Was ist passiert?

Ein Versicherungsnehmer schloss mit der Rechtsvorgängerin des beklagten Versicherers eine fondsgebundene Lebensversicherung mit Beginn 1. Juni 2008 ab. Das Produkt beinhaltete eine Kapitalgarantie, die jedoch nicht vom Versicherer selbst, sondern von einer dritten Kapitalanlagegesellschaft übernommen wurde. Im Versicherungsvertrag wurde diesbezüglich festgehalten:

»Die Beklagte selbst übernimmt keine Garantie für den Wert der Garantiefondsanteile zu einem bestimmten Stichtag, für die Leistungsfähigkeit der Garantiefonds oder für die Solvenz der Kapitalanlagegesellschaft. Dieses Risiko trägt somit der Versicherungsnehmer.«

Als die Kapitalgarantie später wegfiel, forderte der Versicherungsnehmer die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung des Vertrags. Er argumentierte, die Klausel sei gröblich benachteiligendundintransparent, weil sie den Eindruck erwecke, dass eine Kapitalgarantie vom Versicherer übernommen werde. Der Versicherer lehnte die Forderung ab, woraufhin Versicherungsnehmer Klage erhob.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 18.12.2024, 7 Ob 156/24b, stellte der OGH zunächst fest, dass bei fondsgebundener Lebensversicherung der Versicherungsnehmer grundsätzlich das Veranlagungsrisiko selbst zu tragen habe. Die Versicherungssumme sei direkt von der Wertentwicklung des Investmentfonds abhängig, woraus sich eine marktbedingte Schwankung der Versicherungsleistung ergebe.

Der Versicherer habe hier keine Garantie versprochen, sondern nur darauf hingewiesen, dass die Kapitalgarantie von einem Dritten übernommen werde. Die streitgegenständliche Klausel beschäftige sich nicht mit den Konsequenzen eines nachträglichen Wegfalls der Kapitalgarantie und enthalte auch keine Regelung zu möglichen Optionen eines Fondswechsels.

Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass die Klausel weder intransparent noch sittenwidrig sei. Sie formuliere in klarer und unmissverständlicher Weise, dass der Versicherer selbst keine Kapitalgarantie übernehme und gäbe damit die bestehende Rechtlage zutreffend wieder. Ein Wegfall der Garantie durch den Dritten habe daher keine Auswirkungen auf den bestehenden Vertrag mit dem Versicherer.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen trägt der Versicherungsnehmer das Kapitalmarktrisiko. Eine zusätzliche Kapitalgarantie kann zwar vereinbart werden, doch muss klar sein, wer diese übernimmt. Wenn ein Versicherer keine eigene Garantie zusagt, kann sie später auch nicht für den Wegfall einer externen Garantie haftbar gemacht werden.«

Was ist passiert?

Der Kläger schloss mit der Beklagten einen Versicherungsvertrag, welcher einen KFZ-Haftpflicht- sowie einen Kaskoversicherungsvertrag enthielt. Die Beklagte übermittelte dem Kläger am 08.03.2023 die Polizze und ein gesondertes Schreiben mit einer Prämienvorschreibung und dem Hinweis auf die Rechtsfolgen im Sinne von § 38 VersVG in Form einer Leistungsfreiheit, wenn die Prämie nicht fristgerecht bezahlt wird. Nachdem die Vertragsparteien ein Lastschriftverfahren vereinbart hatten, wies die Beklagte den Kläger mit diesem Schreiben außerdem darauf hin, dass der offene Betrag in den nächsten Tagen vom angeführten Konto abgebucht und daher für eine ausreichende Dotierung zu sorgen ist. Dies war gegenständlich nicht der Fall, weshalb die Beklagte hinsichtlich eines am 04.04.2023 eingetretenen Totalschaden am Fahrzeug des Klägers die Versicherungsleistungen wegen Nichtzahlung der Erstprämie ablehnte.

Der Kläger akzeptierte die Leistungsfreiheit nicht und bemängelte unter anderem, dass das Schreiben der Versicherung nicht den Voraussetzungen des § 38 Abs. 3 VersVG entspricht, zumal der Hinweis auf die Rechtsfolgen der Leistungsfreiheit nicht durch Fettdruck hervorgehoben und die Prämienforderung außerdem nicht nach Sparten getrennt ausgewiesen wurde. Der Einziehung der Prämien hätte nach Ansicht des Klägers ebenso getrennt erfolgen müssen.


Wie ist die Rechtslage?

