Was ist passiert?

Am 28.05.2024 ist die neue Gebäudeenergieeffizienz-RL der EU in Kraft getreten. Damit versucht der EU Gesetzgeber auch die Bedeutung des bereits vorhandenen Gebäudebestands zu berücksichtigen. Als nicht direkt anwendbare Richtlinie muss diese in Österreich innerhalb der nächsten 24 Monate noch in nationales Recht umgesetzt werden.


Rechtliche Beurteilung

EPBD enthält grundlegende Vorgaben dazu, wie die angestrebte Emissionsfreiheit des Gebäudebestands in der gesamten Union bis zum Jahr 2050 erreicht werden soll. Hierzu nimmt der Unionsgesetzgeber die Mitgliedstaaten in die Pflicht und sieht Regelungen für neue Gebäude und – mit deutlich längeren Übergangsfristen – auch Regelungen für den derzeitigen Gebäudebestand vor. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, Mindestanforderungen an die Energieeffizienz des Gebäudebestands festzulegen. Dazu gehören zum Bespiel unionsweit einheitliche Festlegungen von Mindestvorgaben für Photovoltaikanlagen. Andere Neuerungen betreffen unter anderem einen Renovierungspass, Vorgaben an die nationalen Gebäuderenovierungspläne und Bestimmungen zu nachhaltiger Mobilität betreffend Infrastruktur in Gebäuden und daran angrenzende Parkplätze.

Die EPBD sieht vor, dass neue Gebäude, die sich im Eigentum von öffentlichen Einrichtungen befinden, ab dem 1. 1. 2028 Nullemissionsgebäude sein müssen. Für alle anderen neuen Gebäude gilt diese Verpflichtung erst ab dem 1. 1. 2030.

Der Energiebedarf eines Nullemissionsgebäudes darf dann ausschließlich gedeckt werden durch:

  • am Standort des Gebäudes oder in dessen Nähe erzeugte, erneuerbare Energie,
  • von einer Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaft „gelieferte“ Energie,
  • Energie aus einem effizienten Fernwärme- oder Fernkältesystem,
  • Energie aus sonstigen kohlenstofffreien Quellen.

Weiters werden die Mitgliedstaaten verpflichtet nationale Gebäuderenovierungspläne zu erstellen, die das Ziel gewährleisten sollen, bis in das Jahr 2050 einen dekarbonisierten Gebäudebestand erreicht zu haben. Der erste Entwurf solch eines Gebäuderenovierungsplans ist bis spätestens 31. 12. 2025 durch die Mitgliedstaaten an die Kommission vorzulegen.

Die Mitgliedstaaten werden weiters verpflichtet, Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden festzulegen. Etwas überraschend ist, dass die EPBD selbst nicht zwischen neuen Gebäuden und Bestandsgebäuden differenziert. Den Mitgliedstaaten wird diese Möglichkeit aber im Rahmen einer Öffnungsklausel eingeräumt. Die Mitgliedstaaten sind außerdem verpflichtet, sicherzustellen, dass die Gesamtenergieeffizienz bestehender Gebäude, die einer „größeren Renovierung“ unterzogen werden, derart erhöht wird, dass sie den staatlich festgelegten Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden genügen.

Die EPBD beinhaltet auch Regelungen zur nachhaltigen Mobilität vor, wobei zwischen Wohn- und Nichtwohngebäuden einerseits und der Elektromobilität und der Nutzung von Fahrrädern andererseits unterschieden wird. In neuen Nichtwohngebäuden, die über mehr als fünf Kfz-Abstellplätze verfügen, ist künftig verpflichtend jeder fünfte Abstellplatz mit einem Ladepunkt für E-Fahrzeuge zu versehen. In neuen Wohngebäuden muss ab drei vorhandenen Kfz-Stellplätzen künftig auf zumindest 50 % der vorhandenen Stellplätze eine Vorverkabelung für die spätere Errichtung von Ladepunkten installiert sein. Außerdem besteht die Verpflichtung, zumindest zwei Fahrradabstellplätze je Wohneinheit bereitzustellen. 

Diese weitreichenden Verpflichtungen der EPBD sind durch Österreich zeitnah in nationales Recht umzusetzen (24 Monate nach Veröffentlichung).

Schlussfolgerung

Die neue EPBD definiert den Weg vom Niedrigstenergie- zum Nullemissionsgebäude bis 2050. Das Ziel ist die vollständige Dekarbonisierung des Gebäudesektors den nächsten 26 Jahren durch Vorgaben (i) zur Renovierung des Gebäudebestands und Ausstieg aus fossilen Heizungssystemen, (ii) zu Nullemissionsgebäuden, neuen Energieausweisen und Forcierung der Erneuerbaren Energieträger, (iii) zu Finanziellen Anreizen, Bekämpfung der Energiearmut und qualifizierten Arbeitskräften, und (iv) zu Modernisierung der technischen Gebäudeausrüstung und nachhaltiger Mobilität.

Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer einer Unfallversicherung stürzte bei einer Küstenwanderung am 20. 7. 2021 von einer Klippe und erlitt unter anderem einen Bruch der linken Hüftpfanne mit suspekter Verrenkung des Oberschenkelkopfes und einen Bruch des linken 9. Brustwirbelfortsatzes. Der Versicherungsnehmer begehrte auf Grund dessen Versicherungsleistungen aus dauernder Invalidität. Mit der Bemessung und Leistung der Versicherung war der Versicherungsnehmer nicht einverstanden, weshalb er mittels Klage eine höhere Leistung forderte. Dazu forderte er nicht nur die Leistung für den aktuellen Ist-Zustand, sondern auch eine Leistung für die Prognose, wonach bereits jetzt feststehe, dass eine Verschlechterung eintreten würde.

Fraglich war im anhängigen Rechtsstreit sohin, welcher Zeitpunkt zur Leistungsermittlung für die Erstbemessung herangezogen werden kann.

Der Versicherungsnehmer argumentierte, dass nicht nur von der bereits feststehenden Dauerinvalidität des Beinwertes links auszugehen sei, sondern mit der Gutachtenserörterung im Prozess vor dem Erstgericht die nötigen Erhebungen abgeschlossen worden seien und feststeht, dass die Dauerinvalidität am Ende der Bemessungsperiode mit hoher Wahrscheinlichkeit höher sein werde und hohe Wahrscheinlichkeit als Beweismaß ausreiche.

