Was ist passiert?

Der österreichische Nationalrat hat am 20.03.2024 das Wohn- und Baupaket beschlossen. Wichtiger Teil dieses Pakets ist die temporäre (von 01.07.2024 bis 30.06.2026) geltende Streichung von Grundbuchseintragungsgebühren und Pfandrechtseintragungsgebühren beim entgeltlichen Erwerb von Eigenheimen, sofern der Vertrag, welcher die Rechtsgrundlage für die Übertragung bildet, nach dem 31.03.2024 abgeschlossen wurde und die Bemessungsgrundlage unter EUR 500.000,00 liegt.


Rechtliche Beurteilung

Folgende Voraussetzungen müssen gemeinsam vorliegen, damit es zu solch einer Gebührenbefreiung kommt:

  1. Der Eintragung liegt ein entgeltliches Rechtsgeschäft zugrunde, das nach dem 31. 3. 2024 geschlossen wurde.
  2. Der Antrag auf Eintragung des jeweiligen Rechts langt nach dem 30. 6. 2024, aber vor dem 1. 7. 2026 beim Grundbuchsgericht ein.
  3. Bei Eintragungen (Einverleibungen) bzw. Vormerkungen bzw. Anmerkungen der Rechtfertigung der Vormerkung zum Erwerb des Eigentums und des Baurechts soll das auf der Liegenschaft errichtete oder zu errichtende Gebäude oder das Bauwerk der Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses des einzutragenden Eigentümers dienen (Wohnstätte).
  4. Bei Eintragungen zum Erwerb des Pfandrechts, Anmerkungen der Rangordnung der beabsichtigten Verpfändung und der nachträglichen Eintragung des Pfandrechts in der angemerkten Rangordnung wird der pfandrechtlich gesicherte Betrag ausschließlich oder doch zu mehr als 90 % zum Erwerb dieser Liegenschaft (des Liegenschaftsanteils, des Baurechts) oder des Bauwerks oder zur Errichtung oder Sanierung der Wohnstätte auf der erworbenen Liegenschaft aufgenommen.
  5. Die Gebührenbefreiung muss in der Eingabe an das Grundbuch, spätestens aber anlässlich der Vorstellung gegen einen Zahlungsauftrag unter Hinweis auf die mögliche Gebührenbefreiung in Anspruch genommen.

Die Gebührenbefreiung besteht bis zu einer Bemessungsgrundlage von Euro 500.000,00.

Wesentlich für die Gebührenbefreiung ist ein dringliches Wohnbedürfnis. Dieses wird durch eine Bestätigung der Meldung des Hauptwohnsitzes an der Liegenschaftsadresse und durch den Nachweis, dass die Wohnrechts an einer bisher verwendeten Wohnung aufgegeben wurde, nachgewiesen.

Weiters beinhaltet das Wohn- und Baupaket einen Zweckzuschuss des Bundes zur Wohnraumsanierung in der Höhe von EUR 1 Mrd. für den Zeitraum 2024 – 2026. Die Bundesländer erhalten zusätzlich die Möglichkeit sich über die Bundesfinanzierungsagentur günstig zu finanzieren.

Ebenso werden zwischen 2024 und 2026 fertiggestellte Wohnneubauten, die definierten ökologischen Standards entsprechen, durch beschleunigte Abschreibungsmöglichkeiten (3 Jahre lang der dreifache AfA-Satz, dh 4,5 % pro Jahr) steuerlich begünstigt. Ähnliches gilt für Sanierungsmaßnahmen, die nach dem Umweltförderungsgesetz unterstützt werden. Dazu gehören eine Aufstockung des Reparaturbonus um 50 Mio Euro und die Bereitstellung von weiteren 60 Mio Euro für den sog „Wohnschirm“ zur Verhinderung von Delogierungen. Weiters können Vermieter, welche eine Wohnung bzw ein Gebäude thermisch sanieren oder ein fossiles Heizungssystem durch ein klimafreundliches ersetzen, durch das Wohn- und Baupaket einen Zuschlag iHv 15 % der Aufwendungen steuerlich geltend machen.

Schlussfolgerung

Beim Wohn- und Baupaket handelt es sich um eine wichtige Initiative zur Ankurbelung der Baukonjunktur und Schaffung leistbaren Wohnraums. Die Gebührenbefreiung für Wohnungskäufer führt temporär zu einer spürbaren Erleichterung für die Käufer von Wohnraum mit dringlichem Wohnbedürfnis.

Was ist passiert?

