Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer schloss beim Versicherer einen Teilkasko-Versicherungsvertrag ab. Diesem lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Teilkaskoversicherung mit Parkschaden (AK2 2018) zu Grunde.

Diese lauten auszugsweise:

»Artikel 1
Umfang der Versicherung
1. Versichert sind das Fahrzeug und seine Teile, die im versperrten Fahrzeug verwahrt oder an ihm befestigt sind (Treibstoffe gelten nicht als Fahrzeugteile),gegen Beschädigung, Zerstörung und Verlust […]
 
1.2. durch Diebstahl, Unterschlagung, Raub oder unbefugten Gebrauch durch betriebsfremde Personen; […]«

Das teilkaskoversicherte Fahrzeug des Versicherungsnehmers wurde von einem unbekannten Täter gestohlen. Am Tag nach dem Diebstahl wurde das Fahrzeug nach einem Unfall zerstört abseits der Straße aufgefunden. Der Versicherungsnehmer klagte den Versicherer auf Zahlung des Wiederbeschaffungswerts zum Schadenszeitpunkt abzüglich des Verkaufserlös für das Frack und Selbstbehalt.

Der Versicherer verweigerte die Leistung aus dem Versicherungsvertrag. Er wendete ein, dass, selbst wenn von einem Diebstahl auszugehen ist, aufgrund des darauffolgenden Unfalls das Ereignis nur mehr unter das Unfallrisiko zu subsumieren wäre, welches der Kläger – mangels Vollkaskoversicherung – nicht versichert habe. Der OGH beschäftigte sich nunmehr mit der Frage, ob auch ein Unfallschaden, der sich an einem gestohlenen Fahrzeug ereignet, zum Diebstahlsbegriff gehört und von der Teilkaskoversicherung ersetzt werden muss.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 20.11.2024 zu GZ 7 Ob 140/24z, führte der OGH zunächst aus, dass sich nach deutscher Rechtsprechung die Deckung in der Teilkaskoversicherung

auch auf Schäden erstreck, die ein gestohlenes Fahrzeug nach dem Diebstahl bei seiner Benutzung durch den Täter erleidet.

Auch in Österreich wird in der Lehre die Meinung vertreten, dass nicht nur die unmittelbar auf Diebstahl oder Raub zurückzuführenden Schäden, sondern auch alle, die durch den an diese Delikte anschließenden unbefugten Gebrauch des Fahrzeugs entstehen, von der Teilkaskoversicherung gedeckt sind.

Der OGH kam daher zu dem Schluss, dass in diesem Fall eine Beschädigung des zuvor gestohlenen Fahrzeugs vom versicherten Risiko des Diebstahls umfasst ist. Der Versicherungsnehmer hat keinen Einfluss darauf, ob der Dieb mit dem gestohlenen Fahrzeug verunfallt und dieses dabei beschädigt.

Auch aus den Versicherungsbedingungen für die Teilkaskoversicherung Art 1.1.2. der AK2 2018 ergibt sich nichts Gegenteiliges, weil der Umfang der Versicherung mit der Beschädigung oder Zerstörung des Fahrzeugs durch Diebstahl beschrieben wird und insoweit mit dem Verlust des Fahrzeugs durch Diebstahl gleichgesetzt wird.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Versicherungsdeckung für Diebstahl im Rahmen der Teilkaskoversicherung schließt auch eine Beschädigung des Fahrzeugs anlässlich eines Diebstahls mit ein.“

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Was ist passiert?

Am 31. Dezember 2006 ereignete sich ein Verkehrsunfall, bei dem der Kläger und seine Ehefrau verletzt wurden. Der verletzte Kläger hatte einen Rechtsschutzversicherungsvertrag einschließlich des versicherten Bausteins „Fahrzeug-Rechtsschutz“ abgeschlossen – die Ehefrau, die ebenfalls im Rahmen dieses Verkehrsunfalls verletzt wurde ist mitversichert. Die Höchsthaftungssumme des Versicherungsvertrags lautet auf EUR 52.000,00. Sowohl der Versicherungsnehmer als auch die mitversicherte Ehefrau machten daraufhin jeweils getrennt voneinander Schadenersatzansprüche gegen die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners geltend. Die beklagte Versicherung gewährte Deckungsschutz für beide Verfahren: Während die Ansprüche des Klägers kostenneutral für die Versicherung blieben, da er erfolgreich prozessierte, wurden für die Ansprüche seiner Frau die volle Versicherungssumme von EUR 52.000,00 ausgeschöpft.

Im Jahr 2017 wollte der Kläger weiteres Schmerzensgeld infolge des Verkehrsunfalls vom 31.12.2006 geltend machen und stellte bei der Rechtschutzversicherung eine Anfrage, wie viel von der Versicherungssumme hierfür noch zur Verfügung stehe. Die Rechtschutzversicherung antwortete dem Versicherungsnehmer, dass die Versicherungssumme bereits vollständig aufgebraucht sei.

