Was ist passiert?

Im gegenständlichen Fall ging es um ein Haus (Eckhaus) im 14. Wiener Gemeindebezirk, welches an der Kreuzung zweier in diesem Bereich stärker befahrenen Straßenzüge liegt und um die Frage, ob bei der Ermittlung des höchstzulässigen Richtwertmietzinses durch das Gericht auch ein Lagezuschlag nach § 16 Abs 2 Z 3 MRG (aufgrund der Wohnumgebung des Hauses) im Verfahren zu berücksichtigen gewesen wäre.

Das Erstgericht traf Feststellungen zur Infrastruktur , vor allem zur Anbindung an den öffentlichen Verkehr, zum Gastronomieangebot, zur Versorgung mit Geschäften des täglichen Bedarfs, Bildungs- und Fürsorgeeinrichtungen, Gesundheitsversorgung, Sport- und Freizeitanlagen und Parks. Die festgestellte Infrastruktur betrifft zu einem guten Teil den Bereich des Hietzinger Platzes („1130 Wien, Am Platz“), wobei die Einrichtungen und Versorgungsmöglichkeiten dort nur durch Überquerung des Wienflusses sowie der auf beiden Seiten stark befahrenen Einfahrts- und Ausfahrtsstraßen der Stadt zu erreichen sind.

Anders als das Erstgericht berücksichtigte das Rekursgericht diese Einrichtungen und Versorgungsmöglichkeiten im 13. Bezirk bei der Beurteilung der Lagequalität des Hauses nicht. Es führte im Wesentlichen aus, dass der Wienfluss und die zu beiden Seiten befindlichen Fahrbahnen eine natürliche Grenze und Barriere der Erreichbarkeit seien. Die Infrastruktur im 13. Bezirk möge für die Bewohner auf der anderen Seite des Wienflusses attraktiv sein, die Qualität der hier relevanten Wohnumgebung im 14. Bezirk beeinflusse sie nicht. Naturräumliche Grenzen wie etwa die Donau, der Donaukanal, aber auch der Wienfluss trennen die relevante Wohnumgebung; diese ende ausnahmsweise tatsächlich an der Bezirksgrenze. Die Vorteile des 13. Bezirks könnten daher bei der Beurteilung einer Lage im 14. Bezirk nicht berücksichtigt werden.

Der Antragsgegner brachte einen außerordentlichen Revisionsrekurs ein, in welchem er zusammengefasst ausführte, dass die Wohnumgebung beim Richtwertmietzins durchaus zu berücksichtigen sei und keine verallgemeinernde Aussage, dass der Wienfluss als natürliche (und zugleich politische) Grenze auch die im gegenständlichen Fall zu beurteilende konkrete Lage begrenze, getroffen werden könne, sondern im Einzelfall beurteilt werden müsse.


Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 16 Abs 2 Z 3 MRG darf der zwischen dem Vermieter und dem Mieter für eine gemietete Wohnung der Ausstattungskategorien A, B oder C vereinbarte Hauptmietzins je Quadratmeter der Nutzfläche und Monat den angemessenen Betrag nicht übersteigen, der ausgehend vom Richtwert (§ 1 RichtWG) unter Berücksichtigung allfälliger Zuschläge und Abstriche zu berechnen ist. Für die Berechnung des demnach höchstzulässigen Hauptmietzinses sind im Vergleich zur mietrechtlichen Normwohnung (§ 2 Abs. 1 RichtWG) entsprechende Zuschläge zum oder Abstriche vom Richtwert für werterhöhende oder wertvermindernde Abweichungen vom Standard der mietrechtlichen Normwohnung nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens vorzunehmen, wobei für die Bewertung einer Wohnung bedeutsamen Umstände wie unter anderem auch die Lage (Wohnumgebung) des Hauses im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages zu berücksichtigen sind.

Gemäß § 16 Abs 4 MRG ist ein Lagezuschlag unter anderem nur dann zulässig, wenn die Liegenschaft, auf der sich die Wohnung befindet, eine Lage aufweist, die besser ist als die durchschnittliche Lage (§2 Abs 3 RichtWG). Ob eine konkrete Lage (Wohnumgebung) aufgrund ihrer Eigenschaften als „besser als durchschnittlich“ zu qualifizieren ist, ist nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens zu beurteilen (RS0111204). Dazu bedarf es eines wertenden Vergleichs mit anderen Lagen (Wohnumgebungen).

In Wien ist als Referenzgebiet für die Beurteilung der Durchschnittlichkeit der Lage eines Hauses nicht regelhaft der jeweilige Gemeindebezirk heranzuziehen, sondern auf jene Teile des Wiener Stadtgebiets abzustellen, die einander nach der Verkehrsauffassung in ihren Bebauungsmerkmalen gleichen und (daher) ein einigermaßen einheitliches Wohngebiet bilden (RS0131812).