Der Kläger hat mit der Beklagten eine Eigenheimversicherung abgeschlossen, die auch einen Versicherungsschutz für Hagelschäden umfasst. Dem Versicherungsvertrag liegt unter anderem die Bedingung 12K zugrunde. Diese lautet wie folgt:

»12K – Optische Schäden bis EUR 10.000,-
In Erweiterung der AStB werden nachweislich entstandene optische Schäden durch Hagel an Gebäudebestandteilen (ausgenommen Dachrinnen und Fallrohre aller Art) bis EUR 10.000,- auf ‚Erstes Risiko‘ ersetzt, sofern eine Wiederherstellung erfolgt.
Für Blech- und Kupferdächer beträgt die Höchstentschädigung EUR 5.000,- auf ‚Erstes Risiko‘.«

Nachdem im Sommer 2021 ein Hagelunwetter am versicherten Risikoort niederging, kam es zu optischen Schäden am Dach des Hauses des Klägers.

Im anhängigen Rechtsstreit ging es um die Frage, ob der Kläger die Höchstentschädigung in Höhe von EUR 5.000,00 schon ziehen kann, auch wenn die optischen Schäden am Dach noch nicht behoben wurden. Der Kläger schloss die Fälligkeit der Entschädigungsleistung daraus, dass im Gegensatz zu Satz 1 der Klausel, Satz 2 keine explizite Bedingung für die Fälligkeit der Entschädigung dahingehend enthält, dass eine „Wiederherstellung“ zu erfolgen hat. Demnach sei die Entschädigung auch ohne vorherige Wiederherstellung (Behebung der Schäden) von der Versicherung zu bezahlen, zumal Satz 2 isoliert von Satz 1 der Bedingung 12K zu betrachten sei.


Wie ist die Rechtslage?

Durch die Wiederherstellungsklausel wird mittelbar Zwang auf den Versicherungsnehmer ausgeübt, der erst bei Sicherung der Wiederherstellung an die Versicherungssumme gelangt. Die Fälligkeit der Leistung ist bis dahin aufgeschoben (RS0111471).

Unstrittig ist, dass Satz 1 der Klausel 12K eine strenge Wiederherstellungsklausel vorsieht. Im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Klägers bestätigte der OGH in seiner Entscheidung, dass die Klausel vom Wortlaut her so eindeutig ist, dass keine Auslegungszweifel verbleiben (RS0121516).

Demnach ist die Bedingung so zu verstehen, dass auch der Ersatz von optischen Schäden an Blech- und Kupferdächern eine vorherige Wiederherstellung erfordert, wobei abweichend zu Satz 1 lediglich die Höchstentschädigungssumme auf EUR 5.000,00 begrenzt wird. Eine isolierte Betrachtung zu Satz 1 würde auch keinen Sinn ergeben, weil mit Satz 2 keine Versicherungsleistung für die genannten Schäden angeordnet, sondern eben nur eine Begrenzung in Form einer Höchstentschädigungssumme getroffen wird.

In Ermangelung der vorherigen Sicherstellung der Wiederherstellung wurde die Fälligkeit der Entschädigung daher verneint.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ist eine Klausel vom Wortlaut her klar verständlich und lässt sich zweifellos erkennen, was Voraussetzung für den Eintritt der Versicherungsleistung ist und für welche Leistung eine Höchstentschädigungssumme besteht, erübrigen sich weitere Auslegungsfragen.«

Was ist passiert?

Zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer bestand ein Unfallversicherungsvertrag, bei dem auch der Sohn des Versicherungsnehmers für den Versicherungsfall der dauernden Invalidität auf fremde Rechnung mitversichert war. Dem Versicherungsvertrag lagen die die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen 2019 (AUVB 2019) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauteten:

»Artikel 21 – Was ist vor Eintritt eines Versicherungsfalles zu beachten? Was ist nach Eintritt eines Versicherungsfalles zu tun?
Obliegenheiten
Als Obliegenheiten werden vereinbart:
1. Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles:
1.1 Die versicherte Person hat als Lenker eines Kraftfahrzeuges die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung, die zum Lenken dieses oder eines typengleichen Kraftfahrzeuges erforderlich wäre, zu besitzen; dies gilt auch dann, wenn dieses Fahrzeug nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt wird. […]

