Was ist passiert?
Der Kläger schloss mit der Beklagten einen Lebensversicherungsvertrag ab. Das im Versicherungsantrag enthaltene Informationsblatt sah eine Rücktrittsbelehrung vor, die dem zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden § 165a VersVG nicht entsprach.
Der Kläger erklärte daher über 10 Jahre nach Zustandekommen des Vertrages den Rücktritt. Begründet wurde dies damit, dass infolge unrichtiger Rücktrittsbelehrung die Rücktrittsfrist tatsächlich noch nicht zu laufen begonnen hat. Begehrt wurde vom Kläger die Rückzahlung der geleisteten Prämien abzüglich des Rückkaufpreises samt Staffelzinsen (Vergütungsentgelt von pauschaliert 4 % Zinsen ab Zahlung der jeweiligen Prämie).
Die Beklagte führte aus, dass die Rücktrittserklärung unberechtigt ist, zumal der Versicherungsabschluss über einen Versicherungsmakler erfolgt sei und der Versicherungsmakler im Rahmen der Rahmenprovisionsvereinbarung die aktuellen Rücktrittsbelehrungen erhalten hatte und angewiesen wurde, diese an die Kunden entsprechend auszuhändigen. Zudem bestritt die Beklagte auch die Höhe der Rückzahlungsforderung, zumal nach Ansicht der Beklagten unter anderem die Abschluss- und Verwaltungskosten rückzahlungsmindernd zu berücksichtigen seien.
Wie ist die Rechtslage?
Nach § 61 VersVG ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) handelt es sich dabei um einen Risikoausschluss. Sowohl das Vorliegen dieses Risikoausschlusses als auch die grobe Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers müssen vo
In der Entscheidung 7 Ob 37/22z bestätigte der OGH die Entscheidungen der Vorinstanzen, die dem Klagebegehren stattgaben.
Zunächst wurde klargestellt, dass gem. § 9 Abs. 1 Z 6 VAG dem Versicherer die Pflicht trifft, den Versicherungsnehmer über die Umstände zu informieren, unter denen er vom Vertrag zurücktreten kann. Diese Informationspflicht hat der Versicherer eigenverantwortlich zu erfüllen. Nach Ansicht des OGH ist es zur Erfüllung der Belehrungspflicht des Versicherers nicht ausreichend, wenn dieser die Versicherungsunterlagen samt Widerrufsbelehrungen im Rahmen der Rahmenprovisionsvereinbarung an den Versicherungsmakler übermittelt. In dieser Phase besteht möglicherweise noch nicht einmal ein Maklervertrag zwischen dem Versicherungskunden und dem Versicherungsmakler, sodass mit Zugang der Widerrufsbelehrungen der Versicherungsmakler noch nicht einmal als Vertreter des Versicherungskunden auftritt, womit ein zurechenbarer Zugang beim Versicherungskunden über den Versicherungsmakler eben noch nicht stattfinden kann.
Weiters kam der OGH zum Ergebnis, dass sich die Verwaltungs- und Abschlusskosten am Vermögen des Versicherers realisieren und ihnen auf Seiten des Versicherungsnehmers keine zuordnungsbare Bereicherung gegenübersteht. Von der Rückabwicklung im Verhältnis zum Versicherungskunden sind nicht Zahlungen umfasst, welche die Beklagte als Anlass des Versicherungsgeschäftes an Dritte geleistet hat. Diese würden nach Ansicht des OGH die Höhe des Bereicherungsanspruchs des Gegners sohin nicht betreffen, da bei Geldleistungen generell die nützliche Verwendung durch den Empfänger unterstellt und daher eine Berufung auf den nachträglichen Wegfall der Bereicherung nicht gestattet wird (siehe dazu auch: 7 Ob 117/20m). Außerdem würde ein Abzug der Abschlusskosten im Ergebnis zur Entwertung des Rücktrittsrechtes und Beschränkung der Rückabwicklung auf den Rückkaufswert führen (VWL Perner/Spitzer, Rücktritt von der Lebensversicherung [2020] 71f).
Schlussfolgerung
Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:
»Die allgemeine Übermittlung von Rücktrittsbelehrungen durch den Versicherer an den Versicherungsmakler im Rahmen der Rahmenprovisionsvereinbarung kann einem zukünftigen Versicherungskunden nicht zugerechnet werden und ersetzt nicht die im Rahmen des individuellen Versicherungsvertrages zu erbringende Rücktrittsbelehrung gegenüber dem Versicherungskunden. Die Verwaltungs- und Abschlusskosten sind bei der Rückabwicklung nicht anspruchsmindernd zu berücksichtigen.«