Was ist passiert?

Die Versicherungsnehmerin hatte den Auftrag, Gehäuse für Wechselrichter anzufertigen und Wechselrichter darin einzubauen. Bei einem Entladevorgang kippte ein Wechselrichter zur Seite und es kam zu einem Totalschaden.

Der Haftpflichtversicherer lehnte die Deckung für den Totalschaden ab und brachte unter anderem vor, es greife der Risikoausschluss des Art. 7, Pkt. 10.4. AHVB 2006 für die „Benützung, Beförderung oder Bearbeitung oder einer sonstigen Tätigkeit an oder mit“ beweglichen Sachen.

Das Erstgericht hielt fest, dass die beiden besonderen Bedingungen BB 7858 und BB 7878 in diesem Fall zu berücksichtigen seien, die die Risikoausschlüsse für Schäden an beweglichen Sachen teilweise abbedingen. Die besonderen Bedingungen lauten auszugsweise:

»Besondere Bedingung Nr. 7858
Verwahrung von beweglichen Sachen
1. Die Bestimmungen gemäß Pkt. 3. gelten ausschließlich für solche beweglichen Sachen, die der Versicherungsnehmer oder die für ihn handelnden Personen zur Bearbeitung, Verarbeitung oder Reparatur übernommen haben. […]
3. Der Versicherungsschutz bezieht sich abweichend von Art. 7, Punkte 10.2 und 10.3 AHVB auch auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an beweglichen Sachen gemäß Pkt. 1. aus dem Titel der Verwahrung[…].
Schäden an diesen Sachen, die bei oder infolge ihrer Benützung, Beförderung, Bearbeitung oder einer sonstigen Tätigkeit an oder mit ihnen entstehen, bleiben gemäß Art. 7, Pkt. 10.4 AHVB vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. […]
 
Besondere Bedingung Nr. 7878
Tätigkeiten an beweglichen Sachen
1. Abweichend von Art. 7, Pkt. 10.4 AHVB erstreckt sich die Versicherung auch auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an beweglichen Sachen, die bei oder infolge einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit diesen Sachen (Bearbeitung, Reparatur und dgl.) entstehen, sei es auch im Zuge der Verwahrung […].
2. Vom Versicherungsschutz ausgeschlossen bleiben:
2.1 Schäden an Sachen, die der Versicherungsnehmer oder die für ihn handelnden Personen entliehen, gemietet oder geleast haben; […]«


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 06.03.2024, Geschäftszahl: 7Ob159/23t, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, dass die BB 7878 abweichend von Art 7.10.4 AHVB 2006 einen Einschluss für Schadenersatzverpflichtungen auf Grund von Schäden an beweglichen Sachen enthält, die bei bzw. infolge einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit diesen Sachen entstanden sind.

Im Anschluss daran werden bestimmte Tätigkeiten konkret angeführt, wobei die Aufzählung in der BB 7878 nur beispielhaft zu verstehen ist. Aus dem Wortlaut der Klausel kann daher der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht entnehmen, dass Schäden bei einem Abladevorgang nicht von der BB 7878 umfasst sind, solange die bewegliche Sache bei oder infolge der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit dieser Sache beschädigt wurde, was hier ohne Zweifel der Fall ist. Auch die Systematik des Bedingungswerks spricht für diese Auslegung. Der geltend gemachte Schaden ist somit durch den Risikoeinschluss der BB 7878 gedeckt.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Auslegung von Versicherungsbedingungen hat sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren. Diese Entscheidung zeigt, wie wichtig eine klare, nachvollziehbare Formulierung von Versicherungsbedingungen ist.«

Was ist passiert?

Bei einer Steuerberatungsgesellschaft (Klägerin) kam es infolge eines unwirksam eingebrachten Schriftsatzes beim Finanzamt zu einem Haftungsfall mit einem Schaden von insgesamt EUR 766.952,19. In dieser Sache vertrat die Klägerin gleich mehrere Anleger, da es sich in allen Verfahren um den gleichen Grundsachverhalt handelte. Es wurden Berufungen angemeldet, die Begründung dafür sollte nachgereicht werden. Dazu bediente sich die Klägerin zur weiteren Begründung der einzelnen Rechtsmittel der Anleger eines Schriftsatzes, welcher mittels Email an das Finanzamt übermittelt wurde.

Nachdem die Übertragung fehlerhaft war, wurden die Berufungsverfahren zu Lasten der Anleger eingestellt. Bei ordnungsgemäßer Einbringung der Rechtsmittel wäre das nicht passiert und wäre es nicht zum Schadensfall gekommen.

Die Klägerin meldete den Schadensfall ihrer Berufshaftpflichtversicherung (Grundversicherung – Nebenintervenientin), die einen Deckungsumfang zu einer Versicherungssumme von EUR 250.000 pro Versicherungsfall vorsah. Anschießend begehrte die Klägerin als Kammermitglied die Bezahlung des Differenzbetrages aus einem von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder abgeschlossenen Exzedentenversicherungsvertrages, welcher eine Versicherungssumme von max. EUR 2.180.185,00 vorsah. Begründete wurde diese mit dem Vorliegen eines Serienschadens. Dies wurde von der Exzedentenversicherung bestritten.

Die Klausel in den zugrundeliegenden Bedingungen (ABHV) lautete wie folgt:

»[…] 1.1 Versichert sind Sachschäden, die durch einen vollbrachten oder versuchten Einbruchdiebstahl
entstehen (Schadenereignis).
Versichert sind auch Sachschäden, die als unvermeidliche Folge eines Schadenereignisses
eintreten.
1.2
Einbruchdiebstahl liegt vor, wenn ein Täter in die Versicherungsräumlichkeiten
1.2.1 durch Eindrücken oder Aufbrechen von Türen, Fenstern oder anderen Gebäudeteilen
einbricht;
1.2.2 unter Überwindung erschwerender Hindernisse durch Öffnungen, die nicht zum Eintritt
bestimmt sind, einsteigt;
1.2.3 einschleicht und aus den versperrten Versicherungsräumlichkeiten Sachen wegbringt;
1.2.4 durch Öffnen von Schlössern mittels Werkzeugen oder falscher Schlüssel eindringt.
Falsche Schlüssel sind Schlüssel, die widerrechtlich angefertigt werden;
1.2.5 mit richtigen Schlüsseln eindringt, die er durch Einbruchdiebstahl in andere Räumlichkeiten
als die Versicherungsräumlichkeiten oder durch Beraubung an sich gebracht hat.
Beraubung ist die Wegnahme oder erzwungene Herausgabe von Sachen unter Anwendung
oder Androhung tätlicher Gewalt gegen Personen;
1.2.6 gelangt und während der Anwesenheit von Personen in versperrte Räume gemäß
Punkt 1.2.1. bis 1.2.5. einbricht. […]«

