Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer hat für seinen PKW einen Kaskoversicherungsvertrag mit dem Versicherer abgeschlossen. Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen (KKB) lauten auszugsweise wie folgt:

»Artikel 1
Was ist versichert?
(Umfang der Versicherung)
1. Versichert sind das Fahrzeug und seine Teile, die im versperrten Fahrzeug verwahrt oder an ihm befestigt sind, gegen Beschädigung, Zerstörung und Verlust
[…]
1.6 durch Unfall, das ist ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis; […]«

Am 04.04.2021 fielen dem Versicherungsnehmer Lackkratzer auf, die durch eine Eisenschaufel bei der Schneeräumung herbeigeführt wurden. Der Versicherer lehnte eine Leistung ab, woraufhin der Versicherungsnehmer eine Klage einbrachte, Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH). In der Entscheidung des OGH vom 22.11.2023, Geschäftszahl: 7 Ob 170/23k, stand außer Streit, dass die Lackkratzer durch ein unmittelbar von außen mit mechanischer Gewalt wirkendes Ereignis gemäß Artikel 1.1.6 KKB herbeigeführt wurden. Zu klären war noch die Frage, ob die Einwirkung „plötzlich“ erfolgte.


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH führte zunächst aus, dass ein Schadenereignis „plötzlich“ auf ein Fahrzeug einwirkt, wenn es sich in einem relativ kurzen Zeitraum abspielt. Der Begriff schließe auch ein subjektives Element des Unerwarteten, nicht Vorausgesehenen, Unentrinnbaren ein. „Plötzlich“ sei damit auch ein allmähliches Geschehen, sofern die Folgen für den Versicherungsnehmer unerwartet waren. Für den Versicherten müsse die Lage so sein, dass er sich bei normalem Geschehensablauf den Folgen des Ereignisses im Augenblick ihres Einwirkens auf sein Fahrzeug nicht mehr entziehen kann. „Plötzlich“ seien damit zwanglos alle Ereignisse, die sich in einem sehr kurzen Zeitraum unerwartet ereignen. Nach Ansicht des OGH können aber auch allmählich eintretende Ereignisse unter den Begriff fallen, wenn sie nur für den Versicherungsnehmer unerwartet und unvorhergesehen waren. Ein Unfallereignis liege somit nur dann vor, wenn objektiv für den betreffenden Versicherungsnehmer kein Grund bestand, mit den konkret eingetretenen Umständen zu rechnen, er davon überrascht wurde und ihnen nicht entgehen konnte. Sofern daher ein Versicherungsnehmer zwar selbst nicht damit gerechnet hat, den konkreten widrigen Umständen in dieser Form zu begegnen, er dies aber objektiv betrachtet in der konkreten Situation tun hätte müssen, so mangelt es nach Ansicht des OGH an der beachtlichen subjektiven Komponente, sodass nicht von „Plötzlichkeit“ und einem Unfallgeschehen gesprochen werden kann.

Daraus folgt für den OGH, dass die Beschädigung eines Fahrzeugs durch einen Dritten, für den Versicherungsnehmer unerwartet, unerkennbar und nicht vorhergesehen, sohin plötzlich eintritt.  An einer plötzlichen Einwirkung fehle es jedoch beispielsweise dann, wenn der Versicherungsnehmer sein Fahrzeug selbst mit einem sandbeschmutzten Schwamm wäscht oder mit einer Eisenschaufel den Schnee vom Fahrzeug entfernt und dabei den Lack beschädigt.

Nachdem das Erstgericht nicht festgestellt hat, von wem die Lackierung zerkratzt wurde, wurde die Rechtssache zur Verfahrensergänzung an die untere Instanz zurückverwiesen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Wenn die Lackierung des Fahrzeugs im Zuge des Entfernens von Schnee durch einen (unbekannten) Dritten zerkratzt wird, ist die Einwirkung plötzlich und es liegt ein Unfall nach Art 1.1.6 KKB vor. Sofern die Kratzer vom Versicherungsnehmer selbst bei der Entfernung von Schnee mittels einer Eisenschaufel verursacht wurden, könnte es an den beachtlichen subjektiven Komponenten fehlen, sodass von einer „Plötzlichkeit“ und einem Unfallgeschehen nicht gesprochen werden kann

Was ist passiert?

