Was ist passiert?

Zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer bestand ein Unfallversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für den Unfallschutz (AUVB 2016) zugrunde lagen. Die AUVB lauteten auszugsweise wie folgt:

»(…) Um dem Eintritt des Versicherungsfalls oder einer Erhöhung des Umfangs der Versicherungsleistung vorzubeugen, ist folgende Obliegenheit einzuhalten:

Die versicherte Person besitzt als Lenker eines Kraftfahrzeuges die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung nach österreichischem Recht, die zum Lenken dieses Kraftfahrzeuges vorgeschrieben ist; dies gilt auch dann, wenn dieses Fahrzeug nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt wird. […]

Wird diese Obliegenheit zumindest leicht fahrlässig verletzt, sind wir insoweit leistungsfrei, als die Verletzung einen Einfluss auf die Höhe der Versicherungsleistung oder den Eintritt des Versicherungsfalles gehabt hat

In Folge eines Unfalles im Iran mit einem Motorrad Fahrzeugklasse A1 kam der Versicherungsnehmer ums Leben. Der Versicherungsnehmer verfügte zum Unfallzeitpunkt zwar über einen gültigen Führerschein der Republik Österreich für die Fahrzeugklasse B, jedoch nicht für die Fahrzeugklasse A1. Die im Todesfall bezugsberechtigte Ehegattin des Versicherungsnehmers begehrte vom Versicherer eine Versicherungsleistung in der Höhe von EUR 141.334,82. Der Versicherer lehnte jedoch jegliche Leistung mit der Begründung ab, dass aufgrund einer Verletzung der oben dargestellten Obliegenheit Leistungsfreiheit bestehe, da der Versicherungsnehmer das Unfallfahrzeug nach österreichischem Recht nicht hätte lenken dürfen. Daraufhin brachte die Bezugsberechtigte eine Klage gegen den Versicherer ein und begründete ihren Anspruch einerseits damit, dass die oben dargestellte Klausel gröblich benachteiligend sei, da der verstorbene Versicherungsnehmer über eine gültige Lenkerberechtigung in dem Land verfügt habe, in dem sich der Unfall ereignet habe. Andererseits sei die Klausel ungewöhnlich, da sie von den Versicherungsbedingungen anderer Versicherer abweiche.  Der Fall landete schließlich beim Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

Der OGH (7 Ob 184/21s) führte zunächst aus, dass die vorliegende Führerscheinklausel auf die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung nach österreichischem Recht abstellt. Nach Ansicht des OGH sei es aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers weder ungewöhnlich noch unerwartet, dass ein Versicherer mit Sitz in Österreich bei einem in Österreich wohnhaften Versicherungsnehmer unter dem Gesichtspunkt der Kalkulierbarkeit des Risikos bei der Frage der Lenkerberechtigung auf österreichisches Recht abstellt; dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass die kraftfahrrechtlichen Bestimmungen von Staaten außerhalb der Europäischen Union (wie hier: Iran) maßgeblich von der nationalen Rechtslage abweichen und auch schwer ermittelbar sein können. Der Umstand allein, dass möglicherweise andere österreichische Versicherer nicht auf die österreichische Rechtslage abstellen, macht die Klausel auch nicht ungewöhnlich. Nach Ansicht des OGH hat nämlich die bloße Verbreitung einer Klausel am Markt grundsätzlich keinen Einfluss darauf, ob sie als im redlichen Verkehr üblich anzusehen ist. Vor dem Zweck der Führerscheinklausel, ein erhöhtes Risiko durch unerfahrene und ungeschulte Lenker zu berücksichtigen, bewirke die Klausel auch keine wesentliche Einschränkung gegenüber dem Standard, den der in Österreich lebende Versicherungsnehmer von einer Unfallversicherung erwarten kann. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass die Klausel weder ungewöhnlich noch gröblich benachteiligend und daher gültig ist, sodass der Versicherer im vorliegenden Fall leistungsfrei blieb.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Bedingungslagen zur Führerscheinklausel unterscheiden sich je nach Generation und Versicherer. Deckungsablehnungen aufgrund der Führerscheinklausel sind daher stets auf den jeweiligen Wortlaut hin zu prüfen. Der Umstand, dass es am Markt unterschiedliche Bedingungslagen gibt, macht Klauseln nicht per se ungewöhnlich.«

Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer kaufte ein Fahrzeug der Marke Audi, welches vom sogenannten „Abgasskandal“ betroffen war. Als der Versicherungsnehmer davon Kenntnis erlangte, begehrte er gegenüber der Verkäuferin und der Herstellerin eine Rückabwicklung des Kaufvertrages. Dabei beabsichtigte er, seinen Anspruch gegen die Verkäuferin und jenen gegen die Herstellerin auf unterschiedliche Anspruchsgrundlagen zu stützen. Die Rechtsschutzversicherung des Versicherungsnehmers verweigerte jedoch die Deckung mit der Begründung, dass die beabsichtigte Klagsführung unschlüssig sei. Schließlich begehrte der Versicherungsnehmer die Feststellung der Deckungspflicht im Klagswege.