Der Versicherungsnehmer mietete ab September 2017 ein Atelier in einer ehemaligen Traktorfabrik

und ging dort seiner künstlerischen Tätigkeit nach. Am 19.10.2019 brachen Gehilfen

der Vermieterin das Schloss zum Atelier des Versicherungsnehmers auf und verbrachten die

im Atelier befindlichen Fahrnisse, wie etwa Möbel und Kunstwerke, an einen dem Versicherungsnehmer

unbekannten Ort. Der Grund dafür war ein Streit zwischen dem Versicherungsnehmer

und der Vermieterin über die Befristung des Mietverhältnisses. Erst rund vier Monate

später erfuhr der Versicherungsnehmer zufällig von einem Dritten, dass seine Gegenstände

in einem Container auf dem Gelände der Traktorfabrik eingelagert waren. Der Versicherungsnehmer

erlangte seine Fahrnisse mit einigen Ausnahmen wieder zurück. Die Gehilfen der Vermieterin

hatten keinen Vorsatz, sich aus den Kunstwerken und sonstigen Fahrnissen des Versicherungsnehmers

zu bereichern. Die Täter wollten den Versicherungsnehmer lediglich delogieren.

Im Zuge der Entwendung wurden Kunstwerke des Versicherungsnehmers beschädigt. Der

Versicherungsnehmer begehrte aus der Einbruchsdiebstahlversicherung die Kosten für die Instandsetzung

in der Höhe von EUR 18.932,50. Nachdem der Versicherer eine Leistung mit

der Begründung abgelehnt hat, dass kein versichertes Schadensereignis vorliege, da die Täter

sich nicht bereichern wollten, landete der Fall vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 17.04.2024, 7 Ob 215/23b, führte der OGH zunächst aus, dass

Rechtsbegriffe, die in Allgemeinen Versicherungsbedingungen verwendet werden und die in

der Rechtssprache eine bestimmte, unstrittige Bedeutung haben, grundsätzlich in diesem Sinn

auszulegen sind. Nach dem Strafgesetzbuch sei für einen Einbruchsdiebstahl erforderlich,

dass bereits die Einbruchshandlung mit dem Vorsatz vorgenommen wird, fremde Sachen wegzunehmen,

um sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Der Rechtsbegriff „Einbruchsdiebstahl“

habe daher in der Rechtssprache eine bestimmte, unstrittige Bedeutung.

Allerdings enthalten die hier vorliegenden Versicherungsbedingungen eine eigenständige Definition

des Begriffs „Einbruchsdiebstahl“, die nicht mit jener im Strafgesetzbuch übereinstimme.

Es könne daher im gegenständlichen Fall nicht ohne Weiteres auf den strafrechtlichen

Begriffsinhalt abgestellt werden. Nach Ansicht des OGH werde in den hier vorliegenden Versicherungsbedingungen

ein Bereicherungsvorsatz des Täters gerade nicht ausdrücklich als

Voraussetzung angeführt.

Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei daher aus dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen

nicht ersichtlich, dass neben den in den Bedingungen angeführten Begehungsformen

ein Handeln des Täters mit Bereicherungsvorsatz für die Qualifikation als Einbruchsdiebstahl

im Sinn der Versicherungsbedingungen erforderlich wäre. Vielmehr gehe der

durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne einen Anhaltspunkt im Wortlaut der Bedingungen

davon aus, dass bereits bei Vorliegen einer der in den Bedingungen genannten Begehungsformen

ein Einbruchsdiebstahl im Sinn der Bedingungen vorliegt. Dies umso mehr, als

es sich regelmäßig der Kenntnis des Versicherungsnehmers entzieht, ob der Täter mit Bereicherungsvorsatz

gehandelt hat.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Sofern Versicherungsbedingungen den Einbruchsdiebstahl selbst definieren und der Wortlaut der Bedingungen keinen besonderen Vorsatz des Täters als Voraussetzung enthält, ist das Vorliegen des vom Strafgesetzbuch für einen Einbruchsdiebstahl geforderten Bereicherungsvorsatzes nicht Voraussetzung für die Annahme eines Einbruchsdiebstahls im Sinne der Versicherungsbedingungen. Ob ein Täter die weggenommene Sache verschenken oder vernichten oder lediglich für einige Zeit (und mit der Absicht späterer Rückgabe) in Gebrauch nehmen möchte, spielt bei den gegenständlichen Bedingungen versicherungsrechtlich keine Rolle.«

Was ist passiert?

Bei einer Steuerberatungsgesellschaft (Klägerin) kam es infolge eines unwirksam eingebrachten Schriftsatzes beim Finanzamt zu einem Haftungsfall mit einem Schaden von insgesamt EUR 766.952,19. In dieser Sache vertrat die Klägerin gleich mehrere Anleger, da es sich in allen Verfahren um den gleichen Grundsachverhalt handelte. Es wurden Berufungen angemeldet, die Begründung dafür sollte nachgereicht werden. Dazu bediente sich die Klägerin zur weiteren Begründung der einzelnen Rechtsmittel der Anleger eines Schriftsatzes, welcher mittels Email an das Finanzamt übermittelt wurde.

Nachdem die Übertragung fehlerhaft war, wurden die Berufungsverfahren zu Lasten der Anleger eingestellt. Bei ordnungsgemäßer Einbringung der Rechtsmittel wäre das nicht passiert und wäre es nicht zum Schadensfall gekommen.

Die Klägerin meldete den Schadensfall ihrer Berufshaftpflichtversicherung (Grundversicherung – Nebenintervenientin), die einen Deckungsumfang zu einer Versicherungssumme von EUR 250.000 pro Versicherungsfall vorsah. Anschießend begehrte die Klägerin als Kammermitglied die Bezahlung des Differenzbetrages aus einem von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder abgeschlossenen Exzedentenversicherungsvertrages, welcher eine Versicherungssumme von max. EUR 2.180.185,00 vorsah. Begründete wurde diese mit dem Vorliegen eines Serienschadens. Dies wurde von der Exzedentenversicherung bestritten.

