Betriebshaftpflichtversicherung: die voreilige Schadensbefriedigung durch den VN

Was ist passiert?

Zwischen den Streitteilen besteht ein Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag. Dem Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag liegen die MH4-Zusatzbedingungen zur Betriebshaftpflichtversicherung, sowie die Allgemeinen und Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB und EHVB 2005) zugrunde.

Der Kläger ist Betreiber einer KFZ-Werkstätte. Nach einer Spülung des Getriebes bei einem Kundenfahrzeugs, kam es zum Ölverlust und in weiterer Folge zu einem Totalausfall des Getriebes. Daraufhin hat der Kunde die Kosten für den Getriebetausch beim Kläger geltend gemacht. Der Kläger ersuchte seine Haftpflichtversicherung um Deckung und gab zur Begründung an, dass nach der Getriebespülung im Bereich der Leitung zum Ölkühler eine Klammer nicht fest genug, beziehungsweise nicht ordnungsgemäß angebracht wurde. Dieses Fehlverhalten sei kausal für den Austritt vom Getriebeöl und in weiterer Folge verantwortlich für den Totalausfall des Getriebes.

Die Haftpflichtversicherung lehnte ab, weshalb der Kläger von der Versicherung die Rückerstattung der bereits bezahlten Schadenersatzforderung forderte.

Wie ist die Rechtslage?

In der Entscheidung zu 7 Ob 51/22h hat der OGH zunächst klargestellt, dass in der Haftpflichtversicherung zwischen Deckungs- und Haftpflichtverhältnis zu unterscheiden ist. Der Versicherungsanspruch ist auf die Befreiung von begründeten und die Abwehr von unbegründeten Haftpflichtansprüchen gerichtet. Der Deckungsanspruch wird fällig, wenn der Versicherungsnehmer vom geschädigten Dritten in Anspruch genommen wird, unabhängig davon, ob die Haftpflichtforderung begründet ist oder nicht (RS0080384; RS0081228; RS0080013; RS0080086).

Nach § 154 (1) VersVG hat der Versicherer die Entschädigungsleistung binnen 2 Wochen zu leisten, wenn der geschädigte Dritte vom Versicherungsnehmer befriedigt worden ist. Damit verwandelt sich der Deckungsanspruch gegenüber der Haftpflichtversicherung in einen Zahlungsanspruch (RS0080603).

Klargestellt hat der OGH in der vorliegenden Entscheidung, dass Voraussetzung für die Leistungspflicht (Zahlungsanspruch) der Versicherung ist, dass der Haftpflichtanspruch gegenüber dem Versicherungsnehmer zu Recht besteht. Dies wurde gegenständlich verneint.

Der OGH verwies in diesem Zusammenhang auf die bindenden Feststellungen des Erstgerichtes, wonach nicht festgestellt werden konnte, ob der Ölverlust durch die unsachgemäße Vorgehensweise des Versicherungsnehmers für den Totalausfall des Getriebes verantwortlich war. Damit scheitert es aber am Erfordernis der Kausalität für den Schadenersatzanspruch des geschädigten Dritten, weshalb der Haftpflichtanspruch gegenüber dem Kläger unbegründet ist und die Versicherung daher keine Zahlung an den Kläger zu leisten hat. Der Kläger blieb daher auf die von ihm an den geschädigten Dritten bezahlten Austauschkosten sitzen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Mit Befriedigung des geschädigten Dritten verwandelt sich gegenüber der Haftpflichtversicherung der Deckungs- in einen Zahlungsanspruch. Dieser steht allerdings in Abhängigkeit zum Haftpflichtanspruch. Kann die Kausalität der schädigenden Handlung zum Schaden nicht nachgewiesen werden, besteht für die Versicherung aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag in diesem Fall keine Zahlungspflicht. Vor der Befriedigung von Ansprüchen Dritter muss dies in jedem Fall geprüft werden.«