Der Versicherer hielt dagegen, dass eine Invalidität im Sinn einer körperlichen Funktionsminderung tatsächlich am Körper anhaften müsse, wenn sie zur Leistungsermittlung herangezogen werden solle, weshalb zukünftige – wenngleich allenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit – innerhalb der Vier-Jahres-Frist eintretende Umstände zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung nicht herangezogen werden dürften.

Die dem Unfallversicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung Plus (AUVBP 2015) lauten auszugsweise wie folgt

»Artikel 7 – Dauerinvalidität
[…]
1. Voraussetzung für die Leistung:
Die versicherte Person ist durch den Unfall auf Dauer (Lebenszeit) in ihrer körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.
Die Invalidität muss
• innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und in diesem Zeitraum durch medizinische Unterlagen dokumentiert sein sowie
• innerhalb von drei Jahren nach dem Unfall durch einen ärztlichen Befundbericht festgestellt und bei uns geltend gemacht werden. […] Maßgeblich für die Ermittlung der dauernden Invalidität ist der Zustand der Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt der ärztlichen Untersuchung bzw der Erstellung des Gutachtens.«


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 17.04.2024, Geschäftszahl: 7Ob56/24x, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, dass entsprechend Art 7.1. dritter Absatz AUVBP 2015 für die Ermittlung der dauernden Invalidität der Zustand der Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Versicherungsnehmers zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz, in der die Gutachtenserörterung stattfand, maßgebend ist. Dieser Zustand muss im Prozess mit hoher Wahrscheinlichkeit (RS0110701) – feststehen. Dieser Ist-Zustand ist für die Bewertung bzw. Bemessung maßgeblich.

Dass bis zum Ablauf der Vier-Jahres-Frist für die Neubemessung (Art 7.5. zweiter Satz AUVBP 2015) mit hoher Wahrscheinlichkeit eine weitere dauerhafte Gesundheitsverschlechterung eintreten wird, ist laut OGH dagegen nach der Bedingungslage für die derzeitige Ermittlung der dauernden Invalidität nicht maßgeblich. Nach Ansicht des OGH ist vielmehr erst nach der gegenständlichen Erstbemessung bei einer späteren Verschlechterung des Grades der dauernden Invalidität unter den Voraussetzungen des Art 7.5. AUVBP 2015 eine Neubemessung bis vier Jahre ab dem Unfalltag vorgesehen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Der Schluss der Verhandlung erster Instanz ist bei einer derartigen Bedingungslage Stichtag für die Bemessung der Invalidität. Künftige Entwicklungen oder Verschlechterungen sind im Rahmen der Nachbemessungsfrist (4 Jahre) von Relevanz.«

Was ist passiert?

Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer besteht ein Unfallversicherungsvertrag. Die zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen lauten auszugsweise wie folgt:

»[…]
Sachliche Begrenzung des Versicherungsschutzes – Artikel 21
[…]
3. Haben Krankheiten oder Gebrechen, bei der durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung – insbesondere solche Verletzungen, die durch krankhaft abnützungsbedingte Einflüsse verursacht oder mitverursacht worden sind – oder deren Folgen mitgewirkt, ist im Fall einer Invalidität der Prozentsatz des Invaliditätsgrades, ansonsten die Leistung entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens, zu vermindern, wenn dieser Anteil mindestens 25 % beträgt. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Gesundheitsschädigung durch einen abnützungsbedingten Einfluss mit Krankheitswert, wie beispielsweise Arthrose, mitverursacht worden ist.[…]
4. Bei Bandscheibenhernien wird eine Leistung nur erbracht, wenn sie durch direkte mechanische Einwirkung auf die Wirbelsäule entstanden sind und es sich nicht um eine Verschlimmerung von vor dem Unfall bestandenen Krankheitserscheinungen handelt.
[…]«


Wie ist die Rechtslage?

Der Versicherungsnehmer kam im Jahr 2020 zwei Mal zu Sturz und zog sich dabei . Seitdem leidet er an Beeinträchtigungen infolge eines durch die Stürze verursachten Bandscheibenvorfalls. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten bestanden beim Versicherungsnehmer bereits vor dem ersten Unfall ausgeprägte abnützungsbedingte Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenveränderungen in sämtlichen Segmenten (nämlich in Form von Vorfällen bzw. Vorwölbungen) und eine abnutzungsbedingte Einengung des Rückenmarkkanals, die aufgrund der bei den beiden Unfällen erlittenen Prellungen verschlimmert wurden.

Wegen der bestehenden Beeinträchtigungen begehrte der Versicherungsnehmer vom Versicherer diverse Versicherungsleistungen (Invaliditätsentschädigung, Rehabilitationspauschale, Schmerzengeld). Nachdem der Versicherer sämtliche Leistungen abgelehnt und der Versicherungsnehmer eine Klage gegen den Versicherer eingebracht hat, landete der vorliegende Fall vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Bei den vorliegenden Versicherungsbedingungen erfolgt ein vollständiger Entfall des Leistungsanspruchs des Versicherungsnehmers und keine Leistungskürzung entsprechend dem Anteil der Mitwirkung der Vorschädigung, sofern es sich im Falle von Bandscheibenhernien lediglich um eine Verschlimmerung von Krankheitserscheinungen handelt, die bereits vor dem Unfall bestanden.«

Was ist passiert?

Die Antragsgegnerin ist Alleineigentümerin und Vermieterin einer Wohnung, die der Vater der Erstantragsgegnerin und dessen Ehefrau, die Zweitantragstellerin, im Jahr 1972 anmieteten. Das Ehepaar wohnte seither gemeinsam mit ihrer Tochter, der Erstantragstellerin, in dieser Wohnung.

Das Mietverhältnis unterliegt dem Vollanwendungsbereich des MRG.

Im Jänner 2022 verstarb der Ehemann der Zweitantragstellerin und Vater der Erstantragstellerin. Die Tochter trat an Stelle ihres Vaters in den Mietvertrag über die Wohnung ein. Die Vermieterin hob sodann den Hauptmietzins an.