Die Klausel in den zugrundeliegenden Bedingungen (ABHV) lautete wie folgt:

»Was ist ein Unfall? – Artikel 6
1. Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzliches von außen auf ihren Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.
2. Als Unfall gelten auch folgende Ereignisse:
Verrenkungen von Gliedern sowie Verzerrungen und Zerreißungen von Gliedmaßen und an der Wirbelsäule befindlichen Muskeln, Sehnen, Bänder und Kapseln sowie Meniskusverletzungen.
Hinsichtlich krankhaft abnützungsbedingter Einflüsse finden insbesondere Art 21 Pkt 3, Sachliche Begrenzung des Versicherungsschutzes, Anwendung.
[…]
Sachliche Begrenzung des Versicherungsschutzes – Artikel 21
1. Eine Versicherungsleistung wird von uns nur für die durch den eingetretenen Unfall hervorgerufenen Folgen (körperliche Schädigung oder Tod) erbracht.
2. Bei der Bemessung des Invaliditätsgrades wird ein Abzug in Höhe einer Vorinvalidität nur vorgenommen, wenn durch den Unfall eine körperliche oder geistige Funktion betroffen ist, die schon vorher beeinträchtigt war. Die Vorinvalidität wird nach Art 7 „Dauernde Invalidität“ Pkt 2 und 3 bemessen.
3. Haben Krankheiten oder Gebrechen, bei der durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung – insbesondere solche Verletzungen, die durch krankhaft abnützungsbedingte Einflüsse verursacht oder mitverursacht worden sind – oder deren Folgen mitgewirkt, ist im Fall einer Invalidität der Prozentsatz des Invaliditätsgrades, ansonsten die Leistung entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens, zu vermindern, wenn dieser Anteil mindestens 25 % beträgt. Das gilt insbesondere auch, wenn die Gesundheitsschädigung durch einen abnützungsbedingten Einfluss mit Krankheitswert, wie beispielsweise Arthrose, mitverursacht worden ist. […]«

Die Versicherungsnehmerin leidet seit 1998 an einem atypischen Morbus Parkinson. Bei dieser Erkrankung kommt es zu keinen Veränderungen des muskuloskelettalen Apparats. Die Versicherungsnehmerin erlitt 2017 einen spontanen Riss der Peroneussehne. Dieser Riss war zu 100 % auf degenerative Veränderungen zurückzuführen, die aufgrund der mit dem Morbus Parkinson verbundenen Gangstörung bestanden.

Im Verfahren war strittig, ob und in welchem Ausmaß der Versicherer die degenerativen Veränderungen vom Leistungsanspruch abziehen durfte.


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH führt in seiner darüber getroffenen Entscheidung vom 6.3.2024, 7 Ob 3/24b aus, dass Art 21.3 UB00 der anwendbaren Bedingungen so zu verstehen sei, dass unfallfremde Krankheiten oder Gebrechen grundsätzlich zur Kürzung des Anspruchs oder zu einem Abzug von der Gesamtinvalidität führen. Dabei werde allein auf die Mitwirkung der Krankheiten oder Gebrechen auf die Unfallfolgen abgestellt, und nicht darauf, ob beim Unfallereignis selbst Vorerkrankungen mitgewirkt haben. Der OGH hatte also zu prüfen, ob eine Leistungskürzung iSd Art 21.3 UB00 auch bei einer Mitwirkung von Krankheiten und Gebrechen an einer versicherten Verletzung vorzunehmen sei. Er bejahte diese Frage, da bereits Art 6.2 UB00 ausdrücklich darauf hinweise, dass hinsichtlich krankhaft abnützungsbedingter Einflüsse Art 21.3 UB00 Anwendung findet.

Im vorliegenden Fall sei die nach Art 6.2 UB00 versicherte Verletzung der Versicherungsnehmerin (Riss der Peroneussehne) zu 100 % durch die vom Morbus Parkinson (Krankheit) verursachten chronisch-degenerativen Veränderungen (Gebrechen) bewirkt. Aufgrund der damit vorliegenden 100%igen Mitwirkung an der versicherten Verletzung – und damit zwingend an einer dadurch hervorgerufenen dauernden Invalidität – bestehe kein Versicherungsschutz.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Vorerkrankungen führen auch dann zur Leistungskürzung bzw zum gänzlichen Entfall des Versicherungsschutzes, wenn diese zwar den Unfall nicht unmittelbar verursacht, diese am Unfall jedoch mitgewirkt haben. Lediglich Vorschäden, die innerhalb des altersbedingten Normzustands liegen, führen zu keiner Leistungskürzung.«

Was ist passiert?

Bei einer Steuerberatungsgesellschaft (Klägerin) kam es infolge eines unwirksam eingebrachten Schriftsatzes beim Finanzamt zu einem Haftungsfall mit einem Schaden von insgesamt EUR 766.952,19. In dieser Sache vertrat die Klägerin gleich mehrere Anleger, da es sich in allen Verfahren um den gleichen Grundsachverhalt handelte. Es wurden Berufungen angemeldet, die Begründung dafür sollte nachgereicht werden. Dazu bediente sich die Klägerin zur weiteren Begründung der einzelnen Rechtsmittel der Anleger eines Schriftsatzes, welcher mittels Email an das Finanzamt übermittelt wurde.

Nachdem die Übertragung fehlerhaft war, wurden die Berufungsverfahren zu Lasten der Anleger eingestellt. Bei ordnungsgemäßer Einbringung der Rechtsmittel wäre das nicht passiert und wäre es nicht zum Schadensfall gekommen.

Die Klägerin meldete den Schadensfall ihrer Berufshaftpflichtversicherung (Grundversicherung – Nebenintervenientin), die einen Deckungsumfang zu einer Versicherungssumme von EUR 250.000 pro Versicherungsfall vorsah. Anschießend begehrte die Klägerin als Kammermitglied die Bezahlung des Differenzbetrages aus einem von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder abgeschlossenen Exzedentenversicherungsvertrages, welcher eine Versicherungssumme von max. EUR 2.180.185,00 vorsah. Begründete wurde diese mit dem Vorliegen eines Serienschadens. Dies wurde von der Exzedentenversicherung bestritten.

Die Klausel in den zugrundeliegenden Bedingungen (ABHV) lautete wie folgt:

»2. Versicherungsfall:
2.1. Versicherungsfall ist der Verstoß (Handlung oder Unterlassung), den ein Mitglied der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bei der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit […] selbst begangen hat oder der durch Personen, für die es nach dem Gesetz einzutreten hat, begangen wurde und aus welchem dem versicherten Mitglied Schadenersatzverpflichtungen erwachsen oder erwachsen können. […]
2.2. Serienschaden
Als ein Versicherungsfall gelten auch alle Folgen
2.2.1 eines Verstoßes;
2.2.2 mehrerer auf derselben Ursache beruhender Verstöße;
2.2.3 mehrerer auf gleichartigen Ursachen beruhender Verstöße, wenn zwischen diesen Ursachen ein rechtlicher, technischer oder wirtschaftlicher Zusammenhang besteht.«


Wie ist die Rechtslage?