Nach § 38 Abs. 2 VersVG wird der Versicherer leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer 14 Tage nach der Aufforderung zur Prämienzahlung die erste Prämie zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles noch nicht bezahlt hat, es sei denn, der Versicherungsnehmer kann beweisen, dass ihn an der nicht rechtzeitigen Zahlung kein Verschulden trifft (RS0114043). Auf diese Rechtsfolgen hat die Versicherung nach § 38 Abs. 3 VersVG den Versicherungsnehmer ausdrücklich hinzuwiesen (RS0080486). Der OGH hat in der Entscheidung 7 Ob178/24p zunächst klargestellt, dass durch das Lastschriftmandat die Prämienschuld in einvernehmlicher Abänderung des § 36 VersVG zu einer Holschuld der Versicherung wird. Aufgabe des Versicherungsnehmers ist es, dass der Betrag zum Fälligkeitstermin auf dem Konto zur Abbuchung bereit gehalten wird. Nachdem dies nicht der Fall war, konnte die Abbuchung nicht vorgenommen werden, womit zum Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles Leistungsfreiheit bestand.

Hinsichtlich der Bemängelung eines ordentlichen Hinweises auf diese Rechtsfolgen bestätigte der OGH die Ansicht des Berufungsgerichtes, wonach es grundsätzlich nicht erforderlich für die Erfüllung der Warnpflicht ist, dass der Text in Fettdruck hervorgehoben wird. Ebenso wenig sei nach Ansicht des OGH erkennbar, warum bei der vorliegenden Bündelversicherung eine Aufgliederung der Prämie und ein gesonderter Einzug nach Sparten erfolgen hätte müssen. Das Gesetz sehe ein derartiges Erfordernis nicht vor und wurde eine Einzelvereinbarung dazu nicht getroffen. Demgemäß wurde dem Klagebegehren des Klägers auf Bezahlung der Versicherungsleistung nicht gefolgt.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Bei einem Lastschriftmandat ist es Aufgabe des Versicherungsnehmers den Kontostand so hoch zu halten, dass die Versicherung die Prämie fristgerecht durch Einzug abholen kann. Ist die Versicherung ihrer Hinweispflicht in Bezug auf die Rechtsfolgen des Prämienverzugs nachgekommen und hat der Versicherungsnehmer nicht für die ausreichende Abdeckung seines Kontos gesorgt, liegt ein Fall der Leistungsfreiheit vor, sollte es zum Versicherungsfall kommen.«

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Was ist passiert?

Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer besteht – im Rahmen eines Haushaltsversicherungsvertrags – ein Haftpflichtversicherungsvertrag. Die zugrundeliegenden Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltsversicherung (ABH 2015) lauten auszugsweise wie folgt:

»Abschnitt C Haftpflichtversicherung:
[…]
Artikel 11
[…]
Was ist mitversichert? (Sachlicher Umfang des Versicherungsschutzes)
Die Versicherung erstreckt sich auf Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens, insbesondere
[…]«

Der mitversicherte Sohn des Versicherungsnehmers warf sich in stark alkoholisiertem Zustand in Suizidabsicht vor einen sich auf einer Bundesstraße annähernden LKW. Fraglich war im vorliegenden Fall, ob daraus resultierende Schäden von dritten Personen vom Haftpflichtversicherungsschutz umfasst sind. Der Versicherer lehnte eine Leistung ab. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 23.10.2024, Aktenzeichen: 7 Ob 172/24f, führte der OGH zunächst aus, dass in Abschnitt C Art 11 ABH 2015 eine primäre Risikoumschreibung dahin vorgenommen werde, dass in der hier vorliegenden Privathaftpflichtversicherung der Risikobereich „Gefahren des täglichen Lebens“ unter Versicherungsschutz gestellt werde.

Der versicherungsrechtliche Begriff der „Gefahr des täglichen Lebens“ sei nach Ansicht des OGH so auszulegen, dass davon jene Gefahren, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss, umfasst seien. Für das Vorliegen einer Gefahr des täglichen Lebens sei nicht erforderlich, dass sie geradezu täglich auftritt. Vielmehr genüge es, wenn die Gefahr erfahrungsgemäß im normalen Lebensverlauf immer wieder, sei es auch seltener, eintritt. Voraussetzung für einen aus einer Gefahr des täglichen Lebens verursachten Schadenfall sei eine Fehlleistung oder eine schuldhafte Unterlassung des Versicherungsnehmers. Auch ein vernünftiger Durchschnittsmensch könne aus Unvorsichtigkeit eine außergewöhnliche Gefahrensituation schaffen oder sich in einer solchen völlig falsch verhalten oder sich zu einer gefährlichen Tätigkeit, aus der die entsprechenden Folgen erwachsen, hinreißen lassen. Derartigen Fällen liege eine falsche Einschätzung der jeweiligen Sachlage zu Grunde. Es dürfe sich jedoch nicht um eine ungewöhnliche Gefahr handeln. Die Abgrenzung zwischen dem gedeckten Eskalierenden einer Alltagssituation und einer nicht gedeckten ungewöhnlichen und gefährlichen Tätigkeit hänge von den Umständen des Einzelfalls ab.