Der damals 15-jährige Mitversicherte erlitt Anfang September 2022 im Zuge der Teilnahme an einem Fahrsicherheitstraining in einem Trialgarten einen Unfall, bei dem er sich eine Fraktur des Tibiaschaftes am rechten Bein zuzog. Dies führte zu einer dauernden Invalidität von 6 % des Beinwertes. Der Mitversicherte verfügte nur über eine Lenkberechtigung für die Klasse AM, nicht aber über eine solche für Motorräder mit einem Hubraum von 125 Kubikzentimeter (A1). Das verwendete Trial-Motorrad hatte einen Hubraum von 125 Kubikzentimeter, war ausschließlich für den Offroad-Bereich konzipiert, wurde nur auf der Wiese gefahren und diente dem Üben der Fahrtechnik. Für Motorräder mit einem Hubraum von bis zu 125 Kubikzentimeter ist nach dem Gesetz die Führerscheinklasse A1 erforderlich. Der Unfallversicherer lehnte eine Versicherungsleistung unter Verweis auf eine Obliegenheitsverletzung gemäß Artikel 21.1.1 der AUVB 2019 ab. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 06.03.2024 (Geschäftszahl: 7 Ob 7/24s) führte der OGH zunächst aus, dass die versicherte Person nach Art 21.1.1 AUVB 2019 als Lenker eines Kraftfahrzeugs die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung für das Lenken dieses oder eines typengleichen Fahrzeugs haben muss. Diese Führerscheinklausel habe auch für Fahrten auf nichtöffentlichem Grund Geltung. Sie ziele darauf ab, den Versicherer nicht dem höheren Risiko durch unerfahrene und ungeschulte Lenker auszusetzen. Das Unfallrisiko eines bloßen Bedienungs-bzw. Fahrfehlers sei bei diesen Lenkern auf öffentlichen wie auf nichtöffentlichen Flächen gleich hoch. Die Führerscheinklausel stelle darauf ab, ob der Lenker eine (allgemeine) Fahrberechtigung und damit eine gewisse Fahrsicherheit hat, egal auf welcher Fläche er das Fahrzeug lenkt. Das fahrerische Können solle bereits vor Antritt der Fahrt in der vom Gesetz formalisierten Weise durch Erhebungen der Behörde und die Fahrprüfung dargetan sein.

Nach Ansicht des OGH ist daher die Führerscheinklausel dahin zu verstehen, dass der Mitversicherte, um Versicherungsschutz zu genießen, zum Lenken eines Kraftfahrzeugs über die entsprechende Lenkberechtigung nach dem Führerscheingesetz (FSG) verfügen muss. Auch Fahrten auf nichtöffentlichem Grund, für die keine Lenkberechtigung erforderlich ist, seien von der Führerscheinklausel ausdrücklich erfasst. Das Fahrtechniktraining fand auf einem Gelände ohne Straßen mit öffentlichem Verkehr statt. Dies stehe daher dem Erfordernis einer Lenkberechtigung nicht entgegen. Auch wenn daher das Verhalten des Mitversicherten nach dem Führerscheingesetz möglicherweise nicht verboten gewesen sei, resultiere daraus nach der Bedingungslage des Unfallversicherungsvertrags keine Leistungspflicht des Versicherers. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass der Unfallversicherung die Leistung zu Recht ablehnte.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Nach der Führerscheinklausel hat der Versicherte als Lenker die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung, die zum Lenken dieses oder eines typengleichen Kraftfahrzeugs erforderlich ist, zu besitzen. Selbst, wenn daher für das gegenständliche Fahrzeug bzw. für die gegenständliche Fahrt nach dem Gesetz kein Führerschein erforderlich ist, kommt es nach der Führerscheinklausel darauf an, ob für ein „typengleiches Fahrzeug“ ein Führerschein erforderlich ist

Was ist passiert?

Zwischen Versicherungsnehmerin und Versicherer besteht ein Haftpflichtversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen und die Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die 2 7 Ob 21/24z Haftpflichtversicherung (AHVB 2004 und EHVB 2004) Fassung 01/2015 zugrunde liegen. Die EHVB lauten auszugsweise:

»15. Privathaftpflicht
1. Die Versicherung erstreckt sich nach Maßgabe des Deckungsumfanges der AHVB auf Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens mit Ausnahme der Gefahr einer betrieblichen, beruflichen oder der gewerbsmäßigen Tätigkeit, insbesondere […]«

Der mitversicherte Lebensgefährte der Versicherungsnehmerin traf beim Besuch eines Sportfests auf den Ex -Freund der Versicherungsnehmerin. Beide waren alkoholisiert. Der Ex-Freund meinte zum Lebensgefährten, er solle verschwinden, worauf letzterer vorerst nicht reagierte. 15 Minuten später trafen diese wieder aufeinander, worauf der Lebensgefährte dem Ex-Freund unvermittelt eine Ohrfeige versetzte, worauf dieser zu Sturz kam und sich einen Oberschenkelhalsbruch zuzog.


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH sprach in seiner Entscheidung vom 6.3.2024 zu 7 Ob 21/24z aus, dass der versicherungsrechtliche Begriff der „Gefahr des täglichen Lebens“ so auszulegen ist, dass davon jene Gefahren, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss, umfasst sind. Die Gefahr, haftpflichtig zu werden, stellt im Leben eines Durchschnittsmenschen nach wie vor eine Ausnahme dar. Deshalb will die Privathaftpflichtversicherung prinzipiell Deckung auch für außergewöhnliche Situationen schaffen, in die auch ein Durchschnittsmensch hineingeraten kann. Auch ein vernünftiger Durchschnittsmensch kann aus Unvorsichtigkeit eine außergewöhnliche Gefahrensituation schaffen oder sich in einer solchen völlig falsch verhalten oder sich zu einer gefährlichen Tätigkeit, aus der die entsprechenden Folgen erwachsen, hinreißen lassen. Das ggst. Verhalten des Lebensgefährten ist jedoch keine vom gedeckten Risiko umfasste Gefahr des täglichen Lebens sei, in die ein Durchschnittsmensch im normalen Lebensverlauf üblicherweise gerate.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Das unvermutete Versetzen einer Ohrfeige stellt für gewöhnlich kein (vom Versicherungsschutz umfasstes) Eskalieren einer Alltagssituation dar, sondern eine ungewöhnliche und gefährliche Tätigkeit, für welche kein Versicherungsschutz besteht.«

Was ist passiert?

