Schlagwortarchiv für: Haftpflichtversicherung

Was ist passiert?

Der Mieter eines Bestandobjekts betreibt darin sein Unternehmen. Da er nicht das gesamte Bestandobjekt selbst benötigt, hat er Teilbereiche davon an einen Dritten untervermietet. Später will der Mieter = Untervermieter sein im Bestandobjekt betriebenes Unternehmen erweitern und benötigt dazu die untervermieteten Räumlichkeiten wieder zurück. Der Untermieter weigert sich, diese Zurückzustellen.

Im Kündigungsverfahren wendet der beklagte Untermieter insb ein, die geplante Expansion des vom Untervermieter betriebenen Unternehmens sei wirtschaftlich sinnlos.

Wie ist die Rechtslage?

Unterliegen Mietverträge dem MRG, so können diese nur aus wichtigen Gründen aufgekündigt werden (§ 30 MRG). Das Gesetz zählt wichtige Gründe zur Kündigung beispielsweise auf. Diese Kündigungsbeschränkungen gelten grundsätzlich sowohl für Haupt- als auch für Untermietverhältnisse. Für Untermietverhältnisse gilt allerdings ein zusätzlicher Kündigungsgrund (§ 30 Abs 2 Z 12 MRG): der Untervermieter kann das Untermietverhältnis auflösen, wenn die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzen würden.

Der OGH hat in vorangegangenen Entscheidungen bereits anerkannt, dass die geplante Expansion eines Unternehmens durch den Untervermieter und der damit zusammenhängende Bedarf an den untervermieteten Räumlichkeiten, als wichtiges Interesse gelten kann, das zur Auflösung des Untermietvertrages berechtigt.

In der Entscheidung vom 13.11.2023, GZ 3 Ob 177/23k stellte der OGH darüber hinaus klar, dass es dabei nicht auf die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit der geplanten Expansion ankommt. Für eine wirksame Auflösung des Untermietvertrages ist vielmehr nur relevant, ob der Untervermieter die Expansion ernsthaft plant und diese nicht nur dazu dient, den Untermieter loszuwerden.

Schlussfolgerung/Fazit

Bereits die geplante Expansion des eigenen Unternehmens kann die Auflösung eines Untermietvertrages rechtfertigen. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Expansion wirtschaftlich Sinn ergibt, sondern nur darauf, ob man die Expansion ernsthaft plant.

Was ist passiert?

Zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer besteht ein Privathaftpflichtversicherungsvertrag. Artikel 7 der vereinbarten Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 2003) enthält unter anderem folgenden Risikoausschluss:

(5) Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen aus Schäden, die der Versicherungsnehmer oder die für ihn handelnden Personen verursachen durch Haltung oder Verwendung von
[…]
5.3 Kraftfahrzeugen […]

Der Versicherungsnehmer nahm am 10.09.2022 an einer Busreise teil, stand während der Fahrt auf, weil er die im Reisebus vorhandene Toilette benutzen wollte, und wurde aufgrund einer starken Bremsung gegen die Windschutzscheibe geschleudert. Dadurch entstanden Schäden am Bus. Der Busunternehmer begehrte deshalb vom Versicherungsnehmer in einem Prozess Schadenersatz, insbesondere weil der Versicherungsnehmer die Anweisung des Busfahrers missachtet habe, während der Fahrt angeschnallt sitzen zu bleiben.

Da der Versicherer eine Deckung unter Verweis auf den oben dargestellten Risikoausschluss abgelehnt hat, erhob der Versicherungsnehmer Klage auf Feststellung der Deckungspflicht für diesen Schadensfall.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 22.11.2023, Geschäftszahl: 7 Ob 194/23i, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, dass Risikoausschlüsse nicht weiter ausgelegt werden dürfen, als es ihr Sinn unter Betrachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Regelungszusammenhangs erfordert. Durch den gegenständlichen Risikoausschluss solle das erhöhte Risiko, das von der Verwendung von Kraftfahrzeugen ausgeht, vom Versicherungsschutz ausgenommen werden. Der Begriff „Verwendung von Kraftfahrzeugen“ in der privaten Haftpflichtversicherung sei weiter als der Begriff des Betriebs im Sinn des EKHG. Er erfasse die Verwendung (den Gebrauch) des Fahrzeugs schlechthin.