Im vorliegenden Fall kam daher der OGH zum Ergebnis, dass keine vom gedeckten Risiko umfasste Gefahr des täglichen Lebens vorliege, wenn man sich in stark alkoholisiertem Zustand in Suizidabsicht vor einen sich auf einer Bundesstraße annähernden LKW wirft. Auf eine – im Verfahren behauptete – gesteigerte Selbstmordrate bei Jugendlichen komme es dabei nicht an. Es liege auch dann keine Gefahr des täglichen Lebens vor, wenn die Handlung im Zustand voller Berauschung oder einem psychischen Ausnahmezustand verübt wird.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Gefahr, haftpflichtig zu werden, stellt im Leben eines Durchschnittsmenschen zwar eine Ausnahme dar, die Privathaftpflichtversicherung soll allerdings Deckung auch für nicht alltägliche Situationen schaffen, in die auch ein Durchschnittsmensch ausnahmsweise hineingeraten und dadurch haftpflichtig werden kann. Absolut ungewöhnliche Gefahren und Tätigkeiten sollen jedoch nicht vom Versicherungsschutz umfasst sein

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Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer schloss beim Versicherer einen Teilkasko-Versicherungsvertrag ab. Diesem lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Teilkaskoversicherung mit Parkschaden (AK2 2018) zu Grunde.

Diese lauten auszugsweise:

»Artikel 1
Umfang der Versicherung
1. Versichert sind das Fahrzeug und seine Teile, die im versperrten Fahrzeug verwahrt oder an ihm befestigt sind (Treibstoffe gelten nicht als Fahrzeugteile),gegen Beschädigung, Zerstörung und Verlust […]
 
1.2. durch Diebstahl, Unterschlagung, Raub oder unbefugten Gebrauch durch betriebsfremde Personen; […]«

Das teilkaskoversicherte Fahrzeug des Versicherungsnehmers wurde von einem unbekannten Täter gestohlen. Am Tag nach dem Diebstahl wurde das Fahrzeug nach einem Unfall zerstört abseits der Straße aufgefunden. Der Versicherungsnehmer klagte den Versicherer auf Zahlung des Wiederbeschaffungswerts zum Schadenszeitpunkt abzüglich des Verkaufserlös für das Frack und Selbstbehalt.

Der Versicherer verweigerte die Leistung aus dem Versicherungsvertrag. Er wendete ein, dass, selbst wenn von einem Diebstahl auszugehen ist, aufgrund des darauffolgenden Unfalls das Ereignis nur mehr unter das Unfallrisiko zu subsumieren wäre, welches der Kläger – mangels Vollkaskoversicherung – nicht versichert habe. Der OGH beschäftigte sich nunmehr mit der Frage, ob auch ein Unfallschaden, der sich an einem gestohlenen Fahrzeug ereignet, zum Diebstahlsbegriff gehört und von der Teilkaskoversicherung ersetzt werden muss.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 20.11.2024 zu GZ 7 Ob 140/24z, führte der OGH zunächst aus, dass sich nach deutscher Rechtsprechung die Deckung in der Teilkaskoversicherung

auch auf Schäden erstreck, die ein gestohlenes Fahrzeug nach dem Diebstahl bei seiner Benutzung durch den Täter erleidet.

Auch in Österreich wird in der Lehre die Meinung vertreten, dass nicht nur die unmittelbar auf Diebstahl oder Raub zurückzuführenden Schäden, sondern auch alle, die durch den an diese Delikte anschließenden unbefugten Gebrauch des Fahrzeugs entstehen, von der Teilkaskoversicherung gedeckt sind.

Der OGH kam daher zu dem Schluss, dass in diesem Fall eine Beschädigung des zuvor gestohlenen Fahrzeugs vom versicherten Risiko des Diebstahls umfasst ist. Der Versicherungsnehmer hat keinen Einfluss darauf, ob der Dieb mit dem gestohlenen Fahrzeug verunfallt und dieses dabei beschädigt.

Auch aus den Versicherungsbedingungen für die Teilkaskoversicherung Art 1.1.2. der AK2 2018 ergibt sich nichts Gegenteiliges, weil der Umfang der Versicherung mit der Beschädigung oder Zerstörung des Fahrzeugs durch Diebstahl beschrieben wird und insoweit mit dem Verlust des Fahrzeugs durch Diebstahl gleichgesetzt wird.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Versicherungsdeckung für Diebstahl im Rahmen der Teilkaskoversicherung schließt auch eine Beschädigung des Fahrzeugs anlässlich eines Diebstahls mit ein.“

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Was ist passiert?

