Rechtsschutzversicherung: Zur offenbaren Aussichtslosigkeit der Prozessführung

Was ist passiert?

Zwischen der Versicherungsnehmerin und der beklagten Versicherung bestand ein Rechtsschutzversicherungsvertrag. Die zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2014) lauten auszugsweise wie folgt:

»Artikel 9
Wann und wie hat der Versicherer zum Deckungsanspruch des Versicherungsnehmers Stellung zu nehmen?
[…]
2. Davon unabhängig hat der Versicherer das Recht, jederzeit Erhebungen über den mutmaßlichen Erfolg der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzustellen. Kommt er nach Prüfung des Sachverhalts unter Berücksichtigung der Rechts- und Beweislage zum Ergebnis
[…]
2.3 dass erfahrungsgemäß keine Aussicht auf Erfolg besteht, hat er das Recht, die Kostenübernahme zur Gänze abzulehnen

Die Versicherungsnehmerin hat während des rechtsschutzversicherten Zeitraums einen gebrauchten Diesel-PKW mit einer behauptetermaßen unzulässigen Abschalteinrichtung erworben. Sie begehrte vom Versicherer Rechtsschutzdeckung für eine Klage gegen die Herstellerin, mit der die Versicherungsnehmerin einen Anspruch auf Ersatz des Minderwerts im Ausmaß 30 % des Kaufpreises geltend machte.

Nachdem der Versicherer die Rechtsschutzdeckung unter Verweis auf fehlende Erfolgsaussichten abgelehnt hat, landete der Fall schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 22.05.2024, Aktenzeichen: 7 Ob 81/24y, führte der OGH zunächst aus, dass eine Prozessführung dann „offenbar aussichtslos“ ist, wenn sie schon ohne nähere Prüfung der Angriffs- oder Verteidigungsmittel als erfolglos erkannt werden kann. Dies insbesondere bei Unschlüssigkeit, aber auch bei unbehebbarem Beweisnotstand. Eine klare Gesetzeslage oder bereits gelöste Rechtsfragen könnten die Annahme rechtfertigen, dass kein oder keine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Für das Vorliegen dieses Ausnahmetatbestands habe der Versicherer den Beweis zu führen.

Im vorliegenden Fall kam der OGH zum Ergebnis, dass das anspruchsbegründende Vorbringen der Versicherungsnehmerin nicht unschlüssig sei und auch eine nicht ganz entfernte Möglichkeit des Erfolgs bestehe. Der Versicherer habe die von ihm behaupteten, fehlenden Erfolgsaussichten noch nicht mit einer bereits gefestigten oberstgerichtlichen Judikatur dahin begründen können, dass gegen die Herstellerin lediglich ein Ersatzanspruch in einer Bandbreite von 5 % bis 15 % in Frage komme.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»In der Rechtsschutzversicherung genügt bereits eine nicht ganz entfernte Möglichkeit des Erfolgs, um die Rechtsverfolgung nicht als offenbar aussichtslos erscheinen zu lassen.«