Zur Kurzzeitvermietung und der vereinbarten Widmung „Geschäftsräumlichkeiten aller Art“

Was ist passiert?

Die beiden Streitteile sind Wohnungseigentümer mehrerer Objekte in einem Haus in Wien. Im Wohnungseigentumsvertrag vereinbarten die Parteien, dass sämtliche Wohnungseigentumsobjekte des Beklagten „ungeachtet der Widmungsbezeichnung im Nutzwertgutachten sowohl als Wohnungen als auch als Geschäftsräumlichkeiten jedweder Art, insbesondere auch als Gaststätten, Büroräumlichkeiten oder Ordinationen genützt werden dürfen“.

Der Beklagte hat drei seiner Wohnungen an Gesellschaften vermietet, die ihrerseits diese Objekte als insgesamt sechs „Apartments“ anbieten.

Fünf dieser Apartments können tageweise angemietet werden und eines nicht unter der Dauer von einem Monat. Hier liegt daher ein Fall von Kurzzeitvermietung vor.

Der Kläger klagte auf Unterlassung und Beseitigung. Er bringt vor, dass die Geschäftstätigkeit der Kurzzeitvermietung bei Festlegung der unspezifizierten Widmung als Geschäftslokal noch nicht üblich oder „vorhersehbar“ war. Deshalb liege ein Spannungsverhältnis zu den „Prinzipien der Rechtssicherheit“ vor

Der Beklagte wendete ein, dass die Wohnungen als Geschäftsräumlichkeiten jedweder Art gewidmet wurden und er sich die Nutzung seiner Objekte explizit „offen halten“ wollte. Das wurde auch so im Wohnungseigentumsvertrag vereinbart.

Rechtliche Beurteilung

Zur Willensbildung der Eigentümergemeinschaft dient vor allem die Eigentümerversammlung. Beschlüsse können aber auch In Fragen der Widmung nach §16 WEG stellt der OGH in seiner ständigen Rechtsprechung auf die privatrechtliche Einigung der Wohnungseigentümer ab. Er bezieht sich daher auf den Wohnungseigentumsvertrag.

Wenn ein Wohnungseigentümer ohne die vorherige Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer und ohne Genehmigung des Außerstreitrichters eine Widmungsänderung vornimmt, handelt er rechtswidrig. Er kann dann im streitigen Rechtsweg zur Beseitigung der Änderung und Wiederherstellung des früheren Zustands sowie gegebenenfalls auf Unterlassung geklagt werden.

In seiner Entscheidung zum gegenständlichen Fall vom 4.7.2024, 5 Ob 68/24x, prüfte der OGH zunächst die Genehmigungsbedürftigkeit und die Eigenmacht der Widmungsänderung aufgrund der Kurzzeitvermietung.

Besteht wie hier im Wohnungseigentumsvertag keine spezifische Geschäftsraumwidmung, war also kein bestimmter Geschäftsbetrieb im Wohnungseigentumsobjekt Bestandteil des Wohnungseigentumsvertrags, dann haben sich die Mit- und Wohnungseigentümer schon bei der Begründung des Wohnungseigentums grundsätzlich mit jeder Art der Verwendung des Geschäftslokals einverstanden erklärt. Sie sind also zur Abwehr „eigenmächtiger“ Widmungsänderungen nur dort berechtigt, wo die Grenzen des Verkehrsüblichen überschritten werden.

Im vorliegenden Fall haben die Parteien bei Abschluss des Wohnungseigentumsvertrags im selben ausdrücklich festgehalten, dass der Beklagte sich die Nutzung seiner Objekte „offen halten“ wollte und deshalb eine unspezifizierte Geschäftsraumwidmung vereinbart.

Eine Einschränkung auf bestimmte („historische“) Geschäftstätigkeiten haben die Parteien hier gerade nicht vereinbart.

Die Behauptung, der Wohnungseigentumsvertrag wurde „denkunmöglich ausgelegt“, ist nach dem OGH damit ebenfalls nicht nachvollziehbar.

Der OGH kam daher zum Schluss, dass keine eigenmächtige Widmungsänderung vorliegt und auch die Nutzung zur Kurzzeitvermietung von der unspezifizierter Geschäftsraumwidmung gedeckt ist.

Schlussfolgerung

Beim Abschluss eines Wohnungseigentumsvertrages ist darauf zu achten, welche Widmung vereinbart wird – insbesondere, wenn man keine weitreichenden Widmungen zulassen möchte, ist hier eine Spezifizierung vorzunehmen. Andernfalls kann es wie im gegenständlichen Fall dazu führen, dass eine Kurzzeitvermietung, die womöglich nicht erwünscht ist, eine zulässige Widmung darstellt.