In der Entscheidung 7 Ob20/24b hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Tätigkeit der Klägerin, die für die einzelnen Anleger im jeweils individuell geschlossenen Bevollmächtigungsvertrag begründet war, aufgrund des Übermittlungsfehlers des Schriftsatzes einen einheitlichen Versicherungsfall oder aber mehrere Versicherungsfälle darstellen.

Der OGH ist zum Ergebnis gekommen, dass gegenständlich zwar nicht Punkt 2.2.1 der ABHV zur Anwendung kommt, da nicht von einem einzelnen Verstoß im Sinne der Versicherungsbedingungen gesprochen werden kann. Den Verstößen liegt nach Ansicht des OGH aber die selbe Ursache zugrunde, weshalb Punkt 2.2.2 der ABHV zu tragen kommt.

Voraussetzung für einen Serienschaden sei es mit Verweis auf höchstgerichtliche Rechtsprechung nämlich, dass Ursachenidentität vorliegt, somit alle Verstöße auf einer einzigen gleichen Ursache beruhen. Vereinfacht gesagt, als würde man die Ursache lediglich multiplizieren, ohne dass es zu selbstständigen Umsetzungsvorgängen kommt.

Die Ursache der Verstöße liegt in diesem Sachverhalt darin, dass die Klägerin die Berufungen einzelner Mandanten in einem einzigen Schriftsatz zusammenfasste und in einem einzigen Übermittlungsvorgang verschickte. Dies stellt einen einzigen Umsetzungsvorgang und somit einen Serienschaden dar. Folglich ist nun die Versicherungssumme des Grundversicherers in der Höhe von EUR 250.000 für diesen Versicherungsfall ausgeschöpft und der Exzedentenversicherer aufgrund des Serienschadens daher für die weitere Laufstrecke verantwortlich. 

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ein Serienschaden kann auch dann vorliegen, wenn mehrere Verstöße aus individuellen Verträgen auf einer einzigen gleichen Ursache beruhen.«

Was ist passiert?

Im gegenständlichen Fall ging es um ein Haus (Eckhaus) im 14. Wiener Gemeindebezirk, welches an der Kreuzung zweier in diesem Bereich stärker befahrenen Straßenzüge liegt und um die Frage, ob bei der Ermittlung des höchstzulässigen Richtwertmietzinses durch das Gericht auch ein Lagezuschlag nach § 16 Abs 2 Z 3 MRG (aufgrund der Wohnumgebung des Hauses) im Verfahren zu berücksichtigen gewesen wäre.

Das Erstgericht traf Feststellungen zur Infrastruktur , vor allem zur Anbindung an den öffentlichen Verkehr, zum Gastronomieangebot, zur Versorgung mit Geschäften des täglichen Bedarfs, Bildungs- und Fürsorgeeinrichtungen, Gesundheitsversorgung, Sport- und Freizeitanlagen und Parks. Die festgestellte Infrastruktur betrifft zu einem guten Teil den Bereich des Hietzinger Platzes („1130 Wien, Am Platz“), wobei die Einrichtungen und Versorgungsmöglichkeiten dort nur durch Überquerung des Wienflusses sowie der auf beiden Seiten stark befahrenen Einfahrts- und Ausfahrtsstraßen der Stadt zu erreichen sind.

Anders als das Erstgericht berücksichtigte das Rekursgericht diese Einrichtungen und Versorgungsmöglichkeiten im 13. Bezirk bei der Beurteilung der Lagequalität des Hauses nicht. Es führte im Wesentlichen aus, dass der Wienfluss und die zu beiden Seiten befindlichen Fahrbahnen eine natürliche Grenze und Barriere der Erreichbarkeit seien. Die Infrastruktur im 13. Bezirk möge für die Bewohner auf der anderen Seite des Wienflusses attraktiv sein, die Qualität der hier relevanten Wohnumgebung im 14. Bezirk beeinflusse sie nicht. Naturräumliche Grenzen wie etwa die Donau, der Donaukanal, aber auch der Wienfluss trennen die relevante Wohnumgebung; diese ende ausnahmsweise tatsächlich an der Bezirksgrenze. Die Vorteile des 13. Bezirks könnten daher bei der Beurteilung einer Lage im 14. Bezirk nicht berücksichtigt werden.

Der Antragsgegner brachte einen außerordentlichen Revisionsrekurs ein, in welchem er zusammengefasst ausführte, dass die Wohnumgebung beim Richtwertmietzins durchaus zu berücksichtigen sei und keine verallgemeinernde Aussage, dass der Wienfluss als natürliche (und zugleich politische) Grenze auch die im gegenständlichen Fall zu beurteilende konkrete Lage begrenze, getroffen werden könne, sondern im Einzelfall beurteilt werden müsse.


Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 16 Abs 2 Z 3 MRG darf der zwischen dem Vermieter und dem Mieter für eine gemietete Wohnung der Ausstattungskategorien A, B oder C vereinbarte Hauptmietzins je Quadratmeter der Nutzfläche und Monat den angemessenen Betrag nicht übersteigen, der ausgehend vom Richtwert (§ 1 RichtWG) unter Berücksichtigung allfälliger Zuschläge und Abstriche zu berechnen ist. Für die Berechnung des demnach höchstzulässigen Hauptmietzinses sind im Vergleich zur mietrechtlichen Normwohnung (§ 2 Abs. 1 RichtWG) entsprechende Zuschläge zum oder Abstriche vom Richtwert für werterhöhende oder wertvermindernde Abweichungen vom Standard der mietrechtlichen Normwohnung nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens vorzunehmen, wobei für die Bewertung einer Wohnung bedeutsamen Umstände wie unter anderem auch die Lage (Wohnumgebung) des Hauses im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages zu berücksichtigen sind.

Gemäß § 16 Abs 4 MRG ist ein Lagezuschlag unter anderem nur dann zulässig, wenn die Liegenschaft, auf der sich die Wohnung befindet, eine Lage aufweist, die besser ist als die durchschnittliche Lage (§2 Abs 3 RichtWG). Ob eine konkrete Lage (Wohnumgebung) aufgrund ihrer Eigenschaften als „besser als durchschnittlich“ zu qualifizieren ist, ist nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens zu beurteilen (RS0111204). Dazu bedarf es eines wertenden Vergleichs mit anderen Lagen (Wohnumgebungen).