Die Mieterinnen als Antragstellerin beantragten in Folge die gerichtliche Feststellung, dass die von der Vermieterin geforderte Anhebung des Mietzinses für die Wohnung unzulässig sei.

Der Fall landete schließlich vor dem OGH.


Rechtliche Beurteilung

§ 46 MRG gewährt dem Vermieter einer Wohnung unter bestimmten Voraussetzungen das Recht zur Anhebung des (vor dem 1. März 1994) vereinbarten Hauptmietzins beim Eintritt bestimmter eintrittsberechtigter Personen. Beim Eintritt von Ehegatten, Lebensgefährten oder minderjähriger Kinder (also besonders privilegierter Angehöriger) des bisherigen Hauptmieters in den Mietvertrag, soll der Hauptmietzins allerdings unverändert bleiben.

Der OGH geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass dem Fall des Eintritts von privilegierten nahen Angehörigen (Ehegatten, Lebensgefährten oder minderjähriger Kinder) jener Fall gleichzusetzen ist, in dem neben dem verstorbenen Mieter, in dessen Mietrechte Angehörige eintreten, noch Mitmieter bestehen. Grund dafür ist, dass eine Person, die bereits Mieter einer Wohnung gewesen ist, durch das Hinzutreten eines weiteren Mieters nicht schlechter gestellt werden soll.

Es steht daher jeder überlebende Mitmieter – unabhängig davon, ob er selbst eintrittsberechtigt ist oder nicht – der Anhebung des Hauptmietzinses gemäß § 46 MRG entgegen. Allerdings wird eine Mietzinsanhebung dann zulässig, wenn alle privilegierten Personen die Wohnung dauerhaft verlassen haben oder volljährig geworden sind.

Im gegenständlichen Fall wurde sohin festgesellt, dass die Anhebung des Hauptmietzinses für die Wohnung unzulässig ist.

Schlussfolgerung

Vor Anhebung des Mietzinses gemäß § 46 MRG ist sohin zu prüfen, ob noch Mitmieter vorhanden sind. Es besteht nämlich keine Anhebungsmöglichkeit im Fall eines Eintritts in ein Mitmietverhältnis, weil eine Person, die bereits Mieter gewesen ist, durch das Hinzutreten eines weiteren Mieters nicht schlechter gestellt werden soll.

Was ist passiert?

Am 22.08.2022 fuhr der Lenker eines kaskoversicherten Lastwagens in den Hof eines Firmengebäudes und öffnete dabei die Fahrertür, indem er den Schnapper für das Schloss betätigte und die Tür mit der flachen Hand etwas aufdrückte. Bevor er mit der Hand den Türgriff fassen konnte, um die Tür ganz zu öffnen, erfasste eine Windböe die Tür und riss sie über den Anschlag hinaus auf, wodurch das Scharnier, die Tür selbst und die A‑Säule beschädigt wurden. Die Tür wurde dadurch nicht nach vorne gegen den Lastwagen geschleudert. Der dabei eingetretene Schaden belief sich auf EUR 5.424,93. Die dem Kaskoversicherungsvertrag zugrundeliegenden Bedingungen lauten auszugsweise wie folgt:

»3. Umfang der Versicherung
Der Versicherer leistet […] Deckung für Verlust oder Beschädigung als Folge der nachstehend genannten Gefahren:
3.1. Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch Naturgewalten Gegenstände mit dem Fahrzeug kollidieren; […]«

Die Versicherungspolizze enthält unter anderem folgende Deckungserweiterungen:

»Bedienungsfehler, Ungeschicklichkeit, Böswilligkeit, Fahrlässigkeit, Vorsatz Dritter […].«

Der Versicherer lehnte eine Versicherungsleistung mit der Begründung ab, dass im Zusammenhang mit Naturgewalten Deckung nur für Schäden bestehe, die dadurch verursacht wurden, dass durch Naturgewalten Gegenstände mit dem Fahrzeug kollidieren, was nicht der Fall war. Bedienungsfehler, fahrlässiges Handeln oder eine Ungeschicklichkeit seien daher im Zusammenhang mit Naturgewalten nur dann gedeckt, wenn dadurch Gegenstände mit dem Fahrzeug kollidieren.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 17.04.2024, Geschäftszahl: 7 Ob 62/24d, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, dass Schäden, die durch Bedienungsfehler, Ungeschicklichkeit oder Fahrlässigkeit verursacht worden sind, versichert seien. Daneben seien auch Naturgewalten unter den in den Bedingungen näher beschriebenen Voraussetzungen (Kollision eines Gegenstandes mit dem Fahrzeug) versichert. Eine Einschränkung, dass ein Bedienungsfehler, fahrlässiges Handeln oder eine Ungeschicklichkeit bei Vorliegen einer Naturgewalt – wie bei einer Sturmböe – nur bei Vorliegen der Voraussetzungen für die versicherte Gefahr „Naturgewalt“ gedeckt sind, könne den Versicherungsbedingungen hingegen nicht entnommen werden. Das Verhalten des Fahrers sei als leichte Fahrlässigkeit zu qualifizieren und somit nach den Deckungserweiterungen versichert.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die vorliegenden Versicherungsbedingungen sehen unter anderem eine Deckungserweiterung für Bedienungsfehler, Ungeschicklichkeit und Fahrlässigkeit vor. Diese Deckungserweiterung besteht gesondert zu den sonstigen versicherten Gefahren und müssen daher auch bei einem Schadensfall im Zusammenhang mit einer Naturgewalt nicht die Voraussetzungen für die versicherte Gefahr „Naturgewalt“ vorliegen. Bei Bedienungsfehler, Ungeschicklichkeit und Fahrlässigkeit im Zusammenhang mit einer Naturgewalt muss daher kein Gegenstand mit dem Fahrzeug kollidieren.«

Was ist passiert?

Die Versicherungsnehmerin hatte den Auftrag, Gehäuse für Wechselrichter anzufertigen und Wechselrichter darin einzubauen. Bei einem Entladevorgang kippte ein Wechselrichter zur Seite und es kam zu einem Totalschaden.

