schadenereignisses), sobald folgende Voraussetzungen gegeben sind:
– Es ist gesichert, dass die Entschädigung zur Gänze zur Wiederherstellung verwendet wird.
[…]
1.2 Bis zum Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen hat der Versicherungsnehmer nur Anspruch auf Ersatz der Wiederaufbaukosten bis zum Zeitwert (Neuwert abzüglich eines dem Zustand des Gebäudes, insbesondere seines Alters und seiner Abnützung entsprechenden Betrages). höchstens aber bis zum Verkehrswert (erzielbarer Verkaufspreis des versicherten Gebäudes, wobei der Wert des Grundstückes außer Ansatz bleibt). […]«

Am 24.06.2021 kam es zu einem Hagelschaden am Gebäude des Versicherungsnehmers. Er hat daher zwei Kostenvoranschläge zur Reparatur der Hagelschäden eingeholt und an seine Versicherung zur Freigabe übermittelt. Zudem hat der Versicherungsnehmer erklärt, dass er auch mit einer Direktabrechnung der Versicherung mit dem ausführenden Professionisten einverstanden ist. Begonnen hat die Reparatur noch nicht. Der Versicherungsnehmer hat auch noch keinem konkreten Professionisten einen bindenden Auftrag erteilt. Nachdem die Versicherung eine Zahlung (des Neuwerts) abgelehnt hat, brachte der Versicherungsnehmer eine Klage ein. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

n seiner Entscheidung vom 20.11.2024, Aktenzeichen: 7 Ob 171/24h, führte der OGH zunächst aus, dass Artikel 18.1.1 ABE 2017 eine sogenannte „strenge“ Wiederherstellungsklausel enthält. Die strenge Wiederherstellungsklausel stelle eine Risikobegrenzung dar und bedeute, dass zunächst im Versicherungsfall nur ein Anspruch auf den Zeitwert entsteht und der Restanspruch auf den Neuwert von der Wiederherstellung oder deren (fristgerechter) Sicherung abhängt.

Wann die Wiederherstellung gesichert ist, hänge nach Ansicht des OGH stets von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich könne eine 100%ige Sicherheit nicht verlangt werden, sondern es müsse ausreichen, wenn angesichts der getroffenen Vorkehrungen keine vernünftigen Zweifel an der Durchführung der Wiederherstellung bestehen. Der Abschluss eines bindenden Vertrags über die Wiederherstellung sei grundsätzlich ausreichend, auch der Kauf von Baumaterialien könne ausreichend sein. Die Vorlage von Kostenvoranschlägen, Absichtserklärungen des Versicherungsnehmers, die bloße Planung, eine behelfsmäßige Reparatur oder ein noch nicht angenommenes Angebot seien hingegen für die Sicherung der Wiederherstellung nicht ausreichend.

Im Urteil des Erstgerichts hielt dieses fest, dass es „davon ausgeht“, dass der Versicherungsnehmer die beschädigten Überdachungen reparieren lassen wird. Nach Ansicht des OGH sei darin jedoch keine ausreichende Sicherung der Wiederherstellung zu erblicken, da der Versicherungsnehmer bislang nur zwei Kostenvoranschläge eingeholt habe und darüber hinaus keine nach außen tretende Sicherung der Wiederherstellung gegeben sei. Auch das Einverständnis des Versicherungsnehmers mit einer Direktabrechnung der Versicherung mit ausführenden Professionisten zeige die Sicherstellung der Wiederherstellung nicht auf. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass die Fälligkeit der begehrten „Neuwertspanne“ nicht eingetreten ist.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Zweck der strengen Wiederherstellungsklausel ist die Begrenzung des subjektiven Risikos, das entstehen würde, wenn der Versicherungsnehmer die Entschädigungssumme für frei bestimmbare Zwecke verwenden könnte. Im Versicherungsfall steht daher zunächst nur ein Anspruch auf den Zeitwert zu. Der Restanspruch auf den Neuwert entsteht erst bei Wiederherstellung oder deren (fristgerechter) Sicherung

Was ist passiert?

Zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer besteht ein Kraftfahrzeughaftpflicht-Versicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeughaftpflicht-Versicherung des Versicherers zugrunde liegen. Diese lauten auszugsweise:

»Artikel 8
Was ist nicht versichert? (Risikoausschlüsse)
 
Der Versicherungsschutz umfasst nicht,
[…]
 
2. Ersatzansprüche wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommens des versicherten Fahrzeuges und von mit dem versicherten Fahrzeug beförderten Sachen, […]«

Der beim Versicherer haftpflichtversicherte LKW des Versicherungsnehmers geriet bei einer Fahrt über den Fahrbahnrand und kippte samt gemieteten Anhänger um. LKW und Anhänger wurden dabei beschädigt.

Der Versicherungsnehmer begehrt die Feststellung der Deckungspflicht des Versicherers.

Er sagt, vom Risikoausschluss nach Art 8.2 AKHB seien nur versicherte Fahrzeuge, nicht aber Anhänger umfasst.

Der Versicherer bestritt und wandte ein, er sei wegen der Risikoausschlüsse nach Art 8.2 AKHB leistungsfre


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom OGH, 20.11.2024, 7 Ob 174/24z, führte der OGH zunächst aus, dass durch die Verbindung eines Anhängers mit einem Kraftfahrzeug eine Betriebseinheit entsteht, die dem Halter des Kraftfahrzeugs zuzurechnen ist.

Durch den Risikoausschluss des Art 8.2 AKHB werden Ersatzansprüche wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommen des versicherten Fahrzeugs und wegen der Beschädigung beförderten Sachen vom Versicherungsschutz ausgenommen.

Schäden, die vom Anhänger herbeigeführt werden, sind daher laut OGH ab der Verbindung mit dem Zugfahrzeug ausschließlich dessen Betriebsgefahr zuzurechnen.

Der OGH kam daher zu dem Ergebnis, dass, wenn zwischen dem Zugfahrzeug und dem Anhänger eine Betriebseinheit besteht, auch der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer den Anhänger als Teil der Betriebseinheit und somit des versicherten Fahrzeugs versteht. Aus diesem Grund greift der Risikoausschluss nach Art 8.2 AKHB.

Der OGH sieht daher Schäden am Anhänger als Schäden des versicherten Fahrzeugs und somit in diesem Fall als vertraglich ausgeschlossen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ein Anhänger bildet mit dem Zugfahrzeug eine Einheit. Schäden am Anhänger sind bei Haftpflichtschäden wie Schäden am Fahrzeug selbst zu werten und somit von der Deckungspflicht der Haftpflichtversicherung ausgenommen

Was ist passiert?

Die Streitteile sind Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft. Gegenstand des Verfahrens ist die Anfechtung eines Umlaufbeschlusses.

Inhalt dieses Beschlusses war das Einholen von Angeboten zum Austausch von Fenstern durch die Hausverwaltung.

Für den Fall, dass sich die Mehrheit der Eigentümer für den Austausch entscheidet, sollte die Hausverwaltung mindestens drei weitere Angebote einholen und den Bestbieter beauftragen.

Ein Wohnungseigentümer beantragte diesen Beschluss aufzuheben, weil nicht über die Vergleichsangebote abgestimmt wurde und die konkreten Angebote nicht beigelegt wurden. Fraglich war daher, was Inhalt des Beschlusses war und ob die Hausverwaltung rechtswidrig gehandelt hat.

Rechtliche Beurteilung

Zur Willensbildung der Eigentümergemeinschaft dient vor allem die Eigentümerversammlung. Beschlüsse können aber auch schriftlich, bspw. durch Umlaufbeschluss, zustande kommen.

Umlaufbeschlüsse müssen dann den Anforderungen der Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung entsprechen.

Jeder Wohnungseigentümer kann einen Beschluss wegen formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder Fehlens der erforderlichen Mehrheit anfechten.

Als „Gesetzwidrigkeit“ interpretiert der OGH nur einen Verstoß gegen zwingende Vorschriften des WEG über die Verwaltung und „krasse Verstöße“ gegen die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit.

In einem Beschluss müssen Gegenstand und Zweckmäßigkeit so bestimmt sein, daraus das beabsichtigte Vorgehen der Eigentümer deutlich hervorgeht und der erzielte Zweck erreicht werden kann.

Für größere Verbesserungsarbeiten muss der Verwalter mindestens drei Angebote einholen. Laut OGH hat er aber keine Verpflichtung, bei Einholung eines Beschlusses alle ihm vorliegenden Angebote zur Abstimmung zu bringen.