Wie ist die Rechtslage?

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) ist in der Rechtsschutzversicherung bei Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Klage kein strenger Maßstab anzulegen. Demnach ist es bereits hinreichend, wenn die Prozessführung nicht „offenbar aussichtslos“ ist. „Offenbare Aussichtslosigkeit“ ist insbesondere dann gegeben, wenn die beabsichtigte Klagsführung unschlüssig ist. Unschlüssigkeit der Klage bedeutet, dass sich das Klagebegehren nicht aus den Tatsachenbehauptungen ableiten lässt.

Im gegenständlichen Verfahren zu 7 Ob 152/22m führte der OGH zunächst aus, dass der Versicherungsnehmer beabsichtigte, sowohl die Verkäuferin als auch die Herstellerin in Anspruch zu nehmen. Zwar betitelte der Versicherungsnehmer in seinem Vorbringen die beiden Anspruchsgrundlagen, unterließ es jedoch entsprechende Tatsachenbehauptungen zu dem anspruchsbegründenden Verhalten der Verkäuferin und der Herstellerin aufzustellen. Folglich differenzierte er auch nicht zwischen den unterschiedlichen Anspruchsgegnern und Anspruchsgrundlagen.

Dementsprechend kam der OGH unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen zu dem Schluss, dass die Klage des Versicherungsnehmers unvollständig und somit unschlüssig blieb, sodass der Rechtsschutzversicherer leistungsfrei ist. Nach Ansicht des OGH ließ sich aus den Behauptungen des Versicherungsnehmers nicht einmal ansatzweise ein konkretisiertes Sachbegehren ableiten. Der bloße Verweis auf den „Abgasskandal“ sei trotz des Bekanntheitsgrades irrelevant, da sich daraus noch nicht ergebe, welchen konkreten Anspruch (Schadenersatz, Gewährleistung, etc.) der Versicherungsnehmer wem gegenüber geltend machen wollte.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Unschlüssigkeit einer Klagsführung führt in der Rechtsschutzversicherung zur Aussichtlosigkeit der Anspruchsverfolgung. Obwohl bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Klage kein strenger Maßstab anzulegen ist, muss die Klagsführung zumindest schlüssig sein. Unschlüssigkeit liegt vor, wenn entweder das Tatsachenvorbringen unvollständig ist oder selbst aus einem vollständigen Sachverhalt keine maßgebenden Rechtsfolgen abgeleitet werden können.«

5 Ob 60/22t

Was ist passiert?

Die Streitteile sind schlichte Miteigentümer einer Liegenschaft, auf der sich ein 1869 errichtetes Zinshaus mit 23 Wohnungen, drei Geschäftslokalen und zwei Rohdachböden befindet. Die Klägerin begehrte die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch Zivilteilung, also durch Veräußerung und Aufteilung des Kaufpreises. In eventu begehrte sie die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch Realteilung, also (hier) der Teilung durch Begründung von Wohnungseigentum.

Wie ist die Rechtslage?

Im Gegensatz zu „Wohnungseigentum“, bei dem der jeweilige Wohnungseigentümer mit seinem Miteigentumsanteil an der Liegenschaft untrennbar das Recht zur ausschließlichen Nutzung des jeweiligen Wohnungseigentumsobjekts hat und über dieses auch verfügen kann, wird den Eigentümern bei einem „schlichten Miteigentum“ kein realer Teil zugeteilt, sondern ist jeder Einzelne Miteigentümer an der Gesamtsache und können diese über das Eigentum nur gemeinsam verfügen. Kann eine Einigung nicht erzielt werden, besteht die Möglichkeit einer Teilungsklage.

Gemäß § 843 ABGB ist die Naturalteilung die Regel und die Zivilteilung die Ausnahme. Das Gesetz räumt der Realteilung damit den Vorrang ein. Die Zivilteilung kommt nur in Betracht, wenn eine Naturalteilung nicht möglich ist.

Im Verfahren über die Teilungsklage ist darüber abzusprechen, ob grundsätzlich die Möglichkeit einer Liegenschaftsteilung durch Begründung von Wohnungseigentum besteht (RS0101774). Ist das der Fall, ist ein Klagebegehren auf Zivilteilung abzuweisen (RS0013236).

Nach ständiger Rechtsprechung hat bei Realteilung jeder Miteigentümer einen Teil von annähernd gleicher Beschaffenheit und gleichem Wert zu erhalten (RS0013851). Der Naturalteilung einer Liegenschaft kommt aber auch dann der Vorrang zu, wenn ein Teilstück höherwertiger als ein ideeller Anteil bliebe, sofern der auf Zivilteilung geklagte Miteigentümer mit der Zuweisung des geringerwertigen Teils ohne Verlangen einer Ausgleichszahlung einverstanden ist (RS0126365; RS0013838). Eine solche Erklärung lag gegenständlich vor.