Der Haftpflichtversicherer lehnte die Deckung für den Totalschaden ab und brachte unter anderem vor, es greife der Risikoausschluss des Art. 7, Pkt. 10.4. AHVB 2006 für die „Benützung, Beförderung oder Bearbeitung oder einer sonstigen Tätigkeit an oder mit“ beweglichen Sachen.

Das Erstgericht hielt fest, dass die beiden besonderen Bedingungen BB 7858 und BB 7878 in diesem Fall zu berücksichtigen seien, die die Risikoausschlüsse für Schäden an beweglichen Sachen teilweise abbedingen. Die besonderen Bedingungen lauten auszugsweise:

»Besondere Bedingung Nr. 7858
Verwahrung von beweglichen Sachen
1. Die Bestimmungen gemäß Pkt. 3. gelten ausschließlich für solche beweglichen Sachen, die der Versicherungsnehmer oder die für ihn handelnden Personen zur Bearbeitung, Verarbeitung oder Reparatur übernommen haben. […]
3. Der Versicherungsschutz bezieht sich abweichend von Art. 7, Punkte 10.2 und 10.3 AHVB auch auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an beweglichen Sachen gemäß Pkt. 1. aus dem Titel der Verwahrung[…].
Schäden an diesen Sachen, die bei oder infolge ihrer Benützung, Beförderung, Bearbeitung oder einer sonstigen Tätigkeit an oder mit ihnen entstehen, bleiben gemäß Art. 7, Pkt. 10.4 AHVB vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. […]
 
Besondere Bedingung Nr. 7878
Tätigkeiten an beweglichen Sachen
1. Abweichend von Art. 7, Pkt. 10.4 AHVB erstreckt sich die Versicherung auch auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an beweglichen Sachen, die bei oder infolge einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit diesen Sachen (Bearbeitung, Reparatur und dgl.) entstehen, sei es auch im Zuge der Verwahrung […].
2. Vom Versicherungsschutz ausgeschlossen bleiben:
2.1 Schäden an Sachen, die der Versicherungsnehmer oder die für ihn handelnden Personen entliehen, gemietet oder geleast haben; […]«


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 06.03.2024, Geschäftszahl: 7Ob159/23t, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, dass die BB 7878 abweichend von Art 7.10.4 AHVB 2006 einen Einschluss für Schadenersatzverpflichtungen auf Grund von Schäden an beweglichen Sachen enthält, die bei bzw. infolge einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit diesen Sachen entstanden sind.

Im Anschluss daran werden bestimmte Tätigkeiten konkret angeführt, wobei die Aufzählung in der BB 7878 nur beispielhaft zu verstehen ist. Aus dem Wortlaut der Klausel kann daher der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht entnehmen, dass Schäden bei einem Abladevorgang nicht von der BB 7878 umfasst sind, solange die bewegliche Sache bei oder infolge der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit dieser Sache beschädigt wurde, was hier ohne Zweifel der Fall ist. Auch die Systematik des Bedingungswerks spricht für diese Auslegung. Der geltend gemachte Schaden ist somit durch den Risikoeinschluss der BB 7878 gedeckt.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Auslegung von Versicherungsbedingungen hat sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren. Diese Entscheidung zeigt, wie wichtig eine klare, nachvollziehbare Formulierung von Versicherungsbedingungen ist.«

Was ist passiert?

Bei einer Steuerberatungsgesellschaft (Klägerin) kam es infolge eines unwirksam eingebrachten Schriftsatzes beim Finanzamt zu einem Haftungsfall mit einem Schaden von insgesamt EUR 766.952,19. In dieser Sache vertrat die Klägerin gleich mehrere Anleger, da es sich in allen Verfahren um den gleichen Grundsachverhalt handelte. Es wurden Berufungen angemeldet, die Begründung dafür sollte nachgereicht werden. Dazu bediente sich die Klägerin zur weiteren Begründung der einzelnen Rechtsmittel der Anleger eines Schriftsatzes, welcher mittels Email an das Finanzamt übermittelt wurde.

Nachdem die Übertragung fehlerhaft war, wurden die Berufungsverfahren zu Lasten der Anleger eingestellt. Bei ordnungsgemäßer Einbringung der Rechtsmittel wäre das nicht passiert und wäre es nicht zum Schadensfall gekommen.

Die Klägerin meldete den Schadensfall ihrer Berufshaftpflichtversicherung (Grundversicherung – Nebenintervenientin), die einen Deckungsumfang zu einer Versicherungssumme von EUR 250.000 pro Versicherungsfall vorsah. Anschießend begehrte die Klägerin als Kammermitglied die Bezahlung des Differenzbetrages aus einem von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder abgeschlossenen Exzedentenversicherungsvertrages, welcher eine Versicherungssumme von max. EUR 2.180.185,00 vorsah. Begründete wurde diese mit dem Vorliegen eines Serienschadens. Dies wurde von der Exzedentenversicherung bestritten.

Die Klausel in den zugrundeliegenden Bedingungen (ABHV) lautete wie folgt:

»[…] 1.1 Versichert sind Sachschäden, die durch einen vollbrachten oder versuchten Einbruchdiebstahl
entstehen (Schadenereignis).
Versichert sind auch Sachschäden, die als unvermeidliche Folge eines Schadenereignisses
eintreten.
1.2
Einbruchdiebstahl liegt vor, wenn ein Täter in die Versicherungsräumlichkeiten
1.2.1 durch Eindrücken oder Aufbrechen von Türen, Fenstern oder anderen Gebäudeteilen
einbricht;
1.2.2 unter Überwindung erschwerender Hindernisse durch Öffnungen, die nicht zum Eintritt
bestimmt sind, einsteigt;
1.2.3 einschleicht und aus den versperrten Versicherungsräumlichkeiten Sachen wegbringt;
1.2.4 durch Öffnen von Schlössern mittels Werkzeugen oder falscher Schlüssel eindringt.
Falsche Schlüssel sind Schlüssel, die widerrechtlich angefertigt werden;
1.2.5 mit richtigen Schlüsseln eindringt, die er durch Einbruchdiebstahl in andere Räumlichkeiten
als die Versicherungsräumlichkeiten oder durch Beraubung an sich gebracht hat.
Beraubung ist die Wegnahme oder erzwungene Herausgabe von Sachen unter Anwendung
oder Androhung tätlicher Gewalt gegen Personen;
1.2.6 gelangt und während der Anwesenheit von Personen in versperrte Räume gemäß
Punkt 1.2.1. bis 1.2.5. einbricht. […]«