Maßgeblich für die Beurteilung „nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens“ sind unterschiedliche Faktoren und Standorteigenschaften, so etwa die Verkehrsanbindung (öffentlicher Verkehr und Individualverkehr), Versorgung mit Geschäften des täglichen Bedarfs, Bildungs- und Fürsorgeeinrichtungen, Gesundheitsversorgung, kulturelles Angebot, Sport- und Freizeitanlagen, Parks, Grünflächen und Gewässer (also die „Infrastruktur“ im weitesten Sinn). Ein weiteres Kriterium für die Beurteilung der (Über-)Durchschnittlichkeit vor allem einer innerstädtischen Lage ist auch der Umstand, ob die zu beurteilende Liegenschaft – gemessen an vergleichbaren Lagen – eine besondere (Grün-)Ruhelage aufweist oder im Gegenteil über das zu erwartende Ausmaß von Verkehr, Abgasen und Lärm belastet wird. Auch das Image der Wohnumgebung kann in die Beurteilung miteinzubeziehen sein (5 Ob 83/22z [immolex 2022/183 (Plank)] mwN).

Die (Über-)Durchschnittlichkeit der Lage ist dabei in einer Gesamtschau und unter Gewichtung der einzelnen Lagecharakteristika nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Vorzunehmen ist eine Gesamtschau, weil die Lagequalität nur insgesamt erfasst werden kann. Die Auflistung und Bewertung einzelner Lagefaktoren kann nur ein Kontrollinstrument sein (5 Ob 83/22z mwN).

Bei der Beurteilung der Lagequalität ist den Gerichten ein gewisser Wertungs- und Ermessensspielraum eingeräumt. Solange dieser nicht überschritten wird, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (5 Ob 83/22z5 Ob 20/22k mwN).

Der OGH führte im abgeführten Rechtsstreit zu GZ 5 Ob 27/23s aus, dass keine Fehlbeurteilung des Rekursgerichtes und somit keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt. Dies begründete der OGH damit, dass die Berücksichtigung der jenseits des Wienflusses gelegenen Lagemerkmale beim Richtwertmietzins dann ausgeschlossen werden kann, wenn im konkreten Einzelfall die Möglichkeiten der Überquerung tatsächlich eingeschränkt sind, die Erreichbarkeit der auf der anderen Uferseite gelegenen Einrichtungen also erschwert ist und diese daher nach der Verkehrsauffassung die Lage nicht charakterisieren. Die Beurteilung hängt somit von den konkreten, insbesondere örtlichen Gegebenheiten ab. Letztlich begründet aber ohnedies auch das Rekursgericht die Außerachtlassung der Lagecharakteristika rund um den „Hietzinger Platz“ mit den konkreten örtlichen Gegebenheiten, nämlich damit, dass die gegebene Distanz von 600 bis 750 m nicht mehr als fußläufig bezeichnet werden könne und sich die im Nachbarbezirk gelegenen Geschäfte und Lokale daher außerhalb der relevanten Wohnumgebung befinden. Das Gebot der Beurteilung der Lage macht es nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens notwendig, sich bei dieser Beurteilung von einem gleichsam mathematischen Verständnis des Wortes „durchschnittlich“, als dem Mittelwert aus einer gegebenen Grundgesamtheit (annähernd) entsprechend, zu lösen. Die Lage ist in einer Gesamtschau und durch Gewichtung der einzelnen Lagecharakteristika zu beurteilen, nicht aus der Auflistung und Bewertung einzelner Lagefaktoren zu berechnen. Letzteres kann laut OGH nur ein Kontrollinstrument sein. Im gegenständlichen Fall war es zudem so, dass auch aus der im Sachverständigengutachten abgebildeten Lärmkarte eine starke Belastung durch Straßenlärm von 70-75 dB gegeben war und in die Gesamtbetrachtung des Rekursgerichtes miteingeflossen ist. Diese erhöhte Beeinträchtigung durch Straßenlärm schmälert die Wohnqualität und ist daher bei der Gesamtbetrachtung aller Lagecharakteristika als negative Eigenschaft zu berücksichtigen. Somit hat nach Ansicht des OGH das Rekursgericht bei der Beurteilung der Qualität der Lage (Wohnumgebung) den ihm eingeräumten Wertungs- und Ermessensspielraum nicht verlassen und war daher der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Schlussfolgerung

Bei der Beurteilung der Frage, ob aufgrund einer besonderen Lage eines Objektes im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages ein Lagezuschlag beim Richtwertmietzins gerechtfertigt ist, ist immer eine Gesamtschau und Gewichtung der einzelnen Lagecharakteristika vorzunehmen. Insbesondere starke Belastung durch Straßenlärm kann sich negativ auswirken und dazu führen, dass kein Lagezuschlag zulässig ist

Was ist passiert?

Zwischen der Versicherungsnehmerin und dem Versicherer bestand im Jahr 2021 ein Bündelversicherungsvertrag mit der Sparte Sturmschaden. Die zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen lauteten auszugsweise wie folgt:

»[…] Nicht versichert sind, auch nicht als unvermeidliche Folge eines Schadensereignisses:
[…]
2. Schäden durch Lawinen und Lawinenluftdruck, Sturmflut, Hochwasser, Überschwemmung und Vermurung.
[…]
4. Schäden durch Wasser
Schäden durch Schmelz- oder Niederschlagswasser sind aber versichert, wenn das Wasser dadurch in ein Gebäude eindringt, dass feste Baubestandteile oder ordnungsgemäß verschlossene Fenster oder Außentüren durch ein Schadenereignis beschädigt oder zerstört wurden.
[…]«

In Abänderung von Artikel 2 (Pkt. 4) der AStB 1998 leistet der Versicherer auch dann Entschädigung, wenn Gebäudeteile im Inneren der versicherten Gebäude durch Witterungsniederschläge (Niederschlagswasser, Schnee oder Hagel) beschädigt oder zerstört werden, welche durch Dach- oder Mauerteile bzw. durch ordnungsgemäß geschlossene Fenster oder Außentüren ins Gebäude eindringen, ohne dass ein Ereignis gemäß Artikel 1 der AStB 1998 einwirkt.“