Die Realteilung ist darüber hinaus untunlich, wenn sie zu einer beträchtlichen Wertminderung der geteilten Sache im Vergleich zur ungeteilten Sache führt (RS0110440; RS0013831 ua). Die Klägerin brachte diesbezüglich vor, dass bei Zivilteilung ein potenzieller (Allein-)Ersteher alleine über den Dachbodenausbau entscheiden könne, bei Naturalteilung durch Wohnungseigentum die beiden Dachböden hingegen im Allgemeineigentum verblieben und daher bei der Gegenüberstellung der Schätzwerte die Ausbaufähigkeit der Dachböden nur bei der ungeteilten Sache wertmäßig zu berücksichtigen sei.

Bei der Beurteilung, ob es durch die Wohnungseigentumsbegründung zu einer beträchtlichen Wertminderung kommt, ist laut OGH jedoch von der objektiven gegenwärtigen Beschaffenheit der Gesamtliegenschaft auszugehen (RS0015827). Bei der Ermittlung des Werts der ungeteilten Sache ist somit das bestehende schlichte Miteigentum zu berücksichtigen. Fiktive Sachverhalte haben demgegenüber außer Betracht zu bleiben (vgl 5 Ob 122/16a). Die mögliche Wertschöpfung durch einen Ausbau des Dachgeschosses steht daher einer Realteilung durch Begründung von Wohnungseigentum nicht entgegen (5 Ob 109/21x). Die rein faktische Möglichkeit der Verwertung eines Dachbodens hängt nämlich nicht von der Art der Teilung ab.

Gegenständlich kam folglich der mit dem Eventualbegehren angestrebten Teilung durch Begründung von Wohnungseigentum gegenüber der Zivilteilung der Vorrang zu.

Schlussfolgerung

»Bei der Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft kommt grundsätzlich der Realteilung der Vorrang gegenüber der Zivilteilung zu. Die Frage, ob allenfalls Gründe vorliegen, die eine Re-alteilung untunlich machen, hängt stets vom Einzelfall ab.«

Was ist passiert?

Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer bestand ein Versicherungsvertrag, der folgende Sparten beinhaltete: Feuerversicherung, Total-Mietentgang-Betriebsunterbrechungsversicherung, Einbruchsdiebstahlversicherung, Leitungswasserversicherung, Glaspauschalversicherung, Sturmversicherung, Haftpflichtversicherung Haus/und Grundbesitz. Den einzelnen Sparten waren jeweils unterschiedliche Versicherungssummen und unterschiedliche Jahresprämien zugeordnet. Darüber hinaus wurden den einzelnen Sparten unterschiedliche Versicherungsbedingungen zugrunde gelegt.

Durch einen Brand kam es am versicherten Objekt zu zahlreichen Sachschäden (Betriebsgebäude, Lagerhaus, kaufmännische und technische Betriebseinrichtung, Waren, Vorräte). Trotz ordnungsgemäßer Schadenmeldung im Rahmen der Feuerversicherung lehnte der Versicherer eine Leistung aus dem gegenständlichen Versicherungsvertrag mit der Begründung ab, dass der Versicherungsnehmer zur Total-Mietentgang-Betriebsunterbrechungsversicherung eine Verletzung einer Obliegenheit zu verantworten habe, da er über den Mietentgang unwahre Behauptungen gemacht habe, was schließlich zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen würde. Nach Einbringung einer Klage durch den Versicherungsnehmer landete der Fall schließlich beim Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

Der OGH (09.11.2022, 7 Ob 163/22d) befasste sich zunächst mit den Unterschieden zwischen einer „kombinierten“ Versicherung und einer Bündelversicherung. Nach Ansicht des OGH liegt eine „kombinierte“ Versicherung vor, wenn mehrere Gefahren in einem einzigen Vertrag zusammengefasst werden, dem einheitliche Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) zugrunde liegen. Die „kombinierte“ Versicherung führe zu einem Vertrag, der ein ungeteiltes rechtliches Schicksal hat. Er könne nur als Einheit abgeschlossen und beendet werden.

Von einer Bündelversicherung spreche man hingegen, wenn für die einzelnen Gefahren getrennte Verträge bestehen, die jedoch als einziges „Versicherungsprodukt“ angeboten werden, wofür in der Regel nur ein Versicherungsschein errichtet wird. Dabei werden mehrere rechtlich selbständige Versicherungsverträge zum Zweck der administrativen Vereinfachung in der Weise zusammengefasst, dass für sie zwar ein einheitliches Antragsformular verwendet und ein gemeinsamer Versicherungsschein ausgestellt wird, es werden aber dennoch mehrere selbständige Versicherungsverträge, für die unterschiedliche AVB zur Anwendung gelangen, abgeschlossen. Die darin eingeschlossenen Sparten haben ein rechtlich selbständiges Schicksal und sind insoweit getrennt zu beurteilen.