In Wien ist als Referenzgebiet für die Beurteilung der Durchschnittlichkeit der Lage eines Hauses nicht regelhaft der jeweilige Gemeindebezirk heranzuziehen, sondern auf jene Teile des Wiener Stadtgebiets abzustellen, die einander nach der Verkehrsauffassung in ihren Bebauungsmerkmalen gleichen und (daher) ein einigermaßen einheitliches Wohngebiet bilden (RS0131812).

Maßgeblich für die Beurteilung „nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens“ sind unterschiedliche Faktoren und Standorteigenschaften, so etwa die Verkehrsanbindung (öffentlicher Verkehr und Individualverkehr), Versorgung mit Geschäften des täglichen Bedarfs, Bildungs- und Fürsorgeeinrichtungen, Gesundheitsversorgung, kulturelles Angebot, Sport- und Freizeitanlagen, Parks, Grünflächen und Gewässer (also die „Infrastruktur“ im weitesten Sinn). Ein weiteres Kriterium für die Beurteilung der (Über-)Durchschnittlichkeit vor allem einer innerstädtischen Lage ist auch der Umstand, ob die zu beurteilende Liegenschaft – gemessen an vergleichbaren Lagen – eine besondere (Grün-)Ruhelage aufweist oder im Gegenteil über das zu erwartende Ausmaß von Verkehr, Abgasen und Lärm belastet wird. Auch das Image der Wohnumgebung kann in die Beurteilung miteinzubeziehen sein (5 Ob 83/22z [immolex 2022/183 (Plank)] mwN).

Die (Über-)Durchschnittlichkeit der Lage ist dabei in einer Gesamtschau und unter Gewichtung der einzelnen Lagecharakteristika nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Vorzunehmen ist eine Gesamtschau, weil die Lagequalität nur insgesamt erfasst werden kann. Die Auflistung und Bewertung einzelner Lagefaktoren kann nur ein Kontrollinstrument sein (5 Ob 83/22z mwN).

Bei der Beurteilung der Lagequalität ist den Gerichten ein gewisser Wertungs- und Ermessensspielraum eingeräumt. Solange dieser nicht überschritten wird, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (5 Ob 83/22z5 Ob 20/22k mwN).

Der OGH führte im abgeführten Rechtsstreit zu GZ 5 Ob 27/23s aus, dass keine Fehlbeurteilung des Rekursgerichtes und somit keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt. Dies begründete der OGH damit, dass die Berücksichtigung der jenseits des Wienflusses gelegenen Lagemerkmale beim Richtwertmietzins dann ausgeschlossen werden kann, wenn im konkreten Einzelfall die Möglichkeiten der Überquerung tatsächlich eingeschränkt sind, die Erreichbarkeit der auf der anderen Uferseite gelegenen Einrichtungen also erschwert ist und diese daher nach der Verkehrsauffassung die Lage nicht charakterisieren. Die Beurteilung hängt somit von den konkreten, insbesondere örtlichen Gegebenheiten ab. Letztlich begründet aber ohnedies auch das Rekursgericht die Außerachtlassung der Lagecharakteristika rund um den „Hietzinger Platz“ mit den konkreten örtlichen Gegebenheiten, nämlich damit, dass die gegebene Distanz von 600 bis 750 m nicht mehr als fußläufig bezeichnet werden könne und sich die im Nachbarbezirk gelegenen Geschäfte und Lokale daher außerhalb der relevanten Wohnumgebung befinden. Das Gebot der Beurteilung der Lage macht es nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens notwendig, sich bei dieser Beurteilung von einem gleichsam mathematischen Verständnis des Wortes „durchschnittlich“, als dem Mittelwert aus einer gegebenen Grundgesamtheit (annähernd) entsprechend, zu lösen. Die Lage ist in einer Gesamtschau und durch Gewichtung der einzelnen Lagecharakteristika zu beurteilen, nicht aus der Auflistung und Bewertung einzelner Lagefaktoren zu berechnen. Letzteres kann laut OGH nur ein Kontrollinstrument sein. Im gegenständlichen Fall war es zudem so, dass auch aus der im Sachverständigengutachten abgebildeten Lärmkarte eine starke Belastung durch Straßenlärm von 70-75 dB gegeben war und in die Gesamtbetrachtung des Rekursgerichtes miteingeflossen ist. Diese erhöhte Beeinträchtigung durch Straßenlärm schmälert die Wohnqualität und ist daher bei der Gesamtbetrachtung aller Lagecharakteristika als negative Eigenschaft zu berücksichtigen. Somit hat nach Ansicht des OGH das Rekursgericht bei der Beurteilung der Qualität der Lage (Wohnumgebung) den ihm eingeräumten Wertungs- und Ermessensspielraum nicht verlassen und war daher der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Schlussfolgerung

Bei der Beurteilung der Frage, ob aufgrund einer besonderen Lage eines Objektes im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages ein Lagezuschlag beim Richtwertmietzins gerechtfertigt ist, ist immer eine Gesamtschau und Gewichtung der einzelnen Lagecharakteristika vorzunehmen. Insbesondere starke Belastung durch Straßenlärm kann sich negativ auswirken und dazu führen, dass kein Lagezuschlag zulässig ist

Was ist passiert?

Zwischen der Versicherungsnehmerin und dem Versicherer bestand im Jahr 2021 ein Bündelversicherungsvertrag mit der Sparte Sturmschaden. Die zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen lauteten auszugsweise wie folgt:

»[…] Nicht versichert sind, auch nicht als unvermeidliche Folge eines Schadensereignisses:
[…]
2. Schäden durch Lawinen und Lawinenluftdruck, Sturmflut, Hochwasser, Überschwemmung und Vermurung.
[…]
4. Schäden durch Wasser
Schäden durch Schmelz- oder Niederschlagswasser sind aber versichert, wenn das Wasser dadurch in ein Gebäude eindringt, dass feste Baubestandteile oder ordnungsgemäß verschlossene Fenster oder Außentüren durch ein Schadenereignis beschädigt oder zerstört wurden.
[…]«