Im Jahr 2023 stellte der Kläger eine erneute Deckungsanfrage, um Ansprüche auf Abfertigung, Pensionsdifferenz und Gutachterkosten geltend zu machen. Die Versicherung lehnte wiederum ab, da keine Versicherungssumme mehr zur Verfügung stehe. Der Kläger klagte daraufhin auf Feststellung, dass ihm noch Deckungsschutz in voller Höhe der Versicherungssumme zustehe, mit der Argumentation, dass der Unfall zwei separate Versicherungsfälle beinhalte – einmal für ihn als Versicherungsnehmer und einmal für seine mitversicherte Frau.


Wie ist die Rechtslage?

In der Entscheidung 7 Ob 117/24t vom 20.11.2024 führte der Oberste Gerichtshof basierend auf den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2005) aus, dass für diese Entscheidung die Definition des Versicherungsfalls maßgebend ist. Nach Art 2.1 ARB gilt demgemäß als Versicherungsfall das dem Anspruch zugrunde liegende Schadenereignis. Der OGH stellte fest, dass unter Schadenereignis in der Rechtsschutzversicherung das äußere Ereignis zu verstehen ist, dass den Personen – oder Sachschaden unmittelbar auslöst. Der äußere Vorgang, der den Schaden unmittelbar herbeiführt ist der Verkehrsunfall selbst, genauer die Kollision. Da im konkreten Fall das Schadenereignis derselbe Autounfall ist, liegt nur ein Versicherungsfall vor, selbst wenn dieser Personenschäden sowohl beim Versicherungsnehmer, als auch bei der mitversicherten Person auslöst.

Nach Art. 6.7.1 ARB bildet die Versicherungssumme die Höchstgrenze für den Versicherungsfall und steht unabhängig davon, wie viele Personen betroffen sind, nur einmal zur Verfügung. Auch die sogenannte Serienschadenklausel (Art. 6.7.2 ARB) legt fest, dass mehrere aus demselben Ereignis resultierende Schäden als ein einheitlicher Versicherungsfall betrachtet werden. Da die Versicherungssumme bereits vollständig ausbezahlt wurde, wurde das Klagebegehren des Klägers abgewiesen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Der Begriff des Versicherungsfalls ist in der Rechtsschutzversicherung an das zugrunde liegende Schadenereignis geknüpft. Ausschlaggebend ist das äußere Ereignis, das den Personen- oder Sachschaden unmittelbar auslöst. Bei einem Verkehrsunfall ist der äußere Vorgang, der den Schaden unmittelbar herbeiführt der Verkehrsunfall selbst, genauer die Kollision.«

Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer hat mit dem Versicherer einen Eigenheimversicherungsvertrag mit Neuwertentschädigung abgeschlossen. Artikel 18 der vereinbarten Allgemeinen Bedingungen für die Eigenheimversicherung (ABE 2017) lautet auszugsweise wie folgt:

»[…] 1.1 Bei Beschädigung oder Zerstörung versicherter Gebäude hat der Versicherungsnehmer Anspruch auf Ersatz der Reparatur- bzw. Wiederherstellungskosten bis zum Neuwert (ortsübliche Kosten laut der Neuherstellung des versicherten Gebäudes zum Zeitpunkt des Schadenereignisses), sobald folgende Voraussetzungen gegeben sind:
– Es ist gesichert, dass die Entschädigung zur Gänze zur Wiederherstellung verwendet wird.
[…]
1.2 Bis zum Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen hat der Versicherungsnehmer nur Anspruch auf Ersatz der Wiederaufbaukosten bis zum Zeitwert (Neuwert abzüglich eines dem Zustand des Gebäudes, insbesondere seines Alters und seiner Abnützung entsprechenden Betrages). höchstens aber bis zum Verkehrswert (erzielbarer Verkaufspreis des versicherten Gebäudes, wobei der Wert des Grundstückes außer Ansatz bleibt). […]«

Am 24.06.2021 kam es zu einem Hagelschaden am Gebäude des Versicherungsnehmers. Er hat daher zwei Kostenvoranschläge zur Reparatur der Hagelschäden eingeholt und an seine Versicherung zur Freigabe übermittelt. Zudem hat der Versicherungsnehmer erklärt, dass er auch mit einer Direktabrechnung der Versicherung mit dem ausführenden Professionisten einverstanden ist. Begonnen hat die Reparatur noch nicht. Der Versicherungsnehmer hat auch noch keinem konkreten Professionisten einen bindenden Auftrag erteilt. Nachdem die Versicherung eine Zahlung (des Neuwerts) abgelehnt hat, brachte der Versicherungsnehmer eine Klage ein. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

n seiner Entscheidung vom 20.11.2024, Aktenzeichen: 7 Ob 171/24h, führte der OGH zunächst aus, dass Artikel 18.1.1 ABE 2017 eine sogenannte „strenge“ Wiederherstellungsklausel enthält. Die strenge Wiederherstellungsklausel stelle eine Risikobegrenzung dar und bedeute, dass zunächst im Versicherungsfall nur ein Anspruch auf den Zeitwert entsteht und der Restanspruch auf den Neuwert von der Wiederherstellung oder deren (fristgerechter) Sicherung abhängt.