Am 31. Dezember 2006 ereignete sich ein Verkehrsunfall, bei dem der Kläger und seine Ehefrau verletzt wurden. Der verletzte Kläger hatte einen Rechtsschutzversicherungsvertrag einschließlich des versicherten Bausteins „Fahrzeug-Rechtsschutz“ abgeschlossen – die Ehefrau, die ebenfalls im Rahmen dieses Verkehrsunfalls verletzt wurde ist mitversichert. Die Höchsthaftungssumme des Versicherungsvertrags lautet auf EUR 52.000,00. Sowohl der Versicherungsnehmer als auch die mitversicherte Ehefrau machten daraufhin jeweils getrennt voneinander Schadenersatzansprüche gegen die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners geltend. Die beklagte Versicherung gewährte Deckungsschutz für beide Verfahren: Während die Ansprüche des Klägers kostenneutral für die Versicherung blieben, da er erfolgreich prozessierte, wurden für die Ansprüche seiner Frau die volle Versicherungssumme von EUR 52.000,00 ausgeschöpft.

Im Jahr 2017 wollte der Kläger weiteres Schmerzensgeld infolge des Verkehrsunfalls vom 31.12.2006 geltend machen und stellte bei der Rechtschutzversicherung eine Anfrage, wie viel von der Versicherungssumme hierfür noch zur Verfügung stehe. Die Rechtschutzversicherung antwortete dem Versicherungsnehmer, dass die Versicherungssumme bereits vollständig aufgebraucht sei.

Im Jahr 2023 stellte der Kläger eine erneute Deckungsanfrage, um Ansprüche auf Abfertigung, Pensionsdifferenz und Gutachterkosten geltend zu machen. Die Versicherung lehnte wiederum ab, da keine Versicherungssumme mehr zur Verfügung stehe. Der Kläger klagte daraufhin auf Feststellung, dass ihm noch Deckungsschutz in voller Höhe der Versicherungssumme zustehe, mit der Argumentation, dass der Unfall zwei separate Versicherungsfälle beinhalte – einmal für ihn als Versicherungsnehmer und einmal für seine mitversicherte Frau.


Wie ist die Rechtslage?

In der Entscheidung 7 Ob 117/24t vom 20.11.2024 führte der Oberste Gerichtshof basierend auf den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2005) aus, dass für diese Entscheidung die Definition des Versicherungsfalls maßgebend ist. Nach Art 2.1 ARB gilt demgemäß als Versicherungsfall das dem Anspruch zugrunde liegende Schadenereignis. Der OGH stellte fest, dass unter Schadenereignis in der Rechtsschutzversicherung das äußere Ereignis zu verstehen ist, dass den Personen – oder Sachschaden unmittelbar auslöst. Der äußere Vorgang, der den Schaden unmittelbar herbeiführt ist der Verkehrsunfall selbst, genauer die Kollision. Da im konkreten Fall das Schadenereignis derselbe Autounfall ist, liegt nur ein Versicherungsfall vor, selbst wenn dieser Personenschäden sowohl beim Versicherungsnehmer, als auch bei der mitversicherten Person auslöst.

Nach Art. 6.7.1 ARB bildet die Versicherungssumme die Höchstgrenze für den Versicherungsfall und steht unabhängig davon, wie viele Personen betroffen sind, nur einmal zur Verfügung. Auch die sogenannte Serienschadenklausel (Art. 6.7.2 ARB) legt fest, dass mehrere aus demselben Ereignis resultierende Schäden als ein einheitlicher Versicherungsfall betrachtet werden. Da die Versicherungssumme bereits vollständig ausbezahlt wurde, wurde das Klagebegehren des Klägers abgewiesen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Der Begriff des Versicherungsfalls ist in der Rechtsschutzversicherung an das zugrunde liegende Schadenereignis geknüpft. Ausschlaggebend ist das äußere Ereignis, das den Personen- oder Sachschaden unmittelbar auslöst. Bei einem Verkehrsunfall ist der äußere Vorgang, der den Schaden unmittelbar herbeiführt der Verkehrsunfall selbst, genauer die Kollision.«

Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer hat mit dem Versicherer einen Eigenheimversicherungsvertrag mit Neuwertentschädigung abgeschlossen. Artikel 18 der vereinbarten Allgemeinen Bedingungen für die Eigenheimversicherung (ABE 2017) lautet auszugsweise wie folgt:

»[…] 1.1 Bei Beschädigung oder Zerstörung versicherter Gebäude hat der Versicherungsnehmer Anspruch auf Ersatz der Reparatur- bzw. Wiederherstellungskosten bis zum Neuwert (ortsübliche Kosten laut der Neuherstellung des versicherten Gebäudes zum Zeitpunkt des Schadenereignisses), sobald folgende Voraussetzungen gegeben sind:
– Es ist gesichert, dass die Entschädigung zur Gänze zur Wiederherstellung verwendet wird.
[…]
1.2 Bis zum Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen hat der Versicherungsnehmer nur Anspruch auf Ersatz der Wiederaufbaukosten bis zum Zeitwert (Neuwert abzüglich eines dem Zustand des Gebäudes, insbesondere seines Alters und seiner Abnützung entsprechenden Betrages). höchstens aber bis zum Verkehrswert (erzielbarer Verkaufspreis des versicherten Gebäudes, wobei der Wert des Grundstückes außer Ansatz bleibt). […]«