Die Versicherungsnehmerin hat beim beklagten Versicherer eine Haushaltsversicherung (ua gegen Einbruchdiebstahl) für ihr Haus abgeschlossen. Dem Versicherungsvertrag liegen die Bedingungen für die Wohnungsversicherung Deckungsvariante „Optimal“ ZGWO Fassung 05/2014 zugrunde. Diese lauten auszugsweise:

»Artikel 4
Wird die Wohnung von allen Personen verlassen, ist sie zu versperren und die vereinbarten Sicherungen anzuwenden
….
Bei Verletzung dieser Sicherheitsvorschriften kommen die in Artikel 3 ABS angeführten Rechtsfolgen zur Anwendung, das bedeutet, dass die Verletzung dieser Sicherheitsvorschriften zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen kann.«

Der Eingangsbereich zur Liegenschaft befindet sich direkt an einer stark befahrenen Straße. Ein Betreten ist von der Straße nur durch ein Eingangstor möglich, welches innen mit einer Klinge und außen mit einem starren Knauf ausgestattet ist. Durch das Eingangstor gelangt man in eine Einfahrt, die an der der Straße abgewandten Seite durch ein weiteres (verschließbares) Tor zum Gartenbereich führt. Im Bereich der Einfahrt folgt rechts eine Treppe zu einer versperrbaren Tür. Danach befindet sich das Stiegenhaus. Im Erdgeschoss gelangt man durch eine weitere verschließbare Tür in die Wohnbereiche. Über eine Treppe gelangt man zur Wohneinheit im I. Stock. Auch diese ist vom Stiegenhaus durch eine versperrbare Tür abgetrennt.

Zum Zeitpunkt des Einbruchs befand sich die Versicherungsnehmerin im Garten. Das Eingangstor war in die Falle gezogen (geschlossene Verriegelung). Die Tür im Bereich der Einfahrt war ebenso unversperrt wie die Türen zu den Wohnbereichen.

Der Täter öffnete das geschlossene aber nicht versperrte Eingangstor mittels speziellen Werkzeugs, gelangte sodann durch die Tür ins Stiegenhaus und von dort in die Wohnbereiche.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 22.11.2023 zu GZ 7 Ob 180/23f führte der OGH zunächst aus, dass ggst. laut Polizze nicht nur die einzelnen Wohnungen vom Versicherungsschutz umfasst sind, sondern die gesamten Innenflächen des Wohnhauses. Die versicherten Wohnräumlichkeiten werden durch das Eingangs- und Gartentor von einer allgemeinen Benützung ausgeschlossen. Die Versperrobliegenheit des Artikel 4 bezieht sich damit – entsprechend einer objektiven Auslegung der Versicherungsbedingungen, welche sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers orientiert – auf diese Tore und nicht auf die im Inneren des Wohnhauses befindlichen Türen.

Als Verlassen der versicherten Wohnräumlichkeiten wird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer das Entfernen vom Versicherungsobjekt in seiner Gesamtheit verstehen, also einschließlich der zur Risikoadresse gehörenden üblichen Außenbereiche wie Terrassen, Vor- oder Hausgärten. Keinesfalls wird er annehmen, durch einen Aufenthalt in seinem Garten, das Objekt zu verlassen und damit – ohne sämtliche Türen und Fenster zu versperren – unbefugtes Eindringen zu ermöglichen oder zu erleichtern.

Das (bloße) Zuziehen von Außentüren bei gleichzeitigem persönlichen Aufenthalt im Garten des versicherten Objekts stellt auch kein grob fahrlässiges Herbeiführen des Versicherungsfalls dar.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ein Aufenthalt im Garten verpflichtet den Versicherungsnehmer nicht, auch die Wohnungseingangstüren zu versperren, wenn Fremde bereits durch ein geschlossenes Gartentor vom Zutritt zu den versicherten Wohnräumlichkeiten ausgeschlossen sind.«

Was ist passiert?

Die Eltern eines mit einer schweren körperlichen Behinderung geborenen Kindes klagten den behandelnden Pränataldiagnostiker auf Bezahlung des gesamten Unterhaltsaufwandes für das Kind. Begründet wurde dies damit, dass der Pränataldiagnostiker bei gehöriger Aufmerksamkeit beim Erst-Trimester-Ultraschall-Screening erkennen hätte können, dass das Kind mit einer schweren körperlichen Behinderung zur Welt kommen wird. Wären die Eltern darüber rechtzeitig aufgeklärt worden, so hätten sie sich für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden und hätten sie in diesem Fall keinen Unterhaltsaufwand zu tragen.

Im anhängigen Rechtsstreit ging es vor allem auch um die Frage, ob, wie vom Pränataldiagnostiker im Verfahren eingewendet, dieser nur für den aus der Behinderung entstehenden erhöhten Unterhalt oder für den gänzlichen Unterhalt aufzukommen habe. Die bisherige Rechtsprechung unterschied nämlich zwischen dem Unterhaltsschaden bei einer unerwünschten Empfängnis („wrongful conception“) eines gesunden Kindes und der unerwünschten Geburt („wrongful birth“) eines behinderten Kindes.