Auf der versicherten Liegenschaft befindet sich ein ca. 15 Jahre altes, unterkellertes, mehrstöckiges, in Massivbauweise errichtetes Mehrfamilienhaus. Am 17.07.2021 kam es auf der versicherten Liegenschaft aufgrund eines Unwetters mit Starkregen bei den Erdgeschosswohnungen auf vier Stiegen zu Wassereintritten und Schäden. Es handelt sich um zweigeschossig ausgeführte Erdgeschosswohnungen, deren unteres Geschoss unter dem Straßenniveau im Keller des Gebäudes liegt. Es gibt eigene Lichthöfe, die mit einem Bodenablauf und mit einem Rigol in Kellerbodenniveau ausgeführt sind. Diese haben eine Fläche von jeweils rund 5 m² und dienen der Ableitung von Witterungsniederschlägen. Am Schadenstag gab es derart heftige und schwere Niederschläge, dass sich das Niederschlagswasser in den Lichthöfen ansammelte und nicht mehr abfließen konnte, sodass das aufgestaute Wasser in den Bodenaufbau und in das Mauerwerk eindrang. Die Schäden entstanden nicht dadurch, dass das Regenwasser direkt in die Wohnungen eindrang.

Der Versicherer lehnte eine Leistung aus der Sturmschadenversicherung mit der Begründung ab, dass nur solche Schäden gedeckt seien, die durch direkte Einwirkung von Witterungsniederschlägen, und nicht durch Ansammlung von Wasser, das in das Gebäude eindringe, verursacht worden seien. Außerdem seien die Schäden durch eine Überschwemmung entstanden, sodass der entsprechende Risikoausschluss greife.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 22.11.2023, Aktenzeichen: 7 Ob 113/23b, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, dass das gegenständliche Bedingungswerk auch Schäden in die Versicherungsdeckung einschließt, wenn Gebäudeteile im Inneren des versicherten Gebäudes durch Witterungsniederschläge (zB Niederschlagswasser) beschädigt oder zerstört werden, welche (unter anderem) durch Mauerteile ins Gebäude eindringen.

Unter einem „Eindringen von Witterungsniederschlägen“ im Sinn der gegenständlichen Versicherungsbedingungen verstehe der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer auch den Fall, dass in einem umschlossenen Hof angesammeltes Niederschlagswasser seinen Weg über Mauerteile ins Gebäude findet. In dieser Klausel finde sich kein Anhaltspunkt, dass nur Schäden ersetzt würden, die durch direkte Einwirkung von heftigen Witterungsniederschlägen entstanden seien. Auch die Ansicht des Versicherers, wonach kein „Niederschlagswasser“ mehr vorliege, sobald dieses auf den Boden auftreffe, könne der durchschnittliche Versicherungsnehmer weder dem Wortlaut der Bedingung noch dem allgemeinen Sprachgebrauch entnehmen. Es bestehe daher grundsätzlich Versicherungsdeckung.

Fraglich war daher noch, ob der Risikoausschluss greift, wonach Schäden durch „Überschwemmung“ für nicht versichert erklärt werden. Nach Ansicht des OGH impliziere der Begriff „Überschwemmung“, dass sich Wasser auf einem nicht unerheblichen Teil von Grund und Boden des Versicherungsorts ansammelt. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer verstehe darunter kein kleinräumiges Ereignis wie in Lichthöfen stehendes Regenwasser.

Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass der Risikoausschluss der „Überschwemmung“ im vorliegenden Fall nicht verwirklicht ist, sodass der Versicherer für die geltend gemachten Schäden dem Grunde nach Deckung zu gewähren hat.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer versteht unter dem Begriff „Überschwemmung“ eine großräumige Überflutung. Eine kleinräumige Ansammlung von Wasser, wie in kleinen Lichthöfen stehen bleibendes Regenwasser, fällt daher nicht unter diesen Begriff

Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer hat bei dem Versicherer einen Unfallversicherungsvertrag abgeschlossen, in welchem die Ehefrau des Versicherungsnehmers mitversichert war.

Die Mitversicherte wurde bei einem Zusammenstoß mit einem Zug getötet. Im Verfahren auf Leistungen aus der Unfallversicherung war fraglich, ob es sich um einen Suizid oder einen Unfalltod handelte und wie die Beweisführung in einem solchen Fall zu führen ist.

Dem Unfallversicherungsvertrag liegen die Allgemeinen * Bedingungen für die Unfall-Versicherung (AUVB 2008) zu Grunde, welche lauten:

»Artikel 2
Versicherungsfall
Versicherungsfall ist der Eintritt eines Unfalls (siehe Art 6, Begriff des Unfalls).
[…]
Artikel 6
Begriff des Unfalls
1. Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.
[…]«


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 06.03.2024, Geschäftszahl: 7Ob35/24h, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, dass die Beweislast für das Vorliegen eines Versicherungsfalls (hier Unfall) nach der allgemeinen Risikobeschreibung den Versicherungsnehmer trifft (RS0043438). Hierfür reicht es aus, dass der Versicherungsnehmer Umstände aufzeigt, die die Möglichkeit eines Unfalls naheliegend erscheinen lassen. Gelingt es dem Versicherer wiederum Umstände zu behaupten und zu beweisen, die dafür sprechen, dass kein deckungspflichtiger Unfall vorliegt, muss der Versicherungsnehmer beweisen, dass er unabhängig davon unfreiwillig einen Unfall erlitten hat. (RS0080921; 7 Ob 172/12p).

