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Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer schloss im Jahr 2017 einen Eigenheimversicherungsvertrag beinhaltend eine Feuerversicherung für sein Wohngebäude ab. Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bedingungen des Versicherungsnehmers für die Sachversicherung lauten auszugsweise:

»Artikel 2
Gefahrerhöhung
1. Nach Vertragsabschluss darf der Versicherungsnehmer ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten. […]
2. 
[…] Verletzt der Versicherungsnehmer eine der in Absatz 1 genannten Pflichten, ist der Versicherer außerdem gemäß den Voraussetzungen und Begrenzungen der §§ 23 bis 31 VersVG von der Verpflichtung zur Leistung frei.«

Im August 2018 besichtigte der Versicherer das Haus und die damit einhergehende Garage. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich dort weder Verteilerkabel noch Benzinkanister. Erst nach Abschluss des Versicherungsvertrages lagerte der Versicherungsnehmer Treibstoff in der Garage und brachte mehrerer Steckdosenverteiler an die einzig vorhandene Steckdose an denen wiederum eine Vielzahl von zum erheblichen Teil dauernd betriebenen Elektrogeräten angeschlossen wurden. Eine Installation einer Brandschutztür zum Wohnbereich erfolgte nicht. Im Jahr 2022 wurde das Wohngebäude durch einen Brand beschädigt.

Der Versicherungsnehmer begehrt vom Versicherer die Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz des aufgrund des Brandes entstandenen Schadens.

Der Versicherer wendet ein, dass durch die Lagerung von Treibstoff und die Überlastung der Steckdose eine Gefahrenerhöhung vorliege und er deshalb Leistungsfrei sei.

Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom OGH, 19.02.2025, 7Ob203/24i, führte der OGH zunächst aus, dass eine Gefahrerhöhung nach § 23 Abs 1 VersVG eine nachträgliche Änderung der bei Vertragsabschluss tatsächlich vorhandenen gefahrenerheblichen Umstände ist, die den Eintritt des Versicherungsfalls oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher macht. Aus diesem Grund kann der Versicherer vernünftigerweise veranlassen, die Versicherung aufzuheben oder die Prämie zu erhöhen.

Nur eine vom Versicherungsnehmer willkürlich herbeigeführte Gefahrenerhöhung hat Leistungsfreiheit nach § 25 Abs 1 VersVG zur Folge.

Dem Wissen des Versicherungsnehmers um die Gefahrenerhöhung steht dessen verschuldetes Nichtwissen gleich, wenn dieses so schwer ins Gewicht fällt, dass es einer positiven Kenntnis gleichkommt.

Im vorliegenden Fall musste dem Versicherungsnehmer klar sein, dass seine Verhaltensweise geeignet war, die Gefahr des Eintritts des Versicherungsfalls zu vergrößern. Es musste ihm zumindest ein der positiven Kenntnis gleichkommendes schwerwiegendes Nichtwissen um die Gefahrenerhöhung anzulasten sein.

Der OGH kam daher zum Schluss, dass die Gefahr durch den Versicherungsnehmer erhöht wurde und daher die Versicherung leistungsfrei ist.

Schlussfolgerung

Eine Gefahrerhöhung ist eine nachträgliche Änderung der bei Vertragsabschluss tatsächlich vorhandenen gefahrenerheblichen Umstände. Die nachträgliche Lagerung von Treibstoff in einer Garage oder die Verwendung eines Steckdosenverteilers an der einzig vorhandenen Steckdose stellen eine solche Gefahrenerhöhung dar.

Was ist passiert?

Der Kläger schloss mit der Beklagten einen Versicherungsvertrag, welcher einen KFZ-Haftpflicht- sowie einen Kaskoversicherungsvertrag enthielt. Die Beklagte übermittelte dem Kläger am 08.03.2023 die Polizze und ein gesondertes Schreiben mit einer Prämienvorschreibung und dem Hinweis auf die Rechtsfolgen im Sinne von § 38 VersVG in Form einer Leistungsfreiheit, wenn die Prämie nicht fristgerecht bezahlt wird. Nachdem die Vertragsparteien ein Lastschriftverfahren vereinbart hatten, wies die Beklagte den Kläger mit diesem Schreiben außerdem darauf hin, dass der offene Betrag in den nächsten Tagen vom angeführten Konto abgebucht und daher für eine ausreichende Dotierung zu sorgen ist. Dies war gegenständlich nicht der Fall, weshalb die Beklagte hinsichtlich eines am 04.04.2023 eingetretenen Totalschaden am Fahrzeug des Klägers die Versicherungsleistungen wegen Nichtzahlung der Erstprämie ablehnte.

Der Kläger akzeptierte die Leistungsfreiheit nicht und bemängelte unter anderem, dass das Schreiben der Versicherung nicht den Voraussetzungen des § 38 Abs. 3 VersVG entspricht, zumal der Hinweis auf die Rechtsfolgen der Leistungsfreiheit nicht durch Fettdruck hervorgehoben und die Prämienforderung außerdem nicht nach Sparten getrennt ausgewiesen wurde. Der Einziehung der Prämien hätte nach Ansicht des Klägers ebenso getrennt erfolgen müssen.


Wie ist die Rechtslage?

Nach § 38 Abs. 2 VersVG wird der Versicherer leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer 14 Tage nach der Aufforderung zur Prämienzahlung die erste Prämie zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles noch nicht bezahlt hat, es sei denn, der Versicherungsnehmer kann beweisen, dass ihn an der nicht rechtzeitigen Zahlung kein Verschulden trifft (RS0114043). Auf diese Rechtsfolgen hat die Versicherung nach § 38 Abs. 3 VersVG den Versicherungsnehmer ausdrücklich hinzuwiesen (RS0080486). Der OGH hat in der Entscheidung 7 Ob178/24p zunächst klargestellt, dass durch das Lastschriftmandat die Prämienschuld in einvernehmlicher Abänderung des § 36 VersVG zu einer Holschuld der Versicherung wird. Aufgabe des Versicherungsnehmers ist es, dass der Betrag zum Fälligkeitstermin auf dem Konto zur Abbuchung bereit gehalten wird. Nachdem dies nicht der Fall war, konnte die Abbuchung nicht vorgenommen werden, womit zum Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles Leistungsfreiheit bestand.

Hinsichtlich der Bemängelung eines ordentlichen Hinweises auf diese Rechtsfolgen bestätigte der OGH die Ansicht des Berufungsgerichtes, wonach es grundsätzlich nicht erforderlich für die Erfüllung der Warnpflicht ist, dass der Text in Fettdruck hervorgehoben wird. Ebenso wenig sei nach Ansicht des OGH erkennbar, warum bei der vorliegenden Bündelversicherung eine Aufgliederung der Prämie und ein gesonderter Einzug nach Sparten erfolgen hätte müssen. Das Gesetz sehe ein derartiges Erfordernis nicht vor und wurde eine Einzelvereinbarung dazu nicht getroffen. Demgemäß wurde dem Klagebegehren des Klägers auf Bezahlung der Versicherungsleistung nicht gefolgt.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Bei einem Lastschriftmandat ist es Aufgabe des Versicherungsnehmers den Kontostand so hoch zu halten, dass die Versicherung die Prämie fristgerecht durch Einzug abholen kann. Ist die Versicherung ihrer Hinweispflicht in Bezug auf die Rechtsfolgen des Prämienverzugs nachgekommen und hat der Versicherungsnehmer nicht für die ausreichende Abdeckung seines Kontos gesorgt, liegt ein Fall der Leistungsfreiheit vor, sollte es zum Versicherungsfall kommen.«

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