Was ist passiert?
Der Versicherungsnehmer mietete im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeit zur Verrichtung von Ladetätigkeiten einen nicht-kennzeichenpflichtigen Kettenbagger. Während des Beladens eines LKWs ließ der Fahrer des Kettenbaggers einen Betonbrocken auf die Ladefläche des LKWs fallen. Die dadurch verursachte Erschütterung wurde in den Bereich des Aufstiegs des LKWs übertragen, sodass der Fahrer, der sich gerade auf den Stufen befand, stürzte und sich verletzte. Der Versicherungsnehmer forderte von seiner Betriebshaftpflichtversicherung, die auch das Risiko „Baggerarbeiten“ umfasste, die Deckung für den Schadensfall. Das Versicherungsunternehmen lehnte jedoch unter Verweis auf einen Risikoausschluss ab. Gemäß Art. 7.5.3. AHVB 2004 erstreckt sich die Versicherung nämlich nicht auf Schäden, die durch die Verwendung von Fahrzeugen verursacht werden, „die nach ihrer Bauart und Ausrüstung oder ihrer Verwendung im Rahmen des versicherten Risikos ein behördliches Kennzeichen tragen müssen oder tatsächlich tragen“. Schließlich begehrte der Versicherungsnehmer die Feststellung des Versicherungsschutzes auf dem Klagswege.
Wie ist die Rechtslage?
Im vorliegenden Fall hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) zu 7 Ob 178/22k mit der Frage auseinanderzusetzen, was unter der „Verwendung eines Fahrzeuges“ zu verstehen ist.
Der OGH stellte eingangs seiner Entscheidung klar, dass sich der Begriff der „Verwendung eines Fahrzeuges“ bei einer KFZ-Haftpflichtversicherung an § 2 Abs 1 Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz orientiere. Da hiermit bei der KFZ-Haftpflichtversicherung das versicherte Risiko umschrieben werde, sei von einem weiten Begriffsverständnis auszugehen, weshalb auch Ladevorgänge eine Verwendung eines Fahrzeuges darstellen würden.
Im gegenständlichen Fall liege jedoch eine Betriebshaftpflichtversicherung vor, bei der die „Verwendung eines Fahrzeuges“ nicht das primär versicherte Risiko, sondern einen Risikoausschluss beschreibe, der grundsätzlich eng auszulegen sei. Die Interpretation eines Ausschlusstatbestandes habe nach Ansicht des OGH zweckorientiert zu erfolgen. Der vorliegende Risikoausschluss umfasse somit Gefahren, die primär von der Verwendung des Fahrzeuges unmittelbar ausgehen. Nicht erfasst seien andere (z.B. betriebliche) Risiken, die bloß in einem Zusammenhang mit einem Fahrzeug stehen. Damit der Risikoausschluss gegeben ist, müsse der Schaden dem Fahrzeugrisiko näher stehen als dem betrieblichen Risiko.
Im vorliegenden Fall kam der Oberste Gerichtshof daher zum Schluss, dass sich bei der Ladetätigkeit nicht primär eine vom Fahrzeug ausgehende Gefahr realisiert habe, sondern ein betriebliches Risiko. Eine „Verwendung eines Fahrzeuges“ im Sinne des Ausschlusstatbestandes liege somit nicht vor, sodass der Risikoausschluss nicht greifen würde.
Schlussfolgerung
Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:
»Begriffe im Versicherungsrecht sind trotz oftmals gleich- oder ähnlich lautender Formulierungen nicht stets ident auszulegen. Es ist insbesondere der Zweck zu berücksichtigen, der mit der konkreten Vertragsbestimmung verwirklicht werden soll. Ausschlusstatbestände, die gerade eine Einschränkung des versicherten Risikos bezwecken, sind dabei entsprechend diesem Zweck eng auszulegen.«