Es ist nach der Rsp. des OGH nicht entscheidend, ob ein Unfalltod mit Sicherheit festgestellt werden kann, sondern nur, ob dafür ein so hoher, der Gewissheit gleichkommender Grad der Wahrscheinlichkeit spricht, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch daran zweifeln kann.

Auch wenn grundsätzlich der Versicherer gem § 181 VersVG den Ausschlussgrund seiner Leistungsfreiheit zu beweisen hat, enthält Art 6 AUVB keinen Ausschluss, sondern eine primäre Risikoumschreibung.

Auch wenn die österreichische Rechtsordnung den Ausdruck „strikte Beweisführung“ nicht kennt und schlussendlich nur die Überzeugung des Richters dafür maßgeblich ist, welche Umstände als erwiesen angenommen werden, muss in Fällen, bei denen schwerwiegende Argumente für die Leistungsfreiheit des Versicherers sprechen, der Versicherungsnehmer eine Beweislage schaffen, aus der sich gewichtige Argumente ergeben, die das Gegenteil darstellen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ist Zweifelhaft, ob ein Unfalltod vorliegt, muss dieser nicht mit Sicherheit festgestellt werden, sondern der Grad der Wahrscheinlichkeit so hoch sein, dass kein vernünftiger Mensch daran zweifeln kann.«

Was ist passiert?

Der österreichische Nationalrat hat am 20.03.2024 das Wohn- und Baupaket beschlossen. Wichtiger Teil dieses Pakets ist die temporäre (von 01.07.2024 bis 30.06.2026) geltende Streichung von Grundbuchseintragungsgebühren und Pfandrechtseintragungsgebühren beim entgeltlichen Erwerb von Eigenheimen, sofern der Vertrag, welcher die Rechtsgrundlage für die Übertragung bildet, nach dem 31.03.2024 abgeschlossen wurde und die Bemessungsgrundlage unter EUR 500.000,00 liegt.


Rechtliche Beurteilung

Folgende Voraussetzungen müssen gemeinsam vorliegen, damit es zu solch einer Gebührenbefreiung kommt:

  1. Der Eintragung liegt ein entgeltliches Rechtsgeschäft zugrunde, das nach dem 31. 3. 2024 geschlossen wurde.
  2. Der Antrag auf Eintragung des jeweiligen Rechts langt nach dem 30. 6. 2024, aber vor dem 1. 7. 2026 beim Grundbuchsgericht ein.
  3. Bei Eintragungen (Einverleibungen) bzw. Vormerkungen bzw. Anmerkungen der Rechtfertigung der Vormerkung zum Erwerb des Eigentums und des Baurechts soll das auf der Liegenschaft errichtete oder zu errichtende Gebäude oder das Bauwerk der Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses des einzutragenden Eigentümers dienen (Wohnstätte).
  4. Bei Eintragungen zum Erwerb des Pfandrechts, Anmerkungen der Rangordnung der beabsichtigten Verpfändung und der nachträglichen Eintragung des Pfandrechts in der angemerkten Rangordnung wird der pfandrechtlich gesicherte Betrag ausschließlich oder doch zu mehr als 90 % zum Erwerb dieser Liegenschaft (des Liegenschaftsanteils, des Baurechts) oder des Bauwerks oder zur Errichtung oder Sanierung der Wohnstätte auf der erworbenen Liegenschaft aufgenommen.
  5. Die Gebührenbefreiung muss in der Eingabe an das Grundbuch, spätestens aber anlässlich der Vorstellung gegen einen Zahlungsauftrag unter Hinweis auf die mögliche Gebührenbefreiung in Anspruch genommen.

Die Gebührenbefreiung besteht bis zu einer Bemessungsgrundlage von Euro 500.000,00.

Wesentlich für die Gebührenbefreiung ist ein dringliches Wohnbedürfnis. Dieses wird durch eine Bestätigung der Meldung des Hauptwohnsitzes an der Liegenschaftsadresse und durch den Nachweis, dass die Wohnrechts an einer bisher verwendeten Wohnung aufgegeben wurde, nachgewiesen.

Weiters beinhaltet das Wohn- und Baupaket einen Zweckzuschuss des Bundes zur Wohnraumsanierung in der Höhe von EUR 1 Mrd. für den Zeitraum 2024 – 2026. Die Bundesländer erhalten zusätzlich die Möglichkeit sich über die Bundesfinanzierungsagentur günstig zu finanzieren.

Ebenso werden zwischen 2024 und 2026 fertiggestellte Wohnneubauten, die definierten ökologischen Standards entsprechen, durch beschleunigte Abschreibungsmöglichkeiten (3 Jahre lang der dreifache AfA-Satz, dh 4,5 % pro Jahr) steuerlich begünstigt. Ähnliches gilt für Sanierungsmaßnahmen, die nach dem Umweltförderungsgesetz unterstützt werden. Dazu gehören eine Aufstockung des Reparaturbonus um 50 Mio Euro und die Bereitstellung von weiteren 60 Mio Euro für den sog „Wohnschirm“ zur Verhinderung von Delogierungen. Weiters können Vermieter, welche eine Wohnung bzw ein Gebäude thermisch sanieren oder ein fossiles Heizungssystem durch ein klimafreundliches ersetzen, durch das Wohn- und Baupaket einen Zuschlag iHv 15 % der Aufwendungen steuerlich geltend machen.