Wie ist die Rechtslage?

n der Entscheidung 3 Ob 9/23d des Obersten Gerichtshofes vom 21.11.2023 ist der OGH in einem verstärkten Senat von der bisherigen Judikatur abgewichen, wonach es sich bei „wrongful birth“ und „wrongful conception“ um zwei nicht vergleichbare Fallgruppen handle, zumal seiner Ansicht nach ausgehend vom vorliegenden Sacherhalt in beiden Fällen bei fehlerfreiem Vorgehen des Arztes eine Geburt des Kindes unterblieben wäre, was gleichbedeutend damit ist, dass überhaupt kein Unterhaltsaufwand zu tätigen wäre.

Diese Entscheidung ist insofern auch für die Versicherungsvermittlung von Relevanz, zumal in einer vergangenen Entscheidung 5 Ob 252/15t des OGH in einem Haftungsfall des Versicherungsmaklers hinsichtlich eines „wrongful birth“ – Falles und einer damit einhergehenden Schadenersatzforderung eines Arztes gegenüber dem betreuenden Versicherungsmakler klargestellt hat, dass dieser für einen unzureichenden Versicherungsschutz (Schadenersatz wurde in der Höhe des gesamten Unterhaltes geltend gemacht) zumindest mitverantwortlich ist, zumal eine auf Ärzte spezialisierte Maklerin von der „wrongful birth“ – Entscheidung in Kenntnis sein hätte müssen, weshalb sie dem Versicherungsnehmer eine Erhöhung der Versicherungssumme aufgrund des damit verbundenen erhöhten Haftungsrisikos empfehlen hätte müssen. In diesem Prozess kam der OGH zum Ergebnis, das eine Verletzung der Betreuungspflicht nach § 28 Z 7 Maklergesetz vorliegt.

Schlussfolgerung

Bei Bewertung des Risikos sind je nach Qualifikation und Tätigkeitsgebiet des Versicherungsmaklers auch Leitentscheidungen des OGH zu berücksichtigen, die zu einem erhöhten Haftungsrisiko des Versicherungsnehmers führen könnten. Bei einem Aufklärungsfehler eines Arztes im Zusammenhang mit einer „wrongful birth“ oder „wrongful conception“ kann es dazu kommen, dass der behandelnde Arzt für den vollständigen Unterhaltsanspruch des Kindes aufzukommen hat. Dies ist bei der Wahl der Versicherungssumme zu berücksichtigen.

Was ist passiert?

Für seinen PKW hat der Versicherungsnehmer mit dem Versicherer einen Kaskoversicherungsvertrag abgeschlossen. Die zugrunde liegenden „1023A – Allgemeine Bedingungen Parkschadenkasko (PK 2013)“ lauten auszugsweise wie folgt:

»Artikel 9
Wann und unter welchen Voraussetzungen wird die Versicherungsleistung ausbezahlt? (Fälligkeit der Versicherungsleistung, Verjährung und Klagefrist)
1. Die Versicherungsleistung wird nach Abschluss der für ihre Feststellung notwendigen Erhebungen fällig. Bei Vorliegen eines Teilschadens ist Voraussetzung für die Beendigung der Erhebungen die Vorlage einer Rechnung über die ordnungsgemäße Wiederherstellung […]

Nach den Angaben des Versicherungsnehmers wurde sein ordnungsgemäß abgestellter PKW im Zeitraum vom 14.10.2022 bis 16.10.2022 durch einen Vandalismusschaden beschädigt. Der Versicherungsnehmer hat den Vorfall ordnungsgemäß bei der Polizei zur Anzeige gebracht und beabsichtigte, das Fahrzeug in einer Fachwerkstätte reparieren zu lassen. Die ordnungsgemäße Reparatur der Schäden in einer Fachwerkstätte erfordert Kosten in der Höhe von EUR 10.116,34. Der Kaskoversicherer lehnte eine Versicherungsleistung unter anderem mit der Begründung ab, dass die Fälligkeit nicht gegeben sei, weil die Fälligkeit nach Art 9 PK 2013 erst nach Vorlage einer Rechnung über die ordnungsgemäße Reparatur des Fahrzeugs eintrete. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 24.01.2024, Geschäftszahl: 7 Ob 209/23w, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, dass § 11 Abs 1 VersVG in seinem ersten Satz festlegt, dass Geldleistungen des Versicherers grundsätzlich mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig sind. Im vorliegenden Fall verlange der Versicherungsnehmer vom Versicherer die Reparaturkosten und damit eine Geldleistung, sodass § 11 VersVG einschlägig sei. Ein Abweichen von der Fälligkeitsbestimmung des § 11 Abs 1 VersVG sei unzulässig, da es sich dabei um eine einseitig zwingende Fälligkeitsbestimmung zu Gunsten des Versicherungsnehmers handle.

