Unfallversicherung: Risikoausschluss für Indoorklettern zulässig?

Was ist passiert?

Zwischen der Versicherungsnehmerin und der beklagten Versicherung besteht ein Unfallversicherungsvertrag. Die Versicherungsbedingungen lauten auszugsweise wie folgt:

»Abschnitt C:
Begrenzungen des Versicherungsschutzes
Artikel 19
Unversicherbare Sportarten
Insbesondere die nachstehenden Sportarten und Aktivitäten sind nicht versicherbar:
[…]
5. Klettern/Bergsteigen über Schwierigkeitsgrad VI nach französischer Skala; Klettersteig über Schwierigkeitsgrad E; …
[…]
Artikel 20
Ausschlüsse
Soweit nichts anderes vereinbart ist, umfasst der Versicherungsschutz nicht:
[…]
10. Unfälle, die bei der Ausübung von folgenden besonders gefährlichen Sportarten eintreten: Bungeejumping, House-Running, Hydro Speed, Basejumping, Scad Diving, Airboarding, Rafting, Canyoning, Kitesurfen, Indoorklettern, Klettern/Bergsteigen über Schwierigkeitsgrad IV nach französischer Skala, Klettersteig über Schwierigkeitsgrad D, Tauchen in Tiefen von 40 bis max. 60 m nach absolvierter Tauchausbildung und nur bei ausschließlicher Pressluftverwendung. […]«

Die Versicherungsnehmerin stürzte am 20.05.2023 beim Klettern in einer Indoorhalle im Zuge des Abseilens ab und verletzte sich dabei. Nachdem der Versicherer eine Leistung aus dem Unfallversicherungsvertrag ablehnte, brachte die Versicherungsnehmerin eine Klage gegen den Versicherer ein. Aus Sicht der Versicherungsnehmerin sei der Risikoausschluss intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG, ungewöhnlich nach § 864a ABGB und gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB. Darüber hinaus sei ein Unfall beim Abseilen vom Versicherungsschutz umfasst.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 19.06.2024, Aktenzeichen: 7 Ob 92/24s, führte der Oberste Gerichtshof zunächst aus, dass die Klausel nicht dadurch intransparent sei, dass die Sportart „Indoorklettern“ nicht in Art 19 AUVB, wohl aber in Art 20.10 AUVB genannt wird. Daraus folge nur eindeutig, dass es sich beim „Indoorklettern“ grundsätzlich um eine versicherbare Sportart handle. Weiters ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des Art 20.10 AUVB, der „Indoorklettern“ und „Klettern/Bergsteigen über Schwierigkeitsgrad IV nach französischer Skala“ als eigene Sportarten nennt, völlig klar, dass die bei „Klettern/Bergsteigen“ angeführten Einschränkungen nicht für die Sportart „Indoorklettern“ gelten.

Weiters führte der OGH aus, dass der durchschnittliche Unfallversicherungsnehmer mit Risikoausschlüssen und Einschränkungen zu rechnen habe. Risikoausschlüsse seien daher per se weder ungewöhnlich, noch gröblich benachteiligend. Dies gelte umso mehr, wenn – wie in der Unfallversicherung üblich – eine erhöhte Gefahrensituation aus dem Versicherungsschutz ausgenommen wird. „Indoorklettern“ sei aufgrund der mit der Ausübung dieser Sportarten verbundenen Risiken, aus großer Höhe auf den Boden zu stürzen, beim Klettern oder auch Sichern an die Wand zu prallen, mit einer stürzenden Person zusammenzustoßen und schließlich von herabfallenden Gegenständen getroffen zu werden, als gefährliche Sportart zu beurteilen und könne daher vom Versicherungsschutz ausgenommen werden.

Die Klausel sei in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen auch dort zu finden, wo sie vom Versicherungsnehmer zu vermuten sei. Unfälle vom Versicherungsschutz auszunehmen, die bei der Ausübung bestimmter Sportarten auftreten, sei für Unfallversicherungsbedingungen geradezu typisch.

Nach Ansicht des OGH verstehe jeder durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer unter der Sportart „Indoorklettern“ zweifelsohne nicht nur das Hinaufklettern, sondern auch das Abseilen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Zu Recht kommt der OGH im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass der gegenständliche Ausschluss für „Indoorklettern“ weder ungewöhnlich, gröblich benachteiligend oder sogar intransparent ist und der gegenständliche Unfall daher nicht vom Versicherungsschutz umfasst ist