Schlussfolgerung

Beim Wohn- und Baupaket handelt es sich um eine wichtige Initiative zur Ankurbelung der Baukonjunktur und Schaffung leistbaren Wohnraums. Die Gebührenbefreiung für Wohnungskäufer führt temporär zu einer spürbaren Erleichterung für die Käufer von Wohnraum mit dringlichem Wohnbedürfnis.

Was ist passiert?

Der Kläger hat mit der Beklagten eine Eigenheimversicherung abgeschlossen, die auch einen Versicherungsschutz für Hagelschäden umfasst. Dem Versicherungsvertrag liegt unter anderem die Bedingung 12K zugrunde. Diese lautet wie folgt:

»12K – Optische Schäden bis EUR 10.000,-
In Erweiterung der AStB werden nachweislich entstandene optische Schäden durch Hagel an Gebäudebestandteilen (ausgenommen Dachrinnen und Fallrohre aller Art) bis EUR 10.000,- auf ‚Erstes Risiko‘ ersetzt, sofern eine Wiederherstellung erfolgt.
Für Blech- und Kupferdächer beträgt die Höchstentschädigung EUR 5.000,- auf ‚Erstes Risiko‘.«

Nachdem im Sommer 2021 ein Hagelunwetter am versicherten Risikoort niederging, kam es zu optischen Schäden am Dach des Hauses des Klägers.

Im anhängigen Rechtsstreit ging es um die Frage, ob der Kläger die Höchstentschädigung in Höhe von EUR 5.000,00 schon ziehen kann, auch wenn die optischen Schäden am Dach noch nicht behoben wurden. Der Kläger schloss die Fälligkeit der Entschädigungsleistung daraus, dass im Gegensatz zu Satz 1 der Klausel, Satz 2 keine explizite Bedingung für die Fälligkeit der Entschädigung dahingehend enthält, dass eine „Wiederherstellung“ zu erfolgen hat. Demnach sei die Entschädigung auch ohne vorherige Wiederherstellung (Behebung der Schäden) von der Versicherung zu bezahlen, zumal Satz 2 isoliert von Satz 1 der Bedingung 12K zu betrachten sei.


Wie ist die Rechtslage?

Durch die Wiederherstellungsklausel wird mittelbar Zwang auf den Versicherungsnehmer ausgeübt, der erst bei Sicherung der Wiederherstellung an die Versicherungssumme gelangt. Die Fälligkeit der Leistung ist bis dahin aufgeschoben (RS0111471).

Unstrittig ist, dass Satz 1 der Klausel 12K eine strenge Wiederherstellungsklausel vorsieht. Im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Klägers bestätigte der OGH in seiner Entscheidung, dass die Klausel vom Wortlaut her so eindeutig ist, dass keine Auslegungszweifel verbleiben (RS0121516).

Demnach ist die Bedingung so zu verstehen, dass auch der Ersatz von optischen Schäden an Blech- und Kupferdächern eine vorherige Wiederherstellung erfordert, wobei abweichend zu Satz 1 lediglich die Höchstentschädigungssumme auf EUR 5.000,00 begrenzt wird. Eine isolierte Betrachtung zu Satz 1 würde auch keinen Sinn ergeben, weil mit Satz 2 keine Versicherungsleistung für die genannten Schäden angeordnet, sondern eben nur eine Begrenzung in Form einer Höchstentschädigungssumme getroffen wird.

In Ermangelung der vorherigen Sicherstellung der Wiederherstellung wurde die Fälligkeit der Entschädigung daher verneint.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ist eine Klausel vom Wortlaut her klar verständlich und lässt sich zweifellos erkennen, was Voraussetzung für den Eintritt der Versicherungsleistung ist und für welche Leistung eine Höchstentschädigungssumme besteht, erübrigen sich weitere Auslegungsfragen.«

Was ist passiert?

Zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer bestand ein Unfallversicherungsvertrag, bei dem auch der Sohn des Versicherungsnehmers für den Versicherungsfall der dauernden Invalidität auf fremde Rechnung mitversichert war. Dem Versicherungsvertrag lagen die die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen 2019 (AUVB 2019) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauteten:

»Artikel 21 – Was ist vor Eintritt eines Versicherungsfalles zu beachten? Was ist nach Eintritt eines Versicherungsfalles zu tun?
Obliegenheiten
Als Obliegenheiten werden vereinbart:
1. Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles:
1.1 Die versicherte Person hat als Lenker eines Kraftfahrzeuges die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung, die zum Lenken dieses oder eines typengleichen Kraftfahrzeuges erforderlich wäre, zu besitzen; dies gilt auch dann, wenn dieses Fahrzeug nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt wird. […]

