Leitungswasserschaden: Dichtungsschaden durch schadhafte Silikonverbindung

Was ist passiert?

Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer besteht ein Versicherungsvertrag für die Sparte „Leitungswasserschaden“, dem die Versicherungsbedingungen Klipp & Klar – Bedingung für die Zuhause & Glücklich Eigenheimversicherung, Deckungsvariante „Premium“ (ZGEP) – ZE12, in der Fassung 09/2018 zugrunde liegen. Artikel 3 ZGEP lautet auszugsweise wie folgt:

» 3. Leitungswasser

ist Wasser in Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung oder angeschlossener Einrichtungen (wie z.B. Warmwasserversorgungs-, Zentralheizungs-, auch Fußbodenheizungs- und Schwimmbadversorgungsanlagen).

[…]

Versichert sind

Schäden durch

[…]

–  Schäden an den an die Leitung angeschlossenen Einrichtungen und Armaturen (z.B. Wasserhähne, Waschbecken, Klosetts, Badeeinrichtungen, Heizkörper, Heizkessel und Boiler), wenn deren Erneuerung oder Reparatur im Zuge der Behebung eines Rohrgebrechens notwendig ist;

– Behebung von Dichtungsschäden an Zu- und Ableitungsrohren […]«

Am 06.12.2020 ereignete sich auf der Liegenschaft des Versicherungsnehmers ein Wasserschaden, weil eine Verbindung mit Silikonkitt zwischen einem Kunststoffrohr und einer Steinzeug-Halbschale undicht geworden war. Diese Undichtheit wurde aufgrund der nicht dichten Verbindung zwischen Rohr und Steinzeug-Halbschale herbeigeführt. Die Steinzeug-Halbschale wurde ursprünglich als Teil eines offenen Gerinnes in den betonierten Schacht eingesetzt und als funktionaler Teil der Hausentwässerungsleitung verwendet. Der Versicherer lehnte die Übernahme der Kosten für die Reparatur der Steinzeug-Halbschale mit der Begründung ab, dass kein Dichtungsschaden an Zu- und Ableitungsrohren vorläge, sondern vielmehr ein Dichtungsschaden an einer angeschlossenen Einrichtung. Nach dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen würde ein solcher Schaden nur ersetzt werden, wenn deren Erneuerung oder Reparatur im Zuge der Behebung eines Rohrgebrechens notwendig sei. Ein Rohrgebrechen liege jedoch in gegenständlicher Angelegenheit nicht vor.

Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung (7 Ob 95/23f) hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit den zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen auseinanderzusetzen. Ausgehend von diesen handle es sich bei der Steinzeug-Halbschale um eine angeschlossene Einrichtung. Dem Vorbringen des Versicherers folgend, liege in gegenständlichem Fall auch kein Rohrgebrechen vor, zumal die aus Silikonkitt bestehende Verbindung zwischen dem Rohr und der Steinzeug-Halbschale lediglich undicht wurde. Ein Rohrgebrechen setze voraus, dass das Material des Rohres einschließlich Dichtungen, Flanschen, Muffen, Verschraubungen, Druckausgleicher und Kniestücken ein Loch oder einen Riss bekommt, mithin ein Sachsubstanzschaden eintritt.

Ein Rohr ist eine dem Wasserdurchfluss dienende Ummantelung, die eine bestimmte Festigkeit aufweisen muss und geschlossen ist. Eine – etwa zur Hälfte offene – Halbschale ist daher kein Rohr. Die Verbindung der Steinzeug-Halbschale mit dem Rohrsystem führt auch nicht dazu, dass diese – mag sie auch ein funktionaler Teil der Hausentwässerungsleitung sein – dadurch zu einem Rohr wird. Allerdings ist im letzten Unterpunkt des Art 3.3. ZGEP die Behebung von „Dichtungsschäden an Zu- und Ableitungsrohren“ ausdrücklich vom Deckungsumfang mitumfasst.  Die Schadhaftigkeit des der Abdichtung dienenden Silikons an dem gegenständlichen Rohr stellt in gegenständlichem Fall einen solchen Dichtungsschaden dar, weshalb dem Klagebegehren stattzugeben war.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Versicherung gegen Leitungswasser bietet Schutz gegen Schäden, die von austretendem Wasser aus wasserführenden Rohrleitungen, Armaturen oder angeschlossenen Einrichtungen entstehen, wobei der Versicherungsschutz auch Flüssigkeitsaustritt am Ende einer wasserführenden Rohrleitung umfasst. Da dies gegenständlich der Fall war, waren die erforderlichen Kosten zur Behebung des Dichtungsschadens vom Versicherungsschutz umfasst.«