Obliegenheitsverletzung durch Aufenthalt im Garten während Einbruch?

Was ist passiert?

Die Versicherungsnehmerin hat beim beklagten Versicherer eine Haushaltsversicherung (ua gegen Einbruchdiebstahl) für ihr Haus abgeschlossen. Dem Versicherungsvertrag liegen die Bedingungen für die Wohnungsversicherung Deckungsvariante „Optimal“ ZGWO Fassung 05/2014 zugrunde. Diese lauten auszugsweise:

»Artikel 4
Wird die Wohnung von allen Personen verlassen, ist sie zu versperren und die vereinbarten Sicherungen anzuwenden
….
Bei Verletzung dieser Sicherheitsvorschriften kommen die in Artikel 3 ABS angeführten Rechtsfolgen zur Anwendung, das bedeutet, dass die Verletzung dieser Sicherheitsvorschriften zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen kann.«

Der Eingangsbereich zur Liegenschaft befindet sich direkt an einer stark befahrenen Straße. Ein Betreten ist von der Straße nur durch ein Eingangstor möglich, welches innen mit einer Klinge und außen mit einem starren Knauf ausgestattet ist. Durch das Eingangstor gelangt man in eine Einfahrt, die an der der Straße abgewandten Seite durch ein weiteres (verschließbares) Tor zum Gartenbereich führt. Im Bereich der Einfahrt folgt rechts eine Treppe zu einer versperrbaren Tür. Danach befindet sich das Stiegenhaus. Im Erdgeschoss gelangt man durch eine weitere verschließbare Tür in die Wohnbereiche. Über eine Treppe gelangt man zur Wohneinheit im I. Stock. Auch diese ist vom Stiegenhaus durch eine versperrbare Tür abgetrennt.

Zum Zeitpunkt des Einbruchs befand sich die Versicherungsnehmerin im Garten. Das Eingangstor war in die Falle gezogen (geschlossene Verriegelung). Die Tür im Bereich der Einfahrt war ebenso unversperrt wie die Türen zu den Wohnbereichen.

Der Täter öffnete das geschlossene aber nicht versperrte Eingangstor mittels speziellen Werkzeugs, gelangte sodann durch die Tür ins Stiegenhaus und von dort in die Wohnbereiche.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 22.11.2023 zu GZ 7 Ob 180/23f führte der OGH zunächst aus, dass ggst. laut Polizze nicht nur die einzelnen Wohnungen vom Versicherungsschutz umfasst sind, sondern die gesamten Innenflächen des Wohnhauses. Die versicherten Wohnräumlichkeiten werden durch das Eingangs- und Gartentor von einer allgemeinen Benützung ausgeschlossen. Die Versperrobliegenheit des Artikel 4 bezieht sich damit – entsprechend einer objektiven Auslegung der Versicherungsbedingungen, welche sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers orientiert – auf diese Tore und nicht auf die im Inneren des Wohnhauses befindlichen Türen.

Als Verlassen der versicherten Wohnräumlichkeiten wird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer das Entfernen vom Versicherungsobjekt in seiner Gesamtheit verstehen, also einschließlich der zur Risikoadresse gehörenden üblichen Außenbereiche wie Terrassen, Vor- oder Hausgärten. Keinesfalls wird er annehmen, durch einen Aufenthalt in seinem Garten, das Objekt zu verlassen und damit – ohne sämtliche Türen und Fenster zu versperren – unbefugtes Eindringen zu ermöglichen oder zu erleichtern.

Das (bloße) Zuziehen von Außentüren bei gleichzeitigem persönlichen Aufenthalt im Garten des versicherten Objekts stellt auch kein grob fahrlässiges Herbeiführen des Versicherungsfalls dar.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ein Aufenthalt im Garten verpflichtet den Versicherungsnehmer nicht, auch die Wohnungseingangstüren zu versperren, wenn Fremde bereits durch ein geschlossenes Gartentor vom Zutritt zu den versicherten Wohnräumlichkeiten ausgeschlossen sind.«