In Abänderung von Artikel 2 (Pkt. 4) der AStB 1998 leistet der Versicherer auch dann Entschädigung, wenn Gebäudeteile im Inneren der versicherten Gebäude durch Witterungsniederschläge (Niederschlagswasser, Schnee oder Hagel) beschädigt oder zerstört werden, welche durch Dach- oder Mauerteile bzw. durch ordnungsgemäß geschlossene Fenster oder Außentüren ins Gebäude eindringen, ohne dass ein Ereignis gemäß Artikel 1 der AStB 1998 einwirkt.“

Auf der versicherten Liegenschaft befindet sich ein ca. 15 Jahre altes, unterkellertes, mehrstöckiges, in Massivbauweise errichtetes Mehrfamilienhaus. Am 17.07.2021 kam es auf der versicherten Liegenschaft aufgrund eines Unwetters mit Starkregen bei den Erdgeschosswohnungen auf vier Stiegen zu Wassereintritten und Schäden. Es handelt sich um zweigeschossig ausgeführte Erdgeschosswohnungen, deren unteres Geschoss unter dem Straßenniveau im Keller des Gebäudes liegt. Es gibt eigene Lichthöfe, die mit einem Bodenablauf und mit einem Rigol in Kellerbodenniveau ausgeführt sind. Diese haben eine Fläche von jeweils rund 5 m² und dienen der Ableitung von Witterungsniederschlägen. Am Schadenstag gab es derart heftige und schwere Niederschläge, dass sich das Niederschlagswasser in den Lichthöfen ansammelte und nicht mehr abfließen konnte, sodass das aufgestaute Wasser in den Bodenaufbau und in das Mauerwerk eindrang. Die Schäden entstanden nicht dadurch, dass das Regenwasser direkt in die Wohnungen eindrang.

Der Versicherer lehnte eine Leistung aus der Sturmschadenversicherung mit der Begründung ab, dass nur solche Schäden gedeckt seien, die durch direkte Einwirkung von Witterungsniederschlägen, und nicht durch Ansammlung von Wasser, das in das Gebäude eindringe, verursacht worden seien. Außerdem seien die Schäden durch eine Überschwemmung entstanden, sodass der entsprechende Risikoausschluss greife.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 22.11.2023, Aktenzeichen: 7 Ob 113/23b, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, dass das gegenständliche Bedingungswerk auch Schäden in die Versicherungsdeckung einschließt, wenn Gebäudeteile im Inneren des versicherten Gebäudes durch Witterungsniederschläge (zB Niederschlagswasser) beschädigt oder zerstört werden, welche (unter anderem) durch Mauerteile ins Gebäude eindringen.

Unter einem „Eindringen von Witterungsniederschlägen“ im Sinn der gegenständlichen Versicherungsbedingungen verstehe der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer auch den Fall, dass in einem umschlossenen Hof angesammeltes Niederschlagswasser seinen Weg über Mauerteile ins Gebäude findet. In dieser Klausel finde sich kein Anhaltspunkt, dass nur Schäden ersetzt würden, die durch direkte Einwirkung von heftigen Witterungsniederschlägen entstanden seien. Auch die Ansicht des Versicherers, wonach kein „Niederschlagswasser“ mehr vorliege, sobald dieses auf den Boden auftreffe, könne der durchschnittliche Versicherungsnehmer weder dem Wortlaut der Bedingung noch dem allgemeinen Sprachgebrauch entnehmen. Es bestehe daher grundsätzlich Versicherungsdeckung.

Fraglich war daher noch, ob der Risikoausschluss greift, wonach Schäden durch „Überschwemmung“ für nicht versichert erklärt werden. Nach Ansicht des OGH impliziere der Begriff „Überschwemmung“, dass sich Wasser auf einem nicht unerheblichen Teil von Grund und Boden des Versicherungsorts ansammelt. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer verstehe darunter kein kleinräumiges Ereignis wie in Lichthöfen stehendes Regenwasser.

Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass der Risikoausschluss der „Überschwemmung“ im vorliegenden Fall nicht verwirklicht ist, sodass der Versicherer für die geltend gemachten Schäden dem Grunde nach Deckung zu gewähren hat.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer versteht unter dem Begriff „Überschwemmung“ eine großräumige Überflutung. Eine kleinräumige Ansammlung von Wasser, wie in kleinen Lichthöfen stehen bleibendes Regenwasser, fällt daher nicht unter diesen Begriff

Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer hat bei dem Versicherer einen Unfallversicherungsvertrag abgeschlossen, in welchem die Ehefrau des Versicherungsnehmers mitversichert war.

Die Mitversicherte wurde bei einem Zusammenstoß mit einem Zug getötet. Im Verfahren auf Leistungen aus der Unfallversicherung war fraglich, ob es sich um einen Suizid oder einen Unfalltod handelte und wie die Beweisführung in einem solchen Fall zu führen ist.

Dem Unfallversicherungsvertrag liegen die Allgemeinen * Bedingungen für die Unfall-Versicherung (AUVB 2008) zu Grunde, welche lauten:

»Artikel 2
Versicherungsfall
Versicherungsfall ist der Eintritt eines Unfalls (siehe Art 6, Begriff des Unfalls).
[…]
Artikel 6
Begriff des Unfalls
1. Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.
[…]«


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 06.03.2024, Geschäftszahl: 7Ob35/24h, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, dass die Beweislast für das Vorliegen eines Versicherungsfalls (hier Unfall) nach der allgemeinen Risikobeschreibung den Versicherungsnehmer trifft (RS0043438). Hierfür reicht es aus, dass der Versicherungsnehmer Umstände aufzeigt, die die Möglichkeit eines Unfalls naheliegend erscheinen lassen. Gelingt es dem Versicherer wiederum Umstände zu behaupten und zu beweisen, die dafür sprechen, dass kein deckungspflichtiger Unfall vorliegt, muss der Versicherungsnehmer beweisen, dass er unabhängig davon unfreiwillig einen Unfall erlitten hat. (RS0080921; 7 Ob 172/12p).

Es ist nach der Rsp. des OGH nicht entscheidend, ob ein Unfalltod mit Sicherheit festgestellt werden kann, sondern nur, ob dafür ein so hoher, der Gewissheit gleichkommender Grad der Wahrscheinlichkeit spricht, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch daran zweifeln kann.

Auch wenn grundsätzlich der Versicherer gem § 181 VersVG den Ausschlussgrund seiner Leistungsfreiheit zu beweisen hat, enthält Art 6 AUVB keinen Ausschluss, sondern eine primäre Risikoumschreibung.