Wann die Wiederherstellung gesichert ist, hänge nach Ansicht des OGH stets von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich könne eine 100%ige Sicherheit nicht verlangt werden, sondern es müsse ausreichen, wenn angesichts der getroffenen Vorkehrungen keine vernünftigen Zweifel an der Durchführung der Wiederherstellung bestehen. Der Abschluss eines bindenden Vertrags über die Wiederherstellung sei grundsätzlich ausreichend, auch der Kauf von Baumaterialien könne ausreichend sein. Die Vorlage von Kostenvoranschlägen, Absichtserklärungen des Versicherungsnehmers, die bloße Planung, eine behelfsmäßige Reparatur oder ein noch nicht angenommenes Angebot seien hingegen für die Sicherung der Wiederherstellung nicht ausreichend.

Im Urteil des Erstgerichts hielt dieses fest, dass es „davon ausgeht“, dass der Versicherungsnehmer die beschädigten Überdachungen reparieren lassen wird. Nach Ansicht des OGH sei darin jedoch keine ausreichende Sicherung der Wiederherstellung zu erblicken, da der Versicherungsnehmer bislang nur zwei Kostenvoranschläge eingeholt habe und darüber hinaus keine nach außen tretende Sicherung der Wiederherstellung gegeben sei. Auch das Einverständnis des Versicherungsnehmers mit einer Direktabrechnung der Versicherung mit ausführenden Professionisten zeige die Sicherstellung der Wiederherstellung nicht auf. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass die Fälligkeit der begehrten „Neuwertspanne“ nicht eingetreten ist.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Zweck der strengen Wiederherstellungsklausel ist die Begrenzung des subjektiven Risikos, das entstehen würde, wenn der Versicherungsnehmer die Entschädigungssumme für frei bestimmbare Zwecke verwenden könnte. Im Versicherungsfall steht daher zunächst nur ein Anspruch auf den Zeitwert zu. Der Restanspruch auf den Neuwert entsteht erst bei Wiederherstellung oder deren (fristgerechter) Sicherung

Was ist passiert?

Zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer besteht ein Kraftfahrzeughaftpflicht-Versicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeughaftpflicht-Versicherung des Versicherers zugrunde liegen. Diese lauten auszugsweise:

»Artikel 8
Was ist nicht versichert? (Risikoausschlüsse)
 
Der Versicherungsschutz umfasst nicht,
[…]
 
2. Ersatzansprüche wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommens des versicherten Fahrzeuges und von mit dem versicherten Fahrzeug beförderten Sachen, […]«

Der beim Versicherer haftpflichtversicherte LKW des Versicherungsnehmers geriet bei einer Fahrt über den Fahrbahnrand und kippte samt gemieteten Anhänger um. LKW und Anhänger wurden dabei beschädigt.

Der Versicherungsnehmer begehrt die Feststellung der Deckungspflicht des Versicherers.

Er sagt, vom Risikoausschluss nach Art 8.2 AKHB seien nur versicherte Fahrzeuge, nicht aber Anhänger umfasst.

Der Versicherer bestritt und wandte ein, er sei wegen der Risikoausschlüsse nach Art 8.2 AKHB leistungsfre


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom OGH, 20.11.2024, 7 Ob 174/24z, führte der OGH zunächst aus, dass durch die Verbindung eines Anhängers mit einem Kraftfahrzeug eine Betriebseinheit entsteht, die dem Halter des Kraftfahrzeugs zuzurechnen ist.

Durch den Risikoausschluss des Art 8.2 AKHB werden Ersatzansprüche wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommen des versicherten Fahrzeugs und wegen der Beschädigung beförderten Sachen vom Versicherungsschutz ausgenommen.

Schäden, die vom Anhänger herbeigeführt werden, sind daher laut OGH ab der Verbindung mit dem Zugfahrzeug ausschließlich dessen Betriebsgefahr zuzurechnen.

Der OGH kam daher zu dem Ergebnis, dass, wenn zwischen dem Zugfahrzeug und dem Anhänger eine Betriebseinheit besteht, auch der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer den Anhänger als Teil der Betriebseinheit und somit des versicherten Fahrzeugs versteht. Aus diesem Grund greift der Risikoausschluss nach Art 8.2 AKHB.

Der OGH sieht daher Schäden am Anhänger als Schäden des versicherten Fahrzeugs und somit in diesem Fall als vertraglich ausgeschlossen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ein Anhänger bildet mit dem Zugfahrzeug eine Einheit. Schäden am Anhänger sind bei Haftpflichtschäden wie Schäden am Fahrzeug selbst zu werten und somit von der Deckungspflicht der Haftpflichtversicherung ausgenommen

Was ist passiert?

Die Streitteile sind Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft. Gegenstand des Verfahrens ist die Anfechtung eines Umlaufbeschlusses.