Am 24.06.2021 kam es zu einem Hagelschaden am Gebäude des Versicherungsnehmers. Er hat daher zwei Kostenvoranschläge zur Reparatur der Hagelschäden eingeholt und an seine Versicherung zur Freigabe übermittelt. Zudem hat der Versicherungsnehmer erklärt, dass er auch mit einer Direktabrechnung der Versicherung mit dem ausführenden Professionisten einverstanden ist. Begonnen hat die Reparatur noch nicht. Der Versicherungsnehmer hat auch noch keinem konkreten Professionisten einen bindenden Auftrag erteilt. Nachdem die Versicherung eine Zahlung (des Neuwerts) abgelehnt hat, brachte der Versicherungsnehmer eine Klage ein. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

n seiner Entscheidung vom 20.11.2024, Aktenzeichen: 7 Ob 171/24h, führte der OGH zunächst aus, dass Artikel 18.1.1 ABE 2017 eine sogenannte „strenge“ Wiederherstellungsklausel enthält. Die strenge Wiederherstellungsklausel stelle eine Risikobegrenzung dar und bedeute, dass zunächst im Versicherungsfall nur ein Anspruch auf den Zeitwert entsteht und der Restanspruch auf den Neuwert von der Wiederherstellung oder deren (fristgerechter) Sicherung abhängt.

Wann die Wiederherstellung gesichert ist, hänge nach Ansicht des OGH stets von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich könne eine 100%ige Sicherheit nicht verlangt werden, sondern es müsse ausreichen, wenn angesichts der getroffenen Vorkehrungen keine vernünftigen Zweifel an der Durchführung der Wiederherstellung bestehen. Der Abschluss eines bindenden Vertrags über die Wiederherstellung sei grundsätzlich ausreichend, auch der Kauf von Baumaterialien könne ausreichend sein. Die Vorlage von Kostenvoranschlägen, Absichtserklärungen des Versicherungsnehmers, die bloße Planung, eine behelfsmäßige Reparatur oder ein noch nicht angenommenes Angebot seien hingegen für die Sicherung der Wiederherstellung nicht ausreichend.

Im Urteil des Erstgerichts hielt dieses fest, dass es „davon ausgeht“, dass der Versicherungsnehmer die beschädigten Überdachungen reparieren lassen wird. Nach Ansicht des OGH sei darin jedoch keine ausreichende Sicherung der Wiederherstellung zu erblicken, da der Versicherungsnehmer bislang nur zwei Kostenvoranschläge eingeholt habe und darüber hinaus keine nach außen tretende Sicherung der Wiederherstellung gegeben sei. Auch das Einverständnis des Versicherungsnehmers mit einer Direktabrechnung der Versicherung mit ausführenden Professionisten zeige die Sicherstellung der Wiederherstellung nicht auf. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass die Fälligkeit der begehrten „Neuwertspanne“ nicht eingetreten ist.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Zweck der strengen Wiederherstellungsklausel ist die Begrenzung des subjektiven Risikos, das entstehen würde, wenn der Versicherungsnehmer die Entschädigungssumme für frei bestimmbare Zwecke verwenden könnte. Im Versicherungsfall steht daher zunächst nur ein Anspruch auf den Zeitwert zu. Der Restanspruch auf den Neuwert entsteht erst bei Wiederherstellung oder deren (fristgerechter) Sicherung

Was ist passiert?

Zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer besteht ein Kraftfahrzeughaftpflicht-Versicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeughaftpflicht-Versicherung des Versicherers zugrunde liegen. Diese lauten auszugsweise:

»Artikel 8
Was ist nicht versichert? (Risikoausschlüsse)
 
Der Versicherungsschutz umfasst nicht,
[…]
 
2. Ersatzansprüche wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommens des versicherten Fahrzeuges und von mit dem versicherten Fahrzeug beförderten Sachen, […]«

Der beim Versicherer haftpflichtversicherte LKW des Versicherungsnehmers geriet bei einer Fahrt über den Fahrbahnrand und kippte samt gemieteten Anhänger um. LKW und Anhänger wurden dabei beschädigt.

Der Versicherungsnehmer begehrt die Feststellung der Deckungspflicht des Versicherers.

Er sagt, vom Risikoausschluss nach Art 8.2 AKHB seien nur versicherte Fahrzeuge, nicht aber Anhänger umfasst.

Der Versicherer bestritt und wandte ein, er sei wegen der Risikoausschlüsse nach Art 8.2 AKHB leistungsfre


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom OGH, 20.11.2024, 7 Ob 174/24z, führte der OGH zunächst aus, dass durch die Verbindung eines Anhängers mit einem Kraftfahrzeug eine Betriebseinheit entsteht, die dem Halter des Kraftfahrzeugs zuzurechnen ist.

Durch den Risikoausschluss des Art 8.2 AKHB werden Ersatzansprüche wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommen des versicherten Fahrzeugs und wegen der Beschädigung beförderten Sachen vom Versicherungsschutz ausgenommen.