Der beklagte Mieter mietete ein Geschäftslokal zum Betrieb eines Bekleidungsgeschäfts. Der Mieter zahlte für die Monate März und April 2021 nur 80 % bzw 40 % des vorgeschriebenen Mietzinses. In diesen Monaten galten nach § 5 Abs 1 der 4. COVID-19-SchuMaV, BGBl II Nr 58/2021 für Kundenbereiche u.A. folgende Bestimmungen zur Eindämmung der Pandemie:

»4. Der Betreiber hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich maximal so viele Kunden gleichzeitig im Kundenbereich aufhalten, dass pro Kunde 20 m² zur Verfügung stehen; ist der Kundenbereich kleiner als 20 m², so darf jeweils nur ein Kunde den Kundenbereich der Betriebsstätte betreten. Bei Betriebsstätten ohne Personal ist auf geeignete Weise auf diese Voraussetzung hinzuweisen.
5. Der Betreiber von Betriebsstätten gemäß Abs 3 Z 1 hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich maximal so viele Kunden gleichzeitig im Kundenbereich aufhalten, dass pro Kunde 10 m² zur Verfügung stehen; ist der Kundenbereich kleiner als 10 m², so darf jeweils nur ein Kunde den Kundenbereich der Betriebsstätte betreten.«

Der Mieter verzeichnete im März 2021 einen Umsatzrückgang von rund 40 %, im April 2021 von 50 %.

Der Vermieter klagte den Mieter auf Zahlung des gesamten Mietzinses für März und April 2021. Der Mieter wendete dagegen ein, die Umsatzrückgänge seien auf staatlich verordnete COVID-19-Maßnahmen wie Begrenzung der zulässigen Kundenzahl, Abstandsregeln und Maskenpflicht, zurückzuführen. Es handle sich dabei um kein individuelles, in die Sphäre des Mieters fallendes Risiko, sondern um einen außerordentlichen Zufall iSv § 1104 ABGB, der einen größeren Personenkreis treffe.


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH sieht in seiner Entscheidung vom 28.2.2023 zu GZ 4 Ob 221/22m den vorliegenden Fall dadurch geprägt, dass die vom Mieter begehrte Mietzinsminderung nicht mit behördlichen Schließungen des Geschäftslokals begründet wird, sondern mit weniger gravierenden (aber ebenfalls durch die Pandemie verursachten) behördlichen Eingriffen wie der Begrenzung der zulässigen Kundenzahl und der Anordnung von einzuhaltenden Mindestabständen zwischen den im Geschäftslokal anwesenden Personen.

Damit wird aber nicht direkt auf die Möglichkeit, das Geschäftslokal zu betreten, Einfluss genommen. Allfällige maskenbedingte Unlustgefühle der Kunden sind deren individueller Sphäre zuzuordnen, worauf die behördliche Maßnahme nur mittelbar Einfluss hat. Diese Umstände sind daher nicht geeignet, iSv §§ 1104, 1105 ABGB Mietzinsbeschränkungen zu begründen, sondern fallen in das unternehmerische Risiko des Mieters der Geschäftsräumlichkeit.

Schlussfolgerung

Bloß mittelbare Auswirkungen von behördlichen COVID-19-Maßnahmen auf den Geschäftsumsatz berechtigen den Mieter zu keiner Mietzinsminderung. Diese Umstände fallen vielmehr in das unternehmerische Risiko.

Was ist passiert?

Zwischen dem Kläger und seiner Unfallversicherung wurde ein Gerichtsverfahren abgeführt. Thema der Streitigkeit war wieder einmal die 15-Monatsfrist in der Unfallversicherung.

Der Kläger hat seinem Vorbringen zu Folge am 31.12.2019 einen Sportunfall erlitten. Erst bei einer MRT-Untersuchung im November 2022 wurde dazu ein Kreuzbandriss festgestellt, weshalb der Kläger nicht früher dazu in der Lage gewesen sei, die Invalidität in Entsprechung Artikel 7 der AUVB 2020 geltend zu machen

Nach Artikel 7 der AUVB 2020 ist nämlich für Leistungen aus dem Titel einer „dauernden Invalidität“ folgendes zu beachten:

„Die dauernde Invalidität muss innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sein und innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall durch einen ärztlichen Befundbericht festgestellt und geltend gemacht werden. Im ärztlichen Befundbericht müssen Art und Umfang der Gesundheitsschädigung und die auf Lebenszeit dauernde Invalidität festgestellt sein.“

Nachdem die Einhaltung der Ausschlussfrist vom Kläger verabsäumt wurde, hat die beklagte Partei (Versicherung) die Deckung abgelehnt.