Inhalt dieses Beschlusses war das Einholen von Angeboten zum Austausch von Fenstern durch die Hausverwaltung.

Für den Fall, dass sich die Mehrheit der Eigentümer für den Austausch entscheidet, sollte die Hausverwaltung mindestens drei weitere Angebote einholen und den Bestbieter beauftragen.

Ein Wohnungseigentümer beantragte diesen Beschluss aufzuheben, weil nicht über die Vergleichsangebote abgestimmt wurde und die konkreten Angebote nicht beigelegt wurden. Fraglich war daher, was Inhalt des Beschlusses war und ob die Hausverwaltung rechtswidrig gehandelt hat.

Rechtliche Beurteilung

Zur Willensbildung der Eigentümergemeinschaft dient vor allem die Eigentümerversammlung. Beschlüsse können aber auch schriftlich, bspw. durch Umlaufbeschluss, zustande kommen.

Umlaufbeschlüsse müssen dann den Anforderungen der Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung entsprechen.

Jeder Wohnungseigentümer kann einen Beschluss wegen formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder Fehlens der erforderlichen Mehrheit anfechten.

Als „Gesetzwidrigkeit“ interpretiert der OGH nur einen Verstoß gegen zwingende Vorschriften des WEG über die Verwaltung und „krasse Verstöße“ gegen die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit.

In einem Beschluss müssen Gegenstand und Zweckmäßigkeit so bestimmt sein, daraus das beabsichtigte Vorgehen der Eigentümer deutlich hervorgeht und der erzielte Zweck erreicht werden kann.

Für größere Verbesserungsarbeiten muss der Verwalter mindestens drei Angebote einholen. Laut OGH hat er aber keine Verpflichtung, bei Einholung eines Beschlusses alle ihm vorliegenden Angebote zur Abstimmung zu bringen.

Der OGH kam daher im vorliegenden Rechtsstreit vom 21.05.2024, 5 Ob 59/24y, zu dem Schluss, dass der Gegenstand der Beschlussfassung nur der grundsätzliche Austausch der Fenster war.

Der Umlaufbeschluss zielte nämlich nicht darauf ab, bereits ein konkretes Angebot zu beschließen oder umzusetzen, sondern nur auf die Zustimmung zur Sanierung durch Austausch, wobei weitere Angebote eingeholt werden sollten.

Der Beschluss ist daher nach der Meinung des OGH rechtswirksam und wird nicht wegen formeller Mängel oder Gesetzwidrigkeit aufgehoben.

Schlussfolgerung

Es reicht für einen gültigen Beschluss der Mit- und Wohnungseigentümer aus, wenn daraus das beabsichtigte Vorgehen der Eigentümer so deutlich hervorgeht, dass damit der mit Beschlussfassung verbundene Zweck erreicht wird.

Auch wenn der Verwalter für größere Verbesserungsarbeiten mindestens drei Angebote einzuholen hat, bleibt der Mehrheitsbeschluss rechtswirksam, wenn der Verwalter die Einholung der Vergleichsangebote unterlässt.

Was ist passiert?

Die Versicherungsnehmerin schloss bei der beklagten Versicherung im Jahr 2013 einen Lebensversicherungsvertrag ab, wobei die Monatsbruttoprämie mit EUR 50,00 und Wertanpassungsklausel festgelegt wurde. Eine Belehrung über das Rücktrittsrecht fand zu diesem Zeitpunkt statt. Im Juli 2014 übermittelte die Versicherungsnehmerin einen Änderungsantrag an die Versicherung, wonach die monatliche Prämie von EUR 50,00 auf EUR 100,00 ab August 2014 erhöht werden sollte und um Indexausschluss für das Jahr 2014 gebeten wurde. Die Versicherung stellte der Versicherungsnehmerin infolgedessen einen entsprechenden Nachtrag bezüglich „Erhöhung der Versicherungssumme, Prämie, Ausschluss einer Wertanpassungsvereinbarung“ aus. Mit Nachtrag vom 12.08.2015 kam es wiederum zum „Einschluss einer Wertanpassungsvereinbarung“. Auf der letzten Seite der Nachträge fanden sich nach Ansicht der Versicherungsnehmerin unrichtige Rücktrittsbelehrungen.

Im Juni 2022 erreichte die Versicherung ein E-Mail der Versicherungsnehmerin, in der der Rücktritt von allen Änderungen des Versicherungsvertrags erklärt und damit zusammenhängend die Prämiendifferenz samt Zinsen rückgefordert wurde. Begründet wurde dies mit der fehlenden bzw. intransparenten Belehrung über ihr gesetzliches Rücktrittsrecht, welches nicht nur den erstmaligen Abschluss des Versicherungsvertrages betrifft, sondern auch bei Nachträgen von Relevanz sei. Der Rücktritt wurde von der Versicherung abgelehnt. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 18.12.2024, 7 Ob 155/24f, führte der OGH zunächst aus, dass gem. § 165a VersVG idF BGBl I 2012/34 binnen 30 Tagen nach der Verständigung vom Zustandekommen des Versicherungsvertrages aufseiten des Versicherungsnehmers ein Rücktrittsrecht besteht. Bei unkorrekter und unverständlicher Belehrung über dieses Rücktrittsrecht gilt dieses mangels Möglichkeit zur Ausübung unbefristet.