Art 9.1. Satz 2 PK 2013 sehe vor, dass bei Vorliegen eines Teilschadens Voraussetzung für die Beendigung der „nötigen Erhebungen“ die Vorlage einer Rechnung über die ordnungsgemäße Wiederherstellung ist. § 11 Abs 1 VersVG knüpfe die Fälligkeit an die Beendigung der nötigen Erhebungen eines Versicherers an.

Nach Ansicht des OGH stellt Art 9.1. Satz 2 PK 2013 nicht auf nötige Erhebungen des Versicherers ab, sondern verlangt die Vorlage einer Rechnung „über die ordnungsgemäße Wiederherstellung“. Diese Vorlagepflicht des Versicherungsnehmers, wodurch erst die Versicherungsleistung fällig werden soll, gehe über die allein zulässigen nötigen Erhebungen nach § 11 Abs 1 Satz 1 VersVG hinaus. Diese Klausel enthalte daher ein unzulässiges Abweichen von der Fälligkeitsbestimmung des § 11 Abs 1 Satz 1 VersVG und sei daher ungültig (§ 15a Abs 1 VersVG), da sie zum Nachteil des Versicherungsnehmers der gesetzlichen Vorgabe des Abschlusses nötiger Erhebungen widerspreche. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass der Versicherer seine Leistungspflicht zu Unrecht abgelehnt hat.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Gemäß § 11 Abs 1 VersVG sind Geldleistungen des Versicherers grundsätzlich mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig. Nötig sind nach Ansicht des OGH jene Erhebungen, die ein sorgfältiger Versicherer braucht, um den Versicherungsfall abschließend festzustellen und zu prüfen; dazu kommt noch die Prüfung des Umfangs der Leistungspflicht und wem gegenüber diese besteht.«

Was ist passiert?

Der Geschädigte erlitt bei einem Autounfall eine Querschnittlähmung und ist seither auf einen Rollstuhl angewiesen. Er verwendet dabei einen Gurt über seine Knie aber kein Personenrückhaltesystem, also ein Gurtsystem, mit dem die Hüfte und/oder der Oberkörper am Rollstuhl fixiert wird. Es besteht dazu auch keine medizinische Notwendigkeit.

Der Geschädigte stürzte bei zwei nachfolgenden Vorfällen trotz aufmerksamen Fahrverhaltens aus dem Rollstuhl und verletzte sich. Er machte die ihm daraus entstandenen Schäden beim Haftpflichtversicherer des damaligen Unfallgegners als adäquat kausale Folgeschäden geltend.

Der Haftpflichtversicherer wandte dagegen insb. ein, dass das Nichtverwenden eines Gurts im Rollstuhl (Personenrückhaltesystem) in Kombination mit einem Aufmerksamkeitsfehler des Geschädigten grob fahrlässiges Verhalten darstelle, welches die Adäquanz aufhebe.


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH führte dazu in seiner Entscheidung vom 21.10.2021, 2 Ob 98/21g, zunächst aus, dass eine als Mitverschulden bezeichnete Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten, die zur Selbstschädigung führt, dann vorliegt, wenn jene Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die nach dem allgemeinen Bewusstsein der beteiligten Kreise von jedem Einsichtigen und Vernünftigen eingehalten worden wäre, um eine Schädigung zu verhindern. Dies setzt auch voraus, dass der Geschädigte die Gefahr erkannte bzw diese zumindest erkennbar war. Erkennbaren Gefahrenquellen muss nämlich jedenfalls ausgewichen werden.

§ 106 Abs 2 KFG verpflichtet zur Benutzung von Sicherheitsgurten in Kraftfahrzeugen. § 2 Abs 1 Z 19 StVO nimmt aber Rollstühle explizit vom Fahrzeugbegriff aus. In der Entscheidung 2 Ob 99/14v sprach der OGH erstmals aus, dass das Nichttragen eines Fahrradhelms bei „sportlich ambitionierten“ Radfahrern im Falle einer kausalen Kopfverletzung als Obliegenheitsverletzung zu werten sei. In ähnlicher Weise wertete er trotz fehlender gesetzlicher Anordnung das Nichttragen von Schutzkleidung durch einen Motorradfahrer auf einer kurzen Überlandfahrt als Mitverschulden, weil sich unter Motorradfahrern eine entsprechende soziale Norm herausgebildet habe.