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH hat in seiner Entscheidung vom 24.01.2024 zu GZ 7Ob 6/24v mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung (RS0034591, RS0082216, 7Ob 156/20x u.a.) die Rechtsansicht der Vorinstanzen bestätigt, wonach im vorliegenden Fall von einer Säumnis der Ausschlussfrist auszugehen ist und dem Kläger daher eine Invaliditätsleistung nicht zukommt.

Klargestellt wurde nämlich, dass die Ausschlussfrist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. RS0034591) auch dann erlischt, wenn die Frist für die Geltendmachung des Entschädigungsanspruches schuldlos verstrichen ist (siehe dazu auch RS0082292).

Dazu hat der OGH wiederholt die Bedeutung der Ausschlussfrist hervorgehoben, die den Versicherer vor Beweisschwierigkeiten in Folge Zeitablaufs schützen und eine alsbaldige Klärung der Ansprüche herbeiführen soll (RS0082216). Die Ausschlussfrist gemäß Artikel 7.4 AUVB 2020 beginnt demnach mit dem Zeitpunkt des Unfalles (vgl. 7Ob 148/21x) und nicht mit der Erkennbarkeit der Gesundheitsschädigung selbst zu laufen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Mit der vorliegenden Entscheidung wurde wieder klargestellt, dass die 15-Moantsfrist in der Unfallversicherung eine strenge Ausschlussfrist ist, deren Versäumung im Regelfall zum Erlöschen des Entschädigungsanspruchs des Unfallversicherten führt. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass nach einem Unfall eine zeitnahe vollständige Abklärung zu den (möglichen) Unfallfolgen stattfindet und die Fristen bei der Schadensabwicklung entsprechend vermerkt und beachtet werden.«

Was ist passiert?

Die Versicherungsnehmer waren beim beklagten Versicherer vom 01.12.2006 bis 01.12.2017 aufrecht rechtsschutzversichert. Dem Versicherungsvertrag lagen die ARB 2003 zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:

»Artikel 7
Was ist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen?
1. Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen
[…]
1.8. im Zusammenhang mit
– der Errichtung oder baubehördlich genehmigungspflichtigen Veränderung von Gebäuden, Gebäudeteilen, Grundstücken oder Wohnungen, die sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befinden oder von ihm erworben werden;
– der Planung derartiger Maßnahmen;
– der Finanzierung des Bauvorhabens einschließlich des Grundstückserwerbes.
[…]«

Die Versicherungsnehmer schlossen mit einer Bank am 27.02.2007 einen Abstattungskreditvertrag über EUR 300.000,00 zur Finanzierung des Baus ihres Einfamilienhauses. Das Einfamilienhaus wurde im September 2007 schlüsselfertig an die Versicherungsnehmer übergeben und im selben Monat von ihnen bezogen. Am 24.10.2007 schlossen sie mit derselben Bank einen weiteren Abstattungskreditvertrag über EUR 90.000,00 ab, und zwar für die Finanzierung von Einrichtungsgegenständen, der Gartengestaltung und die Anschaffung eines Fahrzeugs.

Im Zusammenhang mit dem Abschluss des zweiten Kreditvertrages vom 24.10 2007 machten die Versicherungsnehmer bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsansprüche gegen die Bank geltend und begehrten für diesen Rechtsstreit die Rechtsschutzdeckung des Versicherers. Nachdem der Versicherer die Deckung unter Berufung auf die „Bauherrenklausel“ gemäß Art 7.1.8. ARB 2003 ablehnte, brachten die Versicherungsnehmer eine Deckungsklage gegen den Versicherer ein. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH führte in seiner Entscheidung vom 24.01.2024 zum Aktenzeichen 7 Ob 213/23h zunächst aus, dass der wirtschaftliche Zweck der gegenständlichen „Bauherrenklausel“ darin liege, die Rechtsschutzdeckung nicht nur für erfahrungsgemäß aufwändige und deshalb teure Bau-(mängel-)Prozesse auszunehmen, sondern auch Streitigkeiten, die – wegen der häufigen Notwendigkeit, große Beträge fremdzufinanzieren – hohe Streitwerte zum Gegenstand haben und zwischen den Parteien der Finanzierungsvereinbarung auftreten. In der Regel sollen also auch Streitfragen aus einem, für ein Bauvorhaben geschlossenen Kreditvertrag zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer ausgeschlossen werden.