Der Versicherungsnehmer mietete ab September 2017 ein Atelier in einer ehemaligen Traktorfabrik

und ging dort seiner künstlerischen Tätigkeit nach. Am 19.10.2019 brachen Gehilfen

der Vermieterin das Schloss zum Atelier des Versicherungsnehmers auf und verbrachten die

im Atelier befindlichen Fahrnisse, wie etwa Möbel und Kunstwerke, an einen dem Versicherungsnehmer

unbekannten Ort. Der Grund dafür war ein Streit zwischen dem Versicherungsnehmer

und der Vermieterin über die Befristung des Mietverhältnisses. Erst rund vier Monate

später erfuhr der Versicherungsnehmer zufällig von einem Dritten, dass seine Gegenstände

in einem Container auf dem Gelände der Traktorfabrik eingelagert waren. Der Versicherungsnehmer

erlangte seine Fahrnisse mit einigen Ausnahmen wieder zurück. Die Gehilfen der Vermieterin

hatten keinen Vorsatz, sich aus den Kunstwerken und sonstigen Fahrnissen des Versicherungsnehmers

zu bereichern. Die Täter wollten den Versicherungsnehmer lediglich delogieren.

Im Zuge der Entwendung wurden Kunstwerke des Versicherungsnehmers beschädigt. Der

Versicherungsnehmer begehrte aus der Einbruchsdiebstahlversicherung die Kosten für die Instandsetzung

in der Höhe von EUR 18.932,50. Nachdem der Versicherer eine Leistung mit

der Begründung abgelehnt hat, dass kein versichertes Schadensereignis vorliege, da die Täter

sich nicht bereichern wollten, landete der Fall vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 17.04.2024, 7 Ob 215/23b, führte der OGH zunächst aus, dass

Rechtsbegriffe, die in Allgemeinen Versicherungsbedingungen verwendet werden und die in

der Rechtssprache eine bestimmte, unstrittige Bedeutung haben, grundsätzlich in diesem Sinn

auszulegen sind. Nach dem Strafgesetzbuch sei für einen Einbruchsdiebstahl erforderlich,

dass bereits die Einbruchshandlung mit dem Vorsatz vorgenommen wird, fremde Sachen wegzunehmen,

um sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Der Rechtsbegriff „Einbruchsdiebstahl“

habe daher in der Rechtssprache eine bestimmte, unstrittige Bedeutung.

Allerdings enthalten die hier vorliegenden Versicherungsbedingungen eine eigenständige Definition

des Begriffs „Einbruchsdiebstahl“, die nicht mit jener im Strafgesetzbuch übereinstimme.

Es könne daher im gegenständlichen Fall nicht ohne Weiteres auf den strafrechtlichen

Begriffsinhalt abgestellt werden. Nach Ansicht des OGH werde in den hier vorliegenden Versicherungsbedingungen

ein Bereicherungsvorsatz des Täters gerade nicht ausdrücklich als

Voraussetzung angeführt.

Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei daher aus dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen

nicht ersichtlich, dass neben den in den Bedingungen angeführten Begehungsformen

ein Handeln des Täters mit Bereicherungsvorsatz für die Qualifikation als Einbruchsdiebstahl

im Sinn der Versicherungsbedingungen erforderlich wäre. Vielmehr gehe der

durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne einen Anhaltspunkt im Wortlaut der Bedingungen

davon aus, dass bereits bei Vorliegen einer der in den Bedingungen genannten Begehungsformen

ein Einbruchsdiebstahl im Sinn der Bedingungen vorliegt. Dies umso mehr, als

es sich regelmäßig der Kenntnis des Versicherungsnehmers entzieht, ob der Täter mit Bereicherungsvorsatz

gehandelt hat.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Sofern Versicherungsbedingungen den Einbruchsdiebstahl selbst definieren und der Wortlaut der Bedingungen keinen besonderen Vorsatz des Täters als Voraussetzung enthält, ist das Vorliegen des vom Strafgesetzbuch für einen Einbruchsdiebstahl geforderten Bereicherungsvorsatzes nicht Voraussetzung für die Annahme eines Einbruchsdiebstahls im Sinne der Versicherungsbedingungen. Ob ein Täter die weggenommene Sache verschenken oder vernichten oder lediglich für einige Zeit (und mit der Absicht späterer Rückgabe) in Gebrauch nehmen möchte, spielt bei den gegenständlichen Bedingungen versicherungsrechtlich keine Rolle.«

Was ist passiert?

Bei einer Steuerberatungsgesellschaft (Klägerin) kam es infolge eines unwirksam eingebrachten Schriftsatzes beim Finanzamt zu einem Haftungsfall mit einem Schaden von insgesamt EUR 766.952,19. In dieser Sache vertrat die Klägerin gleich mehrere Anleger, da es sich in allen Verfahren um den gleichen Grundsachverhalt handelte. Es wurden Berufungen angemeldet, die Begründung dafür sollte nachgereicht werden. Dazu bediente sich die Klägerin zur weiteren Begründung der einzelnen Rechtsmittel der Anleger eines Schriftsatzes, welcher mittels Email an das Finanzamt übermittelt wurde.

Nachdem die Übertragung fehlerhaft war, wurden die Berufungsverfahren zu Lasten der Anleger eingestellt. Bei ordnungsgemäßer Einbringung der Rechtsmittel wäre das nicht passiert und wäre es nicht zum Schadensfall gekommen.

Die Klägerin meldete den Schadensfall ihrer Berufshaftpflichtversicherung (Grundversicherung – Nebenintervenientin), die einen Deckungsumfang zu einer Versicherungssumme von EUR 250.000 pro Versicherungsfall vorsah. Anschießend begehrte die Klägerin als Kammermitglied die Bezahlung des Differenzbetrages aus einem von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder abgeschlossenen Exzedentenversicherungsvertrages, welcher eine Versicherungssumme von max. EUR 2.180.185,00 vorsah. Begründete wurde diese mit dem Vorliegen eines Serienschadens. Dies wurde von der Exzedentenversicherung bestritten.