Während hinsichtlich des Vertragsabschlusses nach Ansicht des OGH die erfolgte Rücktrittsbelehrung grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, wurde die noch nicht geklärte Frage aufgeworfen, ob die Verpflichtung zur Rücktrittsbelehrung bzw. das Bestehen eines Rücktrittsrechtes nach Ansicht des unionsrechtlichen Gesetzgebers auch bei späteren individualvertraglichen Änderungen des Versicherungsvertrages gilt.

Gem. Art 186 Abs 1 RL 2009/138/EG ist Versicherungsnehmern eines Lebensversicherungsvertrages ein Rücktrittsrecht innerhalb einer bestimmten Frist zu gewähren. Nach Art 185 Abs 1 RL 2009/138 EG ist der Versicherungsnehmer vor Vertragsabschluss der Lebensversicherung über gewisse Informationen wie etwa Rücktrittsrechte aufzuklären. Art 185 Abs 5 lit c RL 2009/138/EG schreibt unter anderem vor, dass Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit Zusatzverträgen über alle Änderungen iSd Art 185 Abs 3 lit d bis lit j RL 2009/138/EG zu informieren sind. In anderen Sprachfassungen fallen unter den Begriff „Zusatzvertrag“ individualvertragliche Änderungen eines bestehenden Versicherungsvertrages.

Nachdem sich der RL 2009/138 nicht hinreichend entnehmen lässt, ob eine Rücktrittsbelehrung über ein bestehendes Rücktrittsrecht auch bei späteren individualvertraglichen Änderungen vorzunehmen ist und dazu auch keine Judikatur oder gefestigte Rechtsmeinung besteht, hat sich der OGH mit einem Vorabentscheidungsersuchen zur Klärung dieser Frage an den EUGH gewandt. Das anhängige Verfahren wurde bis zur Klärung dieser spannenden Frage vorerst ausgesetzt.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Zahlreiche Entscheidungen haben sich bereits mit den Rücktrittsbelehrungen zu den Lebensversicherungen und den Folgen der fehlerhaften oder unzureichenden Informationen an den Versicherungsnehmer auseinandergesetzt. Nicht geklärt wurde bisher aber die aufgeworfene Frage, ob ein Rücktrittsrecht und eine damit bestehende Rücktrittsbelehrungspflicht auch dann besteht, wenn es zu einer späteren individualvertraglichen Änderung des Vertrages kommt. Nachdem die Klärung dieser Frage für Versicherungsnehmer neue Rücktrittsmöglichkeiten eröffnen könnte, bleibt die Beantwortung dieser Frage durch den EUGH mit Spannung abzuwarten.«

Was ist passiert?

Zwischen dem Versicherungsnehmer und der Versicherung besteht ein Betriebshaftpflicht-Versicherungsvertrag. Der Versicherungsnehmer hat eine Gewerbeberechtigung für das „Handels- und Handelsagentengewerbe“. Das versicherte Risiko ist „Betriebsart: Heizungs-, Lüftungs-, Klimaanlagen – Handel mit Montage“. Dem Versicherungsvertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung 2004 (AHVB 2004) zugrunde. Diese lauten auszugsweise wie folgt:


»1. Versicherungsfall
1.1 Versicherungsfall ist ein Schadenereignis, das dem versicherten Risiko entspringt und aus welchem dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen (Punkt 2) erwachsen oder erwachsen könnten.«



Der Versicherungsnehmer wurde von einem ehemaligen Geschäftspartner damit beauftragt, sich an der Einreichplanung eines Bauvorhabens (Geflügelmaststall) zu beteiligen und hierfür Konzepte und Pläne zu erstellen und Berechnungen vorzunehmen. Das Konzept des Versicherungsnehmers wurde als Grundlage für den Vertrag zwischen dem ehemaligen Geschäftspartner und dessen Kunden erstellt. Dieser Kunde behauptet nun, dass die vom ehemaligen Geschäftspartner des Versicherungsnehmers ausgeführte Heizungs- und Belüftungsanlage samt Wärmeregulierung in einem Geflügelmaststall unterdimensioniert ist. Aus diesem Grund wurde auch der Versicherungsnehmer von seinem ehemaligen Geschäftspartner in Anspruch genommen.