Nach Ansicht des OGH reicht jedoch nicht jeder auch noch so ferne Zusammenhang mit der Finanzierung aus. Es müsse zumindest ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Finanzierung und jenen rechtlichen Interessen bestehen, die der Versicherungsnehmer mit der Rechtsschutzdeckung wahrnehmen will. Dabei bedürfe es eines adäquaten Zusammenhangs zwischen Rechtsstreit und Baufinanzierung.

Der OGH kam daher im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass der zweite Kreditvertrag vom 24.10.2007 nicht (mehr) als vom Risikoausschluss gemäß Art 7.1.8. ARB 2003 (Finanzierung eines Bauvorhabens) umfasst ist, da die zweite Kreditvaluta nicht mehr für den bereits ausfinanzierten Bau des Hauses aufgewendet worden sei.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Bauherrenklausel soll nur jene Rechtsstreitigkeiten vom Versicherungsschutz ausschließen, die eine typische Folge der Finanzierung eines Bauvorhabens sind

Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer wurde im April 2012 wegen einer psychischen Störung aufgrund multiplen Substanzgebrauchs stationär behandelt. Im September 2012 war seine Behandlung abgeschlossen, er hatte keine Beeinträchtigungen mehr.

2014 schloss der Versicherungsnehmer eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Die im Vertragsantrag gestellten Gesundheitsfragen nach Drogenkonsum, regelmäßigen Behandlungen und Kontrollen in den letzten fünf Jahren, stationären Aufenthalten sowie psychischen Erkrankungen in den letzten zehn Jahren verneinte der Versicherungsnehmer, da ihm bewusst war, dass die wahrheitsgemäße Beantwortung Einfluss auf den Abschluss des Versicherungsvertrages haben kann. Wären dem Versicherer der Drogenkonsum und die psychiatrische Erkrankung des Versicherungsnehmers bekannt gewesen, hätte er den Vertragsabschluss abgelehnt. Der Versicherer trat wegen arglistiger Täuschung vom Vertrag zurück.

Der Versicherungsnehmer klagte den Versicherer auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente und Feststellung des aufrechten Versicherungsvertrages. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt; das Berufungsgericht wies es hingegen ab.


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH bestätigte in seiner Entscheidung vom 24.01.2024 zur Geschäftszahl 7 Ob 218/23v die abweisende Entscheidung des Berufungsgerichts.

Der für die Lebensversicherung geltende § 163 VersVG, nach dem der Versicherer wegen einer Verletzung der dem Versicherungsnehmer beim Abschluss des Vertrags obliegenden Anzeigepflicht vom Vertrag nicht mehr zurücktreten kann, wenn seit dem Abschluss drei Jahre verstrichen sind, sei auf die Berufsunfähigkeitsversicherung analog anzuwenden. Das Rücktrittsrecht bleibe aber bestehen, wenn die Anzeigepflicht arglistig verletzt worden ist.

Eine arglistige Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gemäß § 22 VersVG sei gegeben, wenn der Versicherungsnehmer nicht nur die verschwiegene oder unrichtig angezeigte Tatsache kannte, sondern um die Erheblichkeit dieser Tatsache für den Versicherer wusste. Arglist liege demnach vor, wenn der Getäuschte absichtlich oder doch bewusst durch unrichtige Vorstellungen zur Einwilligung in einen Vertragsabschluss gebracht wurde.

Es bestehe aber kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass ein Versicherungsnehmer, der Antragsfragen bewusst unrichtig beantwortet, regelmäßig auch mit Arglist in Bezug auf die Willensbildung des Versicherers gehandelt hat. Bei der Beurteilung der Frage, ob Arglist vorliegt, komme es maßgeblich auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls an.

Gegenständlich unterließ der Versicherungsnehmer bewusst jeden Hinweis auf früheren Drogenkonsum und die psychische Krankheit, damit der Versicherer den Versicherungsantrag nicht ablehnt oder nur unter erschwerten Bedingungen annimmt. Er verschwieg damit einen die Gefahr erhöhenden Umstand, von dem er wusste, dass er Einfluss auf die Entscheidung des Versicherers, den Versicherungsantrag in dieser Form anzunehmen, haben würde. Der Rücktritt sei somit nach Ansicht des OGH berechtigt und der Versicherer daher leistungsfrei.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Unrichtige Angaben auf Gesundheitsfragen führen nicht automatisch zu einem Rücktrittsrecht des Versicherers. Es kommt vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, unter anderem auch darauf, ob unrichtige Antworten auf Arglist des Versicherungsnehmers zurückzuführen sind.«

Was ist passiert?