Ausgehend davon, dass im vorliegenden Fall eine Vielzahl unterschiedlicher Sparten eingeschlossen sei und dabei den einzelnen Sparten jeweils unterschiedliche Versicherungssummen, Jahresprämien und Allgemeine Vertragsbedingungen zugeordnet seien, kam der OGH zum Ergebnis, dass es sich beim gegenständlichen Versicherungsvertrag um eine Bündelversicherung handle. Die zur Total-Mietentgang-Betriebsunterbrechungsversicherung behauptete Verletzung einer Obliegenheit führe daher nicht zur Leistungsfreiheit hinsichtlich der durch den Brand verursachten Sachschäden aus der Feuerversicherung.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Bei einer Bündelversicherung haben die eingeschlossenen Sparten ein rechtlich selbständiges Schicksal. Obliegenheitsverletzungen zählen daher auch nur in der betroffenen Sparte.«

Was ist passiert?

Zwischen der Versicherungsnehmerin und dem Versicherer bestand ein Versicherungsvertrag, mit welchem das Geschäftslokal der Versicherungsnehmerin unter anderem gegen das Risiko von Schäden in Folge von Einbruchsdiebstählen versichert worden ist. Anlässlich der Eröffnung des Geschäftslokales beauftragte die Versicherungsnehmerin einen Fachbetrieb mit der Durchführung der notwendigen Arbeiten am Schloss der Schaufenstertür. Die beigezogene Schlosserei montierte dabei vier Sperr-/Schubriegel, unterließ es jedoch, Vorhangschlösser für die von ihr montierten Riegel beizustellen. Ebenfalls unterblieb ein eindeutiger Hinweis an die Versicherungsnehmerin, die Vorhangschlösser selbst zu montieren. Vielmehr teilte die Schlosserei der Versicherungsnehmerin mit, „dass die Türe wieder funktioniert und sperrbar gerichtet wurde“. Schließlich kam es über die Schaufenstertür zu einem Einbruchsdiebstahl, wobei die Tür zum Zeitpunkt des Einbruchs durch die Sperr-/Schubriegel (ohne Vorhangschlösser) versperrt war. Nach ordnungsgemäßer Schadensmeldung lehnte der Versicherer eine Zahlung unter Verweis auf den Ausschlussgrund der groben Fahrlässigkeit sowie mit der Begründung ab, dass die Versicherungsnehmerin die Sperrbarkeit der Schaufenstertür nach den Arbeiten des Schlossers überprüfen hätte müssen. 

Wie ist die Rechtslage?

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) ist grobe Fahrlässigkeit dann gegeben, wenn schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedermann einleuchten müssen. Dabei muss die Schadenswahrscheinlichkeit offenkundig so groß sein, dass es ohne weiteres nahe liegt, zur Vermeidung des Versicherungsfalls ein anderes Verhalten als das tatsächlich geübte in Betracht zu ziehen.

Im vorliegenden Fall führte der OGH (7 Ob 179/22g) zunächst aus, dass die Versicherungsnehmerin die Schaufenstertür durch einen Fachbetrieb reparieren ließ und von diesem Fachbetrieb zu erwarten gewesen wäre, dass dieser im Bedarfsfall die Vorhangschlösser selbst zur Verfügung stellt oder die Versicherungsnehmerin zumindest darauf aufmerksam macht, dass diese sie selbst beizustellen hat. Nach Ansicht des OGH konnte die Versicherungsnehmerin aufgrund der Beiziehung eines Fachbetriebes darauf vertrauen, dass die Schaufenstertür auch ohne Anbringung von Vorhangschlössern an den Schubriegeln ordnungsgemäß sperrt. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass die Gefahren eines Öffnens der Riegel von außen nach erfolgter Beiziehung eines Fachbetriebs keinesfalls so nahe liegen, dass von einer gleichgültigen Haltung der Versicherungsnehmerin oder von einer Außerachtlassung von für jedermann einsichtigen Sicherungsmaßnahmen auszugehen wäre. In der Gesamtschau ihres Verhaltens sowie des Ablaufs und der Umstände sei daher lediglich von leichter Fahrlässigkeit auszugehen und hätte die Versicherungsnehmerin keine weiteren Kontrollen veranlassen müssen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit müssen stets die Umstände des einzelnen Falls und die persönlichen Verhältnisse berücksichtigt werden. Im Rahmen dieser Prüfung ist auf jenen Personenkreis abzustellen, dem der jeweilige Versicherungsnehmer angehört.«

7 Ob 56/22w

Was ist passiert?