Fraglich war nun, ob dieser Sachverhalt vom Versicherungsschutz der Betriebshaftpflicht-Versicherung umfasst war. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 23.10.2024, Aktenzeichen: 7 Ob 151/24t, führte der OGH zunächst aus, dass das Haftpflichtversicherungsrecht von der Spezialität der versicherten Gefahr beherrscht ist, wonach nur für solche Schadenfälle Versicherungsschutz besteht, die sich aus dem im Versicherungsschein (der Versicherungspolizze und ihren Nachträgen) umschriebenen „versicherten Risiko“ ableiten lassen. Sinn und Zweck einer Betriebshaftpflichtversicherung sei es, alle Haftpflichtgefahren, die dem versicherten oder mitversicherten Betriebsangehörigen aus dem betreffenden Betrieb erwachsen können, unter Versicherungsschutz zu stellen. Maßgebend sei dabei der Umfang der Gewerbeberechtigung. Über die Gewerbeberechtigung offensichtlich hinausgehende Tätigkeiten sollen vom Versicherungsschutz grundsätzlich ausgeschlossen sein.

Der Deckungsanspruch des Haftpflichtversicherten sei durch das versicherte Risiko spezialisiert und von dem vom Geschädigten erhobenen Anspruch abhängig. Nach Ansicht des OGH hätte es sonst der Versicherungsnehmer in der Hand, durch bloße, dem Anspruch des Geschädigten widersprechende, Behauptungen Deckung zu erlangen. Grundlage für die Prüfung, ob ein gedeckter Versicherungsfall vorliegt, sei daher der geltend gemachte Anspruch, ausgehend von dem vom Geschädigten behaupteten Sachverhalt.

Unter „Handel“ (Handelstätigkeit) sei nur die auf den Warenaustausch gerichtete, gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit zu verstehen, wobei bereits beim Erwerb der Ware der Zweck, diese an andere Personen weiterzugeben, zugrunde liegen muss. Allerdings haben Gewerbetreibende nach der Gewerbeordnung auch bestimmte Nebenrechte. Demnach dürfen Gewerbetreibende auch Arbeiten, die im zulässigen Umfang ihrer Gewerbeausübung liegen, planen. Das Recht zur Planung sei umfangmäßig beschränkt und von der tatsächlichen Ausübung des Gewerbes abhängig.

Im Ergebnis führte der OGH sodann aus, dass der ehemalige Geschäftspartner seinen Schadenersatzanspruch gegen den Versicherungsnehmer darauf gründet, dass es seine Hauptleistung war, ein Konzept (Planung) zu erstellen. Vom Versicherungsnehmer seien demnach „reine Planungsleistungen“ erbracht worden. Nach Ansicht des OGH überschreitet dies die nach der Gewerbeberechtigung zulässige Handelstätigkeit sowie auch die damit zusammenhängenden Nebenrechte. Die Konzeption (= Planung) der Lüftungs- und Wärmegewinnungsanlage für den Hühnerstall samt Berechnungen zur benötigten Luftmenge für die Küken, welche in die Einreichplanung und die Ausschreibung des Projekts des Geschädigten einfließen sollte, übersteige die „Planung eines Handels“ mit zugekaufter Ware. Zulässig wäre es beispielsweise gewesen, wenn sich der Versicherungsnehmer darauf beschränkt hätte, Kennzahlen und Daten eines Planers zu übernehmen, von denen ausgehend er sodann „konzipiert“ (= geplant) hätte, welche Teile seines Warenangebots er dafür benötigen würde, um zu prüfen, ob er eine hinreichende Anlage liefern könne.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Das Betriebshaftpflichtrisiko ist nicht nur auf typische Betriebsgefahren beschränkt, sondern umfasst im Hinblick auf die Vielfalt der mit einem Betrieb verbundenen Haftpflichtgefahren alle Tätigkeiten, die mit dem versicherten Betrieb in einem inneren ursächlichen Zusammenhang stehen.«

Was ist passiert?

Die Versicherungsnehmerin hat für ihr KFZ einen Kaskoversicherungsvertrag abgeschlossen. Im Mai 2023 verursachte ihr Lebensgefährte in alkoholisiertem Zustand mit diesem Fahrzeug einen Autounfall. Im Vertrag war folgende Alkoholklausel festgelegt:


»Zum Zweck der Verminderung der Gefahr oder der Verhütung einer Erhöhung der Gefahr sind die Obliegenheiten vereinbart,
[…]
(2) dass sich der Lenker nicht in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet.
[…].«



Die Versicherungsnehmerin machte daraufhin die Versicherungsleistung für die durch den Unfall verursachten Schäden geltend. Der Versicherer wendete dagegen die Verletzung der Alkoholklausel ein.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 28.08.2024, 7 Ob 158/24x, stellte der OGH zunächst klar, dass die Alkoholklausel grundsätzlich nicht nur dann anwendbar ist, wenn der Versicherungsnehmer in alkoholisiertem Zustand einen Unfall verursacht, sondern sich auch auf jenen Fall erstreckt, wenn der Versicherungsnehmer einer anderen derart beeinträchtigten Person sein KFZ überlassen hat. Einem Versicherungsnehmer kann dies aber nicht zur Last gelegt werden, wenn er beweisen kann, frei von jeglichem Verschulden zu sein oder er einen Kausalitätsgegenbeweis erbringt. Nur wenn der Verdacht der Obliegenheitsverletzung vollständig ausgeräumt ist, daher keine Negativfeststellungen mehr bestehen, hat der Versicherer zu leisten.

