Bauwesenversicherung: Sachschäden durch Planungsfehler

Was ist passiert?

Die Versicherungsnehmerin hatte eine Bauwesenversicherung für die Errichtung einer Wohnanlage abgeschlossen. Auf einem gemeinsamen Untergeschoss sollten zwei getrennte Häuser (Haus A und B) errichtet werden. Aus technischer Sicht handelte es sich um ein einheitliches, durch das Untergeschoss starr verbundenes Bauwerk. Außerdem lagen dem Projekt eine einheitliche Planung sowie ein einheitlicher Baubescheid zugrunde. Während des Baus bildeten sich Risse in der Bausubstanz auf Grund von Deckenverformungen. Der gesamte Rohbau musste abgerissen und die Wohnanlage neu errichtet werden. Wären nur an Haus B und nicht auch an Haus A Planungsfehler vorhanden gewesen, hätte man trotz des Abrisses von Haus B durch Herstellung einer Dehnfuge Haus A vor dem Abbruch bewahren können.

Dem Versicherungsverhältnis lagen nachfolgende Bestimmungen zu Grunde:

»Artikel 4 BW 1/75– Versicherte Gefahren und Schäden
1. Versicherungsschutz besteht – sofern sich aus Pkt. 2 und Art. 5 nichts anderes ergibt – für
a) Schäden an versicherten Sachen […] jedoch nur insoweit als die Schäden gem. lit. a) […] für den Versicherungsnehmer (Versicherten) unvorhersehbar sind.
 
Artikel 12 BW 1/75– Obliegenheiten des Versicherungsnehmers
1. Der Versicherungsnehmer (Versicherte) hat: […] einem Beauftragten des Versicherers jederzeit die Prüfung […] des Schadens zu gestatten und ihm  […] erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Einsichtnahmen zu gewähren sowie Unterlagen zur Verfügung zu stellen; […]
 
Beiblatt 3.49 Schäden an zusammengehörigen Sachen und Funktionseinheiten:
Wird durch einen versicherten Schadenfall […] eine Sache von mehreren zu einer Funktionseinheit gehörenden versicherten Sachen beschädigt, […], ersetzt der Versicherer jene Kosten, die erforderlich sind, um wieder einen funktionierenden, […] Zustand der gesamten Funktionseinheit herzustellen. […]«

Strittig war ob die Versicherungsnehmerin gegen den Versicherer einen Anspruch

auf Ersatz der Kosten, die durch den Abbruch des Hauses A und der Tiefgarage entstanden sind hat.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 22.05.2024, Geschäftszahl: 7 Ob 33/24i, hob der Oberste Gerichtshof (OGH) das Berufungsurteil auf und trug dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung der Versicherungsnehmerin auf.

Fraglich war aber vor dem OGH, ob ein durch die Versicherungsnehmerin beauftragter Unternehmer dieser zuzurechnen ist und ob für unvorhergesehene Schäden Versicherungsschutz besteht.

Nach den Feststellungen waren die Fehler in der Tragwerksplanung ohne eine dazu erforderliche detaillierte Prüfung der statischen Berechnungen für die Versicherungsnehmerin nicht erkennbar. Damit lag aber für sie ein unvorhersehbarer Schaden vor, für den gem. Art 4 BW 1/75 Versicherungsschutz besteht.

Der OGH sprach dazu auch aus, dass beauftragte Unternehmer der Versicherungsnehmerin nicht zugerechnet werden, da dies den Versicherungsbedingung wiederspricht.

Diese stellen nur darauf ab, dass der Schaden für die Versicherungsnehmerin unvorhersehbar ist.

Fraglich war schließlich, ob es eine Verletzung der Auskunftsobliegenheit gem Art 12.B.1 lit f BW 1/75 darstellt, wenn die Versicherungsnehmerin nicht unaufgefordert sämtliche Unterlagen zu Verfügung stellt, sondern den Versicherer nur über einen mündlich erteilten Auftrag in Kenntnis setzt und anbietet sämtliche weiteren Unterlagen bei Bedarf zu Verfügung zu stellen.

Der OGH sprach aus, dass eine mündliche Beauftragung in diesem Zusammenhang üblich ist und keine Obliegenheitsverletzung vorliegt, da der Versicherer keine weiteren Unterlagen anforderte.

Aufgrund der Zurückverweisung hatte der OGH – vorerst – den Rechtsstreit nicht abschließend zu beurteilen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Damit ein beauftragter Unternehmer der Versicherungsnehmerin zugerechnet wird, muss dies ausdrücklich vereinbart werden. Ferner liegt keine Verletzung der Auskunftsobliegenheit vor, wenn angeboten wird auf Nachfrage Unterlagen zu Verfügung zu stellen.«