Im gegenständlichen Fall kam der OGH zum Ergebnis, dass der Risikoausschluss nach Art 7.5.3 AHVB 2003 greift. Nach Ansicht des OGH hat der Versicherungsnehmer als Fahrgast den Bus durch sein Mitfahren entsprechend dem Risikoausschluss nach Art 7.5.3 AHVB 2003 „verwendet“. Der Schaden sei nicht bloß dadurch entstanden, dass er während der Fahrt aufstand und sich auf den Weg zur im Reisebus vorhandenen Toilette begab, sondern dadurch, dass er aufgrund einer starken Bremsung des Busses gegen die Windschutzscheibe geschleudert wurde, wodurch dem Busunternehmer ein Schaden entstand. Damit habe sich die primär vom Kraftfahrzeugbetrieb ausgehende Gefahr und damit jenes spezifische Risiko aus der Verwendung eines Kraftfahrzeugs realisiert, das von der Haftpflichtversicherung ausgenommen werden soll. Es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang des vom Versicherungsnehmer verursachten Schadens am Reisebus mit einem bestimmten Betriebsvorgang des Kraftfahrzeugs (der starken Bremsung), sodass von einer Verwendung im Sinn des Risikoausschlusses auszugehen sei. Im Ergebnis habe daher der Versicherer die Deckung zu Recht abgelehnt.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Anwendung des vorliegenden Risikoausschlusses erfordert die Verwirklichung einer primär von der Verwendung des Kraftfahrzeugs unmittelbar ausgehenden Gefahr, nicht aber die Realisierung anderer Risiken, die in irgendeinem Zusammenhang mit einem Kraftfahrzeug stehen. Der Schaden muss somit dem Kraftfahrzeugrisiko näher stehen als dem betrieblichen Risiko.«

Was ist passiert?

Zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer besteht ein Haushalts- und Eigenheimversicherungsvertrag, der eine Privathaftpflichtversicherung inkludiert. Die Ehefrau des Versicherungsnehmers ist mitversichert. Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen und Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB und EHVB 2009 idF 2012) enthalten folgenden Risikoausschluss:

5. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen aus Schäden, die der Versicherungsnehmer oder die für ihn handelnden Personen verursachen durch Haltung oder Verwendung von
5.1 Luftfahrzeugen
5.2 Luftfahrtgeräten

Die Ehefrau des Versicherungsnehmers half beim Rangieren eines im fremden Eigentum stehenden Segelflugzeugs auf einem Flugplatz. Sie entfernte eine Sicherung und verschob händisch das Segelflugzeug im Hangar. Dadurch bekam die Haube einen Sprung.

Der Versicherungsnehmer begehrte vom Versicherer als Haftpflichtversicherer Zahlung in der Höhe des verursachten Schadens. Im Verfahren war strittig, was unter „Verwendung eines Luftfahrzeugs zu verstehen ist“.


Wie ist die Rechtslage?

Der OGH bestätigte in seiner Entscheidung vom 19.04.2023 zu GZ 7 Ob 33/23p die abweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen. Er wiederholte zunächst, dass Risikoausschlüsse eng auszulegen sind.

Der OGH hat bereits für Kraftfahrzeuge ausgesprochen, dass der Begriff des Verwendens weiter als der Begriff des Betriebes ist und insbesondere nicht nur die Verwendung des Fahrzeugs auf Straßen, sondern die Verwendung des Fahrzeugs schlechthin betrifft.

