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Was ist passiert?

Eine Versicherungsnehmerin erwarb 2008 einen Katamaran und schloss mit einem Konsortium von Versicherern einen Kaskoversicherungsvertrag über EUR 2,12 Mio. ab. Im Versicherungsvertrag wurde u. A. der Skipper des Katamarans als „authorised person in the event of loss“ benannt.

Im Jahr 2012 löste sich der Katamaran aufgrund starken Winds und Seegangs von seinem Liegeplatz in einem Hafen, strandete am felsigen Ufer und wurde beschädigt. Rettungsmaßnahmen wären in der ersten Stunde möglich gewesen, wurden jedoch nicht gesetzt. Die Versicherungsnehmerin verlangte daraufhin Versicherungsleistung. Die Versicherer verweigerten die Deckung und beriefen sich auf Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Skipper, Verletzung der Schadenminderungspflicht sowie unrichtiger Angaben in der Schadensmeldung.

Die Versicherungsbedingungen lauten auszugsweise:

»§ 6 Ausschlüsse
Der Versicherer leistet keinen Ersatz für […]
b) Schäden, die der Versicherungsnehmer vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat […]
§ 10 Obliegenheiten im Versicherungsfall
[…]
2. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, aus eigener Initiative alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, die zur Abwendung und Minderung des Schadens als geeignet in Betracht kommen. […].«

Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 21.05.2025, Geschäftszahl 7 Ob 24/25t, führte der OGH zunächst aus, dass die in Deutschland entwickelte Repräsentantenhaftung in Österreich nicht zur Anwendung gelangt. Einem Versicherungsnehmer wird das Verhalten eines Dritten nur zugerechnet, wenn er diesen ausschließlich zur Abwicklung des Versicherungsverhältnisses gegenüber dem Versicherer bevollmächtigt hat. Wer bloß die Obhut über die versicherte Sache ausübt, erfüllt diese Voraussetzung nicht. Für die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls § 61 VersVG oder die Verletzung der Schadenminderungspflicht § 62 VersVG kam daher keine Zurechnung in Betracht.

Der OGH kam daher zu dem Schluss, dass der Skipper nicht Vertreter der Versicherungsnehmerin im Versicherungsverhältnis war, sondern lediglich Nutzer des Katamarans. Die Versicherer waren daher nicht wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Skipper oder Verletzung der Schadenminderungspflicht leistungsfrei.

In Hinblick auf eine etwaige Aufsichtspflichtverletzung des Skippers verwies der OGH die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Unterinstanzen zurück.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»In Österreich wird das Verhalten eines Dritten dem Versicherungsnehmer für die Beurteilung der Frage, ob ein Schaden vorsätzlich oder grob schuldhaft herbeigeführt wurde oder eine Verletzung der Schadenminderungspflicht besteht, nur dann zugerechnet, wenn dieser ausschließlich als Vertreter des Versicherungsnehmers zur Abwicklung des Versicherungsverhältnisses gegenüber dem Versicherer bestellt wurde. Für die Zurechnung ist es nicht ausreichend, wenn die dritte Person nur die Obhut über die Sache hat

Was ist passiert?

Der Kläger schloss mit der Beklagten einen Versicherungsvertrag, welcher einen KFZ-Haftpflicht- sowie einen Kaskoversicherungsvertrag enthielt. Die Beklagte übermittelte dem Kläger am 08.03.2023 die Polizze und ein gesondertes Schreiben mit einer Prämienvorschreibung und dem Hinweis auf die Rechtsfolgen im Sinne von § 38 VersVG in Form einer Leistungsfreiheit, wenn die Prämie nicht fristgerecht bezahlt wird. Nachdem die Vertragsparteien ein Lastschriftverfahren vereinbart hatten, wies die Beklagte den Kläger mit diesem Schreiben außerdem darauf hin, dass der offene Betrag in den nächsten Tagen vom angeführten Konto abgebucht und daher für eine ausreichende Dotierung zu sorgen ist. Dies war gegenständlich nicht der Fall, weshalb die Beklagte hinsichtlich eines am 04.04.2023 eingetretenen Totalschaden am Fahrzeug des Klägers die Versicherungsleistungen wegen Nichtzahlung der Erstprämie ablehnte.

Der Kläger akzeptierte die Leistungsfreiheit nicht und bemängelte unter anderem, dass das Schreiben der Versicherung nicht den Voraussetzungen des § 38 Abs. 3 VersVG entspricht, zumal der Hinweis auf die Rechtsfolgen der Leistungsfreiheit nicht durch Fettdruck hervorgehoben und die Prämienforderung außerdem nicht nach Sparten getrennt ausgewiesen wurde. Der Einziehung der Prämien hätte nach Ansicht des Klägers ebenso getrennt erfolgen müssen.


Wie ist die Rechtslage?

Nach § 38 Abs. 2 VersVG wird der Versicherer leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer 14 Tage nach der Aufforderung zur Prämienzahlung die erste Prämie zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles noch nicht bezahlt hat, es sei denn, der Versicherungsnehmer kann beweisen, dass ihn an der nicht rechtzeitigen Zahlung kein Verschulden trifft (RS0114043). Auf diese Rechtsfolgen hat die Versicherung nach § 38 Abs. 3 VersVG den Versicherungsnehmer ausdrücklich hinzuwiesen (RS0080486). Der OGH hat in der Entscheidung 7 Ob178/24p zunächst klargestellt, dass durch das Lastschriftmandat die Prämienschuld in einvernehmlicher Abänderung des § 36 VersVG zu einer Holschuld der Versicherung wird. Aufgabe des Versicherungsnehmers ist es, dass der Betrag zum Fälligkeitstermin auf dem Konto zur Abbuchung bereit gehalten wird. Nachdem dies nicht der Fall war, konnte die Abbuchung nicht vorgenommen werden, womit zum Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles Leistungsfreiheit bestand.

Hinsichtlich der Bemängelung eines ordentlichen Hinweises auf diese Rechtsfolgen bestätigte der OGH die Ansicht des Berufungsgerichtes, wonach es grundsätzlich nicht erforderlich für die Erfüllung der Warnpflicht ist, dass der Text in Fettdruck hervorgehoben wird. Ebenso wenig sei nach Ansicht des OGH erkennbar, warum bei der vorliegenden Bündelversicherung eine Aufgliederung der Prämie und ein gesonderter Einzug nach Sparten erfolgen hätte müssen. Das Gesetz sehe ein derartiges Erfordernis nicht vor und wurde eine Einzelvereinbarung dazu nicht getroffen. Demgemäß wurde dem Klagebegehren des Klägers auf Bezahlung der Versicherungsleistung nicht gefolgt.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Bei einem Lastschriftmandat ist es Aufgabe des Versicherungsnehmers den Kontostand so hoch zu halten, dass die Versicherung die Prämie fristgerecht durch Einzug abholen kann. Ist die Versicherung ihrer Hinweispflicht in Bezug auf die Rechtsfolgen des Prämienverzugs nachgekommen und hat der Versicherungsnehmer nicht für die ausreichende Abdeckung seines Kontos gesorgt, liegt ein Fall der Leistungsfreiheit vor, sollte es zum Versicherungsfall kommen.«

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