Dass sich unter Rollstuhlfahrern ein allgemeines Bewusstsein herausgebildet hätte, Rückhaltegurte bzw Beckengurte auch bei der händischen – allenfalls elektrisch unterstützten – Benutzung des Rollstuhls zu verwenden, steht aber nicht fest und ist auch nicht, sodass dem Geschädigten bereits aus diesem Grund kein Mitverschulden anzulasten ist.

Der OGH sprach dem Geschädigten daher den ungekürzten Schadensbetrag zu.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Allein ein fehlender Rückhaltegurt bei Rollstuhlfahrern begründet ohne hinzutreten weiterer Umstände kein Mitverschulden für Schäden, die durch Stürze aus dem Rollstuhl entstehen

Was ist passiert?

Der Mieter eines Bestandobjekts betreibt darin sein Unternehmen. Da er nicht das gesamte Bestandobjekt selbst benötigt, hat er Teilbereiche davon an einen Dritten untervermietet. Später will der Mieter = Untervermieter sein im Bestandobjekt betriebenes Unternehmen erweitern und benötigt dazu die untervermieteten Räumlichkeiten wieder zurück. Der Untermieter weigert sich, diese Zurückzustellen.

Im Kündigungsverfahren wendet der beklagte Untermieter insb ein, die geplante Expansion des vom Untervermieter betriebenen Unternehmens sei wirtschaftlich sinnlos.

Wie ist die Rechtslage?

Unterliegen Mietverträge dem MRG, so können diese nur aus wichtigen Gründen aufgekündigt werden (§ 30 MRG). Das Gesetz zählt wichtige Gründe zur Kündigung beispielsweise auf. Diese Kündigungsbeschränkungen gelten grundsätzlich sowohl für Haupt- als auch für Untermietverhältnisse. Für Untermietverhältnisse gilt allerdings ein zusätzlicher Kündigungsgrund (§ 30 Abs 2 Z 12 MRG): der Untervermieter kann das Untermietverhältnis auflösen, wenn die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzen würden.

Der OGH hat in vorangegangenen Entscheidungen bereits anerkannt, dass die geplante Expansion eines Unternehmens durch den Untervermieter und der damit zusammenhängende Bedarf an den untervermieteten Räumlichkeiten, als wichtiges Interesse gelten kann, das zur Auflösung des Untermietvertrages berechtigt.

In der Entscheidung vom 13.11.2023, GZ 3 Ob 177/23k stellte der OGH darüber hinaus klar, dass es dabei nicht auf die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit der geplanten Expansion ankommt. Für eine wirksame Auflösung des Untermietvertrages ist vielmehr nur relevant, ob der Untervermieter die Expansion ernsthaft plant und diese nicht nur dazu dient, den Untermieter loszuwerden.

Schlussfolgerung/Fazit

Bereits die geplante Expansion des eigenen Unternehmens kann die Auflösung eines Untermietvertrages rechtfertigen. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Expansion wirtschaftlich Sinn ergibt, sondern nur darauf, ob man die Expansion ernsthaft plant.

Was ist passiert?

Zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer besteht ein Privathaftpflichtversicherungsvertrag. Artikel 7 der vereinbarten Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 2003) enthält unter anderem folgenden Risikoausschluss:

(5) Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen aus Schäden, die der Versicherungsnehmer oder die für ihn handelnden Personen verursachen durch Haltung oder Verwendung von
[…]
5.3 Kraftfahrzeugen […]

Der Versicherungsnehmer nahm am 10.09.2022 an einer Busreise teil, stand während der Fahrt auf, weil er die im Reisebus vorhandene Toilette benutzen wollte, und wurde aufgrund einer starken Bremsung gegen die Windschutzscheibe geschleudert. Dadurch entstanden Schäden am Bus. Der Busunternehmer begehrte deshalb vom Versicherungsnehmer in einem Prozess Schadenersatz, insbesondere weil der Versicherungsnehmer die Anweisung des Busfahrers missachtet habe, während der Fahrt angeschnallt sitzen zu bleiben.

Da der Versicherer eine Deckung unter Verweis auf den oben dargestellten Risikoausschluss abgelehnt hat, erhob der Versicherungsnehmer Klage auf Feststellung der Deckungspflicht für diesen Schadensfall.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 22.11.2023, Geschäftszahl: 7 Ob 194/23i, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, dass Risikoausschlüsse nicht weiter ausgelegt werden dürfen, als es ihr Sinn unter Betrachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Regelungszusammenhangs erfordert. Durch den gegenständlichen Risikoausschluss solle das erhöhte Risiko, das von der Verwendung von Kraftfahrzeugen ausgeht, vom Versicherungsschutz ausgenommen werden. Der Begriff „Verwendung von Kraftfahrzeugen“ in der privaten Haftpflichtversicherung sei weiter als der Begriff des Betriebs im Sinn des EKHG. Er erfasse die Verwendung (den Gebrauch) des Fahrzeugs schlechthin.

