Feuerversicherung: Grobe Fahrlässigkeit bei entsorgter Zigarette?

Was ist passiert?

Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer bestand ein Versicherungsvertrag, mit welchem das im Alleineigentum des Versicherungsnehmers stehende Gebäude gegen das Risiko von Brand- und Feuerschäden versichert wurde. Aufgrund einer Vereinbarung bewohnte der Enkel des Versicherungsnehmers die Wohnung im Obergeschoss des Gebäudes. Am 12.05.2020 kam es schließlich zu einem Brand, bei dem das feuerversicherte Gebäude schwer beschädigt wurde. Brandursache war eine vom Enkel des Versicherungsnehmers in einem Restmüllsack gemeinsam mit anderen Müllresten entsorgte – zuvor in einer Tasse ausgedrückte – Zigarette. Der Versicherer ersetzte seinem Versicherungsnehmer den Schaden in der Höhe von EUR 428.471,71 und begehrte im Anschluss daran vom Enkel des Versicherungsnehmers den Ersatz dieser Versicherungsleistung. Der Enkel des Versicherungsnehmers lehnte eine Zahlung mit der Begründung ab, dass zwischen dem Versicherer und dem Versicherer ein Regressverzicht gegen Wohnungsinhaber für leichte Fahrlässigkeit vereinbart wurde. Der Fall landete schließlich beim Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

Nachdem der Versicherer den Schaden seines Versicherungsnehmers ersetzt hat, ging der Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen seinen Enkel (den Bewohner des Obergeschosses) gemäß § 67 Abs 1 VersVG auf den Versicherer über.

In seiner Entscheidung vom 27.09.2023, Geschäftszahl: 7 Ob 153/23k, führte der OGH zunächst aus, dass der Enkel des Versicherungsnehmers, der das Obergeschoss des versicherten Gebäudes bewohnt, als Wohnungsinhaber zu qualifizieren ist. Der vereinbarte Regressverzicht für leichte Fahrlässigkeit komme daher zur Anwendung. Fraglich war daher im vorliegenden Fall, ob der Enkel des Versicherungsnehmers grobe Fahrlässigkeit zu verantworten hat.

Nach Ansicht des OGH wird grobe Fahrlässigkeit allgemein im Versicherungsvertragsrecht dann als gegeben erachtet, wenn schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedermann einleuchten müssen, wenn jedenfalls völlige Gleichgültigkeit gegen das vorliegt, was offenbar unter den gebotenen Umständen hätte geschehen müssen. Grobe Fahrlässigkeit erfordere, dass ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Würdigung aller Umstände des konkreten Falls auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen ist. Ob der Schädiger leichte oder grobe Fahrlässigkeit zu verantworten hat, sei nach den konkreten Umständen des Falls zu beurteilen.

Im vorliegenden Einzelfall kam der OGH nach Würdigung aller Umstände zum Ergebnis, dass grobe Fahrlässigkeit zu verneinen ist, wenn ein Gebäudebrand darauf zurückzuführen ist, dass eine – zuvor in einer Tasse ausgedrückte – Zigarette in einem Restmüllsack gemeinsam mit anderen Müllresten entsorgt wird.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Grobe Fahrlässigkeit ist eine Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt, die sich über die alltäglich vorkommenden Fahrlässigkeitshandlungen erheblich und ungewöhnlich heraushebt. Bei der Beurteilung, ob im Einzelfall grobe Fahrlässigkeit vorliegt, steht dem Gericht ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Dabei muss jedoch das Gericht sämtliche Umstände des jeweiligen Einzelfalls in die Beurteilung miteinfließen lassen