Schäden, die vom Anhänger herbeigeführt werden, sind daher laut OGH ab der Verbindung mit dem Zugfahrzeug ausschließlich dessen Betriebsgefahr zuzurechnen.

Der OGH kam daher zu dem Ergebnis, dass, wenn zwischen dem Zugfahrzeug und dem Anhänger eine Betriebseinheit besteht, auch der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer den Anhänger als Teil der Betriebseinheit und somit des versicherten Fahrzeugs versteht. Aus diesem Grund greift der Risikoausschluss nach Art 8.2 AKHB.

Der OGH sieht daher Schäden am Anhänger als Schäden des versicherten Fahrzeugs und somit in diesem Fall als vertraglich ausgeschlossen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ein Anhänger bildet mit dem Zugfahrzeug eine Einheit. Schäden am Anhänger sind bei Haftpflichtschäden wie Schäden am Fahrzeug selbst zu werten und somit von der Deckungspflicht der Haftpflichtversicherung ausgenommen

Was ist passiert?

Die Streitteile sind Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft. Gegenstand des Verfahrens ist die Anfechtung eines Umlaufbeschlusses.

Inhalt dieses Beschlusses war das Einholen von Angeboten zum Austausch von Fenstern durch die Hausverwaltung.

Für den Fall, dass sich die Mehrheit der Eigentümer für den Austausch entscheidet, sollte die Hausverwaltung mindestens drei weitere Angebote einholen und den Bestbieter beauftragen.

Ein Wohnungseigentümer beantragte diesen Beschluss aufzuheben, weil nicht über die Vergleichsangebote abgestimmt wurde und die konkreten Angebote nicht beigelegt wurden. Fraglich war daher, was Inhalt des Beschlusses war und ob die Hausverwaltung rechtswidrig gehandelt hat.

Rechtliche Beurteilung

Zur Willensbildung der Eigentümergemeinschaft dient vor allem die Eigentümerversammlung. Beschlüsse können aber auch schriftlich, bspw. durch Umlaufbeschluss, zustande kommen.

Umlaufbeschlüsse müssen dann den Anforderungen der Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung entsprechen.

Jeder Wohnungseigentümer kann einen Beschluss wegen formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder Fehlens der erforderlichen Mehrheit anfechten.

Als „Gesetzwidrigkeit“ interpretiert der OGH nur einen Verstoß gegen zwingende Vorschriften des WEG über die Verwaltung und „krasse Verstöße“ gegen die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit.

In einem Beschluss müssen Gegenstand und Zweckmäßigkeit so bestimmt sein, daraus das beabsichtigte Vorgehen der Eigentümer deutlich hervorgeht und der erzielte Zweck erreicht werden kann.

Für größere Verbesserungsarbeiten muss der Verwalter mindestens drei Angebote einholen. Laut OGH hat er aber keine Verpflichtung, bei Einholung eines Beschlusses alle ihm vorliegenden Angebote zur Abstimmung zu bringen.

Der OGH kam daher im vorliegenden Rechtsstreit vom 21.05.2024, 5 Ob 59/24y, zu dem Schluss, dass der Gegenstand der Beschlussfassung nur der grundsätzliche Austausch der Fenster war.

Der Umlaufbeschluss zielte nämlich nicht darauf ab, bereits ein konkretes Angebot zu beschließen oder umzusetzen, sondern nur auf die Zustimmung zur Sanierung durch Austausch, wobei weitere Angebote eingeholt werden sollten.

Der Beschluss ist daher nach der Meinung des OGH rechtswirksam und wird nicht wegen formeller Mängel oder Gesetzwidrigkeit aufgehoben.

Schlussfolgerung

Es reicht für einen gültigen Beschluss der Mit- und Wohnungseigentümer aus, wenn daraus das beabsichtigte Vorgehen der Eigentümer so deutlich hervorgeht, dass damit der mit Beschlussfassung verbundene Zweck erreicht wird.

Auch wenn der Verwalter für größere Verbesserungsarbeiten mindestens drei Angebote einzuholen hat, bleibt der Mehrheitsbeschluss rechtswirksam, wenn der Verwalter die Einholung der Vergleichsangebote unterlässt.

Was ist passiert?

Die Versicherungsnehmerin schloss bei der beklagten Versicherung im Jahr 2013 einen Lebensversicherungsvertrag ab, wobei die Monatsbruttoprämie mit EUR 50,00 und Wertanpassungsklausel festgelegt wurde. Eine Belehrung über das Rücktrittsrecht fand zu diesem Zeitpunkt statt. Im Juli 2014 übermittelte die Versicherungsnehmerin einen Änderungsantrag an die Versicherung, wonach die monatliche Prämie von EUR 50,00 auf EUR 100,00 ab August 2014 erhöht werden sollte und um Indexausschluss für das Jahr 2014 gebeten wurde. Die Versicherung stellte der Versicherungsnehmerin infolgedessen einen entsprechenden Nachtrag bezüglich „Erhöhung der Versicherungssumme, Prämie, Ausschluss einer Wertanpassungsvereinbarung“ aus. Mit Nachtrag vom 12.08.2015 kam es wiederum zum „Einschluss einer Wertanpassungsvereinbarung“. Auf der letzten Seite der Nachträge fanden sich nach Ansicht der Versicherungsnehmerin unrichtige Rücktrittsbelehrungen.

Im Juni 2022 erreichte die Versicherung ein E-Mail der Versicherungsnehmerin, in der der Rücktritt von allen Änderungen des Versicherungsvertrags erklärt und damit zusammenhängend die Prämiendifferenz samt Zinsen rückgefordert wurde. Begründet wurde dies mit der fehlenden bzw. intransparenten Belehrung über ihr gesetzliches Rücktrittsrecht, welches nicht nur den erstmaligen Abschluss des Versicherungsvertrages betrifft, sondern auch bei Nachträgen von Relevanz sei. Der Rücktritt wurde von der Versicherung abgelehnt. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 18.12.2024, 7 Ob 155/24f, führte der OGH zunächst aus, dass gem. § 165a VersVG idF BGBl I 2012/34 binnen 30 Tagen nach der Verständigung vom Zustandekommen des Versicherungsvertrages aufseiten des Versicherungsnehmers ein Rücktrittsrecht besteht. Bei unkorrekter und unverständlicher Belehrung über dieses Rücktrittsrecht gilt dieses mangels Möglichkeit zur Ausübung unbefristet.

Während hinsichtlich des Vertragsabschlusses nach Ansicht des OGH die erfolgte Rücktrittsbelehrung grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, wurde die noch nicht geklärte Frage aufgeworfen, ob die Verpflichtung zur Rücktrittsbelehrung bzw. das Bestehen eines Rücktrittsrechtes nach Ansicht des unionsrechtlichen Gesetzgebers auch bei späteren individualvertraglichen Änderungen des Versicherungsvertrages gilt.

Gem. Art 186 Abs 1 RL 2009/138/EG ist Versicherungsnehmern eines Lebensversicherungsvertrages ein Rücktrittsrecht innerhalb einer bestimmten Frist zu gewähren. Nach Art 185 Abs 1 RL 2009/138 EG ist der Versicherungsnehmer vor Vertragsabschluss der Lebensversicherung über gewisse Informationen wie etwa Rücktrittsrechte aufzuklären. Art 185 Abs 5 lit c RL 2009/138/EG schreibt unter anderem vor, dass Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit Zusatzverträgen über alle Änderungen iSd Art 185 Abs 3 lit d bis lit j RL 2009/138/EG zu informieren sind. In anderen Sprachfassungen fallen unter den Begriff „Zusatzvertrag“ individualvertragliche Änderungen eines bestehenden Versicherungsvertrages.

Nachdem sich der RL 2009/138 nicht hinreichend entnehmen lässt, ob eine Rücktrittsbelehrung über ein bestehendes Rücktrittsrecht auch bei späteren individualvertraglichen Änderungen vorzunehmen ist und dazu auch keine Judikatur oder gefestigte Rechtsmeinung besteht, hat sich der OGH mit einem Vorabentscheidungsersuchen zur Klärung dieser Frage an den EUGH gewandt. Das anhängige Verfahren wurde bis zur Klärung dieser spannenden Frage vorerst ausgesetzt.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Zahlreiche Entscheidungen haben sich bereits mit den Rücktrittsbelehrungen zu den Lebensversicherungen und den Folgen der fehlerhaften oder unzureichenden Informationen an den Versicherungsnehmer auseinandergesetzt. Nicht geklärt wurde bisher aber die aufgeworfene Frage, ob ein Rücktrittsrecht und eine damit bestehende Rücktrittsbelehrungspflicht auch dann besteht, wenn es zu einer späteren individualvertraglichen Änderung des Vertrages kommt. Nachdem die Klärung dieser Frage für Versicherungsnehmer neue Rücktrittsmöglichkeiten eröffnen könnte, bleibt die Beantwortung dieser Frage durch den EUGH mit Spannung abzuwarten.«

Was ist passiert?

Zwischen dem Versicherungsnehmer und der Versicherung besteht ein Betriebshaftpflicht-Versicherungsvertrag. Der Versicherungsnehmer hat eine Gewerbeberechtigung für das „Handels- und Handelsagentengewerbe“. Das versicherte Risiko ist „Betriebsart: Heizungs-, Lüftungs-, Klimaanlagen – Handel mit Montage“. Dem Versicherungsvertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung 2004 (AHVB 2004) zugrunde. Diese lauten auszugsweise wie folgt:


»1. Versicherungsfall
1.1 Versicherungsfall ist ein Schadenereignis, das dem versicherten Risiko entspringt und aus welchem dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen (Punkt 2) erwachsen oder erwachsen könnten.«



Der Versicherungsnehmer wurde von einem ehemaligen Geschäftspartner damit beauftragt, sich an der Einreichplanung eines Bauvorhabens (Geflügelmaststall) zu beteiligen und hierfür Konzepte und Pläne zu erstellen und Berechnungen vorzunehmen. Das Konzept des Versicherungsnehmers wurde als Grundlage für den Vertrag zwischen dem ehemaligen Geschäftspartner und dessen Kunden erstellt. Dieser Kunde behauptet nun, dass die vom ehemaligen Geschäftspartner des Versicherungsnehmers ausgeführte Heizungs- und Belüftungsanlage samt Wärmeregulierung in einem Geflügelmaststall unterdimensioniert ist. Aus diesem Grund wurde auch der Versicherungsnehmer von seinem ehemaligen Geschäftspartner in Anspruch genommen.

Fraglich war nun, ob dieser Sachverhalt vom Versicherungsschutz der Betriebshaftpflicht-Versicherung umfasst war. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 23.10.2024, Aktenzeichen: 7 Ob 151/24t, führte der OGH zunächst aus, dass das Haftpflichtversicherungsrecht von der Spezialität der versicherten Gefahr beherrscht ist, wonach nur für solche Schadenfälle Versicherungsschutz besteht, die sich aus dem im Versicherungsschein (der Versicherungspolizze und ihren Nachträgen) umschriebenen „versicherten Risiko“ ableiten lassen. Sinn und Zweck einer Betriebshaftpflichtversicherung sei es, alle Haftpflichtgefahren, die dem versicherten oder mitversicherten Betriebsangehörigen aus dem betreffenden Betrieb erwachsen können, unter Versicherungsschutz zu stellen. Maßgebend sei dabei der Umfang der Gewerbeberechtigung. Über die Gewerbeberechtigung offensichtlich hinausgehende Tätigkeiten sollen vom Versicherungsschutz grundsätzlich ausgeschlossen sein.

Der Deckungsanspruch des Haftpflichtversicherten sei durch das versicherte Risiko spezialisiert und von dem vom Geschädigten erhobenen Anspruch abhängig. Nach Ansicht des OGH hätte es sonst der Versicherungsnehmer in der Hand, durch bloße, dem Anspruch des Geschädigten widersprechende, Behauptungen Deckung zu erlangen. Grundlage für die Prüfung, ob ein gedeckter Versicherungsfall vorliegt, sei daher der geltend gemachte Anspruch, ausgehend von dem vom Geschädigten behaupteten Sachverhalt.

Unter „Handel“ (Handelstätigkeit) sei nur die auf den Warenaustausch gerichtete, gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit zu verstehen, wobei bereits beim Erwerb der Ware der Zweck, diese an andere Personen weiterzugeben, zugrunde liegen muss. Allerdings haben Gewerbetreibende nach der Gewerbeordnung auch bestimmte Nebenrechte. Demnach dürfen Gewerbetreibende auch Arbeiten, die im zulässigen Umfang ihrer Gewerbeausübung liegen, planen. Das Recht zur Planung sei umfangmäßig beschränkt und von der tatsächlichen Ausübung des Gewerbes abhängig.

Im Ergebnis führte der OGH sodann aus, dass der ehemalige Geschäftspartner seinen Schadenersatzanspruch gegen den Versicherungsnehmer darauf gründet, dass es seine Hauptleistung war, ein Konzept (Planung) zu erstellen. Vom Versicherungsnehmer seien demnach „reine Planungsleistungen“ erbracht worden. Nach Ansicht des OGH überschreitet dies die nach der Gewerbeberechtigung zulässige Handelstätigkeit sowie auch die damit zusammenhängenden Nebenrechte. Die Konzeption (= Planung) der Lüftungs- und Wärmegewinnungsanlage für den Hühnerstall samt Berechnungen zur benötigten Luftmenge für die Küken, welche in die Einreichplanung und die Ausschreibung des Projekts des Geschädigten einfließen sollte, übersteige die „Planung eines Handels“ mit zugekaufter Ware. Zulässig wäre es beispielsweise gewesen, wenn sich der Versicherungsnehmer darauf beschränkt hätte, Kennzahlen und Daten eines Planers zu übernehmen, von denen ausgehend er sodann „konzipiert“ (= geplant) hätte, welche Teile seines Warenangebots er dafür benötigen würde, um zu prüfen, ob er eine hinreichende Anlage liefern könne.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Das Betriebshaftpflichtrisiko ist nicht nur auf typische Betriebsgefahren beschränkt, sondern umfasst im Hinblick auf die Vielfalt der mit einem Betrieb verbundenen Haftpflichtgefahren alle Tätigkeiten, die mit dem versicherten Betrieb in einem inneren ursächlichen Zusammenhang stehen.«