Auch wenn die österreichische Rechtsordnung den Ausdruck „strikte Beweisführung“ nicht kennt und schlussendlich nur die Überzeugung des Richters dafür maßgeblich ist, welche Umstände als erwiesen angenommen werden, muss in Fällen, bei denen schwerwiegende Argumente für die Leistungsfreiheit des Versicherers sprechen, der Versicherungsnehmer eine Beweislage schaffen, aus der sich gewichtige Argumente ergeben, die das Gegenteil darstellen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ist Zweifelhaft, ob ein Unfalltod vorliegt, muss dieser nicht mit Sicherheit festgestellt werden, sondern der Grad der Wahrscheinlichkeit so hoch sein, dass kein vernünftiger Mensch daran zweifeln kann.«

Was ist passiert?

Der österreichische Nationalrat hat am 20.03.2024 das Wohn- und Baupaket beschlossen. Wichtiger Teil dieses Pakets ist die temporäre (von 01.07.2024 bis 30.06.2026) geltende Streichung von Grundbuchseintragungsgebühren und Pfandrechtseintragungsgebühren beim entgeltlichen Erwerb von Eigenheimen, sofern der Vertrag, welcher die Rechtsgrundlage für die Übertragung bildet, nach dem 31.03.2024 abgeschlossen wurde und die Bemessungsgrundlage unter EUR 500.000,00 liegt.


Rechtliche Beurteilung

Folgende Voraussetzungen müssen gemeinsam vorliegen, damit es zu solch einer Gebührenbefreiung kommt:

  1. Der Eintragung liegt ein entgeltliches Rechtsgeschäft zugrunde, das nach dem 31. 3. 2024 geschlossen wurde.
  2. Der Antrag auf Eintragung des jeweiligen Rechts langt nach dem 30. 6. 2024, aber vor dem 1. 7. 2026 beim Grundbuchsgericht ein.
  3. Bei Eintragungen (Einverleibungen) bzw. Vormerkungen bzw. Anmerkungen der Rechtfertigung der Vormerkung zum Erwerb des Eigentums und des Baurechts soll das auf der Liegenschaft errichtete oder zu errichtende Gebäude oder das Bauwerk der Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses des einzutragenden Eigentümers dienen (Wohnstätte).
  4. Bei Eintragungen zum Erwerb des Pfandrechts, Anmerkungen der Rangordnung der beabsichtigten Verpfändung und der nachträglichen Eintragung des Pfandrechts in der angemerkten Rangordnung wird der pfandrechtlich gesicherte Betrag ausschließlich oder doch zu mehr als 90 % zum Erwerb dieser Liegenschaft (des Liegenschaftsanteils, des Baurechts) oder des Bauwerks oder zur Errichtung oder Sanierung der Wohnstätte auf der erworbenen Liegenschaft aufgenommen.
  5. Die Gebührenbefreiung muss in der Eingabe an das Grundbuch, spätestens aber anlässlich der Vorstellung gegen einen Zahlungsauftrag unter Hinweis auf die mögliche Gebührenbefreiung in Anspruch genommen.

Die Gebührenbefreiung besteht bis zu einer Bemessungsgrundlage von Euro 500.000,00.

Wesentlich für die Gebührenbefreiung ist ein dringliches Wohnbedürfnis. Dieses wird durch eine Bestätigung der Meldung des Hauptwohnsitzes an der Liegenschaftsadresse und durch den Nachweis, dass die Wohnrechts an einer bisher verwendeten Wohnung aufgegeben wurde, nachgewiesen.

Weiters beinhaltet das Wohn- und Baupaket einen Zweckzuschuss des Bundes zur Wohnraumsanierung in der Höhe von EUR 1 Mrd. für den Zeitraum 2024 – 2026. Die Bundesländer erhalten zusätzlich die Möglichkeit sich über die Bundesfinanzierungsagentur günstig zu finanzieren.

Ebenso werden zwischen 2024 und 2026 fertiggestellte Wohnneubauten, die definierten ökologischen Standards entsprechen, durch beschleunigte Abschreibungsmöglichkeiten (3 Jahre lang der dreifache AfA-Satz, dh 4,5 % pro Jahr) steuerlich begünstigt. Ähnliches gilt für Sanierungsmaßnahmen, die nach dem Umweltförderungsgesetz unterstützt werden. Dazu gehören eine Aufstockung des Reparaturbonus um 50 Mio Euro und die Bereitstellung von weiteren 60 Mio Euro für den sog „Wohnschirm“ zur Verhinderung von Delogierungen. Weiters können Vermieter, welche eine Wohnung bzw ein Gebäude thermisch sanieren oder ein fossiles Heizungssystem durch ein klimafreundliches ersetzen, durch das Wohn- und Baupaket einen Zuschlag iHv 15 % der Aufwendungen steuerlich geltend machen.

Schlussfolgerung

Beim Wohn- und Baupaket handelt es sich um eine wichtige Initiative zur Ankurbelung der Baukonjunktur und Schaffung leistbaren Wohnraums. Die Gebührenbefreiung für Wohnungskäufer führt temporär zu einer spürbaren Erleichterung für die Käufer von Wohnraum mit dringlichem Wohnbedürfnis.

Was ist passiert?

Der Kläger hat mit der Beklagten eine Eigenheimversicherung abgeschlossen, die auch einen Versicherungsschutz für Hagelschäden umfasst. Dem Versicherungsvertrag liegt unter anderem die Bedingung 12K zugrunde. Diese lautet wie folgt:

»12K – Optische Schäden bis EUR 10.000,-
In Erweiterung der AStB werden nachweislich entstandene optische Schäden durch Hagel an Gebäudebestandteilen (ausgenommen Dachrinnen und Fallrohre aller Art) bis EUR 10.000,- auf ‚Erstes Risiko‘ ersetzt, sofern eine Wiederherstellung erfolgt.
Für Blech- und Kupferdächer beträgt die Höchstentschädigung EUR 5.000,- auf ‚Erstes Risiko‘.«

Nachdem im Sommer 2021 ein Hagelunwetter am versicherten Risikoort niederging, kam es zu optischen Schäden am Dach des Hauses des Klägers.

Im anhängigen Rechtsstreit ging es um die Frage, ob der Kläger die Höchstentschädigung in Höhe von EUR 5.000,00 schon ziehen kann, auch wenn die optischen Schäden am Dach noch nicht behoben wurden. Der Kläger schloss die Fälligkeit der Entschädigungsleistung daraus, dass im Gegensatz zu Satz 1 der Klausel, Satz 2 keine explizite Bedingung für die Fälligkeit der Entschädigung dahingehend enthält, dass eine „Wiederherstellung“ zu erfolgen hat. Demnach sei die Entschädigung auch ohne vorherige Wiederherstellung (Behebung der Schäden) von der Versicherung zu bezahlen, zumal Satz 2 isoliert von Satz 1 der Bedingung 12K zu betrachten sei.