Die Klausel in den zugrundeliegenden Bedingungen (ABHV) lautete wie folgt:

»Was ist ein Unfall? – Artikel 6
1. Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzliches von außen auf ihren Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.
2. Als Unfall gelten auch folgende Ereignisse:
Verrenkungen von Gliedern sowie Verzerrungen und Zerreißungen von Gliedmaßen und an der Wirbelsäule befindlichen Muskeln, Sehnen, Bänder und Kapseln sowie Meniskusverletzungen.
Hinsichtlich krankhaft abnützungsbedingter Einflüsse finden insbesondere Art 21 Pkt 3, Sachliche Begrenzung des Versicherungsschutzes, Anwendung.
[…]
Sachliche Begrenzung des Versicherungsschutzes – Artikel 21
1. Eine Versicherungsleistung wird von uns nur für die durch den eingetretenen Unfall hervorgerufenen Folgen (körperliche Schädigung oder Tod) erbracht.
2. Bei der Bemessung des Invaliditätsgrades wird ein Abzug in Höhe einer Vorinvalidität nur vorgenommen, wenn durch den Unfall eine körperliche oder geistige Funktion betroffen ist, die schon vorher beeinträchtigt war. Die Vorinvalidität wird nach Art 7 „Dauernde Invalidität“ Pkt 2 und 3 bemessen.
3. Haben Krankheiten oder Gebrechen, bei der durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung – insbesondere solche Verletzungen, die durch krankhaft abnützungsbedingte Einflüsse verursacht oder mitverursacht worden sind – oder deren Folgen mitgewirkt, ist im Fall einer Invalidität der Prozentsatz des Invaliditätsgrades, ansonsten die Leistung entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens, zu vermindern, wenn dieser Anteil mindestens 25 % beträgt. Das gilt insbesondere auch, wenn die Gesundheitsschädigung durch einen abnützungsbedingten Einfluss mit Krankheitswert, wie beispielsweise Arthrose, mitverursacht worden ist. […]«

Die Versicherungsnehmerin leidet seit 1998 an einem atypischen Morbus Parkinson. Bei dieser Erkrankung kommt es zu keinen Veränderungen des muskuloskelettalen Apparats. Die Versicherungsnehmerin erlitt 2017 einen spontanen Riss der Peroneussehne. Dieser Riss war zu 100 % auf degenerative Veränderungen zurückzuführen, die aufgrund der mit dem Morbus Parkinson verbundenen Gangstörung bestanden.

Im Verfahren war strittig, ob und in welchem Ausmaß der Versicherer die degenerativen Veränderungen vom Leistungsanspruch abziehen durfte.


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH führt in seiner darüber getroffenen Entscheidung vom 6.3.2024, 7 Ob 3/24b aus, dass Art 21.3 UB00 der anwendbaren Bedingungen so zu verstehen sei, dass unfallfremde Krankheiten oder Gebrechen grundsätzlich zur Kürzung des Anspruchs oder zu einem Abzug von der Gesamtinvalidität führen. Dabei werde allein auf die Mitwirkung der Krankheiten oder Gebrechen auf die Unfallfolgen abgestellt, und nicht darauf, ob beim Unfallereignis selbst Vorerkrankungen mitgewirkt haben. Der OGH hatte also zu prüfen, ob eine Leistungskürzung iSd Art 21.3 UB00 auch bei einer Mitwirkung von Krankheiten und Gebrechen an einer versicherten Verletzung vorzunehmen sei. Er bejahte diese Frage, da bereits Art 6.2 UB00 ausdrücklich darauf hinweise, dass hinsichtlich krankhaft abnützungsbedingter Einflüsse Art 21.3 UB00 Anwendung findet.

Im vorliegenden Fall sei die nach Art 6.2 UB00 versicherte Verletzung der Versicherungsnehmerin (Riss der Peroneussehne) zu 100 % durch die vom Morbus Parkinson (Krankheit) verursachten chronisch-degenerativen Veränderungen (Gebrechen) bewirkt. Aufgrund der damit vorliegenden 100%igen Mitwirkung an der versicherten Verletzung – und damit zwingend an einer dadurch hervorgerufenen dauernden Invalidität – bestehe kein Versicherungsschutz.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Vorerkrankungen führen auch dann zur Leistungskürzung bzw zum gänzlichen Entfall des Versicherungsschutzes, wenn diese zwar den Unfall nicht unmittelbar verursacht, diese am Unfall jedoch mitgewirkt haben. Lediglich Vorschäden, die innerhalb des altersbedingten Normzustands liegen, führen zu keiner Leistungskürzung.«

Was ist passiert?

Bei einer Steuerberatungsgesellschaft (Klägerin) kam es infolge eines unwirksam eingebrachten Schriftsatzes beim Finanzamt zu einem Haftungsfall mit einem Schaden von insgesamt EUR 766.952,19. In dieser Sache vertrat die Klägerin gleich mehrere Anleger, da es sich in allen Verfahren um den gleichen Grundsachverhalt handelte. Es wurden Berufungen angemeldet, die Begründung dafür sollte nachgereicht werden. Dazu bediente sich die Klägerin zur weiteren Begründung der einzelnen Rechtsmittel der Anleger eines Schriftsatzes, welcher mittels Email an das Finanzamt übermittelt wurde.

Nachdem die Übertragung fehlerhaft war, wurden die Berufungsverfahren zu Lasten der Anleger eingestellt. Bei ordnungsgemäßer Einbringung der Rechtsmittel wäre das nicht passiert und wäre es nicht zum Schadensfall gekommen.

Die Klägerin meldete den Schadensfall ihrer Berufshaftpflichtversicherung (Grundversicherung – Nebenintervenientin), die einen Deckungsumfang zu einer Versicherungssumme von EUR 250.000 pro Versicherungsfall vorsah. Anschießend begehrte die Klägerin als Kammermitglied die Bezahlung des Differenzbetrages aus einem von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder abgeschlossenen Exzedentenversicherungsvertrages, welcher eine Versicherungssumme von max. EUR 2.180.185,00 vorsah. Begründete wurde diese mit dem Vorliegen eines Serienschadens. Dies wurde von der Exzedentenversicherung bestritten.