Die Klägerin ist Vermieterin einer Wohnung. Im Mietvertrag aus dem Jahr 2000 vereinbarten die Parteien Folgendes: »Festgehalten wird, dass bezüglich des Personenaufzuges eine separate Vereinbarung zu treffen sein wird. Der Mieter stimmt einer allfälligen Verlegung der WC-Anlage auf Kosten der Vermieterin zu.«

Als die Vermieterin in weiterer Folge die Verlegung der WC-Anlage beabsichtigte, knüpfte die Mieterin die Zustimmung an gewisse Bedingungen, mit welchen die Vermieterin nicht einverstanden war. Die Vermieterin kündigte daraufhin das Mietverhältnis mit der Begründung, die mangelnde Vertragszuhaltung stelle ein unleidliches Verhalten und somit einen Kündigungsgrund dar.

Wie ist die Rechtslage?

Ein erheblich nachteiliger Gebrauch vom Mietgegenstand iSd § 30 Abs 2 Z 3 Fall 1 MRG liegt vor, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht oder wenn das Verhalten des Mieters geeignet ist, den Ruf oder wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Vermieters oder der Mitmieter zu schädigen oder zu gefährden. Bei einem Verstoß gegen vertragliche Verpflichtungen liegt ein Kündigungsgrund dann vor, wenn hierdurch wichtige Interessen des Vermieters in einer Weise verletzt werden, dass sie einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Vermieters gleichkommen, was der Vermieter schon in der Aufkündigung dartun muss.

Der Kündigungsgrund des unleidlichen Verhaltens (§ 30 Abs 2 Z 3 Fall 2 MRG) stellt die mietrechtliche Konkretisierung der Unzumutbarkeit des Fortbestands des Dauerrechtsverhältnisses dar, bei dessen Beurteilung stets das Gesamtverhalten des Mieters zu berücksichtigen ist. Auch laufende Versuche eines Mieters, seine Benützungsrechte auf nicht in Bestand genommene Räume oder Gegenstände auszudehnen, sind als unleidliches Verhalten zu werten, weil ein derart beharrlich vertragswidriges Verhalten des Mieters dem Vermieter die Vertragsfortsetzung unzumutbar macht.

Nichtsdestotrotz berechtigt aber nicht jede gesetz- oder vertragswidrige Verwendung des Bestandgegenstands durch den Mieter zur Aufkündigung, wenn diesem Verhalten auch mit einer Klage auf Vertragszuhaltung oder Unterlassung begegnet werden kann. Bei der Frage, ob ein bestimmtes Verhalten des Mieters oder seiner Mitbewohner als unleidlich zu qualifizieren ist, handelt es sich regelmäßig um eine Abwägung der Umstände im Einzelfall.

Gegenständlich bestätigte der OGH die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach die genannten Kündigungsgründe schon deshalb nicht vorlägen, weil weder wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen noch eine Existenzgefährdung in der Kündigung auch nur annähernd konkretisiert wurden, zumal die Klägerin in der Aufkündigung nur behauptete, die Beklagte verweigere beharrlich die bereits im Mietvertrag erfolgte Zustimmung zur Verlegung der WC-Anlage.

Laut OGH kann der Umstand, dass die Beklagte der Verlegung der WC-Anlage zur Errichtung eines Personenaufzugs nur unter gewissen Bedingungen zustimmt, nicht mit einer beharrlichen vertragswidrigen Ausdehnung der Benützungsrechte im Sinn der zitierten Judikatur gleichgesetzt werden und ist der Klägerin die Fortsetzung des Bestandverhältnisses keineswegs unzumutbar, zumal dem Verhalten der Beklagten auch mit einer Klage auf Vertragszuhaltung begegnet werden kann.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ob ein vertragswidriges Verhalten eine Kündigung rechtfertigt oder der Vermieter auf eine Klage auf Vertragszuhaltung verwiesen wird, ist stets eine Frage des Einzelfalls; umso wichtiger ist es, durch eine möglichst konkrete und bestimmte Formulierung im Vertrag Auslegungsspielräume bereits im Vorhinein zu vermeiden.“«

Was ist passiert?

Im Dezember 2018 beantragte die Klägerin den Abschluss einer Krankenversicherung über ihren Versicherungsmakler. Dem Antrag war eine „Schlusserklärung für die Gesundheitsvorsorge“ beigeschlossen, wonach sich die Klägerin verpflichtete, alle Änderungen ihres Gesundheitszustandes bis zur Übermittlung der Polizze umgehend anzuzeigen.

Am 04.01.2019 kam die Klägerin beim Eislaufen zu Sturz und verletzte sich dabei auch die linke Schulter. Eine Meldung an die Krankenversicherung erstattete die Klägerin nicht. Drei Tage nach dem Unfallereignis, am Montag dem 07.01.2019, stellte die Krankenversicherung die Polizze aus und übermittelte diese per Mail.

