Unfallversicherung: Schlüssigkeit des Vorbringens bei Dauerinvalidität – OGH 7 Ob 124/25y
Was ist passiert?
Der Kläger hatte bei der Beklagten eine private Unfallversicherung abgeschlossen. Vertragsgrundlage waren die AUVB 2018, die eine Kapitalleistung bei dauernder Invalidität vorsehen, deren Höhe sich aus der vereinbarten Versicherungssumme und dem Invaliditätsgrad nach einer Gliedertaxe errechnet. Der Kläger begehrt die Auszahlung der vereinbarten Versicherungssumme von 75.000 EUR mit der Begründung, dass er verschiedene gesundheitliche Beschwerden habe und aufgrund einer Borreliose-Erkrankung an beiden Seiten Hüftprothesen bekam, womit eine Bewegungseinschränkung vorliegen würde.
Das Erstgericht wies die Klage wegen Unschlüssigkeit ab, weil sich aus den Behauptungen des Klägers nicht ergibt, welche körperlichen oder geistigen Funktionsfähigkeiten beeinträchtigt seien und das Vorbringen, der Kläger leide an „entsprechenden dauernden Beeinträchtigungen des Bewegungsapparats“ unsubstantiiert ist und sich die Berechnung des Klagebetrags nicht nachvollziehen lässt. Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts. Der Kläger erhob dagegen außerordentliche Revision, welche vom OGH in der Entscheidung 7 Ob 124/25y zurückgewiesen wurde.
Wie ist die Rechtslage?
Eine private Unfallversicherung im Sinne der §§179 ff VersVG dient der Abdeckung der wirtschaftlichen Folgen von Unfällen, insbesondere im Falle einer dauernden Invalidität. Grundlage der Leistungspflicht ist die vertraglich vereinbarte Gliedertaxe oder – falls diese nicht anwendbar ist – die Bestimmung nach dem Grad der Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit. Damit ein Leistungsanspruch schlüssig geltend gemacht werden kann, muss der Kläger konkret vorbringen, welche Körperteile oder Sinnesorgane betroffen sind, in welcher Weise deren Funktionsfähigkeit beeinträchtigt ist oder in welchem Ausmaß die allgemeine körperliche bzw. geistige Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Erst aufgrund dieses Vorbringens ist – etwa mittels Sachverständigenbeweises – zu klären, ob die konkret behaupteten Beeinträchtigungen tatsächlich vorliegen. Für die Schlüssigkeit in der Klage genügt, wenn das Sachbegehren des Klägers materiell-rechtlich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden kann.
Im konkreten Fall behauptete der Kläger nach Ansicht des OGH weder einen Kausalzusammenhang zwischen Zeckenbiss, Borreliose und konkreter Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Funktionsfähigkeit, noch deren Dauerhaftigkeit und erstattete auch kein Vorbringen dazu, welche Körperteile und/oder Sinnesorgane davon wie betroffen sind. Eine notwendige Aufschlüsselung zur geltend gemachten Invaliditätsleistung erfolgte ebenso wenig. Dem Argument, dass es sich bei der Versicherungssumme von EUR 75.000 um einen Fixbetrag handelt, dies losgelöst vom Invaliditätsgrad, wurde nicht gefolgt.
Schlussfolgerung
Bei der gerichtlichen Geltendmachung von Leistungen aus der Dauerinvalidität muss substantiiert dargelegt werden, welche konkreten körperlichen Beeinträchtigungen vorliegen und wie diese nach den Versicherungsbedingungen zu qualifizieren sind. Allgemeine Hinweise auf gesundheitliche Folgeschäden genügen nicht. Die vereinbarte Versicherungssumme stellt keinen Fixbetrag, sondern lediglich die Obergrenze dar, sodass die tatsächliche Leistung vom vorliegenden Invaliditätsgrad abhängt. Unterlässt der Kläger eine solche Konkretisierung, ist die Klage als unschlüssig abzuweisen.