Nach Ansicht des OGH lässt sich ein Segelflugzeug – mangels Motors – nur durch Krafteinwirkung von außen bewegen. Daraus folgt, dass jemand, der eine Krafteinwirkung ausübt, die dazu führt, dass das Segelflugzeug aus seiner gesicherten Parkposition bewegt wird, dieses Segelflugzeug im Sinne des Risikoausschlusses verwendet. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass der Haftpflichtversicherer nicht zur Leistung verpflichtet war.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Das „Verwenden“ ist ein weiter Begriff, der über den Begriff des „Betriebs“ hinausgeht. Ein Segelflugzeug wird bereits dann verwendet, wenn es aus einer gesicherten Position bewegt wird.«

Was ist passiert?

Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) rückt näher und wird weitreichende Konsequenzen für alle Immobilieneigentümer haben. Wo hingegen der Eigentümer/die Eigentümerin eines Einfamilienhauses ihr Schicksal selbst bestimmen und alleine nach Lösungen streben können, die Anforderungen dieses Gesetztes umzusetzen, ist dies für Wohnungseigentümergemeinschaften komplizierter. Wie soll man hier die Umstellung von fossilen Energien auf erneuerbare Energien schaffen? Was sind sinnvolle erste Schritte?

Rechtliche Beurteilung

Einer Eigentümergemeinschaft nach dem WEG kommt nur Rechtspersönlichkeit in Angelegenheiten der Verwaltung der Immobilie zu. Muss nun also in einem Zinshaus mit mehreren Eigentümern das bisherige fossile System auf ein System der erneuerbaren Energie umgestellt werden, stellt sich die Frage der Zuständigkeit. Wer kann entscheiden? Wer darf entscheiden? Wer trägt die Kosten?


Zunächst ist einmal faktisch zu prüfen, welches Heizungssystem momentan vorliegt. Existiert bereits jetzt ein Anschluss an die Fernwärme? Gibt es eine bestehende Zentralheizung? Hat jeder Wohnungseigentümer eine eigene Heizung und verfügt das Haus somit über mehrere unabhängige dezentrale Heizungssysteme?


Sofern bereits ein zentrales Heizungssystem besteht, ist die Umstellung dieses zentralen Heizungssystems auf erneuerbare Energie im Wesentlichen eine Angelegenheit der außerordentlichen Verwaltung iSd § 29 WEG. Solch eine Umstellung kann also nicht alleine von der Hausverwaltung veranlasst werden, sondern bedarf eines Mehrheitsbeschlusses der Eigentümergemeinschaft iSd § 29 WEG.


Sofern bereits ein zentrales (fossiles) Heizungssystem besteht und ein Anschluss an die Fernwärme gelegt werden soll, ist dies ebenso eine im Wesentlichen Angelegenheit der außerordentlichen Verwaltung iSd § 29 WEG.


Wenn es noch kein zentrales Heizungssystem gibt, kann keiner der Wohnungseigentümer durch das WEG gezwungen werden, solch ein System oder einen Anschluss an die Fernwärme zu akzeptieren. Jeder Eigentümer hat das Recht, sein Objekt entsprechend seiner individuellen Entscheidung zu beheizen. Die Umstellung von einem dezentralen Heizungssystem (fossil) auf ein zentrales Heizungssystem mit erneuerbarer Energie resultiert somit in einer Vielfalt von rechtlichen Fragen, welche sie jedenfalls vorab auch mit einem Anwalt ihres Vertrauens abklären sollten.


Die Umsetzung des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes (EWG) wird für Eigentümergemeinschaften also eine Vielzahl von praktischen und rechtlichen Fragen aufwerfen sowie beträchtliche Kosten verursachen. Wer was umsetzen darf bzw. wer was dulden muss und insbesondere wer Kosten alleine oder gemeinschaftlich tragen muss ist noch nicht final geklärt und wird auch von dem technischen Fortschritt und den unterschiedlichen Möglichkeiten der Beheizung mit erneuerbarer Energie der nächsten Jahre abhängen. Möglichkeiten gibt es bereits jetzt viele, z.B. Solaranlagen, Fernwärme, Wärmepumpen, Möglichkeiten der Netzeinspeisung, wenn Sie mehr Energie erzeugen als sie benötigen. Jedoch wird das EWG längere Fristen zur Umsetzung gewähren und werden sich auch in der Zukunft weitere technische Möglichkeiten finden. Gleichzeitig wird die öffentliche Hand Förderungen für die Umstellung zur Verfügung stellen und Eigentümergemeinschaften werden somit abwägen müssen, ob die gegenwärtige Nutzung einer Förderung und sofortige Umstellung eine möglicherweise zukünftig billigere technische Variante und eine spätere Umsetzung aufwiegt.
Insbesondere bei vorliegen von mehreren dezentralen Heizungssystemen stellen sich eine Vielzahl von technischen und rechtlichen Fragen in denen man sich entsprechend beraten lassen sollte.

Schlussfolgerung

Eigentümergemeinschaften sollten – soweit möglich – geschlossen agieren, dazu bedarf es aber auch eines gemeinsamen Konzepts und gemeinsamer Ziele. Unseres Erachtens macht für Eigentümergemeinschaften somit die Erstellung eines Konzepts für die Umstellung von fossiler auf erneuerbare Energie Sinn. Was ist technisch für das betroffene Haus möglich? Welche Förderungen gibt es dafür? Wie hoch ist die Investition? Wann rechnet sich die Umstellung?

Die Beauftragung solch eines Konzepts ist aus Sicht des WEGs eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung iSd § 29 WEG. In der momentanen rechtlichen Situation ist eine Abstimmung zwischen den Wohnungseigentümern jedenfalls zielführend und oft sogar rechtlich notwendig. Insbesondere wird eine gemeinsame Umsetzung eines Konzepts für das jeweils betroffene Haus die Kosten jedoch vermutlich geringer halten als der Versuch, viele unterschiedliche Lösungen zu finden und umzusetzen. Weiters sollte der Gesetzgeber zukünftig noch einige gesetzliche Klarstellungen treffen, um die Vielzahl der offenen Themen, wenn die Eigentümergemeinschaft sich eben nicht gänzlich einig ist, für die Zukunft besser lösen zu können.

Was ist passiert?

Zwischen der Versicherungsnehmerin und dem Versicherer besteht eine Reise- und Warenlagerversicherung, welchem die Allgemeinen Bedingungen 2008 für die Reise- und Warenlager-Versicherung (AVL RWL 08) zugrunde liegen. Nach einem Raubüberfall im Jahr 2014 forderte der Versicherer (auszugsweise) die nachstehenden Verbesserungen der Sicherheitsvorkehrungen:

» Sicherungsbeschreibung

[…] T1 … Ladeneingangstür, Metallrahmen mit Verbundsicherheitseinsatz (wie SF); 1 Profilzylindersicherheitsschloss 2-tourig, elektronischer Türöffner (Zeiten siehe Police)“

„4. Lageplan und Sicherungsbeschreibung

Folgende Ergänzungen zum Lageplan sind Grundlage für den Versicherungsschutz:

[…]

– Die Ladeneingangstüren (Risiko A und B) sind ständig verschlossen zu halten und nur per Fernbedienung für den kurzfristigen Eintritt von Kunden zu öffnen.

– Die Personen, die den Laden (Risiko A und B) morgens öffnen und abends schließen, müssen einen mobilen Überfallmelder bei sich tragen.

[…]«

Die Versicherungsnehmerin ließ daraufhin die in der Sicherheitsbeschreibung angeführten elektronischen Ladeneingangstüröffner installieren. Dass die elektronisch verschlossene Eingangstür durch bloßes Aufdrücken der Zarge geöffnet werden konnte, war der Versicherungsnehmerin bis zum gegenständlichen Vorfall nicht bewusst. Im Jahr 2020 dekorierte eine Angestellte der Versicherungsnehmerin kurz nach Ladenöffnung die hell erleuchteten Auslagen mit dem Rücken zur Tür mit Schmuckstücken und wurde zu diesem Zweck die Tür des Tresors offengelassen. Der vor der Tür vorhandene Rollbalken war zu diesem Zeitpunkt nicht heruntergelassen. Zwei unbekannte Täter verschafften sich gewaltsam mit einem Schraubendreher Zutritt zum Geschäftsraum, in dem sie die elektronisch verschlossene, jedoch nicht mit dem Schlüssel versperrte Geschäftseingangstür aufhebelten. Der Überfall dauerte 40 Sekunden. Zum Zeitpunkt des Überfalls trug die im Geschäft anwesende Angestellte keinen Alarmtaster. Die Versicherungsnehmerin begehrte Ersatz des beim Raubüberfall entstandenen Schadens. Der Versicherer lehnte ab und wendete unter anderem die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls ein.

Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung führte der Oberste Gerichtshof (OGH) aus, dass der Versicherungsnehmerin in einer Gesamtbetrachtung kein grob fahrlässiges Verhalten vorwerfbar sei. Dass die elektronisch verschlossene Eingangstür durch bloßes Aufdrücken der Zarge geöffnet werden konnte, war der Versicherungsnehmerin nicht bewusst. Ein Tragen des Alarmtasters hätte nach Ansicht des OGH an dem binnen 40 Sekunden abgeschlossenen Raubüberfall nichts zu ändern vermocht und das sichtbare Dekorieren des Schaufensters vermag – ausgehend davon, dass die Versicherungsnehmerin zu diesem Zeitpunkt auf eine elektronisch gesicherte Tür vertrauen durfte – für sich genommen einen Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht begründen. Die besondere Helligkeit der Beleuchtung möge zwar die Aufmerksamkeit von Passanten anziehen, begünstigt aber nicht unbedingt einen Überfall.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»In der vorliegenden, eher versicherungsnehmer-freundlichen Entscheidung misst der OGH bei der Beurteilung, ob ein grob fahrlässiges Verhalten vorliegt, dem Umstand, dass für die Versicherungsnehmerin die recht einfache Überwindung der Eingangstüre nicht erkennbar war, eine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Nichtsdestotrotz sind bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit stets alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen

Zu den Änderungen für die Kurzzeitvermietung von Wohnungen in Wien aufgrund der Novelle der Wiener Bauordnung 2023

Am 23.11.2023 wurde die Bauordnungsnovelle 2023 vom Wiener Landtag beschlossen. Diese enthält weitreichende Änderungen, insbesondere schränkt die Novelle die Kurzzeitvermietung von Wohnungen in Wien gravierend ein.

Was ändert sich für die Kurzzeitvermietung durch die Bauordnungsnovelle?

Bisher war die Kurzzeitvermietung von Wohnungen in Wien nach der Wiener Bauordnung nur in sogenannten „Wohnzonen“ ausgeschlossen, im restlichen Stadtgebiet wurde die Kurzzeitvermietung von Wohnungen grundsätzlich toleriert.

Nunmehr wird aufgrund der Bauordnungsnovelle 2023 allerdings für das gesamte Wiener Stadtgebiet klargestellt, dass die gewerbliche Kurzzeitvermietung von Wohnungen zweckwidrig und sohin unzulässig ist.

Gemäß dem neu gefassten § 119 Abs 2a der Wiener Bauordnung darf eine Wohnung – mit Ausnahme der unmittelbaren Nutzung für Wohnzwecke – ab dem 01.07.2024 nämlich nur für folgende Nutzungen verwendet werden:

  • solche, die üblicherweise in Wohnungen ausgeübt werden, wobei klargestellt wird, dass die gewerbliche Kurzzeitvermietung keine solche Tätigkeit darstellt;
  • vorübergehende kurzfristige (touristische) Vermietung für maximal 90 Tage pro Kalen-derjahr ohne dauerhafte Aufgabe des Wohnsitzes in der Wohnung.