Im Juli 2019 wurde bei der Klägerin im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einer Privatklinik eine Arthroskopie am linken Schultergelenk durchgeführt. Die Deckung für diese Behandlung wurde von der Krankenversicherung abgelehnt und gleichzeitig der Rücktritt vom Versicherungsvertrag erklärt, da die Sturzverletzung vom 04.01.2019 der Versicherung erst im August bekannt wurde. Nach Ansicht der Versicherung sei die Klägerin ihrer Pflicht, die Sturzverletzung umgehend zu melden, nicht nachgekommen, weshalb sie zum Rücktritt berechtigt sei.

Daraufhin begehrte die Klägerin die Zahlung der Kosten sowie die Feststellung des Weiterbestandes des Versicherungsverhältnisses gegen die Versicherung auf dem Klagswege.

Wie ist die Rechtslage?

Gemäß § 16 Abs 1 VersVG hat der Versicherungsnehmer beim Abschluss des Vertrages alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Bei einer schuldhaften Verletzung dieser Anzeigepflicht kann der Versicherer nach § 16 Abs 2 VersVG vom Vertrag zurückzutreten.

Der Oberste Gerichtshof hatte in seiner Entscheidung zu 7 Ob 25/22k nun zu klären, ob im vorliegenden Fall überhaupt eine Pflichtverletzung der Klägerin vorliegt und falls ja, ob die Versicherung auch zum Rücktritt berechtigt war.

Die Klägerin war dazu verpflichtet, „umgehend“ eine Meldung an die Versicherung zu erstatten. Wann die Erstattung einer Meldung allerdings noch als „umgehend“ zu betrachten ist, ist weder im VersVG noch in den Versicherungsbedingungen geregelt. Der Gerichtshof legte den Begriff daher in Anlehnung an den Begriff „unverzüglich“ aus, der mehrmals im VersVG verwendet wird. Folglich ist eine Meldung innerhalb von drei Tagen noch als „umgehend“ zu qualifizieren. Da innerhalb dieser Frist – somit bis 07.01.2019 – keine Meldung der Klägerin erging, war ihr eine schuldhafte Verletzung ihrer Anzeigepflicht vorzuwerfen.

Dennoch kam der Oberste Gerichtshof im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Versicherung nicht dazu berechtigt war, gemäß § 16 Abs 2 VersVG vom Vertrag zurückzutreten.

Eine Meldung der Klägerin im Laufe des 07.01.2019 wäre nämlich noch rechtzeitig gewesen. Da die Übermittlung der Polizze bereits an diesem Tag erfolgte, konnte auch eine rechtzeitige Meldung nicht mehr die am Morgen des 07.01.2019 getroffene Entscheidung der Versicherung, ob und zu welchen Bedingungen sie den Vertrag abschließen wolle, beeinflussen. Mit dem Recht zum Rücktritt beanspruchte die Versicherung daher eine Rechtsposition, die ihr auch bei einem vertragstreuen Verhalten der Klägerin nicht zugekommen wäre. Die Anzeigepflichtverletzung ist damit für den konkreten Vertragsabschluss nicht kausal geworden, weil auch deren ordnungsgemäße Erfüllung der Versicherung nicht ermöglicht hätte, ihre Entscheidung anzupassen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ob (die übrigen) Wohnungseigentümer einer von einem Wohnungseigentümer gewünschten Änderung an Der Vertragsrücktritt des Versicherers nach § 16 Abs 2 VersVG verlangt neben einer schuldhaften Anzeigepflichtverletzung auch, dass diese Pflichtverletzung für den konkreten Vertragsabschluss kausal wurde. Hätte auch ein pflichtkonformes Verhalten des Versicherungsnehmers keinen Einfluss mehr auf die Entscheidung des Versicherers nehmen können und wäre der Vertrag demnach auch in diesem Fall so wie tatsächlich geschehen geschlossen worden, so ist der Versicherer nicht zum Rücktritt berechtigt.seinem Wohnungseigentumsobjekt zustimmen müssen und der Ersatz der Zustimmungen erforderlichenfalls im Außerstreitverfahren erfolgreich ist, ist anhand des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.«

 (5 Ob 144/22w)

Was ist passiert?

Der Antragsteller ist Wohnungseigentümer einer Wohnung und ist zusätzlich zur Eigennutzung einer Gartenfläche berechtigt. Zur Umzäunung dieser Gartenfläche beabsichtigte der Antragsteller die Errichtung eines 1,50 m hohen, bunten Staketenholzzauns.

Mangels Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zur Umzäunung der dem Antragsteller zur Eigennutzung zugeordneten Gartenfläche, begehrte der Antragsteller sohin den Ersatz der Zustimmungen der weiteren Wohnungseigentümer im Außerstreitverfahren.