Im gegenständlichen Fall erwarb die Klägerin von einem Bauträger eine Wohnung in Innsbruck. Im Kauf- und Bauträgervertrag wurde der beklagten Stadtgemeinde ein (im Grundbuch in der Folge eingetragenes) Vorkaufsrecht eingeräumt, das binnen 60 Tagen ausgeübt werden kann und unbefristet für alle Arten der Veräußerung gilt. Ausgenommen davon ist nur die Veräußerung zwischen Ehegatten sowie Eltern und Kindern, wobei in einem solchen Fall das Vorkaufsrecht nicht erlischt, sondern vom neuen Eigentümer zu übernehmen ist. Zudem kommt der Beklagten das Recht zu, anstatt der eigenen Einlösung einen anderen Vorkaufsberechtigten namhaft zu machen, auf den dann die für sie geltende Regelung des Vorkaufsrechtes analog anzuwenden ist.

Hintergrund der Einräumung des Vorkaufsrechts war, dass die Beklagte dem Bauträger zur Umsetzung des Wohnbauprojekts Grundstücke zu einem erheblich unter dem Marktwert liegenden Kaufpreis verkauft und sich überdies verpflichtet hatte, zusätzliche Leistungen (zB Verlegung und Erhaltung des Kanals etc) zu erbringen. Im Gegenzug hatte sich der Bauträger verpflichtet, einen Teil des Projekts als geförderten Wohnbau nach den Richtlinien der Tiroler Wohnbauförderung auszuführen und die (deshalb billigeren) geförderten Wohnungen nur mit Zustimmung der Beklagten zu verkaufen. Diese Zustimmung machte die Beklagte (unter anderem) von der Einräumung des Vorkaufsrechts abhängig.

Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass das verbücherte Vorkaufsrecht nichtig ist und die Beklagte zur Zustimmung zur Einverleibung der Löschung dieses Vorkaufsrechtes verpflichtet wird.

Im gegenständlichen Verfahren stellte sich daher die Frage, ob ein zeitlich nicht befristetes Vorkaufsrecht, welches auch noch an einen Dritten übertragen werden kann, im gemeinnützigen Wohnbau überhaupt zulässig ist.


Wie ist die Rechtslage?

Gemäß § 38 Abs 1 Z 3 WEG sind Vereinbarungen oder Vorbehalte, die geeignet sind, die dem WE-Bewerber oder -eigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder unbillig zu beschränken, rechtsunwirksam, wie insbesondere Vereinbarungen über Vorkaufs- und Wiederkaufsrechte.

Unzulässig sind daher nicht alle, sondern nur solche Vereinbarungen, durch die Rechte unbillig beschränkt werden. Das ist der Fall, wenn eine Aufhebung oder Beschränkung von Nutzungs- und Verfügungsrechten bewirkt wird, die einer vernünftigen Interessenabwägung widerspricht (RS0075734; RS0083359). Beschränkungen, die ein WE-Bewerber auch bei Gleichgewicht der Vertragslage auf sich genommen hätte, die also einer vernünftigen Interessenabwägung entsprechen, fallen dagegen nicht unter  § 38 Abs 1 WEG (RS0083371Ofner in GeKo Wohnrecht II § 38 WEG Rz 5 und 9).

Als Ausnahmen von diesem Verbot nach § 38 Abs 1 Z 3 WEG wurden § 15g WGG (Spekulationsfrist bei nachträglich erworbenem Eigentum) und § 15i WGG (Spekulationsfrist bei sofortigem Eigentum) konzipiert und sollen gerade Spekulationen mit Wohnungen verhindern, deren Errichtung mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde, wobei hier der Gesetzgeber ein jeweils auf 15 Jahre befristetes Vorkaufsrecht als ausreichend ansieht.

Das Vorkaufsrecht kann gemäß § 1074 ABGB weder einem Dritten abgetreten, noch auf die Erben des Berechtigten übertragen werden.

Das Vorkaufsrecht lässt sich zudem gemäß § 1078 ABGB auf andere Veräußerungsarten ohne eine besondere Verabredung nicht ausdehnen.

Der OGH führte im abgeführten Rechtsstreit zu GZ 10 Ob 25/23h aus, dass es sich bei der Frage, ob eine Vereinbarung nach der Generalklausel des § 38 WEG rechtsunwirksam ist, immer um eine Einzelfallentscheidung handle. Betont wurde, dass zu den von § 38 Abs 1 WEG erfassten Rechten auch das Recht des Wohnungseigentümers zählt, durch Veräußerung über seine Anteile (Wohnung) zu verfügen. Das vorliegende Vorkaufsrecht schränkt dieses Recht schon dadurch massiv ein, dass es keine zeitliche Befristung enthält. Obwohl das Fehlen einer zeitlichen Grenze, wie es das Lebensende einer natürlichen Person mit sich bringt, bei einem Vorkaufsrecht zugunsten einer juristischen Person in der Natur der Sache liegt, weil es erst mit deren Untergang erlischt (vgl RS0020289), bedeutet dies bei politischen Gemeinden nach Ansicht des OGH und in Zusammenschau mit den 15-jährigen Befristungsregelungen im WGG de facto eine „immerwährende“, jedenfalls aber unabsehbar lange und nicht verhältnismäßige Einschränkung. Diese wird noch verstärkt, indem das Vorkaufsrecht als erweitertes Recht ausgestaltet ist und nur einzelne Fälle keinen Vorkaufsfall bilden (Erwerb durch Ehegatten oder Kinder), das Vorkaufsrecht in diesem Fall aber ausdrücklich weiter bestehen soll (vgl RS0014294). Dazu kommt, dass die Beklagte – entgegen der zwingenden Anordnung des § 1074 ABGB  – einen anderen Vorkaufsberechtigten benennen können soll, der das Recht an ihrer Stelle ausübt. Aus all den genannten Gründen ist das gegenständliche Vorkaufsrecht daher nicht zulässig und wurde der Klage stattgegeben.