Die Klausel in den zugrundeliegenden Bedingungen (ABHV) lautete wie folgt:

»2. Versicherungsfall:
2.1. Versicherungsfall ist der Verstoß (Handlung oder Unterlassung), den ein Mitglied der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bei der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit […] selbst begangen hat oder der durch Personen, für die es nach dem Gesetz einzutreten hat, begangen wurde und aus welchem dem versicherten Mitglied Schadenersatzverpflichtungen erwachsen oder erwachsen können. […]
2.2. Serienschaden
Als ein Versicherungsfall gelten auch alle Folgen
2.2.1 eines Verstoßes;
2.2.2 mehrerer auf derselben Ursache beruhender Verstöße;
2.2.3 mehrerer auf gleichartigen Ursachen beruhender Verstöße, wenn zwischen diesen Ursachen ein rechtlicher, technischer oder wirtschaftlicher Zusammenhang besteht.«


Wie ist die Rechtslage?

In der Entscheidung 7 Ob20/24b hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Tätigkeit der Klägerin, die für die einzelnen Anleger im jeweils individuell geschlossenen Bevollmächtigungsvertrag begründet war, aufgrund des Übermittlungsfehlers des Schriftsatzes einen einheitlichen Versicherungsfall oder aber mehrere Versicherungsfälle darstellen.

Der OGH ist zum Ergebnis gekommen, dass gegenständlich zwar nicht Punkt 2.2.1 der ABHV zur Anwendung kommt, da nicht von einem einzelnen Verstoß im Sinne der Versicherungsbedingungen gesprochen werden kann. Den Verstößen liegt nach Ansicht des OGH aber die selbe Ursache zugrunde, weshalb Punkt 2.2.2 der ABHV zu tragen kommt.

Voraussetzung für einen Serienschaden sei es mit Verweis auf höchstgerichtliche Rechtsprechung nämlich, dass Ursachenidentität vorliegt, somit alle Verstöße auf einer einzigen gleichen Ursache beruhen. Vereinfacht gesagt, als würde man die Ursache lediglich multiplizieren, ohne dass es zu selbstständigen Umsetzungsvorgängen kommt.

Die Ursache der Verstöße liegt in diesem Sachverhalt darin, dass die Klägerin die Berufungen einzelner Mandanten in einem einzigen Schriftsatz zusammenfasste und in einem einzigen Übermittlungsvorgang verschickte. Dies stellt einen einzigen Umsetzungsvorgang und somit einen Serienschaden dar. Folglich ist nun die Versicherungssumme des Grundversicherers in der Höhe von EUR 250.000 für diesen Versicherungsfall ausgeschöpft und der Exzedentenversicherer aufgrund des Serienschadens daher für die weitere Laufstrecke verantwortlich. 

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ein Serienschaden kann auch dann vorliegen, wenn mehrere Verstöße aus individuellen Verträgen auf einer einzigen gleichen Ursache beruhen.«

Was ist passiert?

Im gegenständlichen Fall ging es um ein Haus (Eckhaus) im 14. Wiener Gemeindebezirk, welches an der Kreuzung zweier in diesem Bereich stärker befahrenen Straßenzüge liegt und um die Frage, ob bei der Ermittlung des höchstzulässigen Richtwertmietzinses durch das Gericht auch ein Lagezuschlag nach § 16 Abs 2 Z 3 MRG (aufgrund der Wohnumgebung des Hauses) im Verfahren zu berücksichtigen gewesen wäre.

Das Erstgericht traf Feststellungen zur Infrastruktur , vor allem zur Anbindung an den öffentlichen Verkehr, zum Gastronomieangebot, zur Versorgung mit Geschäften des täglichen Bedarfs, Bildungs- und Fürsorgeeinrichtungen, Gesundheitsversorgung, Sport- und Freizeitanlagen und Parks. Die festgestellte Infrastruktur betrifft zu einem guten Teil den Bereich des Hietzinger Platzes („1130 Wien, Am Platz“), wobei die Einrichtungen und Versorgungsmöglichkeiten dort nur durch Überquerung des Wienflusses sowie der auf beiden Seiten stark befahrenen Einfahrts- und Ausfahrtsstraßen der Stadt zu erreichen sind.

Anders als das Erstgericht berücksichtigte das Rekursgericht diese Einrichtungen und Versorgungsmöglichkeiten im 13. Bezirk bei der Beurteilung der Lagequalität des Hauses nicht. Es führte im Wesentlichen aus, dass der Wienfluss und die zu beiden Seiten befindlichen Fahrbahnen eine natürliche Grenze und Barriere der Erreichbarkeit seien. Die Infrastruktur im 13. Bezirk möge für die Bewohner auf der anderen Seite des Wienflusses attraktiv sein, die Qualität der hier relevanten Wohnumgebung im 14. Bezirk beeinflusse sie nicht. Naturräumliche Grenzen wie etwa die Donau, der Donaukanal, aber auch der Wienfluss trennen die relevante Wohnumgebung; diese ende ausnahmsweise tatsächlich an der Bezirksgrenze. Die Vorteile des 13. Bezirks könnten daher bei der Beurteilung einer Lage im 14. Bezirk nicht berücksichtigt werden.

Der Antragsgegner brachte einen außerordentlichen Revisionsrekurs ein, in welchem er zusammengefasst ausführte, dass die Wohnumgebung beim Richtwertmietzins durchaus zu berücksichtigen sei und keine verallgemeinernde Aussage, dass der Wienfluss als natürliche (und zugleich politische) Grenze auch die im gegenständlichen Fall zu beurteilende konkrete Lage begrenze, getroffen werden könne, sondern im Einzelfall beurteilt werden müsse.


Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 16 Abs 2 Z 3 MRG darf der zwischen dem Vermieter und dem Mieter für eine gemietete Wohnung der Ausstattungskategorien A, B oder C vereinbarte Hauptmietzins je Quadratmeter der Nutzfläche und Monat den angemessenen Betrag nicht übersteigen, der ausgehend vom Richtwert (§ 1 RichtWG) unter Berücksichtigung allfälliger Zuschläge und Abstriche zu berechnen ist. Für die Berechnung des demnach höchstzulässigen Hauptmietzinses sind im Vergleich zur mietrechtlichen Normwohnung (§ 2 Abs. 1 RichtWG) entsprechende Zuschläge zum oder Abstriche vom Richtwert für werterhöhende oder wertvermindernde Abweichungen vom Standard der mietrechtlichen Normwohnung nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens vorzunehmen, wobei für die Bewertung einer Wohnung bedeutsamen Umstände wie unter anderem auch die Lage (Wohnumgebung) des Hauses im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages zu berücksichtigen sind.

