Zurückbehaltungsrecht des Wohnungseigentumsbewerbers

Was ist passiert?

Der Beklagte erwarb Miteigentumsanteile an einem Grundstück, um Wohnungseigentum an einer darauf zu errichtenden Wohnung zu begründen. Im Anwartschaftsvertrag wurde ein Ratenplan festgelegt. Laut Vertrag musste der Erwerber nach Bezugsfertigstellung bzw. vereinbarter vorzeitiger Übernahme einen Teilbetrag von 17 % des gesamten Kaufpreises zahlen. Er zahlte davon nur einen Teil, bezahlte aber nach Fertigstellung des Objekts die „letzte“ Rate und berief sich auf sein Zurückbehaltungsrecht auf Grund zahlreicher Baumängel, die er an allgemeinen Teilen des Gebäudes und am Wohnungseigentumsobjekt selbst ortete.

Das Erstgericht gab der Klage des Bauträgers auf Zahlung statt, da die eingewandten Mängel nicht schwerwiegend iSd BTVG (Bauträgervertragsgesetz) seien.

Das Berufungsgericht wies die Klage zur Gänze ab. Der Beklagte sei auch berechtigt, den Werklohn wegen Mängeln an allgemeinen Teilen zurückzubehalten. Auch im Rahmen des BTVG (Bauträgervertragsgesetz) stehe dem Erwerber das Leistungsverweigerungsrecht gem. § 1052 ABGB zu. Dem Berufungsgericht zu Folge, kann der Zweck des Zurückbehaltungsrechts nicht davon abhängen, dass nicht die letzte eigentliche Rate, sondern ein Teil der vorletzten nach Bezugsfertigstellung zu bezahlenden Rate offen sei. Eine schikanöse Rechtsausübung liege nicht vor.

Die Revision ließ das Berufungsgericht nachträglich zur Rechtsfrage zu, ob sich der Erwerber auch hinsichtlich der nach dem Ratenzahlungsplan vorletzten eigentlichen Rate auf sein Zurückbehaltungsrecht nach § 1052 ABGB berufen könne, obwohl die dem entsprechenden Bauabschnitt zuzuordnenden Leistungen abgeschlossen seien.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 04.04.2024, Geschäftszahl: 4 Ob 128/23m, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, es sei das vorrangige Ziel des Bauträgervertragsgesetzes, das Vorauszahlungsrisiko des Erwerbers durch Sicherungspflichten des Bauträgers weitgehend auszuschalten und so den Konsumentenschutz zu verstärken.

Die Zahlungen im Sinne eines Ratenplans sind zwar an das Zug-um-Zug-Prinzip angelehnt, trotzdem stehen die einzelnen Leistungen nicht in funktionellem Synallagma zu den Raten. Durch das Vereinbaren eines Haftrücklasses, der vor allem Deckung für zunächst verborgene Mängel bieten soll, wird nicht automatisch auf das darüberhinausgehende Leistungsverweigerungsrecht mangels Fälligkeit des Werklohns wegen Unterlassung einer Verbesserung des mangelhaften Werks verzichtet.

Der OGH urteilt, dass die Zurückbehaltung keine Schikane ist, weil der Beklagte einen Betrag zurückhält, der unter jenem des gesamten Verbesserungsaufwands liegt. Das Zurückbehaltungsrecht kann auch wegen Mängel an allgemeinen Teilen des Hauses erfolgen.

Der OGH kam daher zu dem Ergebnis, dass der Beklagte sein Zurückbehaltungsrecht zu Recht ausgeübt und gab daher der Revision des Klägers keine Folge.

Schlussfolgerung/Fazit

Das Zurückbehaltungsrecht des Wohnungseigentumsbewerbers auf Grund mangelhafter Bauleistungen besteht auch bei Mängeln an allgemeinen Teilen und kann sich auch auf frühere als die letzte Rate erstrecken.