Beweisführung im Falle eines Unfalltods

Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer hat bei dem Versicherer einen Unfallversicherungsvertrag abgeschlossen, in welchem die Ehefrau des Versicherungsnehmers mitversichert war.

Die Mitversicherte wurde bei einem Zusammenstoß mit einem Zug getötet. Im Verfahren auf Leistungen aus der Unfallversicherung war fraglich, ob es sich um einen Suizid oder einen Unfalltod handelte und wie die Beweisführung in einem solchen Fall zu führen ist.

Dem Unfallversicherungsvertrag liegen die Allgemeinen * Bedingungen für die Unfall-Versicherung (AUVB 2008) zu Grunde, welche lauten:

»Artikel 2
Versicherungsfall
Versicherungsfall ist der Eintritt eines Unfalls (siehe Art 6, Begriff des Unfalls).
[…]
Artikel 6
Begriff des Unfalls
1. Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.
[…]«


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 06.03.2024, Geschäftszahl: 7Ob35/24h, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, dass die Beweislast für das Vorliegen eines Versicherungsfalls (hier Unfall) nach der allgemeinen Risikobeschreibung den Versicherungsnehmer trifft (RS0043438). Hierfür reicht es aus, dass der Versicherungsnehmer Umstände aufzeigt, die die Möglichkeit eines Unfalls naheliegend erscheinen lassen. Gelingt es dem Versicherer wiederum Umstände zu behaupten und zu beweisen, die dafür sprechen, dass kein deckungspflichtiger Unfall vorliegt, muss der Versicherungsnehmer beweisen, dass er unabhängig davon unfreiwillig einen Unfall erlitten hat. (RS0080921; 7 Ob 172/12p).

Es ist nach der Rsp. des OGH nicht entscheidend, ob ein Unfalltod mit Sicherheit festgestellt werden kann, sondern nur, ob dafür ein so hoher, der Gewissheit gleichkommender Grad der Wahrscheinlichkeit spricht, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch daran zweifeln kann.

Auch wenn grundsätzlich der Versicherer gem § 181 VersVG den Ausschlussgrund seiner Leistungsfreiheit zu beweisen hat, enthält Art 6 AUVB keinen Ausschluss, sondern eine primäre Risikoumschreibung.

Auch wenn die österreichische Rechtsordnung den Ausdruck „strikte Beweisführung“ nicht kennt und schlussendlich nur die Überzeugung des Richters dafür maßgeblich ist, welche Umstände als erwiesen angenommen werden, muss in Fällen, bei denen schwerwiegende Argumente für die Leistungsfreiheit des Versicherers sprechen, der Versicherungsnehmer eine Beweislage schaffen, aus der sich gewichtige Argumente ergeben, die das Gegenteil darstellen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ist Zweifelhaft, ob ein Unfalltod vorliegt, muss dieser nicht mit Sicherheit festgestellt werden, sondern der Grad der Wahrscheinlichkeit so hoch sein, dass kein vernünftiger Mensch daran zweifeln kann.«