Fachbeitrag Immobilienrecht – Zur Ersitzung eines Baderechts 1 Ob 110/24v

Was ist passiert?

Der Kläger ist Eigentümer eines Sees und verpachtete den See an die Gemeinde unter anderem zum Betrieb eines Strandbads.

An jenem Ufer, welches sich gegenüber vom Strandbad befindet, liegt eine – vom Strandbad etwa 30 Gehminuten entfernte – Wohnsiedlung.

Der Beklagte ist Eigentümer einer Liegenschaft samt Wohnhaus, die zwar nicht an den See angrenzt, sich aber in Gehdistanz von etwa fünf Minuten zum Seeufer befindet. Seit dem Jahr 1969 ging der Beklagte regelmäßig (in den Sommermonaten bei Schönwetter täglich) in den See baden und schwimmen. Er war der Ansicht, dazu berechtigt zu sein. Auch andere Anrainer badeten seit jeher im See außerhalb des Strandbads. Dem Beklagten fielen mehrere zu diesem Zweck errichtete Badestege und Seezugänge auf, er wusste aber nicht, dass diese aufgrund separater Vereinbarungen mit dem Kläger als Seeeigentümer errichtet worden waren. Dem Kläger war bekannt, dass von dem anderen Ufer aus im See gebadet wird.

Der Kläger begehrte sohin die Feststellung, dass dem Beklagten weder eine Personal- noch eine Grunddienstbarkeit des Badens und Schwimmens im See zustehe. Die Bademöglichkeit sei seit jeher auf das vor etwa 100 Jahren errichtete Strandbad sowie einzelne private Seezugänge beschränkt gewesen.

Der Beklagte wandte ein, eine Dienstbarkeit des Badens und Schwimmens im See von der Einstiegsstelle in der Nähe seines Hauses ersessen zu haben. Er behauptete primär eine zugunsten seines Grundstücks ersessene Grunddienstbarkeit und hilfsweise eine ihm persönlich zustehende Personaldienstbarkeit.

Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

Eine Dienstbarkeit ist ein beschränktes dingliches Nutzungsrecht an einer fremden Sache. Persönliche Dienstbarkeiten stehen einer bestimmten Person zu, der dadurch ein Vorteil verschafft werden soll. Bei den Grunddienstbarkeiten steht das Recht dem jeweiligen Eigentümer einer bestimmten Liegenschaft zu.

Ein Recht, in einem fremden Gewässer zu baden, kann grundsätzlich Gegenstand einer Grunddienstbarkeit oder einer persönlichen Dienstbarkeit sein

Sowohl Grund- als auch persönliche Dienstbarkeiten können durch Ersitzung erworben werden. Dies setzt ganz allgemein die Ausübung eines Rechtsbesitzes an der fremden Sache während der Ersitzungszeit voraus.

Derjenige, in dessen Besitz bei der Ersitzung eingegriffen wird, muss jedenfalls erkennen können, welches konkrete Recht ausgeübt wird. Es kommt auf die objektive Erkennbarkeit der Rechtsausübung an.

Der OGH verneinte das Bestehen einer Grunddienstbarkeit, da keine objektiven Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der die Liegenschaft des Beklagten durch das Baden im See besser benutzbar sein sollte.

Da hingegen durch eine persönliche Dienstbarkeit einer Person nur ein persönlicher Vorteil verschafft werden soll und die für die Ersitzung erforderliche erkennbare Rechtsausübung dem zu erwerbenden Recht zu entsprechen hat, muss sich auch die Erkennbarkeit bei der Ersitzung einer Personalservitut auf einen persönlichen Vorteil beziehen.

Eine solche Rechtsausübung wäre laut OGH allerdings nur erkennbar gewesen, wenn an der betreffenden Stelle im See nur der Beklagte (oder allenfalls andere unberechtigte Personen) gebadet hätte oder geschwommen wäre und nicht auch jene Personen, die hierzu berechtigt waren.

Fehlt eine solche Erkennbarkeit einer Rechtsausübung, liegt der notwendige Rechtsbesitz des Nutzers der fremden Sache und sohin die Ersitzung deiner persönlichen Dienstbarkeit nicht vor. Ob das zutrifft, konnte mangels ausreichend festgestelltem Sachverhalt vom OGH nicht abschließend beurteilt werden und wurde dem Berufungsgericht daher eine Beweisergänzung aufgetragen.

Sollte das Berufungsgericht feststellen, dass an der vom Beklagten benutzten Stelle im See auch andere berechtigte Personen schwammen und badeten, würde der OGH zum Schluss kommen, dass mangels Erkennbarkeit der Ausübung der persönlichen Dienstbarkeit eine solche nicht besteht.

Schlussfolgerung

Bei der Ersitzung von Dienstbarkeiten kommt es unter anderem darauf an, ob die Ausübung der Dienstbarkeit für den Eigentümer der genutzten Sache objektiv erkennbar war. Die Erkennbarkeit der Ausübung eines Rechtsbesitzes durch den Beklagten hängt auch davon ab, ob andere Personen berechtigt ein vergleichbares Verhalten setzten, das bei entsprechender Sorgfalt des Ersitzungsgegners nicht von der Rechtsausübung des Beklagten unterschieden werden kann