Schlussfolgerung

Bei der Vereinbarung eines Vorkaufsrechtes sollte immer eine Interessensabwägung erfol-gen. Insbesondere zugunsten politischer Gemeinden abgeschlossene zeitlich unbefristete Vorkaufsrechte stellen eine massive Einschränkung der Verfügungsrechte der jeweiligen Wohnungseigentümer dar und wäre daher bei der Vereinbarung eines solchen Vorkaufsrech-tes eine zeitliche Befristung ratsam.

Was ist passiert?

Aus einem Lebensversicherungsvertrag möchte die Versicherungsnehmerin nach dem Selbstmord ihres Gatten im Juni 2019 Ansprüche beim Versicherer geltend machen. Anfang Oktober 2019 wird der Versicherungsnehmerin jedoch ein den Anspruch ablehnendes Schreiben des Versicherers, mitsamt Belehrung über die einjährige Klagsfrist und Anspruchsverlust nach § 12 Abs 3 VersVG, zugestellt. Nach dem Tod des Gatten litt die Versicherungsnehmerin bis Ende Oktober 2019 an einer schweren Posttraumatischen Belastungsstörung und damit einhergehender Wahrnehmungseinschränkung, durch welche diese letzten Endes die Tragweite der Ablehnungserklärung samt Anspruchsverlust nach Fristablauf weder erkennen noch zweckentsprechend reagieren vermochte.

Im September 2021 klagte die Versicherungsnehmerin nun auf Zahlung der Versicherungsleistung, wogegen der Versicherer Präklusion wegen Fristablauf einwendete. Zu Recht?


Wie ist die Rechtslage?

In der Entscheidung 7 Ob 148/23z hat sich der OGH mit der Frage auseinandergesetzt, ob im vorliegenden Fall die Ausschlussfrist nach § 12 Abs. 3 VersVG zu tragen kommt, wenn die Geschäftsfähigkeit aufgrund einer schweren Posttraumatischen Belastungsstörung, so wie es gegenständlich der Fall war, nicht gegeben ist.

Der OGH hat dazu ausgeführt, dass die qualifizierte Deckungsablehnung nach § 12 Abs 3 VersVG eine empfangsbedürftige Willenserklärung darstellt (RS0080201), welche für Empfänger nicht nur Vorteile, sondern auch empfindliche Nachteile, wie etwa einen Anspruchsverlust, mit sich bringen kann, weshalb die Rechtsfolgen des § 12 Abs. 3 VersVG nur dann schlagend werden können, wenn die Geschäftsfähigkeit des Empfängers der Erklärung gegeben ist. Nachdem dies bei der Klägerin nicht der Fall war, konnte sie keine entsprechenden Dispositionen treffen, um dem Verlust ihres Rechts entgegenzuwirken.  Handlungsunfähige Personen sollen nämlich durch § 1494 Abs 1 ABGB vor der Gefahr des Rechtsverlusts durch Verjährung oder Ersitzung geschützt werden. Die von § 12 Abs 3 VersVG ausgelöste Frist ist eine Ausschlussfrist, auf die § 1494 ABGB sinngemäß anzuwenden ist.

Dem Argument der Versicherung, dass die Geschäftsfähigkeit später wiedererlangt wurde, wodurch der Hemmungsgrund weggefallen und die Präklusivfrist schließlich wieder abgelaufen sei, entgegnete der OGH damit, dass es im gegenständlichen Fall nicht zum Ablauf der Frist kommen kann, zumal diese Frist in Ermangelung einer ordentlichen Zustellung gar nicht zu laufen begonnen hat. Dies deshalb, da die Klägerin zum Zeitpunkt des Empfanges der qualifizierten Ablehnung geschäftsunfähig war.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Zur wirksamen Ingangsetzung der Ausschlussfrist nach § 12 Abs. 3 VersVG bedarf es der Geschäftsfähigkeit des Empfängers dieser Erklärung, andernfalls kann der Beginn des Fristenlaufs nicht ausgelöst werden