Die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers in der KFZ-Haftpflichtversicherung
Was ist passiert?
Die Beklagte schloss bei der Klägerin für einen LKW einen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsvertrag ab. Im Februar 2020 beschädigte ein Mitarbeiter der Beklagten mit dem LKW eine Schrankenanlage eines Möbelhauses. Der Unfall wurde von einer Überwachungskamera gefilmt und bereits am nächsten Tag meldete das Möbelhaus den Schaden bei der Versicherung der Beklagten. Die Beklagte selbst meldete den Schaden erst einige Wochen später bei der Versicherung. Die Versicherung bezahlte letztlich knapp EUR 10.000,– an Reparaturkosten.
In weiterer Folge forderte die Versicherung im Regressweg die Rückzahlung der Reparaturkosten von der Beklagten. Diese habe den Schaden bewusst und mit Täuschungs- und Verschleierungsvorsatz nicht rechtzeitig gemeldet und schulde daher den Ersatz der Reparaturkosten.
Wie ist die Rechtslage?
Das Erstgericht gab der Klage statt und folgte der Argumentation der Versicherung. Der Kläger erhob dagegen Berufung und stützte sich insbesondere auf § 33 Abs 2 VersVG. Demnach kann sich der Versicherer auf eine Vereinbarung, nach welcher er von der Verpflichtung zur Leistung frei sein soll, wenn der Pflicht zur Anzeige des Versicherungsfalls nicht genügt wird, nicht berufen, sofern er in anderer Weise vom Eintritt des Versicherungsfalls rechtzeitig Kenntnis erlangt hat.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte in der nunmehr veröffentlichen Entscheidung 7Ob52/22f vom 25.05.2022 die Rechtsansicht der Beklagten. Es sei zwar unbestritten, dass die verspätete Meldung des Versicherungsfalls geeignet ist, dessen sichere Feststellung sowie die Feststellung des Umfangs der vom Versicherer zu erbringenden Leistungen zu beeinträchtigen und damit zu vermeidbaren Belastungen und ungerechtfertigten Ansprüchen des Versicherers führen könne. Dies sei rechtzeitiger Kenntnis vom Schadensfall und somit bei Anwendung des § 33 Abs 2 VersVG aber gerade nicht möglich. Das Klagebegehren wurde daher abgewiesen und schuldet die Beklagte nicht die Reparaturkosten.
Schlussfolgerung
Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:
»Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann sich somit auch ein Versicherungsnehmer, der die Obliegenheit zur Anzeige des Versicherungsfalls mit Täuschungs- und Verschleierungsvorsatz im Sinn von § 6 Abs 3 VersVG verletzt, auf § 33 Abs 2 VersVG berufen, wenn der Versicherer in anderer Weise vom Eintritt des Versicherungsfalls rechtzeitig Kenntnis erlangt hat. Der Versicherungsnehmer kann in diesen Fällen somit nicht zum Regress verpflichtet werden.«