Im gegenständlichen Fall kam der OGH zum Ergebnis, dass der Risikoausschluss nach Art 7.5.3 AHVB 2003 greift. Nach Ansicht des OGH hat der Versicherungsnehmer als Fahrgast den Bus durch sein Mitfahren entsprechend dem Risikoausschluss nach Art 7.5.3 AHVB 2003 „verwendet“. Der Schaden sei nicht bloß dadurch entstanden, dass er während der Fahrt aufstand und sich auf den Weg zur im Reisebus vorhandenen Toilette begab, sondern dadurch, dass er aufgrund einer starken Bremsung des Busses gegen die Windschutzscheibe geschleudert wurde, wodurch dem Busunternehmer ein Schaden entstand. Damit habe sich die primär vom Kraftfahrzeugbetrieb ausgehende Gefahr und damit jenes spezifische Risiko aus der Verwendung eines Kraftfahrzeugs realisiert, das von der Haftpflichtversicherung ausgenommen werden soll. Es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang des vom Versicherungsnehmer verursachten Schadens am Reisebus mit einem bestimmten Betriebsvorgang des Kraftfahrzeugs (der starken Bremsung), sodass von einer Verwendung im Sinn des Risikoausschlusses auszugehen sei. Im Ergebnis habe daher der Versicherer die Deckung zu Recht abgelehnt.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Anwendung des vorliegenden Risikoausschlusses erfordert die Verwirklichung einer primär von der Verwendung des Kraftfahrzeugs unmittelbar ausgehenden Gefahr, nicht aber die Realisierung anderer Risiken, die in irgendeinem Zusammenhang mit einem Kraftfahrzeug stehen. Der Schaden muss somit dem Kraftfahrzeugrisiko näher stehen als dem betrieblichen Risiko.«

Was ist passiert?

Zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer besteht ein Haushalts- und Eigenheimversicherungsvertrag, der eine Privathaftpflichtversicherung inkludiert. Die Ehefrau des Versicherungsnehmers ist mitversichert. Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen und Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB und EHVB 2009 idF 2012) enthalten folgenden Risikoausschluss:

5. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen aus Schäden, die der Versicherungsnehmer oder die für ihn handelnden Personen verursachen durch Haltung oder Verwendung von
5.1 Luftfahrzeugen
5.2 Luftfahrtgeräten

Die Ehefrau des Versicherungsnehmers half beim Rangieren eines im fremden Eigentum stehenden Segelflugzeugs auf einem Flugplatz. Sie entfernte eine Sicherung und verschob händisch das Segelflugzeug im Hangar. Dadurch bekam die Haube einen Sprung.

Der Versicherungsnehmer begehrte vom Versicherer als Haftpflichtversicherer Zahlung in der Höhe des verursachten Schadens. Im Verfahren war strittig, was unter „Verwendung eines Luftfahrzeugs zu verstehen ist“.


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH bestätigte in seiner Entscheidung vom 19.04.2023 zu GZ 7 Ob 33/23p die abweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen. Er wiederholte zunächst, dass Risikoausschlüsse eng auszulegen sind.

Der OGH hat bereits für Kraftfahrzeuge ausgesprochen, dass der Begriff des Verwendens weiter als der Begriff des Betriebes ist und insbesondere nicht nur die Verwendung des Fahrzeugs auf Straßen, sondern die Verwendung des Fahrzeugs schlechthin betrifft.

Nach Ansicht des OGH lässt sich ein Segelflugzeug – mangels Motors – nur durch Krafteinwirkung von außen bewegen. Daraus folgt, dass jemand, der eine Krafteinwirkung ausübt, die dazu führt, dass das Segelflugzeug aus seiner gesicherten Parkposition bewegt wird, dieses Segelflugzeug im Sinne des Risikoausschlusses verwendet. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass der Haftpflichtversicherer nicht zur Leistung verpflichtet war.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Das „Verwenden“ ist ein weiter Begriff, der über den Begriff des „Betriebs“ hinausgeht. Ein Segelflugzeug wird bereits dann verwendet, wenn es aus einer gesicherten Position bewegt wird.«

Was ist passiert?

Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) rückt näher und wird weitreichende Konsequenzen für alle Immobilieneigentümer haben. Wo hingegen der Eigentümer/die Eigentümerin eines Einfamilienhauses ihr Schicksal selbst bestimmen und alleine nach Lösungen streben können, die Anforderungen dieses Gesetztes umzusetzen, ist dies für Wohnungseigentümergemeinschaften komplizierter. Wie soll man hier die Umstellung von fossilen Energien auf erneuerbare Energien schaffen? Was sind sinnvolle erste Schritte?

Rechtliche Beurteilung

Einer Eigentümergemeinschaft nach dem WEG kommt nur Rechtspersönlichkeit in Angelegenheiten der Verwaltung der Immobilie zu. Muss nun also in einem Zinshaus mit mehreren Eigentümern das bisherige fossile System auf ein System der erneuerbaren Energie umgestellt werden, stellt sich die Frage der Zuständigkeit. Wer kann entscheiden? Wer darf entscheiden? Wer trägt die Kosten?


Zunächst ist einmal faktisch zu prüfen, welches Heizungssystem momentan vorliegt. Existiert bereits jetzt ein Anschluss an die Fernwärme? Gibt es eine bestehende Zentralheizung? Hat jeder Wohnungseigentümer eine eigene Heizung und verfügt das Haus somit über mehrere unabhängige dezentrale Heizungssysteme?


Sofern bereits ein zentrales Heizungssystem besteht, ist die Umstellung dieses zentralen Heizungssystems auf erneuerbare Energie im Wesentlichen eine Angelegenheit der außerordentlichen Verwaltung iSd § 29 WEG. Solch eine Umstellung kann also nicht alleine von der Hausverwaltung veranlasst werden, sondern bedarf eines Mehrheitsbeschlusses der Eigentümergemeinschaft iSd § 29 WEG.


Sofern bereits ein zentrales (fossiles) Heizungssystem besteht und ein Anschluss an die Fernwärme gelegt werden soll, ist dies ebenso eine im Wesentlichen Angelegenheit der außerordentlichen Verwaltung iSd § 29 WEG.


Wenn es noch kein zentrales Heizungssystem gibt, kann keiner der Wohnungseigentümer durch das WEG gezwungen werden, solch ein System oder einen Anschluss an die Fernwärme zu akzeptieren. Jeder Eigentümer hat das Recht, sein Objekt entsprechend seiner individuellen Entscheidung zu beheizen. Die Umstellung von einem dezentralen Heizungssystem (fossil) auf ein zentrales Heizungssystem mit erneuerbarer Energie resultiert somit in einer Vielfalt von rechtlichen Fragen, welche sie jedenfalls vorab auch mit einem Anwalt ihres Vertrauens abklären sollten.


Die Umsetzung des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes (EWG) wird für Eigentümergemeinschaften also eine Vielzahl von praktischen und rechtlichen Fragen aufwerfen sowie beträchtliche Kosten verursachen. Wer was umsetzen darf bzw. wer was dulden muss und insbesondere wer Kosten alleine oder gemeinschaftlich tragen muss ist noch nicht final geklärt und wird auch von dem technischen Fortschritt und den unterschiedlichen Möglichkeiten der Beheizung mit erneuerbarer Energie der nächsten Jahre abhängen. Möglichkeiten gibt es bereits jetzt viele, z.B. Solaranlagen, Fernwärme, Wärmepumpen, Möglichkeiten der Netzeinspeisung, wenn Sie mehr Energie erzeugen als sie benötigen. Jedoch wird das EWG längere Fristen zur Umsetzung gewähren und werden sich auch in der Zukunft weitere technische Möglichkeiten finden. Gleichzeitig wird die öffentliche Hand Förderungen für die Umstellung zur Verfügung stellen und Eigentümergemeinschaften werden somit abwägen müssen, ob die gegenwärtige Nutzung einer Förderung und sofortige Umstellung eine möglicherweise zukünftig billigere technische Variante und eine spätere Umsetzung aufwiegt.
Insbesondere bei vorliegen von mehreren dezentralen Heizungssystemen stellen sich eine Vielzahl von technischen und rechtlichen Fragen in denen man sich entsprechend beraten lassen sollte.

Schlussfolgerung

Eigentümergemeinschaften sollten – soweit möglich – geschlossen agieren, dazu bedarf es aber auch eines gemeinsamen Konzepts und gemeinsamer Ziele. Unseres Erachtens macht für Eigentümergemeinschaften somit die Erstellung eines Konzepts für die Umstellung von fossiler auf erneuerbare Energie Sinn. Was ist technisch für das betroffene Haus möglich? Welche Förderungen gibt es dafür? Wie hoch ist die Investition? Wann rechnet sich die Umstellung?