Für eine darüberhinausgehende Nutzung von Wohnungen besteht die Möglichkeit, eine Ausnahmebewilligung zu beantragen. Dies allerdings unter anderem nur unter den Voraussetzungen, dass die Mehrzahl der Wohnungen im Gebäude weiterhin für Wohnzwecke verwendet werden sowie der schriftlichen Zustimmung sämtlicher Mit- bzw. Wohnungseigentümer. Dar-über hinaus wird eine Ausnahmegenehmigung nur bis auf maximal fünf Jahre befristet erteilt.

Verschärfte Sanktionen bei Verstößen und behördliche Kontrollmöglichkeit
Beachtlich ist, dass die Bauordnungsnovelle auch Verschärfungen der Strafbestimmungen bei Verstößen gegen die Bestimmungen der Wiener Bauordnung vorsieht. Schon für das Anbieten einer Wohnung im Internet (und nicht erst die tatsächliche Vermietung) beträgt der Strafrahmen bis zu EUR 50.000.

Weiters wird die Behörde ermächtigt, behördliche Kontrollen im Zusammenhang mit der Einhaltung der neuen Bestimmungen über die Kurzzeitvermietung von Wohnungen in Wien durchzuführen.

Fazit

Die Kurzzeitvermietung von Wohnungen über Airbnb & Co. wird durch die Bauordnungsnovelle 2023 massiv eingeschränkt und sanktioniert. Möglich bleibt allerdings weiterhin die Kurzzeitvermietung von Objekten mit anderer Widmung, zB als Apartment.

Was ist passiert?

Zwischen der Versicherungsnehmerin und dem Versicherer besteht ein Unfallversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB 2008) zugrunde liegen. Diese lauten auszugsweise wie folgt:

»Begrenzungen des Versicherungsschutzes

Art 21

– Welche sachlichen Begrenzungen gibt es?

Sachliche Begrenzung des Versicherungsschutzes

[…]

3.3 Für organisch bedingte Störungen des Nervensystems wird eine Leistung nur erbracht, wenn und soweit diese Störung auf eine durch den Unfall verursachte organische Schädigung zurückzuführen ist. Seelische Fehlhaltungen (Neurosen, Psychoneurosen) gelten nicht als Unfallfolgen.«

[…]

Die Versicherungsnehmerin hatte nach einem Unfall eine „psychische Belastung“, die zu einer weiteren (dauernden) Funktionsbeeinträchtigung (Tinnitus) geführt hat. Unter Verweis auf Art 21.3.3 AUVB 2008 ließ der Versicherer den Tinnitus bei der Beurteilung des Ausmaßes der dauernden Funktionsbeeinträchtigung außer Betracht. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 24.05.2023 (Geschäftszahl: 7 Ob 65/23v) führte der OGH zunächst aus, dass es sich bei Art 21.3.3 AUVB 2008 um einen Risikoausschluss handle, der keinen Bedenken nach dem Transparenzgebot gemäß § 6 Abs 3 KSchG begegne, da die Klausel klar und unverständlich sei. Nach Art 21.3.3 AUVB 2008 liege nur dann eine von der Versicherungsdeckung umfasste Störung des Nervensystems vor, wenn sie organische Ursachen habe. Die von der Klägerin behauptete „psychische Belastung“, die zum Tinnitus hat, habe als solche keinen organischen Ansatz. Damit stelle diese Beeinträchtigung keine von der Versicherungsdeckung umfasste Störung des Nervensystems dar, weshalb sie bei der Beurteilung des Ausmaßes der dauernden Funktionsbeeinträchtigung nicht relevant sei.