Der damals 15-jährige Mitversicherte erlitt Anfang September 2022 im Zuge der Teilnahme an einem Fahrsicherheitstraining in einem Trialgarten einen Unfall, bei dem er sich eine Fraktur des Tibiaschaftes am rechten Bein zuzog. Dies führte zu einer dauernden Invalidität von 6 % des Beinwertes. Der Mitversicherte verfügte nur über eine Lenkberechtigung für die Klasse AM, nicht aber über eine solche für Motorräder mit einem Hubraum von 125 Kubikzentimeter (A1). Das verwendete Trial-Motorrad hatte einen Hubraum von 125 Kubikzentimeter, war ausschließlich für den Offroad-Bereich konzipiert, wurde nur auf der Wiese gefahren und diente dem Üben der Fahrtechnik. Für Motorräder mit einem Hubraum von bis zu 125 Kubikzentimeter ist nach dem Gesetz die Führerscheinklasse A1 erforderlich. Der Unfallversicherer lehnte eine Versicherungsleistung unter Verweis auf eine Obliegenheitsverletzung gemäß Artikel 21.1.1 der AUVB 2019 ab. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 06.03.2024 (Geschäftszahl: 7 Ob 7/24s) führte der OGH zunächst aus, dass die versicherte Person nach Art 21.1.1 AUVB 2019 als Lenker eines Kraftfahrzeugs die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung für das Lenken dieses oder eines typengleichen Fahrzeugs haben muss. Diese Führerscheinklausel habe auch für Fahrten auf nichtöffentlichem Grund Geltung. Sie ziele darauf ab, den Versicherer nicht dem höheren Risiko durch unerfahrene und ungeschulte Lenker auszusetzen. Das Unfallrisiko eines bloßen Bedienungs-bzw. Fahrfehlers sei bei diesen Lenkern auf öffentlichen wie auf nichtöffentlichen Flächen gleich hoch. Die Führerscheinklausel stelle darauf ab, ob der Lenker eine (allgemeine) Fahrberechtigung und damit eine gewisse Fahrsicherheit hat, egal auf welcher Fläche er das Fahrzeug lenkt. Das fahrerische Können solle bereits vor Antritt der Fahrt in der vom Gesetz formalisierten Weise durch Erhebungen der Behörde und die Fahrprüfung dargetan sein.

Nach Ansicht des OGH ist daher die Führerscheinklausel dahin zu verstehen, dass der Mitversicherte, um Versicherungsschutz zu genießen, zum Lenken eines Kraftfahrzeugs über die entsprechende Lenkberechtigung nach dem Führerscheingesetz (FSG) verfügen muss. Auch Fahrten auf nichtöffentlichem Grund, für die keine Lenkberechtigung erforderlich ist, seien von der Führerscheinklausel ausdrücklich erfasst. Das Fahrtechniktraining fand auf einem Gelände ohne Straßen mit öffentlichem Verkehr statt. Dies stehe daher dem Erfordernis einer Lenkberechtigung nicht entgegen. Auch wenn daher das Verhalten des Mitversicherten nach dem Führerscheingesetz möglicherweise nicht verboten gewesen sei, resultiere daraus nach der Bedingungslage des Unfallversicherungsvertrags keine Leistungspflicht des Versicherers. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass der Unfallversicherung die Leistung zu Recht ablehnte.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Nach der Führerscheinklausel hat der Versicherte als Lenker die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung, die zum Lenken dieses oder eines typengleichen Kraftfahrzeugs erforderlich ist, zu besitzen. Selbst, wenn daher für das gegenständliche Fahrzeug bzw. für die gegenständliche Fahrt nach dem Gesetz kein Führerschein erforderlich ist, kommt es nach der Führerscheinklausel darauf an, ob für ein „typengleiches Fahrzeug“ ein Führerschein erforderlich ist

Was ist passiert?

Zwischen Versicherungsnehmerin und Versicherer besteht ein Haftpflichtversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen und die Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die 2 7 Ob 21/24z Haftpflichtversicherung (AHVB 2004 und EHVB 2004) Fassung 01/2015 zugrunde liegen. Die EHVB lauten auszugsweise:

»15. Privathaftpflicht
1. Die Versicherung erstreckt sich nach Maßgabe des Deckungsumfanges der AHVB auf Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens mit Ausnahme der Gefahr einer betrieblichen, beruflichen oder der gewerbsmäßigen Tätigkeit, insbesondere […]«

Der mitversicherte Lebensgefährte der Versicherungsnehmerin traf beim Besuch eines Sportfests auf den Ex -Freund der Versicherungsnehmerin. Beide waren alkoholisiert. Der Ex-Freund meinte zum Lebensgefährten, er solle verschwinden, worauf letzterer vorerst nicht reagierte. 15 Minuten später trafen diese wieder aufeinander, worauf der Lebensgefährte dem Ex-Freund unvermittelt eine Ohrfeige versetzte, worauf dieser zu Sturz kam und sich einen Oberschenkelhalsbruch zuzog.