Der vorliegende Fall gelangte schließlich zum Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

Wohnungseigentümer sind gemäß § 16 Abs 2 WEG zu Änderungen an ihren Wohnungseigentumsobjekten auf eigene Kosten berechtigt. Solche Änderungen dürfen nach § 16 Abs 2 Z 1 WEG aber weder eine Schädigung des Hauses, noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben.

Eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, die zu einer Unzulässigkeit von Änderungen an einem Wohnungseigentumsobjekt führt, kann unter anderem durch die Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Hauses verwirklicht sein.

Ob eine solche Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses schutzwürdige Interessen der anderen Wohnungseigentümer beeinträchtigt oder nicht, ist ein spezifischer Fall der Interessenbeeinträchtigung und anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu beurteilen.

Die ständige Rechtsprechung versteht unter der Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses eine Veränderung, die eine Verschlechterung des Erscheinungsbildes bewirkt (RS0043718). Auch wenn die Veränderungen nur von anderen Wohnungen, insbesondere von den dazugehörigen Terrassen aus wahrnehmbar sind, handelt es sich um eine Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des Wohnhauses (5 Ob 120/89).

Der OGH bestätigte in seiner Entscheidung zu 5 Ob 144/22w die vorangegangene Entscheidung des Rekursgerichts, mit dem das Begehren des Antragstellers auf Ersatz der Zustimmungen der weiteren Wohnungseigentümer zur Umzäunung der Gartenfläche nicht stattgegeben wurde.

Im konkreten Einzelfall liegt laut OGH eine wesentliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Wohnungseigentümer vor, da durch den Zaun der einheitliche Grundblick der anderen Wohnungseigentümer von den Terrassen und den anderen Gartenanteilen beeinträchtigt wird. Dies insbesondere, da sich der Holzzaun des Antragstellers einerseits farblich deutlich von der Grünanlage abhebt, andererseits auch insgesamt einen optischen Fremdkörper im Garten bildet.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ob (die übrigen) Wohnungseigentümer einer von einem Wohnungseigentümer gewünschten Änderung an seinem Wohnungseigentumsobjekt zustimmen müssen und der Ersatz der Zustimmungen erforderlichenfalls im Außerstreitverfahren erfolgreich ist, ist anhand des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.«

 (OGH 24.08.2022, 7 Ob 135/22m)

Was ist passiert?

In gegenständlicher Rechtsangelegenheit schloss der Kläger mit der Beklagten für das von ihm genutzte Einfamilienhaus einen Versicherungsvertrag (Eigenheimversicherung), der unter anderem auch die Sparte Leitungswasserschaden umfasst. Die Allgemeinen Bedingungen für Versicherungen gegen Leitungswasserschäden (AWB) lauteten auszugsweise:

Artikel 1: Versicherte Gefahren und Schäden

1. Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Schäden, die an den versicherten Sachen dadurch entstehen, dass Wasser aus Zu- oder Ableitungsrohren oder angeschlossenen Einrichtungen von Wasserleitungs-, Warmwasserversorgungs- oder Zentralheizungsanlagen sowie aus Etagenheizungen austritt.

[…]

Artikel 3: Nicht versicherte Gefahren und Schäden

[…]

h) Schäden an den an die Leitung angeschlossenen Einrichtungen und Armaturen wie Wasserhähnen, Wassermessern, Wasserbehältern, Badewannen, Brausetassen, Waschbecken, Spülklosetts, Heizkörpern, Heizkesseln und Boilern, mit Ausnahme der nach Art 1 (2) lit b eingeschlossenen Frostschäden.

[…]

Allgemeinen Bedingungen für Versicherungen gegen Leitungswasserschäden (AWB)

Wie ist die Rechtslage?

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 ff ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung. Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers.

In seiner Entscheidung vertrat der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht, dass aus der Formulierung des Art 1 Abs 1 AWB sich unzweifelhaft das Erfordernis des Anschlusses und damit der Verbindung der Einrichtung mit dem Wasserleitungssystem ergibt. Dementsprechend wird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer die Dusch-/Brausetasse, die über den Zulauf (Duschkopf) und Ablauf (Abwasserleitung) mit dem Rohrsystem verbunden ist, als Behältnis verstehen, das dauernd durch eine Zu- oder Ableitung mit dem Rohrsystem verbunden ist und folglich als angeschlossene Einrichtung ansehen.