Die Beauftragung solch eines Konzepts ist aus Sicht des WEGs eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung iSd § 29 WEG. In der momentanen rechtlichen Situation ist eine Abstimmung zwischen den Wohnungseigentümern jedenfalls zielführend und oft sogar rechtlich notwendig. Insbesondere wird eine gemeinsame Umsetzung eines Konzepts für das jeweils betroffene Haus die Kosten jedoch vermutlich geringer halten als der Versuch, viele unterschiedliche Lösungen zu finden und umzusetzen. Weiters sollte der Gesetzgeber zukünftig noch einige gesetzliche Klarstellungen treffen, um die Vielzahl der offenen Themen, wenn die Eigentümergemeinschaft sich eben nicht gänzlich einig ist, für die Zukunft besser lösen zu können.

Was ist passiert?

Zwischen der Versicherungsnehmerin und dem Versicherer besteht eine Reise- und Warenlagerversicherung, welchem die Allgemeinen Bedingungen 2008 für die Reise- und Warenlager-Versicherung (AVL RWL 08) zugrunde liegen. Nach einem Raubüberfall im Jahr 2014 forderte der Versicherer (auszugsweise) die nachstehenden Verbesserungen der Sicherheitsvorkehrungen:

» Sicherungsbeschreibung

[…] T1 … Ladeneingangstür, Metallrahmen mit Verbundsicherheitseinsatz (wie SF); 1 Profilzylindersicherheitsschloss 2-tourig, elektronischer Türöffner (Zeiten siehe Police)“

„4. Lageplan und Sicherungsbeschreibung

Folgende Ergänzungen zum Lageplan sind Grundlage für den Versicherungsschutz:

[…]

– Die Ladeneingangstüren (Risiko A und B) sind ständig verschlossen zu halten und nur per Fernbedienung für den kurzfristigen Eintritt von Kunden zu öffnen.

– Die Personen, die den Laden (Risiko A und B) morgens öffnen und abends schließen, müssen einen mobilen Überfallmelder bei sich tragen.

[…]«

Die Versicherungsnehmerin ließ daraufhin die in der Sicherheitsbeschreibung angeführten elektronischen Ladeneingangstüröffner installieren. Dass die elektronisch verschlossene Eingangstür durch bloßes Aufdrücken der Zarge geöffnet werden konnte, war der Versicherungsnehmerin bis zum gegenständlichen Vorfall nicht bewusst. Im Jahr 2020 dekorierte eine Angestellte der Versicherungsnehmerin kurz nach Ladenöffnung die hell erleuchteten Auslagen mit dem Rücken zur Tür mit Schmuckstücken und wurde zu diesem Zweck die Tür des Tresors offengelassen. Der vor der Tür vorhandene Rollbalken war zu diesem Zeitpunkt nicht heruntergelassen. Zwei unbekannte Täter verschafften sich gewaltsam mit einem Schraubendreher Zutritt zum Geschäftsraum, in dem sie die elektronisch verschlossene, jedoch nicht mit dem Schlüssel versperrte Geschäftseingangstür aufhebelten. Der Überfall dauerte 40 Sekunden. Zum Zeitpunkt des Überfalls trug die im Geschäft anwesende Angestellte keinen Alarmtaster. Die Versicherungsnehmerin begehrte Ersatz des beim Raubüberfall entstandenen Schadens. Der Versicherer lehnte ab und wendete unter anderem die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls ein.

Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung führte der Oberste Gerichtshof (OGH) aus, dass der Versicherungsnehmerin in einer Gesamtbetrachtung kein grob fahrlässiges Verhalten vorwerfbar sei. Dass die elektronisch verschlossene Eingangstür durch bloßes Aufdrücken der Zarge geöffnet werden konnte, war der Versicherungsnehmerin nicht bewusst. Ein Tragen des Alarmtasters hätte nach Ansicht des OGH an dem binnen 40 Sekunden abgeschlossenen Raubüberfall nichts zu ändern vermocht und das sichtbare Dekorieren des Schaufensters vermag – ausgehend davon, dass die Versicherungsnehmerin zu diesem Zeitpunkt auf eine elektronisch gesicherte Tür vertrauen durfte – für sich genommen einen Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht begründen. Die besondere Helligkeit der Beleuchtung möge zwar die Aufmerksamkeit von Passanten anziehen, begünstigt aber nicht unbedingt einen Überfall.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»In der vorliegenden, eher versicherungsnehmer-freundlichen Entscheidung misst der OGH bei der Beurteilung, ob ein grob fahrlässiges Verhalten vorliegt, dem Umstand, dass für die Versicherungsnehmerin die recht einfache Überwindung der Eingangstüre nicht erkennbar war, eine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Nichtsdestotrotz sind bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit stets alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen