Was ist passiert?

Der Kläger war Vorstandsvorsitzender einer österreichischen Bank und war in dieser Position Mitversicherter einer abgeschlossenen Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Unternehmensleiter (D&O).

Nach seiner Kündigung erhob er im Jahr 2009 aufgrund diverser Forderungen Klage gegen seinen früheren Arbeitgeber. Die Bank wandte im Verfahren vor dem ASG Wien Schadenersatzansprüche von rund 70 Millionen Euro aufrechnungsweise ein und erhob eine Widerklage über rund 3 Millionen Euro. Erst vier Jahre später, im Jahr 2013 brachte die Bank eine Schadenersatzklage über 35 Millionen Euro gegen den Kläger ein.

Die D&O Versicherung lehnte die Deckung mit der Begründung ab, dass die prozessuale Aufrechnungserklärung im Verfahren vor dem ASG Wien keine der Versicherungsbedingungen entsprechende Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches sei und die Frist der Nachhaftung (zwölf Monate) somit bereits abgelaufen sei.


Wie ist die Rechtslage?

Die D&O Versicherung beruht auf dem Prinzip der Anspruchserhebung (Claims-made-Prinzip). Der Versicherungsfall besteht darin, dass der Versicherte wegen einer Pflichtverletzung in Ausübung einer Tätigkeit als versicherte Person erstmals schriftlich für einen Vermögensschaden in Anspruch genommen wird, sofern die versicherten Personen von der Pflichtverletzung bis zum Abschluss der Versicherung keine Kenntnis hatten. Damit tritt der Versicherungsfall mit der schriftlichen Anspruchserhebung ein.

In der Entscheidung 7 Ob 127/20g entschied der Oberste Gerichtshof, dass eine Anspruchserhebung oder Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen dann vorliegt, wenn der tatsächlich oder vermeintlich geschädigte Dritte seinen Entschluss in einer Art und Weise zu erkennen gibt, die als ernstliche Erklärung auf Verlangen nach Schadenersatz verstanden werden kann.

Der Oberste Gerichtshof hält fest, dass eine Bezifferung des Anspruchs zwar nicht verlangt werde, der Vortrag des Anspruchstellers müsse aber geeignet sein, eine Bestimmung des angeblich haftungsbegründenden Sachverhalts vorzunehmen. Eine Aufrechnungserklärung, die die Darstellung der rechtlichen und faktischen Umstände enthält, auf die der geschädigte Dritte die Haftung des Mitversicherten für Schadenersatzforderungen stützt, sei der Geltendmachung eines Haftpflichtanspruchs gleichzuhalten.


Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weirnrauch: „Im vorliegenden Fall hat dies zur Folge, dass die Aufrechnungserklärung im Verfahren vor dem ASG Wien bereits als Anspruchserhebung und Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen zu werten ist. Die Anspruchserhebung erfolgte somit innerhalb der Nachfrist und besteht daher eine Deckungspflicht für die D&O Versicherung.“

Deckungsablehnung wegen unterlassener Verständigung vom Verkehrsunfall

Was ist passiert?

Ein Fahrzeuglenker hat einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und es verabsäumt, diesen in Entsprechung der gesetzlichen Verpflichtung nach § 4 Abs. 5 StVO der nächsten Polizeidienststelle zu melden.

Nachdem die Kaskoversicherung die Schadensübernahme ablehnte, führte der Unfalllenker (Kläger) gegen seine Kaskoversicherung einen Deckungsprozess, wofür die Rechtsschutzversicherung (vorläufig) Kostendeckung gewährte. In diesem Deckungsprozess stellte sich heraus, dass der Kläger den Verkehrsunfall grob fahrlässig im Sinne des § 61 VersVG verursacht hat, weshalb die Deckungsklage nicht erfolgreich war. Eine gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Feststellung zur unterlassenen Meldung des Verkehrsunfalls wurde nicht getroffen.

Ausgehend von dieser Entscheidung im Vorprozess, lehnte die Rechtschutzversicherung die Kostendeckung (nachträglich) ab. Die Ablehnung erfolgte mit Verweis auf die in den ARB enthaltene Obliegenheit, wonach eine Deckung dann entfällt, wenn der Versicherungsnehmer seiner Verständigungspflicht nicht nachgekommen ist. Mit der Frage, ob die Ablehnung der Rechtschutzversicherung berechtigt ist, hat sich der OGH in der Entscheidung 7Ob134/20m auseinandergesetzt.


Wie ist die Rechtslage?

In den ARB sind Obliegenheitspflichten für den Versicherungsnehmer geregelt, deren Verletzung zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen kann. Im vorliegenden Fall war als Obliegenheit unter anderem geregelt, dass der Lenker nach einem Verkehrsunfall seinen gesetzlichen Verständigungs- oder Hilfeleistungspflichten zu entsprechen hat. Nach dem Bedingungswortlaut bestünde eine Leistungsfreiheit wegen Verletzung dieser Obliegenheit dann, wenn der angeführte Umstand im Spruch oder in der Begründung einer im Zusammenhang mit dem Versicherungsfall ergangenen rechtskräftigen Entscheidung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde festgestellt wurde.

Ausgehend davon, müssen sohin 2 Voraussetzungen vorliegen (Verletzung der Verständigungspflicht plus gerichtliche oder behördliche Feststellung), damit die Leistungsfreiheit des Rechtschutzversicherers gegeben ist.

Nachdem im Vorprozess gegen den Kaskoversicherer zwar festgestellt wurde, dass der Unfalllenker eine grobe Fahrlässigkeit zu verantworten hat, womit die Leistungsfreiheit des Kaskoversicherers gegeben war, hat sich das Gericht des Vorprozesses nicht weiter mit der Thematik auseinandergesetzt, ob eine Verletzung der Verständigungspflicht nach § 4 Abs. 5 StVO erfolgt ist. Folglich kam der OGH im Rechtsschutzprozess (7 Ob 134/20m) zum Ergebnis, dass sich der Rechtsschutzversicherer nicht erfolgreich auf die Obliegenheitsverletzung stützen kann, da die zweite Voraussetzung für die Leistungsfreiheit, nämlich die gerichtliche oder behördliche Feststellung der Verletzung der Verständigungspflicht nach § 4 Abs. 5 StVO nicht erfüllt ist. Die Beweislast für die Obliegenheitsverletzung trägt nämlich der Versicherer (RS0081313).


Schlussfolgerung

Die Rechtschutzversicherung kann sich nur dann erfolgreich auf eine die Leistungsfreiheit begründende Obliegenheitsverletzung stützen, wenn die in der Versicherungsbedingung enthaltenen Voraussetzungen zur Gänze erfüllt sind, wofür sie selbst die Beweislast trägt. Liegt zwar grundsätzlich die Verletzung der Verständigungspflicht vor, aber fehlt eine in den Bedingungen geforderte gerichtliche oder behördliche Feststellung dazu, kann die Rechtsschutzversicherung die Kostendeckung aus dieser Obliegenheitsverletzung nicht ablehnen.

Was ist passiert?

Bei einem Baustellenunfall wurde ein Arbeiter (Kläger) schwer verletzt. Nach mehrmaliger Aufforderung des Rechtsvertreters auf Anerkenntnis der Haftung, gab ein Schadensreferent des Versicherers auch namens des Generalunternehmers des Bauvorhabens (=Versicherungsnehmer) die Erklärung ab, dass die Ansprüche dem Grunde nach anerkannt werden („Hiermit bestätigen wir, auch namens der ARGE *, dass wir die Ansprüche Ihres Mandanten dem Grunde nach anerkennen…“). Der Schadensreferent war jedoch nur intern berechtigt, gegenüber den Geschädigten im Namen des Versicherungsnehmers, nicht jedoch für den Versicherer Anerkenntnisse abzugeben.

Wie ist die Rechtslage?

In der Entscheidung 7 Ob 23/20p hält der Oberste Gerichtshof fest, dass der Versicherer schon dadurch einen Anschein gesetzt hat, nämlich, dass die Erklärung des Schadensreferenten von der bestehenden Vollmacht gedeckt war, indem er sich eines Schadensreferenten zur Abwicklung und Kommunikation im Außenverhältnis bediente.

Das vom Schadensreferenten abgegebene Anerkenntnis war daher gültig und bindet den Versicherer. Das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht ist damit zu bejahen.

Schlussfolgerung

Setzt der Versicherer eine SchadensreferentIn zur Abwicklung eines Versicherungsfalls ein, so hat er damit grundsätzlich gegenüber dem Versicherungsnehmer oder Dritten den Anschein erweckt, dass die SchadensreferentIn zur Abgabe von dem Schadensfall betreffenden Erklärungen im Namen des Versicherers bevollmächtigt ist.

Unsere Kanzlei steht Ihnen mit einem Team von VersicherungsexpertInnen in sämtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Abklärung eines Versicherungsfalles gerne beratend zur Verfügung.

Was ist passiert?

Ein österreichischer Staatsbürger schloss mit einem deutschen Versicherungsunternehmen eine Lebensversicherung ab. Im Vertrag wurde die Anwendbarkeit von deutschem Recht vereinbart und erfolgte auch die Rücktrittsbelehrung nach deutschem Recht.

Mit Schreiben vom 29.06.2019 erklärte der Versicherungsnehmer den Spätrücktritt gemäß § 165a VersVG.

Wie ist die Rechtslage?

In der Entscheidung 7 Ob 117/20m entschied der Oberste Gerichtshof, dass bei Lebensversicherung gemäß Art. 7 Abs. 3 lit. c ROM-I-VO das Recht jenes Mitgliedstaats anzuwenden ist, dessen Staatsangehörigkeit der Versicherungsnehmer besitzt. Es war im vorliegenden Fall daher jedenfalls österreichisches Recht anzuwenden. Zudem hielt der Oberste Gerichtshof fest, dass die Belehrungen nach deutschem Recht eine Erschwernis der Rücktrittsrechte des Klägers bewirkten. Beispielsweise sei in der Rücktrittsbelehrung festgehalten worden, dass der Rücktritt in Textform zu erklären sei. Nach österreichischem Recht gelte jedoch die Formfreiheit des Rücktritts. Bloße Verweise auf „zwingende österreichische Rechtsvorschriften“ seien zu unspezifisch und würden Zweifel in Bezug auf die anzuwendenden Rechtsvorschriften bestehen lassen. Zusammengefasst entspreche die dem Kläger erteilte Belehrung daher nicht den Anforderungen an eine korrekte und verständliche Belehrung über das ihm nach § 165a VersVG zustehende Rücktrittsrecht, wodurch dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit genommen worden sei, sein Rücktrittsrecht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Mitteilung zutreffender Informationen auszuüben. Der Kläger forderte daher zu Recht die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

„Gerade bei ausländischen Versicherungsprodukten ist es immer wichtig, zunächst die Frage der Rechtsanknüpfung zu stellen. Die Belehrung über die Rücktrittsrechte nach deutschem Recht, während tatsächlich österreichisches Recht anwendbar ist, ist nicht korrekt und verständlich und löst daher die Frist zur Erklärung des Rücktritts nicht aus, sodass ein Spätrücktritt möglich ist.“

Was ist passiert?

Ein Ehegatte (Versicherungsnehmer) hatte eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hatte er gegenüber dem Versicherer seine damalige Ehegattin als bezugsberechtigte Person (Begünstigte) im Ablebensfall benannt. In weiterer Folge wurde jedoch die Ehe zwischen den beiden Personen geschieden. Im Rahmen des nachehelichen Aufteilungsverfahrens wurde sodann zwischen den geschiedenen Ehegatten ein Vergleich abgeschlossen und vereinbarten diese darin, dass sämtliche Versicherungen auf den Ehegatten überschrieben werden, er diese in sein alleiniges Eigentum übernimmt und die Ex-Gattin alle für diese Übernahme erforderlichen Unterschriften zu leisten hat. Der Ehegatte hat es jedoch verabsäumt, die Versicherung von der Scheidung und dem Inhalt des Aufteilungsvergleichs zu verständigen. Im Versicherungsvertrag war daher nach wie vor die Ex-Gattin als Begünstigte im Ablebensfall genannt. Nach dem Tod des Versicherungsnehmers informierte die Ex-Gattin die Versicherung von dessen Ableben und teilte der Versicherung mit, dass ihr als bezugsberechtigte Person die Leistung aus der Lebensversicherung zustehen würde. Die Erbin des Versicherungsnehmers informierte jedoch den Versicherer vom Inhalt des Aufteilungsvergleichs und verlangte ihrerseits die Versicherungsleistung.

Wie ist die Rechtslage?

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Mit der gegenständlichen Formulierung im Aufteilungsvergleich wurde nach Ansicht des OGH zwischen dem verstorbenen Versicherungsnehmer und dessen Ex-Gattin vereinbart, dass deren Bezugsberechtigung mit Abschluss des Aufteilungsvergleichs wirksam als widerrufen gilt. Mit einfachen Worten: (künftige) Leistungen aus der Kapitallebensversicherung sollen dem verstorbenen Versicherungsnehmer zustehen. Für die Wirksamkeit ist es im Falle eines solchen Widerrufs der Bezugsberechtigung durch einen Vertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und der Bezugsberechtigten nicht erforderlich, den Versicherer davon zu verständigen. Eine solche Verständigung dient lediglich dazu, den Versicherer vor einer mehrfachen Inanspruchnahme zu schützen.«

Schlussfolgerung

Wird daher eine Versicherungsleistung von der angeblich Bezugsberechtigten (geschiedene Ehegattin) begehrt, hat der Versicherer deren materielle Berechtigung zu prüfen. Da der Versicherungsnehmer und dessen Ex-Gattin im vorliegenden Fall im Aufteilungsvergleich die Bezugsberechtigung wirksam widerrufen haben, ist der Versicherer nach Ansicht des OGH auch dann nicht mehr zur Leistung an die geschiedene Frau verpflichtet, wenn er erst nach dem Tod des Versicherungsnehmers vom Widerruf der Begünstigung erfährt. Dennoch sollte der Versicherer jedenfalls von einem Widerruf der Bezugsberechtigung informiert werden.

Was ist passiert?

Der OGH hatte in seiner Entscheidung zu 7 Ob 126/20k die Frage zu beantworten, ob eine Deckungspflicht einer Haushaltsversicherung für einen Wasserschaden besteht, den ein Unternehmer bei Umbauarbeiten in der vom Versicherungsnehmer gemieteten Wohnung durch Beschädigung eines Heizungsrohrs in der im Erdgeschoss befindlichen Praxis eines Arztes verursachte.

Wie ist die Rechtslage?

Der OGH stellte fest, dass ein Versicherungsvertrag der Sparte Haushaltsversicherung mit einer Privat-Haftpflichtversicherung abgeschlossen wurde. Nach Art 12.1.1 ABH 2014 erstreckt sich der Versicherungsschutz auf Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens, insbesondere als Wohnungsinhaber.

Ein Mieter einer Wohnung beauftragte eine Baufirma mit Umbauarbeiten in der Küche. Im Zuge der Arbeiten beschädigte ein Mitarbeiter der Baufirma ein Heizungsrohr. Das in der Folge aus der Heizungsanlage austretende Wasser verursachte einen erheblichen Wasserschaden in der im Erdgeschoss betriebenen Praxis. Vom Arzt wurden an den Mieter Schadenersatzansprüche gegründet auf § 1318 ABGB herangetragen. Der Mieter begehrte daraufhin die Feststellung der Deckungspflicht der Haushaltsversicherung.

Der Arzt begründet seine Forderung damit, dass Wohnungsinhaber haften, wenn aus ihren Räumen etwas hinausgegossen wird.

Schlussfolgerung

Dazu meint Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch: „Der Mieter der Wohnung schloss eine Haushaltsversicherung samt Privat-Haftpflichtversicherung ab. Vereinbart waren die Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltsversicherung in der Fassung 9/2014. Als Versicherungsfall galt demnach ein Schadenereignis, aus welchem dem Versicherungsnehmer als Privatperson, insbesondere auch als Wohnungsinhaber, nicht aber als Haus- oder Grundbesitzer, Schadenersatzverpflichtungen erwachsen (können). Die Versicherung erstreckte sich jedoch auf „Gefahren des täglichen Lebens“. Der OGH hält fest, dass dies im vorliegenden Fall zutrifft und eine Gefahr des täglichen Lebens gegeben ist. Der Haushaltsversicherer müsse daher Deckungsschutz gewähren..

Unfallversicherung – Was zu beachten ist

Die Allgemeinen Bedingungen in der Unfallversicherung sehen im Regelfall für die Geltendmachung der Invalidität eine Ausschlussfrist, bspw. von 15 Monaten, vor. Neben der rechtzeitigen Geltendmachung können Versicherungsbedingungen auch vorsehen, dass der Anspruch auf Leistung für dauernde Invalidität unter Vorlage eines ärztlichen Befundes zu begründen ist. Sollte die fristgerechte Geltendmachung der Invalidität unter Vorlage eines ärztlichen Befundes verabsäumt werden, so wendet der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer das Erlöschen des Anspruchs ein.

Aktuelle Rechtsprechung

Die aktuelle Rechtsprechung fasst Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch wie folgt zusammen:

»Klauseln zur Ausschlussfrist bei der Geltendmachung des Anspruchs auf Leistung für dauernde Invalidität in der Unfallversicherung waren bereits Gegenstand zahlreicher Entscheidungen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung (RS0082292), dass es sich bei einer derartigen Klausel um eine Ausschlussfrist handelt, die bei Säumnis zum Erlöschen des Entschädigungsanspruches führt. Nach ständiger Rechtsprechung (RS0082216) liegt der Zweck der Bestimmung darin, zweifelhafte Spätschäden vom Versicherungsschutz auszunehmen. In der Entscheidung 7Ob52/87 hat der OGH ausgeführt, dass sich die „erwähnten 15 Monate“ nicht nur auf die Geltendmachung, sondern auch auf die „Vorlage des ärztlichen Befundberichtes“ beziehen, da dies als Voraussetzung in der Klausel genannt war. Was unter einem „ärztlichen Befundbericht“ zu verstehen ist, fand ebenfalls bereits Eingang in höchstgerichtliche Entscheidungen. Nach ständiger Rechtsprechung (RS0106013) ist unter einem Befundbericht zu verstehen, dass dem Versicherer die ärztlich begründete Wahrscheinlichkeit einer dauernden Invalidität mitgeteilt wird. In der Entscheidung 7Ob139/17t wurde schließlich klargestellt, dass für die Geltendmachung der Invalidität die Behauptung erforderlich ist, es sei Invalidität dem Grund nach eingetreten. Die bloße Mitteilung des Unfalls (Schadensmeldung) und der unmittelbaren Verletzungsfolge genügt noch nicht für die Geltendmachung des Ersatzanspruches für Dauerfolgen.«

Praxistipp von Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch für den Versicherungsmakler

Damit die Invalidität möglichst richtig und fristgerecht bei der Versicherung geltend gemacht wird, empfiehlt es sich für Versicherungsmakler einerseits explizit darauf zu achten, dass der Versicherung mitgeteilt wird, dass Invalidität besteht und der Anspruch auf Leistung für die dauernde Invalidität innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht wird. Zudem sollte sich auch im an die Versicherung zu übermittelnden ärztlichen Befund ein eindeutiger Hinweis finden, dass die begründete Wahrscheinlichkeit einer dauernden Invalidität bzw. Funktionseinschränkung vorliegt.

Wird ein Arbeitnehmer eines Unternehmens von einem betriebsfremden Dritten am Körper verletzt und befindet sich der Arbeitnehmer in weiterer Folge im Krankenstand, so stellt sich für das Unternehmen naturgemäß die Frage, ob das fortzuzahlende Entgelt und allfällige Kosten für Leiharbeiter vom Schädiger ersetzt werden müssen.

Was ist passiert?

Der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 14.04.2020 (1 Ob 50/20) lag folgender Sachverhalt zugrunde: eine betriebsfremde Person hat am 29.09.2016 zwei Mitarbeiter eines Unternehmens am Körper verletzt und wurde aus diesem Grund strafgerichtlich verurteilt. Einer der Mitarbeiter war aufgrund seiner Verletzung bis einschließlich 27.10.2016 im Krankenstand. Für diesen Zeitraum zahlte ihm das Unternehmen das volle Entgelt fort. Der zweite Mitarbeiter befand sich bis 13.10.2017 im Krankenstand und erhielt vom Unternehmen bis 02.12.2016 den vollen Lohn, danach bis Ende 2016 das halbe Entgelt. Darüber hinaus hat das Unternehmen für diesen Zeitraum Leiharbeiter beschäftigt, um so den Arbeitsausfall der verletzten Arbeitnehmer kompensieren zu können.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte das Ersturteil und verurteilte den betriebsfremden Schädiger zum Ersatz der Entgeltfortzahlungen. Die Kosten, den das Unternehmen für die Beschäftigung von Leiharbeitern tragen mussten, wurde dem Unternehmen hingegen nicht zugesprochen.



Begründung des OGH

Begründend führte der Oberste Gerichtshof aus, dass grundsätzlich nur der unmittelbar, durch die rechtswidrige Handlung Geschädigte (= Arbeitnehmer) Ersatz verlangen, nicht aber der bloß mittelbar geschädigte Dritte (= Arbeitgeber). Anderes hat jedoch dann zu gelten, wenn beim unmittelbar Geschädigten (= Arbeitnehmer) nur deshalb ein bestimmter Vermögensnachteil nicht eintritt, weil ein Dritter (= Arbeitgeber) aufgrund besonderer Rechtsbeziehungen zum Geschädigten das wirtschaftliche Risiko des Schadens zu tragen hat. Ein typischer Anwendungsfall dieser sogenannten Drittschadensliquidation ist die Lohnfortzahlung. Handelt es sich demnach bei der verletzten Person um einen Arbeitnehmer und ist dessen Arbeitgeber gesetzlich zur Lohnfortzahlung verpflichtet, wird der sonst im Verdienstentgang liegende Schaden des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber überwälzt.

Eben diese Grundsätze können jedoch auf die Kosten eines Leiharbeiters gerade nicht übertragen werden, da es sich bei diesen Kosten nicht um solche handelt, die sonst typischerweise vom geschädigten Arbeitnehmer getragen werden müssen.



Schlussfolgerung

Zusammengefasst kann daher festgehalten werden, dass der Arbeitgeber vom betriebsfremden Schädiger nur den Ersatz für die Entgeltfortzahlungen verlangen kann. Die Kosten für die – während der Dauer des Krankenstandes erfolgte – Beschäftigung von Leiharbeitern müssen vom Schädiger hingegen nicht ersetzt werden.

Was ist passiert?

Der Halter eines Lkws stellte diesen neben dem Wirtschaftsgebäude eines landwirtschaftlichen Anwesens ab. Im Motorraum dieses abgestellten Lkw kam es zu einem Kurzschluss, der einen Fahrzeugbrand auslöste. Der Brand griff auf das daneben befindliche Wirtschaftsgebäude über. Dadurch ist das Wirtschaftsgebäude abgebrannt. Auch weitere Gebäude wurden durch diesen Brand beschädigt.

Was war die Ursache?

Die Ursache für den Kurzschluss im Lkw war nicht feststellbar. Die Gebäudeversicherung, die den Brandschaden am Wirtschaftsgebäude ersetzt hatte, klagte den Halter des Lkw auf Grundlage des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes (EKHG). In diesem Rechtsstreit zwischen der Gebäudeversicherung und dem Haftpflichtversicherer des Lkw ging es daher um die Frage, ob der Halter des Lkw nach dem EKHG für den Schaden einzustehen hat.

Rechtsgrundlagen

Der Halter bestritt die Anwendbarkeit des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes, denn der Brand sei nicht „beim Betrieb“ des Fahrzeuges entstanden (wie das Gesetz es formuliert). Der OGH bestätigte diese Ansicht. Die vom Verschulden unabhängige Haftung nach dem EKHG ist nur gerechtfertigt, wenn der Unfall auf einer spezifischen Gefährlichkeit des Kraftfahrzeugs beruht. Diese kann zwar grundsätzlich auch von einem stehenden Fahrzeug ausgehen, weshalb auch eine Haftung für Schäden, die beim Ein- und Aussteigen oder Be- und Entladen verursacht werden
entstehen kann.

Schlussfolgerung


Im gegenständlichen Fall hat sich aber nicht die spezifische Gefahr eines sich mit Motorkraft bewegenden Fahrzeugs verwirklicht, sondern muss das Versagen einer Betriebseinrichtung bei einem abgestellten Fahrzeug in diesem Zusammengang gleich beurteilt werden wie das Versagen anderer technischer Anlagen, etwa einer stationären Arbeitsmaschine oder einer Elektroeinrichtung.
Der Halter haftet daher nicht für Schäden, die sich aus einem Kurzschluss im parkenden Lkw ergeben.