Dieses Verständnis wird durch Art 3 Abs 1 lit h AWB verdeutlicht: Dieser nimmt auf „an die Leitung angeschlossene Einrichtungen“ Bezug und nennt ausdrücklich die Brausetasse. Keine Anhaltspunkte bietet der Wortlaut jedoch dafür, den gesamten Duschbereich, das heißt über die Dusch-/Brausetasse hinaus, wie die angrenzenden Wände und die sonstigen Bauteile einer Dusche wie etwa auch die Fugen als angeschlossene Einrichtung zu verstehen. Der Umstand, dass Duschen in ganz unterschiedlichen baulichen Gestaltungen ausgeführt werden, bestärkt dieses Verständnis des Versicherungsnehmers, zumal insbesondere im Falle von niveaugleichen und barrierefrei ausgeführten Duschen gesamte Räume umfasst sein müssten. Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer wird dementsprechend nicht davon ausgehen, dass die über Dusch-/Brausetasse hinausgehenden Bauteile einer Dusche, wie zum Beispiel Duschtrennwände, Verfugungen, Verfliesungen und Fugen gemeinsam mit der Dusch-/Brausetasse ein Behältnis bilden, das mit dem Rohrsystem verbunden und damit als eine angeschlossene Einrichtung iSd Art 1 Abs 1 AW anzusehen sind.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Entscheidung verdeutlicht, dass Klauseln in den Versicherungsbedingungen, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen sind und dabei der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen ist.«

Was ist passiert?

Im gegenständlichen Fall war zwischen den Parteien strittig, ob die Antragsgegnerin nach § 16 Abs 1 Z 3 MRG berechtigt war, dem Antragsteller für die von ihm gemietete Wohnung in einem denkmalgeschützten Gebäude einen angemessenen Hauptmietzins zu verrechnen.

Das Erstgericht verneinte dies und stellte die Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung sowie den gesetzlich zulässigen monatlichen Hauptmietzins auf Basis des Richtwertes nach § 16 Abs 2 MRG fest. Die Antragsgegnerin erhob Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung.

Wie ist die Rechtslage?

Im abgeführten Rechtsstreit zu GZ 5 Ob 18/22s hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, unter welchen Voraussetzungen die Vereinbarung eines angemessenen Mietzinses ohne die Beschränkungen des § 16 Abs 2 bis 5 MRG (Mietzins auf Basis des Richtwertes) zulässig ist sowie um die Behauptungs- und Beweislast des Vermieters.

Der OGH traf folgende Erwägungen:

Gemäß § 16 Abs 1 Z 3 MRG sind Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Hauptmietzinses ohne die Beschränkungen des § 16 Abs 2 bis 5 MRG (Richtwert) bis zu dem für den Mietgegenstand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag dann zulässig, wenn der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, an dessen Erhaltung aus Gründen des Denkmalschutzes öffentliches Interesse besteht, sofern der Vermieter unbeschadet der Gewährung öffentlicher Mittel zu dessen Erhaltung nach dem 8. Mai 1945 erhebliche Eigenmittel aufgewendet hat.

Im gegenständlichen Fall ging es um die Frage der „Aufwendung erheblicher Eigenmittel“. Zu dieser Tatbestandsvoraussetzung „Aufwendung erheblicher Eigenmittel“ gibt es bereits einige Entscheidungen des Fachsenates, wonach unter den Begriff „Eigenmittel“ in § 16 Abs 1 Z 3 MRG nur verrechnungsfreie Mittel des Vermieters zu verstehen sind (vgl. RS0068797, 5 Ob 119/98f). Bei der Beurteilung der Frage, ob der Vermieter erhebliche Eigenmittel aufgewendet hat, ist von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Aufwendung auszugehen. Zukünftige Mietzinseinnahmen sind nicht zu berücksichtigen. Beachtlich ist auch, ob der Vermieter einmal (rechtmäßig) aufgewendete derartige Eigenmittel in der Folge (noch vor Abschluss der Mietzinsvereinbarung) nicht etwa (rechtmäßig) als Ausgaben in die Mietzinsabrechnung eingesetzt hat (RS0069740). Die Behauptungs- und Beweislast hierfür trifft den Vermieter (RS0111657). Um die Qualität der aufgewendeten Mittel als „erhebliche Eigenmittel“ in diesem Sinn beurteilen zu können, muss über den jeweils maßgeblichen Verrechnungszeitraum für Mietzinsreserven eine vollständige Abrechnung iSd § 20 Abs 1 MRG gelegt und die Kosten dürfen auch nicht nachträglich als Mietzinspassivum verrechnet werden (5 Ob 119/98f mwN; 5 Ob 227/18w).

Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass die übereinstimmende Auffassung der Vorinstanzen, die Antragsgegnerin habe hier die Aufwendung erheblicher Eigenmittel und damit den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs 1 Z 3 MRG nicht ausreichend nachgewiesen, sich im Rahmen der Rechtsprechung hält und daher nicht korrekturbedürftig war.

Schlussfolgerung

Bei der Vereinbarung eines angemessene Mietzinses in einem denkmalgeschützten Gebäude ist besonders darauf zu achten, dass das notwendige Kriterium „Aufwendung erheblicher Mittel“ im Sinne der oben beschriebenen Judikatur berücksichtigt wird. Ansonsten drohen dem Vermieter hohe Mietzinsausfälle.