Gemäß § 16 Abs 4 MRG ist ein Lagezuschlag unter anderem nur dann zulässig, wenn die Liegenschaft, auf der sich die Wohnung befindet, eine Lage aufweist, die besser ist als die durchschnittliche Lage (§2 Abs 3 RichtWG). Ob eine konkrete Lage (Wohnumgebung) aufgrund ihrer Eigenschaften als „besser als durchschnittlich“ zu qualifizieren ist, ist nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens zu beurteilen (RS0111204). Dazu bedarf es eines wertenden Vergleichs mit anderen Lagen (Wohnumgebungen).

In Wien ist als Referenzgebiet für die Beurteilung der Durchschnittlichkeit der Lage eines Hauses nicht regelhaft der jeweilige Gemeindebezirk heranzuziehen, sondern auf jene Teile des Wiener Stadtgebiets abzustellen, die einander nach der Verkehrsauffassung in ihren Bebauungsmerkmalen gleichen und (daher) ein einigermaßen einheitliches Wohngebiet bilden (RS0131812).

Maßgeblich für die Beurteilung „nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens“ sind unterschiedliche Faktoren und Standorteigenschaften, so etwa die Verkehrsanbindung (öffentlicher Verkehr und Individualverkehr), Versorgung mit Geschäften des täglichen Bedarfs, Bildungs- und Fürsorgeeinrichtungen, Gesundheitsversorgung, kulturelles Angebot, Sport- und Freizeitanlagen, Parks, Grünflächen und Gewässer (also die „Infrastruktur“ im weitesten Sinn). Ein weiteres Kriterium für die Beurteilung der (Über-)Durchschnittlichkeit vor allem einer innerstädtischen Lage ist auch der Umstand, ob die zu beurteilende Liegenschaft – gemessen an vergleichbaren Lagen – eine besondere (Grün-)Ruhelage aufweist oder im Gegenteil über das zu erwartende Ausmaß von Verkehr, Abgasen und Lärm belastet wird. Auch das Image der Wohnumgebung kann in die Beurteilung miteinzubeziehen sein (5 Ob 83/22z [immolex 2022/183 (Plank)] mwN).

Die (Über-)Durchschnittlichkeit der Lage ist dabei in einer Gesamtschau und unter Gewichtung der einzelnen Lagecharakteristika nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Vorzunehmen ist eine Gesamtschau, weil die Lagequalität nur insgesamt erfasst werden kann. Die Auflistung und Bewertung einzelner Lagefaktoren kann nur ein Kontrollinstrument sein (5 Ob 83/22z mwN).

Bei der Beurteilung der Lagequalität ist den Gerichten ein gewisser Wertungs- und Ermessensspielraum eingeräumt. Solange dieser nicht überschritten wird, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (5 Ob 83/22z5 Ob 20/22k mwN).

Der OGH führte im abgeführten Rechtsstreit zu GZ 5 Ob 27/23s aus, dass keine Fehlbeurteilung des Rekursgerichtes und somit keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt. Dies begründete der OGH damit, dass die Berücksichtigung der jenseits des Wienflusses gelegenen Lagemerkmale beim Richtwertmietzins dann ausgeschlossen werden kann, wenn im konkreten Einzelfall die Möglichkeiten der Überquerung tatsächlich eingeschränkt sind, die Erreichbarkeit der auf der anderen Uferseite gelegenen Einrichtungen also erschwert ist und diese daher nach der Verkehrsauffassung die Lage nicht charakterisieren. Die Beurteilung hängt somit von den konkreten, insbesondere örtlichen Gegebenheiten ab. Letztlich begründet aber ohnedies auch das Rekursgericht die Außerachtlassung der Lagecharakteristika rund um den „Hietzinger Platz“ mit den konkreten örtlichen Gegebenheiten, nämlich damit, dass die gegebene Distanz von 600 bis 750 m nicht mehr als fußläufig bezeichnet werden könne und sich die im Nachbarbezirk gelegenen Geschäfte und Lokale daher außerhalb der relevanten Wohnumgebung befinden. Das Gebot der Beurteilung der Lage macht es nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens notwendig, sich bei dieser Beurteilung von einem gleichsam mathematischen Verständnis des Wortes „durchschnittlich“, als dem Mittelwert aus einer gegebenen Grundgesamtheit (annähernd) entsprechend, zu lösen. Die Lage ist in einer Gesamtschau und durch Gewichtung der einzelnen Lagecharakteristika zu beurteilen, nicht aus der Auflistung und Bewertung einzelner Lagefaktoren zu berechnen. Letzteres kann laut OGH nur ein Kontrollinstrument sein. Im gegenständlichen Fall war es zudem so, dass auch aus der im Sachverständigengutachten abgebildeten Lärmkarte eine starke Belastung durch Straßenlärm von 70-75 dB gegeben war und in die Gesamtbetrachtung des Rekursgerichtes miteingeflossen ist. Diese erhöhte Beeinträchtigung durch Straßenlärm schmälert die Wohnqualität und ist daher bei der Gesamtbetrachtung aller Lagecharakteristika als negative Eigenschaft zu berücksichtigen. Somit hat nach Ansicht des OGH das Rekursgericht bei der Beurteilung der Qualität der Lage (Wohnumgebung) den ihm eingeräumten Wertungs- und Ermessensspielraum nicht verlassen und war daher der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Schlussfolgerung

Bei der Beurteilung der Frage, ob aufgrund einer besonderen Lage eines Objektes im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages ein Lagezuschlag beim Richtwertmietzins gerechtfertigt ist, ist immer eine Gesamtschau und Gewichtung der einzelnen Lagecharakteristika vorzunehmen. Insbesondere starke Belastung durch Straßenlärm kann sich negativ auswirken und dazu führen, dass kein Lagezuschlag zulässig ist