Der OGH kam daher im vorliegenden Rechtsstreit vom 21.05.2024, 5 Ob 59/24y, zu dem Schluss, dass der Gegenstand der Beschlussfassung nur der grundsätzliche Austausch der Fenster war.

Der Umlaufbeschluss zielte nämlich nicht darauf ab, bereits ein konkretes Angebot zu beschließen oder umzusetzen, sondern nur auf die Zustimmung zur Sanierung durch Austausch, wobei weitere Angebote eingeholt werden sollten.

Der Beschluss ist daher nach der Meinung des OGH rechtswirksam und wird nicht wegen formeller Mängel oder Gesetzwidrigkeit aufgehoben.

Schlussfolgerung

Es reicht für einen gültigen Beschluss der Mit- und Wohnungseigentümer aus, wenn daraus das beabsichtigte Vorgehen der Eigentümer so deutlich hervorgeht, dass damit der mit Beschlussfassung verbundene Zweck erreicht wird.

Auch wenn der Verwalter für größere Verbesserungsarbeiten mindestens drei Angebote einzuholen hat, bleibt der Mehrheitsbeschluss rechtswirksam, wenn der Verwalter die Einholung der Vergleichsangebote unterlässt.

Was ist passiert?

Die Versicherungsnehmerin hat für ihr KFZ einen Kaskoversicherungsvertrag abgeschlossen. Im Mai 2023 verursachte ihr Lebensgefährte in alkoholisiertem Zustand mit diesem Fahrzeug einen Autounfall. Im Vertrag war folgende Alkoholklausel festgelegt:


»Zum Zweck der Verminderung der Gefahr oder der Verhütung einer Erhöhung der Gefahr sind die Obliegenheiten vereinbart,
[…]
(2) dass sich der Lenker nicht in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet.
[…].«



Die Versicherungsnehmerin machte daraufhin die Versicherungsleistung für die durch den Unfall verursachten Schäden geltend. Der Versicherer wendete dagegen die Verletzung der Alkoholklausel ein.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 28.08.2024, 7 Ob 158/24x, stellte der OGH zunächst klar, dass die Alkoholklausel grundsätzlich nicht nur dann anwendbar ist, wenn der Versicherungsnehmer in alkoholisiertem Zustand einen Unfall verursacht, sondern sich auch auf jenen Fall erstreckt, wenn der Versicherungsnehmer einer anderen derart beeinträchtigten Person sein KFZ überlassen hat. Einem Versicherungsnehmer kann dies aber nicht zur Last gelegt werden, wenn er beweisen kann, frei von jeglichem Verschulden zu sein oder er einen Kausalitätsgegenbeweis erbringt. Nur wenn der Verdacht der Obliegenheitsverletzung vollständig ausgeräumt ist, daher keine Negativfeststellungen mehr bestehen, hat der Versicherer zu leisten.

In gegenständlichem Fall existierte eine Negativfeststellung, nämlich dass nicht nachgewiesen werden konnte, dass die Versicherungsnehmerin den zuvor schon in einem Lokal und später zuhause fortgesetzten Alkoholkonsum ihres Lebensgefährten nicht wahrgenommen hatte. Weil ebendiese Negativfeststellung schon nicht beseitigt werden konnte, erübrigten sich die daran anknüpfenden Fragen nach einer möglichen Verletzung der Nachforschungspflicht und das Auffallen von Anzeichen einer Alkoholisierung.

In diesem Zusammenhang wurde auch das konstitutive Anerkenntnis erläutert. Hierbei handelt es sich um eine Willenserklärung durch den Schuldner, nach ernstlicher Behauptung des Anspruches des Gläubigers das Recht anzuerkennen und somit gleichzeitig bestehende Zweifel daran zu beseitigen. Dadurch entsteht eine neue selbstständige Verpflichtung, unabhängig vom Verschuldensgrad zu leisten und selbst, wenn es im Zeitpunkt des Anerkenntnisses Unsicherheiten gab. Es stellt ein abstraktes Geschäft dar, was nach österreichischem Recht grundsätzlich unzulässig ist. Wirksam wäre es bloß dann, wenn dadurch Streitigkeiten hinsichtlich eines bestimmten Rechts bereinigt werden sollen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Alkoholklausel im Zusammenhang mit Kaskoversicherungen gilt auch dann, wenn jemand anderes als der Versicherungsnehmer aufgrund von Alkohol einen Autounfall verursacht. Es gilt dann zu beurteilen, ob der Versicherungsnehmer seine Obliegenheiten verletzt hat, indem er sein Fahrzeug schuldhaft einer alkoholisierten Person zum Lenken überlassen hat, dabei muss jedwede Negativfeststellung ausgeräumt sein, damit eine Leistungspflicht seitens des Versicherers bejaht werden kann.«

Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer hat mit der beklagten Versicherung Krankenzusatzversicherungsverträge abgeschlossen. Dabei hat er jedoch zahlreiche ihm bekannte Erkrankungen und auch „Fehlbildungen“, nach denen die beklagte Krankenversicherung vor Abschluss der Versicherungsverträge ausdrücklich gefragt hatte (wie Nierenagenesie, arterielle Hypertonie und Linksventrikelhypertrophie, Lumbalgie, Spondylolyse, Anterolisthese L5/S1, Diskopathie L4–S1, Plattfuß und Senk-Spreizfuß), nicht angegeben. Nachdem die Versicherung nachträglich von diesen Erkrankungen erfahren hatte, erklärte sie den Rücktritt von den abgeschlossenen Krankenzusatzversicherungsverträgen. Die gegen diesen Rücktritt eingebrachte Klage des Versicherungsnehmers landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 23.09.2024, Aktenzeichen: 7 Ob 149/24y, führte der OGH zunächst aus, dass gemäß § 16 Abs 1 Satz 3 VersVG ein Umstand, nach welchem der Versicherer – wie im vorliegenden Fall – ausdrücklich und in geschriebener Form gefragt hat, im Zweifel als erheblich gilt. In solchen Fällen sei der Versicherungsnehmer dafür beweispflichtig, dass auch die richtige Beantwortung der an ihn gestellten Frage nicht geeignet gewesen wäre, den Entschluss der Versicherung zum Vertragsabschluss in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Zur Bejahung der Gefahrenerheblichkeit von Umständen sei es nicht erforderlich, dass die Versicherung bei Kenntnis des wahren Sachverhalts den Vertrag tatsächlich abgelehnt oder nicht zu den erwähnten Bedingungen abgeschlossen hätte. Es reiche vielmehr bereits aus, dass der von der Versicherung nachgewiesene Umstand bei objektiver Betrachtung geeignet ist, einen solchen Entschluss der Versicherung zu motivieren. Nach Ansicht des OGH bedarf es auch keiner versicherungsmathematischen Relevanz der verschwiegenen Umstände.

Im vorliegenden Fall kam der OGH daher zum nachvollziehbaren Ergebnis, dass dem Versicherungsnehmer dieser Gegenbeweis nicht gelungen ist. Dies auf Basis der vom Erstgericht getroffenen Feststellung, dass die Versicherung „den Ausschluss einzelner bestehender Erkrankungen als nicht mehr zielführend erachtet“ hat, also die Krankenzusatzversicherungsverträge in Kenntnis der vor Abschluss der Versicherungsverträge bestehenden Erkrankungen nicht abgeschlossen hätte.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Sofern ein Versicherer nach einem Umstand ausdrücklich und in geschriebener Form gefragt hat, muss der Versicherungsnehmer beweisen, dass die unrichtige Beantwortung dieser Frage nicht geeignet war, den Entschluss des Versicherers zum Vertragsabschluss zu beeinflussen.«

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Was ist passiert?

Der Kläger ist Eigentümer eines Sees und verpachtete den See an die Gemeinde unter anderem zum Betrieb eines Strandbads.

An jenem Ufer, welches sich gegenüber vom Strandbad befindet, liegt eine – vom Strandbad etwa 30 Gehminuten entfernte – Wohnsiedlung.

Der Beklagte ist Eigentümer einer Liegenschaft samt Wohnhaus, die zwar nicht an den See angrenzt, sich aber in Gehdistanz von etwa fünf Minuten zum Seeufer befindet. Seit dem Jahr 1969 ging der Beklagte regelmäßig (in den Sommermonaten bei Schönwetter täglich) in den See baden und schwimmen. Er war der Ansicht, dazu berechtigt zu sein. Auch andere Anrainer badeten seit jeher im See außerhalb des Strandbads. Dem Beklagten fielen mehrere zu diesem Zweck errichtete Badestege und Seezugänge auf, er wusste aber nicht, dass diese aufgrund separater Vereinbarungen mit dem Kläger als Seeeigentümer errichtet worden waren. Dem Kläger war bekannt, dass von dem anderen Ufer aus im See gebadet wird.

