»Stornoversicherung« – Pandemie als Risikoausschluss

Was ist passiert?

Die Klägerin ist ein zur Verbandsklage nach § 29 Abs 1 KSchG berechtigter Verband. Die Beklagte betreibt das Versicherungsgeschäft und schließt als Unternehmerin regelmäßig mit Verbrauchern Reiseversicherungsverträge ab. Diesen Vertragsabschlüssen legt die Beklagte Reiseversicherungsbedingungen für den Storno-Schutz (in der Folge RVB 2018 genannt) als Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde. Mittels Klage begehrte der Verband u.a. die Unterlassung der Verwendung der folgenden AGB-Klausel sowie die Unterlassung der Berufung auf diese oder sinngleiche Klauseln. Die Klausel lautet auszugsweise wie folgt:

»Klausel 13 (Art 16.3. RVB 2018):
Der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person haben
[…]
bei Erkrankung oder Unfall unverzüglich eine entsprechende Bestätigung des behandelnden Arztes (bei Reiseabbruch vom Arzt vor Ort) ausstellen zu lassen;«

Wie ist die Rechtslage?

Der OGH führte in seiner Entscheidung zu GZ 7 Ob 3/23a zunächst aus, dass die Auslegung von Klauseln in einem Verbandsprozess im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen hat. Gemäß § 34 Abs 2 VersVG kann der Versicherer Belege insoweit fordern, als die Beschaffung dem Versicherungsnehmer billigerweise zugemutet werden kann. Anders als § 34 Abs 2 VersVG enthalte die gegenständliche Klausel keine Einschränkung auf die Zumutbarkeit der Einholung des ärztlichen Attests, obwohl die unverzügliche Einholung einer ärztlichen Bestätigung, welche bei Reiseabbruch noch dazu durch einen Arzt vor Ort auszustellen ist, den Versicherungsnehmer im Ausland vor erhebliche Mühen und Schwierigkeiten stellen, im Extremfall sogar eine unüberwindbare Hürde darstellen kann. Wenn die Versicherung argumentiert, die fehlende Bezugnahme auf die Zumutbarkeit schade nicht, weil dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer klar sei, dass Unzumutbares von ihm nicht verlangt werden könne, so sei dem nach Ansicht des OGH nicht zu folgen. Vielmehr sei die Klausel bei der im Verbandsprozess geforderten kundenfeindlichster Auslegung dahin zu verstehen, dass, dass die Obliegenheiten ohne jede Einschränkung gelten und sohin einen Verstoß gegen 34 Abs 2 VersVG darstellen.

Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass diese Klausel unzulässig sei, da sie gegen § 34a VersVG verstoße, wonach sich der Versicherer nicht auf eine Vereinbarung berufen kann, die (unter anderem) von § 34 Abs 2 VersVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers abweicht.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Im vorliegenden Fall wurde von der einseitig zwingenden Rechtslage des § 34 Abs 2 VersVG abgewichen, weil die Belegpflicht in den AGB nicht auf Zumutbares eingeschränkt wurde«