In gegenständlichem Fall existierte eine Negativfeststellung, nämlich dass nicht nachgewiesen werden konnte, dass die Versicherungsnehmerin den zuvor schon in einem Lokal und später zuhause fortgesetzten Alkoholkonsum ihres Lebensgefährten nicht wahrgenommen hatte. Weil ebendiese Negativfeststellung schon nicht beseitigt werden konnte, erübrigten sich die daran anknüpfenden Fragen nach einer möglichen Verletzung der Nachforschungspflicht und das Auffallen von Anzeichen einer Alkoholisierung.

In diesem Zusammenhang wurde auch das konstitutive Anerkenntnis erläutert. Hierbei handelt es sich um eine Willenserklärung durch den Schuldner, nach ernstlicher Behauptung des Anspruches des Gläubigers das Recht anzuerkennen und somit gleichzeitig bestehende Zweifel daran zu beseitigen. Dadurch entsteht eine neue selbstständige Verpflichtung, unabhängig vom Verschuldensgrad zu leisten und selbst, wenn es im Zeitpunkt des Anerkenntnisses Unsicherheiten gab. Es stellt ein abstraktes Geschäft dar, was nach österreichischem Recht grundsätzlich unzulässig ist. Wirksam wäre es bloß dann, wenn dadurch Streitigkeiten hinsichtlich eines bestimmten Rechts bereinigt werden sollen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Alkoholklausel im Zusammenhang mit Kaskoversicherungen gilt auch dann, wenn jemand anderes als der Versicherungsnehmer aufgrund von Alkohol einen Autounfall verursacht. Es gilt dann zu beurteilen, ob der Versicherungsnehmer seine Obliegenheiten verletzt hat, indem er sein Fahrzeug schuldhaft einer alkoholisierten Person zum Lenken überlassen hat, dabei muss jedwede Negativfeststellung ausgeräumt sein, damit eine Leistungspflicht seitens des Versicherers bejaht werden kann.«

Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer hat mit der beklagten Versicherung Krankenzusatzversicherungsverträge abgeschlossen. Dabei hat er jedoch zahlreiche ihm bekannte Erkrankungen und auch „Fehlbildungen“, nach denen die beklagte Krankenversicherung vor Abschluss der Versicherungsverträge ausdrücklich gefragt hatte (wie Nierenagenesie, arterielle Hypertonie und Linksventrikelhypertrophie, Lumbalgie, Spondylolyse, Anterolisthese L5/S1, Diskopathie L4–S1, Plattfuß und Senk-Spreizfuß), nicht angegeben. Nachdem die Versicherung nachträglich von diesen Erkrankungen erfahren hatte, erklärte sie den Rücktritt von den abgeschlossenen Krankenzusatzversicherungsverträgen. Die gegen diesen Rücktritt eingebrachte Klage des Versicherungsnehmers landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 23.09.2024, Aktenzeichen: 7 Ob 149/24y, führte der OGH zunächst aus, dass gemäß § 16 Abs 1 Satz 3 VersVG ein Umstand, nach welchem der Versicherer – wie im vorliegenden Fall – ausdrücklich und in geschriebener Form gefragt hat, im Zweifel als erheblich gilt. In solchen Fällen sei der Versicherungsnehmer dafür beweispflichtig, dass auch die richtige Beantwortung der an ihn gestellten Frage nicht geeignet gewesen wäre, den Entschluss der Versicherung zum Vertragsabschluss in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Zur Bejahung der Gefahrenerheblichkeit von Umständen sei es nicht erforderlich, dass die Versicherung bei Kenntnis des wahren Sachverhalts den Vertrag tatsächlich abgelehnt oder nicht zu den erwähnten Bedingungen abgeschlossen hätte. Es reiche vielmehr bereits aus, dass der von der Versicherung nachgewiesene Umstand bei objektiver Betrachtung geeignet ist, einen solchen Entschluss der Versicherung zu motivieren. Nach Ansicht des OGH bedarf es auch keiner versicherungsmathematischen Relevanz der verschwiegenen Umstände.

Im vorliegenden Fall kam der OGH daher zum nachvollziehbaren Ergebnis, dass dem Versicherungsnehmer dieser Gegenbeweis nicht gelungen ist. Dies auf Basis der vom Erstgericht getroffenen Feststellung, dass die Versicherung „den Ausschluss einzelner bestehender Erkrankungen als nicht mehr zielführend erachtet“ hat, also die Krankenzusatzversicherungsverträge in Kenntnis der vor Abschluss der Versicherungsverträge bestehenden Erkrankungen nicht abgeschlossen hätte.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Sofern ein Versicherer nach einem Umstand ausdrücklich und in geschriebener Form gefragt hat, muss der Versicherungsnehmer beweisen, dass die unrichtige Beantwortung dieser Frage nicht geeignet war, den Entschluss des Versicherers zum Vertragsabschluss zu beeinflussen.«

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Was ist passiert?

Der Kläger ist Eigentümer eines Sees und verpachtete den See an die Gemeinde unter anderem zum Betrieb eines Strandbads.