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH sprach in seiner Entscheidung vom 6.3.2024 zu 7 Ob 21/24z aus, dass der versicherungsrechtliche Begriff der „Gefahr des täglichen Lebens“ so auszulegen ist, dass davon jene Gefahren, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss, umfasst sind. Die Gefahr, haftpflichtig zu werden, stellt im Leben eines Durchschnittsmenschen nach wie vor eine Ausnahme dar. Deshalb will die Privathaftpflichtversicherung prinzipiell Deckung auch für außergewöhnliche Situationen schaffen, in die auch ein Durchschnittsmensch hineingeraten kann. Auch ein vernünftiger Durchschnittsmensch kann aus Unvorsichtigkeit eine außergewöhnliche Gefahrensituation schaffen oder sich in einer solchen völlig falsch verhalten oder sich zu einer gefährlichen Tätigkeit, aus der die entsprechenden Folgen erwachsen, hinreißen lassen. Das ggst. Verhalten des Lebensgefährten ist jedoch keine vom gedeckten Risiko umfasste Gefahr des täglichen Lebens sei, in die ein Durchschnittsmensch im normalen Lebensverlauf üblicherweise gerate.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Das unvermutete Versetzen einer Ohrfeige stellt für gewöhnlich kein (vom Versicherungsschutz umfasstes) Eskalieren einer Alltagssituation dar, sondern eine ungewöhnliche und gefährliche Tätigkeit, für welche kein Versicherungsschutz besteht.«

Was ist passiert?

Der beklagte Mieter mietete ein Geschäftslokal zum Betrieb eines Bekleidungsgeschäfts. Der Mieter zahlte für die Monate März und April 2021 nur 80 % bzw 40 % des vorgeschriebenen Mietzinses. In diesen Monaten galten nach § 5 Abs 1 der 4. COVID-19-SchuMaV, BGBl II Nr 58/2021 für Kundenbereiche u.A. folgende Bestimmungen zur Eindämmung der Pandemie:

»4. Der Betreiber hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich maximal so viele Kunden gleichzeitig im Kundenbereich aufhalten, dass pro Kunde 20 m² zur Verfügung stehen; ist der Kundenbereich kleiner als 20 m², so darf jeweils nur ein Kunde den Kundenbereich der Betriebsstätte betreten. Bei Betriebsstätten ohne Personal ist auf geeignete Weise auf diese Voraussetzung hinzuweisen.
5. Der Betreiber von Betriebsstätten gemäß Abs 3 Z 1 hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich maximal so viele Kunden gleichzeitig im Kundenbereich aufhalten, dass pro Kunde 10 m² zur Verfügung stehen; ist der Kundenbereich kleiner als 10 m², so darf jeweils nur ein Kunde den Kundenbereich der Betriebsstätte betreten.«

Der Mieter verzeichnete im März 2021 einen Umsatzrückgang von rund 40 %, im April 2021 von 50 %.

Der Vermieter klagte den Mieter auf Zahlung des gesamten Mietzinses für März und April 2021. Der Mieter wendete dagegen ein, die Umsatzrückgänge seien auf staatlich verordnete COVID-19-Maßnahmen wie Begrenzung der zulässigen Kundenzahl, Abstandsregeln und Maskenpflicht, zurückzuführen. Es handle sich dabei um kein individuelles, in die Sphäre des Mieters fallendes Risiko, sondern um einen außerordentlichen Zufall iSv § 1104 ABGB, der einen größeren Personenkreis treffe.


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH sieht in seiner Entscheidung vom 28.2.2023 zu GZ 4 Ob 221/22m den vorliegenden Fall dadurch geprägt, dass die vom Mieter begehrte Mietzinsminderung nicht mit behördlichen Schließungen des Geschäftslokals begründet wird, sondern mit weniger gravierenden (aber ebenfalls durch die Pandemie verursachten) behördlichen Eingriffen wie der Begrenzung der zulässigen Kundenzahl und der Anordnung von einzuhaltenden Mindestabständen zwischen den im Geschäftslokal anwesenden Personen.

Damit wird aber nicht direkt auf die Möglichkeit, das Geschäftslokal zu betreten, Einfluss genommen. Allfällige maskenbedingte Unlustgefühle der Kunden sind deren individueller Sphäre zuzuordnen, worauf die behördliche Maßnahme nur mittelbar Einfluss hat. Diese Umstände sind daher nicht geeignet, iSv §§ 1104, 1105 ABGB Mietzinsbeschränkungen zu begründen, sondern fallen in das unternehmerische Risiko des Mieters der Geschäftsräumlichkeit.

Schlussfolgerung

Bloß mittelbare Auswirkungen von behördlichen COVID-19-Maßnahmen auf den Geschäftsumsatz berechtigen den Mieter zu keiner Mietzinsminderung. Diese Umstände fallen vielmehr in das unternehmerische Risiko.

Was ist passiert?

Zwischen dem Kläger und seiner Unfallversicherung wurde ein Gerichtsverfahren abgeführt. Thema der Streitigkeit war wieder einmal die 15-Monatsfrist in der Unfallversicherung.

Der Kläger hat seinem Vorbringen zu Folge am 31.12.2019 einen Sportunfall erlitten. Erst bei einer MRT-Untersuchung im November 2022 wurde dazu ein Kreuzbandriss festgestellt, weshalb der Kläger nicht früher dazu in der Lage gewesen sei, die Invalidität in Entsprechung Artikel 7 der AUVB 2020 geltend zu machen

Nach Artikel 7 der AUVB 2020 ist nämlich für Leistungen aus dem Titel einer „dauernden Invalidität“ folgendes zu beachten:

„Die dauernde Invalidität muss innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sein und innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall durch einen ärztlichen Befundbericht festgestellt und geltend gemacht werden. Im ärztlichen Befundbericht müssen Art und Umfang der Gesundheitsschädigung und die auf Lebenszeit dauernde Invalidität festgestellt sein.“

Nachdem die Einhaltung der Ausschlussfrist vom Kläger verabsäumt wurde, hat die beklagte Partei (Versicherung) die Deckung abgelehnt.