Wie ist die Rechtslage?

Durch die Wiederherstellungsklausel wird mittelbar Zwang auf den Versicherungsnehmer ausgeübt, der erst bei Sicherung der Wiederherstellung an die Versicherungssumme gelangt. Die Fälligkeit der Leistung ist bis dahin aufgeschoben (RS0111471).

Unstrittig ist, dass Satz 1 der Klausel 12K eine strenge Wiederherstellungsklausel vorsieht. Im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Klägers bestätigte der OGH in seiner Entscheidung, dass die Klausel vom Wortlaut her so eindeutig ist, dass keine Auslegungszweifel verbleiben (RS0121516).

Demnach ist die Bedingung so zu verstehen, dass auch der Ersatz von optischen Schäden an Blech- und Kupferdächern eine vorherige Wiederherstellung erfordert, wobei abweichend zu Satz 1 lediglich die Höchstentschädigungssumme auf EUR 5.000,00 begrenzt wird. Eine isolierte Betrachtung zu Satz 1 würde auch keinen Sinn ergeben, weil mit Satz 2 keine Versicherungsleistung für die genannten Schäden angeordnet, sondern eben nur eine Begrenzung in Form einer Höchstentschädigungssumme getroffen wird.

In Ermangelung der vorherigen Sicherstellung der Wiederherstellung wurde die Fälligkeit der Entschädigung daher verneint.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ist eine Klausel vom Wortlaut her klar verständlich und lässt sich zweifellos erkennen, was Voraussetzung für den Eintritt der Versicherungsleistung ist und für welche Leistung eine Höchstentschädigungssumme besteht, erübrigen sich weitere Auslegungsfragen.«

Was ist passiert?

Zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer bestand ein Unfallversicherungsvertrag, bei dem auch der Sohn des Versicherungsnehmers für den Versicherungsfall der dauernden Invalidität auf fremde Rechnung mitversichert war. Dem Versicherungsvertrag lagen die die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen 2019 (AUVB 2019) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauteten:

»Artikel 21 – Was ist vor Eintritt eines Versicherungsfalles zu beachten? Was ist nach Eintritt eines Versicherungsfalles zu tun?
Obliegenheiten
Als Obliegenheiten werden vereinbart:
1. Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles:
1.1 Die versicherte Person hat als Lenker eines Kraftfahrzeuges die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung, die zum Lenken dieses oder eines typengleichen Kraftfahrzeuges erforderlich wäre, zu besitzen; dies gilt auch dann, wenn dieses Fahrzeug nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt wird. […]

Der damals 15-jährige Mitversicherte erlitt Anfang September 2022 im Zuge der Teilnahme an einem Fahrsicherheitstraining in einem Trialgarten einen Unfall, bei dem er sich eine Fraktur des Tibiaschaftes am rechten Bein zuzog. Dies führte zu einer dauernden Invalidität von 6 % des Beinwertes. Der Mitversicherte verfügte nur über eine Lenkberechtigung für die Klasse AM, nicht aber über eine solche für Motorräder mit einem Hubraum von 125 Kubikzentimeter (A1). Das verwendete Trial-Motorrad hatte einen Hubraum von 125 Kubikzentimeter, war ausschließlich für den Offroad-Bereich konzipiert, wurde nur auf der Wiese gefahren und diente dem Üben der Fahrtechnik. Für Motorräder mit einem Hubraum von bis zu 125 Kubikzentimeter ist nach dem Gesetz die Führerscheinklasse A1 erforderlich. Der Unfallversicherer lehnte eine Versicherungsleistung unter Verweis auf eine Obliegenheitsverletzung gemäß Artikel 21.1.1 der AUVB 2019 ab. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 06.03.2024 (Geschäftszahl: 7 Ob 7/24s) führte der OGH zunächst aus, dass die versicherte Person nach Art 21.1.1 AUVB 2019 als Lenker eines Kraftfahrzeugs die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung für das Lenken dieses oder eines typengleichen Fahrzeugs haben muss. Diese Führerscheinklausel habe auch für Fahrten auf nichtöffentlichem Grund Geltung. Sie ziele darauf ab, den Versicherer nicht dem höheren Risiko durch unerfahrene und ungeschulte Lenker auszusetzen. Das Unfallrisiko eines bloßen Bedienungs-bzw. Fahrfehlers sei bei diesen Lenkern auf öffentlichen wie auf nichtöffentlichen Flächen gleich hoch. Die Führerscheinklausel stelle darauf ab, ob der Lenker eine (allgemeine) Fahrberechtigung und damit eine gewisse Fahrsicherheit hat, egal auf welcher Fläche er das Fahrzeug lenkt. Das fahrerische Können solle bereits vor Antritt der Fahrt in der vom Gesetz formalisierten Weise durch Erhebungen der Behörde und die Fahrprüfung dargetan sein.

Nach Ansicht des OGH ist daher die Führerscheinklausel dahin zu verstehen, dass der Mitversicherte, um Versicherungsschutz zu genießen, zum Lenken eines Kraftfahrzeugs über die entsprechende Lenkberechtigung nach dem Führerscheingesetz (FSG) verfügen muss. Auch Fahrten auf nichtöffentlichem Grund, für die keine Lenkberechtigung erforderlich ist, seien von der Führerscheinklausel ausdrücklich erfasst. Das Fahrtechniktraining fand auf einem Gelände ohne Straßen mit öffentlichem Verkehr statt. Dies stehe daher dem Erfordernis einer Lenkberechtigung nicht entgegen. Auch wenn daher das Verhalten des Mitversicherten nach dem Führerscheingesetz möglicherweise nicht verboten gewesen sei, resultiere daraus nach der Bedingungslage des Unfallversicherungsvertrags keine Leistungspflicht des Versicherers. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass der Unfallversicherung die Leistung zu Recht ablehnte.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Nach der Führerscheinklausel hat der Versicherte als Lenker die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung, die zum Lenken dieses oder eines typengleichen Kraftfahrzeugs erforderlich ist, zu besitzen. Selbst, wenn daher für das gegenständliche Fahrzeug bzw. für die gegenständliche Fahrt nach dem Gesetz kein Führerschein erforderlich ist, kommt es nach der Führerscheinklausel darauf an, ob für ein „typengleiches Fahrzeug“ ein Führerschein erforderlich ist