Rücktrittsrecht des Versicherers nach § 16 Abs 2 VersVG nur bei kausaler Pflichtverletzung?

Was ist passiert?

Im Dezember 2018 beantragte die Klägerin den Abschluss einer Krankenversicherung über ihren Versicherungsmakler. Dem Antrag war eine „Schlusserklärung für die Gesundheitsvorsorge“ beigeschlossen, wonach sich die Klägerin verpflichtete, alle Änderungen ihres Gesundheitszustandes bis zur Übermittlung der Polizze umgehend anzuzeigen.

Am 04.01.2019 kam die Klägerin beim Eislaufen zu Sturz und verletzte sich dabei auch die linke Schulter. Eine Meldung an die Krankenversicherung erstattete die Klägerin nicht. Drei Tage nach dem Unfallereignis, am Montag dem 07.01.2019, stellte die Krankenversicherung die Polizze aus und übermittelte diese per Mail.

Im Juli 2019 wurde bei der Klägerin im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einer Privatklinik eine Arthroskopie am linken Schultergelenk durchgeführt. Die Deckung für diese Behandlung wurde von der Krankenversicherung abgelehnt und gleichzeitig der Rücktritt vom Versicherungsvertrag erklärt, da die Sturzverletzung vom 04.01.2019 der Versicherung erst im August bekannt wurde. Nach Ansicht der Versicherung sei die Klägerin ihrer Pflicht, die Sturzverletzung umgehend zu melden, nicht nachgekommen, weshalb sie zum Rücktritt berechtigt sei.

Daraufhin begehrte die Klägerin die Zahlung der Kosten sowie die Feststellung des Weiterbestandes des Versicherungsverhältnisses gegen die Versicherung auf dem Klagswege.

Wie ist die Rechtslage?

Gemäß § 16 Abs 1 VersVG hat der Versicherungsnehmer beim Abschluss des Vertrages alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Bei einer schuldhaften Verletzung dieser Anzeigepflicht kann der Versicherer nach § 16 Abs 2 VersVG vom Vertrag zurückzutreten.

Der Oberste Gerichtshof hatte in seiner Entscheidung zu 7 Ob 25/22k nun zu klären, ob im vorliegenden Fall überhaupt eine Pflichtverletzung der Klägerin vorliegt und falls ja, ob die Versicherung auch zum Rücktritt berechtigt war.

Die Klägerin war dazu verpflichtet, „umgehend“ eine Meldung an die Versicherung zu erstatten. Wann die Erstattung einer Meldung allerdings noch als „umgehend“ zu betrachten ist, ist weder im VersVG noch in den Versicherungsbedingungen geregelt. Der Gerichtshof legte den Begriff daher in Anlehnung an den Begriff „unverzüglich“ aus, der mehrmals im VersVG verwendet wird. Folglich ist eine Meldung innerhalb von drei Tagen noch als „umgehend“ zu qualifizieren. Da innerhalb dieser Frist – somit bis 07.01.2019 – keine Meldung der Klägerin erging, war ihr eine schuldhafte Verletzung ihrer Anzeigepflicht vorzuwerfen.

Dennoch kam der Oberste Gerichtshof im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Versicherung nicht dazu berechtigt war, gemäß § 16 Abs 2 VersVG vom Vertrag zurückzutreten.

Eine Meldung der Klägerin im Laufe des 07.01.2019 wäre nämlich noch rechtzeitig gewesen. Da die Übermittlung der Polizze bereits an diesem Tag erfolgte, konnte auch eine rechtzeitige Meldung nicht mehr die am Morgen des 07.01.2019 getroffene Entscheidung der Versicherung, ob und zu welchen Bedingungen sie den Vertrag abschließen wolle, beeinflussen. Mit dem Recht zum Rücktritt beanspruchte die Versicherung daher eine Rechtsposition, die ihr auch bei einem vertragstreuen Verhalten der Klägerin nicht zugekommen wäre. Die Anzeigepflichtverletzung ist damit für den konkreten Vertragsabschluss nicht kausal geworden, weil auch deren ordnungsgemäße Erfüllung der Versicherung nicht ermöglicht hätte, ihre Entscheidung anzupassen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ob (die übrigen) Wohnungseigentümer einer von einem Wohnungseigentümer gewünschten Änderung an Der Vertragsrücktritt des Versicherers nach § 16 Abs 2 VersVG verlangt neben einer schuldhaften Anzeigepflichtverletzung auch, dass diese Pflichtverletzung für den konkreten Vertragsabschluss kausal wurde. Hätte auch ein pflichtkonformes Verhalten des Versicherungsnehmers keinen Einfluss mehr auf die Entscheidung des Versicherers nehmen können und wäre der Vertrag demnach auch in diesem Fall so wie tatsächlich geschehen geschlossen worden, so ist der Versicherer nicht zum Rücktritt berechtigt.seinem Wohnungseigentumsobjekt zustimmen müssen und der Ersatz der Zustimmungen erforderlichenfalls im Außerstreitverfahren erfolgreich ist, ist anhand des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.«