Serienschadenklauseln in Haftpflichtversicherungsverträgen
Was ist passiert?
Bei einer Steuerberatungsgesellschaft (Klägerin) kam es infolge eines unwirksam eingebrachten Schriftsatzes beim Finanzamt zu einem Haftungsfall mit einem Schaden von insgesamt EUR 766.952,19. In dieser Sache vertrat die Klägerin gleich mehrere Anleger, da es sich in allen Verfahren um den gleichen Grundsachverhalt handelte. Es wurden Berufungen angemeldet, die Begründung dafür sollte nachgereicht werden. Dazu bediente sich die Klägerin zur weiteren Begründung der einzelnen Rechtsmittel der Anleger eines Schriftsatzes, welcher mittels Email an das Finanzamt übermittelt wurde.
Nachdem die Übertragung fehlerhaft war, wurden die Berufungsverfahren zu Lasten der Anleger eingestellt. Bei ordnungsgemäßer Einbringung der Rechtsmittel wäre das nicht passiert und wäre es nicht zum Schadensfall gekommen.
Die Klägerin meldete den Schadensfall ihrer Berufshaftpflichtversicherung (Grundversicherung – Nebenintervenientin), die einen Deckungsumfang zu einer Versicherungssumme von EUR 250.000 pro Versicherungsfall vorsah. Anschießend begehrte die Klägerin als Kammermitglied die Bezahlung des Differenzbetrages aus einem von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder abgeschlossenen Exzedentenversicherungsvertrages, welcher eine Versicherungssumme von max. EUR 2.180.185,00 vorsah. Begründete wurde diese mit dem Vorliegen eines Serienschadens. Dies wurde von der Exzedentenversicherung bestritten.
Die Klausel in den zugrundeliegenden Bedingungen (ABHV) lautete wie folgt:
Wie ist die Rechtslage?
In der Entscheidung 7 Ob20/24b hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Tätigkeit der Klägerin, die für die einzelnen Anleger im jeweils individuell geschlossenen Bevollmächtigungsvertrag begründet war, aufgrund des Übermittlungsfehlers des Schriftsatzes einen einheitlichen Versicherungsfall oder aber mehrere Versicherungsfälle darstellen.
Der OGH ist zum Ergebnis gekommen, dass gegenständlich zwar nicht Punkt 2.2.1 der ABHV zur Anwendung kommt, da nicht von einem einzelnen Verstoß im Sinne der Versicherungsbedingungen gesprochen werden kann. Den Verstößen liegt nach Ansicht des OGH aber die selbe Ursache zugrunde, weshalb Punkt 2.2.2 der ABHV zu tragen kommt.
Voraussetzung für einen Serienschaden sei es mit Verweis auf höchstgerichtliche Rechtsprechung nämlich, dass Ursachenidentität vorliegt, somit alle Verstöße auf einer einzigen gleichen Ursache beruhen. Vereinfacht gesagt, als würde man die Ursache lediglich multiplizieren, ohne dass es zu selbstständigen Umsetzungsvorgängen kommt.
Die Ursache der Verstöße liegt in diesem Sachverhalt darin, dass die Klägerin die Berufungen einzelner Mandanten in einem einzigen Schriftsatz zusammenfasste und in einem einzigen Übermittlungsvorgang verschickte. Dies stellt einen einzigen Umsetzungsvorgang und somit einen Serienschaden dar. Folglich ist nun die Versicherungssumme des Grundversicherers in der Höhe von EUR 250.000 für diesen Versicherungsfall ausgeschöpft und der Exzedentenversicherer aufgrund des Serienschadens daher für die weitere Laufstrecke verantwortlich.
Schlussfolgerung
Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:
»Ein Serienschaden kann auch dann vorliegen, wenn mehrere Verstöße aus individuellen Verträgen auf einer einzigen gleichen Ursache beruhen.«