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH hat in seiner Entscheidung vom 24.01.2024 zu GZ 7Ob 6/24v mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung (RS0034591, RS0082216, 7Ob 156/20x u.a.) die Rechtsansicht der Vorinstanzen bestätigt, wonach im vorliegenden Fall von einer Säumnis der Ausschlussfrist auszugehen ist und dem Kläger daher eine Invaliditätsleistung nicht zukommt.

Klargestellt wurde nämlich, dass die Ausschlussfrist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. RS0034591) auch dann erlischt, wenn die Frist für die Geltendmachung des Entschädigungsanspruches schuldlos verstrichen ist (siehe dazu auch RS0082292).

Dazu hat der OGH wiederholt die Bedeutung der Ausschlussfrist hervorgehoben, die den Versicherer vor Beweisschwierigkeiten in Folge Zeitablaufs schützen und eine alsbaldige Klärung der Ansprüche herbeiführen soll (RS0082216). Die Ausschlussfrist gemäß Artikel 7.4 AUVB 2020 beginnt demnach mit dem Zeitpunkt des Unfalles (vgl. 7Ob 148/21x) und nicht mit der Erkennbarkeit der Gesundheitsschädigung selbst zu laufen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Mit der vorliegenden Entscheidung wurde wieder klargestellt, dass die 15-Moantsfrist in der Unfallversicherung eine strenge Ausschlussfrist ist, deren Versäumung im Regelfall zum Erlöschen des Entschädigungsanspruchs des Unfallversicherten führt. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass nach einem Unfall eine zeitnahe vollständige Abklärung zu den (möglichen) Unfallfolgen stattfindet und die Fristen bei der Schadensabwicklung entsprechend vermerkt und beachtet werden.«

Was ist passiert?

Die Versicherungsnehmer waren beim beklagten Versicherer vom 01.12.2006 bis 01.12.2017 aufrecht rechtsschutzversichert. Dem Versicherungsvertrag lagen die ARB 2003 zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:

»Artikel 7
Was ist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen?
1. Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen
[…]
1.8. im Zusammenhang mit
– der Errichtung oder baubehördlich genehmigungspflichtigen Veränderung von Gebäuden, Gebäudeteilen, Grundstücken oder Wohnungen, die sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befinden oder von ihm erworben werden;
– der Planung derartiger Maßnahmen;
– der Finanzierung des Bauvorhabens einschließlich des Grundstückserwerbes.
[…]«

Die Versicherungsnehmer schlossen mit einer Bank am 27.02.2007 einen Abstattungskreditvertrag über EUR 300.000,00 zur Finanzierung des Baus ihres Einfamilienhauses. Das Einfamilienhaus wurde im September 2007 schlüsselfertig an die Versicherungsnehmer übergeben und im selben Monat von ihnen bezogen. Am 24.10.2007 schlossen sie mit derselben Bank einen weiteren Abstattungskreditvertrag über EUR 90.000,00 ab, und zwar für die Finanzierung von Einrichtungsgegenständen, der Gartengestaltung und die Anschaffung eines Fahrzeugs.

Im Zusammenhang mit dem Abschluss des zweiten Kreditvertrages vom 24.10 2007 machten die Versicherungsnehmer bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsansprüche gegen die Bank geltend und begehrten für diesen Rechtsstreit die Rechtsschutzdeckung des Versicherers. Nachdem der Versicherer die Deckung unter Berufung auf die „Bauherrenklausel“ gemäß Art 7.1.8. ARB 2003 ablehnte, brachten die Versicherungsnehmer eine Deckungsklage gegen den Versicherer ein. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH führte in seiner Entscheidung vom 24.01.2024 zum Aktenzeichen 7 Ob 213/23h zunächst aus, dass der wirtschaftliche Zweck der gegenständlichen „Bauherrenklausel“ darin liege, die Rechtsschutzdeckung nicht nur für erfahrungsgemäß aufwändige und deshalb teure Bau-(mängel-)Prozesse auszunehmen, sondern auch Streitigkeiten, die – wegen der häufigen Notwendigkeit, große Beträge fremdzufinanzieren – hohe Streitwerte zum Gegenstand haben und zwischen den Parteien der Finanzierungsvereinbarung auftreten. In der Regel sollen also auch Streitfragen aus einem, für ein Bauvorhaben geschlossenen Kreditvertrag zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer ausgeschlossen werden.

Nach Ansicht des OGH reicht jedoch nicht jeder auch noch so ferne Zusammenhang mit der Finanzierung aus. Es müsse zumindest ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Finanzierung und jenen rechtlichen Interessen bestehen, die der Versicherungsnehmer mit der Rechtsschutzdeckung wahrnehmen will. Dabei bedürfe es eines adäquaten Zusammenhangs zwischen Rechtsstreit und Baufinanzierung.

Der OGH kam daher im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass der zweite Kreditvertrag vom 24.10.2007 nicht (mehr) als vom Risikoausschluss gemäß Art 7.1.8. ARB 2003 (Finanzierung eines Bauvorhabens) umfasst ist, da die zweite Kreditvaluta nicht mehr für den bereits ausfinanzierten Bau des Hauses aufgewendet worden sei.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Bauherrenklausel soll nur jene Rechtsstreitigkeiten vom Versicherungsschutz ausschließen, die eine typische Folge der Finanzierung eines Bauvorhabens sind