An jenem Ufer, welches sich gegenüber vom Strandbad befindet, liegt eine – vom Strandbad etwa 30 Gehminuten entfernte – Wohnsiedlung.

Der Beklagte ist Eigentümer einer Liegenschaft samt Wohnhaus, die zwar nicht an den See angrenzt, sich aber in Gehdistanz von etwa fünf Minuten zum Seeufer befindet. Seit dem Jahr 1969 ging der Beklagte regelmäßig (in den Sommermonaten bei Schönwetter täglich) in den See baden und schwimmen. Er war der Ansicht, dazu berechtigt zu sein. Auch andere Anrainer badeten seit jeher im See außerhalb des Strandbads. Dem Beklagten fielen mehrere zu diesem Zweck errichtete Badestege und Seezugänge auf, er wusste aber nicht, dass diese aufgrund separater Vereinbarungen mit dem Kläger als Seeeigentümer errichtet worden waren. Dem Kläger war bekannt, dass von dem anderen Ufer aus im See gebadet wird.

Der Kläger begehrte sohin die Feststellung, dass dem Beklagten weder eine Personal- noch eine Grunddienstbarkeit des Badens und Schwimmens im See zustehe. Die Bademöglichkeit sei seit jeher auf das vor etwa 100 Jahren errichtete Strandbad sowie einzelne private Seezugänge beschränkt gewesen.

Der Beklagte wandte ein, eine Dienstbarkeit des Badens und Schwimmens im See von der Einstiegsstelle in der Nähe seines Hauses ersessen zu haben. Er behauptete primär eine zugunsten seines Grundstücks ersessene Grunddienstbarkeit und hilfsweise eine ihm persönlich zustehende Personaldienstbarkeit.

Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

Eine Dienstbarkeit ist ein beschränktes dingliches Nutzungsrecht an einer fremden Sache. Persönliche Dienstbarkeiten stehen einer bestimmten Person zu, der dadurch ein Vorteil verschafft werden soll. Bei den Grunddienstbarkeiten steht das Recht dem jeweiligen Eigentümer einer bestimmten Liegenschaft zu.

Ein Recht, in einem fremden Gewässer zu baden, kann grundsätzlich Gegenstand einer Grunddienstbarkeit oder einer persönlichen Dienstbarkeit sein

Sowohl Grund- als auch persönliche Dienstbarkeiten können durch Ersitzung erworben werden. Dies setzt ganz allgemein die Ausübung eines Rechtsbesitzes an der fremden Sache während der Ersitzungszeit voraus.

Derjenige, in dessen Besitz bei der Ersitzung eingegriffen wird, muss jedenfalls erkennen können, welches konkrete Recht ausgeübt wird. Es kommt auf die objektive Erkennbarkeit der Rechtsausübung an.

Der OGH verneinte das Bestehen einer Grunddienstbarkeit, da keine objektiven Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der die Liegenschaft des Beklagten durch das Baden im See besser benutzbar sein sollte.

Da hingegen durch eine persönliche Dienstbarkeit einer Person nur ein persönlicher Vorteil verschafft werden soll und die für die Ersitzung erforderliche erkennbare Rechtsausübung dem zu erwerbenden Recht zu entsprechen hat, muss sich auch die Erkennbarkeit bei der Ersitzung einer Personalservitut auf einen persönlichen Vorteil beziehen.

Eine solche Rechtsausübung wäre laut OGH allerdings nur erkennbar gewesen, wenn an der betreffenden Stelle im See nur der Beklagte (oder allenfalls andere unberechtigte Personen) gebadet hätte oder geschwommen wäre und nicht auch jene Personen, die hierzu berechtigt waren.

Fehlt eine solche Erkennbarkeit einer Rechtsausübung, liegt der notwendige Rechtsbesitz des Nutzers der fremden Sache und sohin die Ersitzung deiner persönlichen Dienstbarkeit nicht vor. Ob das zutrifft, konnte mangels ausreichend festgestelltem Sachverhalt vom OGH nicht abschließend beurteilt werden und wurde dem Berufungsgericht daher eine Beweisergänzung aufgetragen.

Sollte das Berufungsgericht feststellen, dass an der vom Beklagten benutzten Stelle im See auch andere berechtigte Personen schwammen und badeten, würde der OGH zum Schluss kommen, dass mangels Erkennbarkeit der Ausübung der persönlichen Dienstbarkeit eine solche nicht besteht.

Schlussfolgerung

Bei der Ersitzung von Dienstbarkeiten kommt es unter anderem darauf an, ob die Ausübung der Dienstbarkeit für den Eigentümer der genutzten Sache objektiv erkennbar war. Die Erkennbarkeit der Ausübung eines Rechtsbesitzes durch den Beklagten hängt auch davon ab, ob andere Personen berechtigt ein vergleichbares Verhalten setzten, das bei entsprechender Sorgfalt des Ersitzungsgegners nicht von der Rechtsausübung des Beklagten unterschieden werden kann