Kein Kündigungsgrund wegen Nichtbenützung der Wohnung aufgrund unzumutbarer Belästigungen

Was ist passiert?

Im gegenständlichen Fall kündigte die Klägerin und Vermieterin der Beklagten und Mieterin die Wohnung in 1100 Wien auf mit der Begründung, dass die Beklagte den Mietgegenstand nicht benützt (§ 30 Abs 2 Z 6 MRG).

Die Beklagte ist Mieterin der 20,76 m2 großen Wohnung mit einem im Gang befindlichen und zu der Wohnung gehörigem WC. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung durch die Vermieterin im April 2023 waren nur mehr drei Wohnungen bewohnt und standen die restlichen Wohnungen leer. Das Schloss des Haustores war seit mehr als zwei Jahren defekt und stand dieses daher Tag und Nacht offen. Dies führte dazu, dass sich häufig fremde Personen im Haus aufhielten, darunter unterstandslose Personen und Drogenabhängige, die im Stiegenhaus Alkohol tranken, rauchten und lärmten; dies sowohl am Tag als auch in der Nacht. Die Beklagte hatte Angst in ihrer Wohnung. Im Juni 2023 wurde auch versucht, das zu ihrer Wohnung gehörige und im Gang befindliche WC aufzubrechen. Weiters gab es in der aufgekündigten Wohnung keine funktionierende Heizung.

Im gegenständlichen Verfahren stellte sich daher die Frage, ob die Aufkündigung wegen Nichtbenützung des Mietgegenstandes auch dann rechtswirksam ist, wenn die Nichtbenützung aufgrund unzumutbarer Belästigungen, die nicht in die Sphäre des Mieters fallen, erfolgt.


Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 30 Abs 2 Z 6 MRG liegt ein Aufkündigungsgrund vor, wenn die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet wird, es sei denn, dass der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist. Dem liegt die Erwägung des Gesetzgebers zugrunde, dass es dem Vermieter möglich sein soll, die Verfügung über das Bestandobjekt wiederzuerlangen, wenn der Mieter aus in seine Sphäre fallenden Gründen über einen nicht unerheblichen Zeitraum von der Benützung Abstand nimmt und auf die Wohnung auch nicht mehr angewiesen ist (1 Ob 166/15s).

Für die Beurteilung des Vorliegens eines Kündigungsgrundes ist im Allgemeinen der Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung an den Kündigungsgegner maßgeblich (RS0070282 [T12, T13]).

Die regelmäßige Verwendung zu Wohnzwecken setzt voraus, dass die gekündigte Wohnung vom gekündigten Mieter wenigstens während eines beträchtlichen Zeitraums im Jahr (bzw. einige Tage in der Woche) zumindest in mancher Beziehung als wirtschaftlicher oder familiärer Mittelpunkt (RS0079240; RS0068679) bzw. als Mittelpunkt seiner Lebenshaltung benützt wird (RS0079240 [T1]).

Ist der Mieter allerdings wegen der Unbenützbarkeit der Wohnung genötigt, sein Wohnbedürfnis bis zu deren Beseitigung anderswo zu befriedigen, liegt kein in seiner Sphäre liegender Umstand vor, der den Vermieter zur Kündigung wegen Nichtbenützung berechtigen würde. Es ist dabei nicht erforderlich, dass diese Unbenützbarkeit auf ein vertragswidriges Verhalten des Vermieters zurückzuführen ist. Einem Mieter, der durch eine von ihm nicht zu vertretende Unbrauchbarkeit des Bestandsgegenstands veranlasst wurde, sich eine andere Unterkunft anzuschaffen, kann das dringende Wohnbedürfnis am bisherigen Objekt nicht abgesprochen werden (1 Ob 166/15s; 1 Ob 594/88; 6 Ob 122/00k). In solchen Fällen ist eine Rückkehrabsicht des Mieters zu vermuten (1 Ob 166/15s).

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes führte im gegenständlichen Fall das nicht versperrbare Haustor zu den eingangs ausgeführten, gravierenden Missständen und war zudem auch die Heizung der Wohnung zum Zeitpunkt der Aufkündigung defekt.

Der OGH bestätigte daher im abgeführten Rechtsstreit zu GZ 7 Ob 42/24p die Entscheidung der Vorinstanzen, dass aufgrund der massiven Missstände, bei denen es sich nicht um in Altbauten übliche und von einem Mieter hinzunehmende Umstände handelt und diese auch nicht in der Sphäre des Mieters liegen, der Beklagten die Benützung der Wohnung unzumutbar war und daher der von der Klägerin behauptete Kündigungsgrund nicht gegeben war. Die Aufkündigung war daher nicht rechtswirksam. Der OGH führte zudem aus, dass der Bestandgeber umfassend dafür zu sorgen hat, dass der bedungene Gebrauch des Bestandsnehmers nicht durch Dritte beeinträchtigt wird (§ 1096 ABGB) und die Vermieterin offenkundig ihre Bestandgeberpflichten nicht erst genommen hat.

Schlussfolgerung

Bei der Aufkündigung einer vermieteten Wohnung aufgrund Nichtbenützung ist es daher ratsam vor Einbringung der Aufkündigung zu prüfen, ob gravierende Missstände vorliegen, die nicht in der Sphäre des Mieters liegen und im Einzelfall beurteilt werden müssen, sowie ob man als Vermieter seine Bestandgeberpflichten erfüllt hat. Sollten gravierende Missstände vorliegen, die nicht in der Sphäre des Mieters liegen, kann eine vorschnell eingebrachte Aufkündigung für rechtsunwirksam erklärt und abgewiesen werden