Der Kläger begehrte sohin die Feststellung, dass dem Beklagten weder eine Personal- noch eine Grunddienstbarkeit des Badens und Schwimmens im See zustehe. Die Bademöglichkeit sei seit jeher auf das vor etwa 100 Jahren errichtete Strandbad sowie einzelne private Seezugänge beschränkt gewesen.

Der Beklagte wandte ein, eine Dienstbarkeit des Badens und Schwimmens im See von der Einstiegsstelle in der Nähe seines Hauses ersessen zu haben. Er behauptete primär eine zugunsten seines Grundstücks ersessene Grunddienstbarkeit und hilfsweise eine ihm persönlich zustehende Personaldienstbarkeit.

Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

Eine Dienstbarkeit ist ein beschränktes dingliches Nutzungsrecht an einer fremden Sache. Persönliche Dienstbarkeiten stehen einer bestimmten Person zu, der dadurch ein Vorteil verschafft werden soll. Bei den Grunddienstbarkeiten steht das Recht dem jeweiligen Eigentümer einer bestimmten Liegenschaft zu.

Ein Recht, in einem fremden Gewässer zu baden, kann grundsätzlich Gegenstand einer Grunddienstbarkeit oder einer persönlichen Dienstbarkeit sein

Sowohl Grund- als auch persönliche Dienstbarkeiten können durch Ersitzung erworben werden. Dies setzt ganz allgemein die Ausübung eines Rechtsbesitzes an der fremden Sache während der Ersitzungszeit voraus.

Derjenige, in dessen Besitz bei der Ersitzung eingegriffen wird, muss jedenfalls erkennen können, welches konkrete Recht ausgeübt wird. Es kommt auf die objektive Erkennbarkeit der Rechtsausübung an.

Der OGH verneinte das Bestehen einer Grunddienstbarkeit, da keine objektiven Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der die Liegenschaft des Beklagten durch das Baden im See besser benutzbar sein sollte.

Da hingegen durch eine persönliche Dienstbarkeit einer Person nur ein persönlicher Vorteil verschafft werden soll und die für die Ersitzung erforderliche erkennbare Rechtsausübung dem zu erwerbenden Recht zu entsprechen hat, muss sich auch die Erkennbarkeit bei der Ersitzung einer Personalservitut auf einen persönlichen Vorteil beziehen.

Eine solche Rechtsausübung wäre laut OGH allerdings nur erkennbar gewesen, wenn an der betreffenden Stelle im See nur der Beklagte (oder allenfalls andere unberechtigte Personen) gebadet hätte oder geschwommen wäre und nicht auch jene Personen, die hierzu berechtigt waren.

Fehlt eine solche Erkennbarkeit einer Rechtsausübung, liegt der notwendige Rechtsbesitz des Nutzers der fremden Sache und sohin die Ersitzung deiner persönlichen Dienstbarkeit nicht vor. Ob das zutrifft, konnte mangels ausreichend festgestelltem Sachverhalt vom OGH nicht abschließend beurteilt werden und wurde dem Berufungsgericht daher eine Beweisergänzung aufgetragen.

Sollte das Berufungsgericht feststellen, dass an der vom Beklagten benutzten Stelle im See auch andere berechtigte Personen schwammen und badeten, würde der OGH zum Schluss kommen, dass mangels Erkennbarkeit der Ausübung der persönlichen Dienstbarkeit eine solche nicht besteht.

Schlussfolgerung

Bei der Ersitzung von Dienstbarkeiten kommt es unter anderem darauf an, ob die Ausübung der Dienstbarkeit für den Eigentümer der genutzten Sache objektiv erkennbar war. Die Erkennbarkeit der Ausübung eines Rechtsbesitzes durch den Beklagten hängt auch davon ab, ob andere Personen berechtigt ein vergleichbares Verhalten setzten, das bei entsprechender Sorgfalt des Ersitzungsgegners nicht von der Rechtsausübung des Beklagten unterschieden werden kann