Unter Verweis auf seine bisherige Judikatur führte der OGH allerdings noch aus, dass der Versicherungsschutz dann nicht ausgeschlossen werde, wenn der Versicherte eine Gesundheitsschädigung infolge eines Schocks erleidet, der durch ein Unfallereignis hervorgerufen wird. Eine „psychische Belastung“ sei jedoch – ohne ausdrücklichen Hinweis darauf – kein Schock im Sinn eines unmittelbar, durch den Unfall verursachten „psychischen Unfalltraumas“.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Wenn das Nervensystem nicht organisch geschädigt wird, sondern eine Neurose nur aufgrund der psychischen Haltung des Geschädigten zum Unfall und seinen Folgen entsteht, ist die Deckung ausgeschlossen.«

Was ist passiert?

Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer besteht eine private Unfallversicherung, dem die AUVB 2013 zugrunde liegen. Diese lauten auszugsweise wie folgt:

Artikel 17 – Sachliche Begrenzung des Versicherungsschutzes

Eine Versicherungsleistung wird nur für die durch den eingetretenen Unfall hervorgerufenen Folgen (körperliche Schädigung oder Tod) erbracht. Darüber hinaus gilt, soweit nichts anderes vereinbart ist:

1. Bei der Bemessung des Invaliditätsgrades wird ein Abzug in Höhe einer Vorinvalidität nur vorgenommen, wenn durch den Unfall eine körperliche oder geistige Funktion betroffen ist, die schon vorher beeinträchtigt war.«

Der Versicherungsnehmer erlitt in den Jahren 2015, 2020 und 2021 jeweils Verletzungen am linken Knie. Nach dem Unfall 2015 war ein vorderer Kreuzbandersatz eingesetzt worden, der 2020 zerriss. Daher war das Knie beim Unfall im Jahr 2021 als kreuzbanddefizient zu betrachten. Aus dem Fehlen des vorderen Kreuzbandes resultierte eine mehr oder weniger stark ausgeprägte vordere Knieinstabilität und fehlte daher die Schutzwirkung gegen unkontrollierbare Krafteinwirkungen. Beim neuerlichen Unfall im Jahr 2021 erlitt der Versicherungsnehmer eine Meniskusruptur, woraufhin ein künstlicher Meniskus im linken Knie eingesetzt werden musste.

Der Versicherungsnehmer begehrte für den Unfall im Jahre 2021 eine Leistung aus der Unfallversicherung mit der Begründung, die Schäden aus den Unfällen 2015, 2020 und 2021 seien in anderen Funktionen eingetreten, zumal bei den Unfällen in den Jahren 2015 und 2020 das vordere Kreuzband, beim Unfall im Jahr 2021 allerdings der Meniskus geschädigt worden sei. Die Vorinvalidität bzw. der Vorschaden am Kreuzband sei damit kein Vorschaden am Meniskus, auf den sich die nunmehr begehrte Invaliditätsentschädigung beziehe. Der Versicherer bestritt.

Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung (7 Ob 166/23x) führte der Oberste Gerichtshof zunächst aus, dass von der festzustellenden Gesamtinvalidität der Grad der Vorinvalidität abzuziehen sei. Dabei seien Vorschäden einer nicht betroffenen Funktion nicht zu berücksichtigen. Nach den getroffenen Feststellungen gewährleisten sowohl das Kreuzband als auch der Meniskus die Stabilisierung und Beweglichkeit des Kniegelenks. Aus diesem Grund betreffe eine Invalidität aufgrund einer Verletzung eines Kreuzbandes die gleiche körperliche Funktion, wie eine Invalidität aufgrund der Verletzung des Meniskus, nämlich die Funktion des Kniegelenkes. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass die vor dem Unfall im Jahr 2021 bereits bestehende Invalidität zu berücksichtigen und daher in Abzug zu bringen sei.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Für die Beurteilung, ob eine Vorinvalidität in Abzug zu bringen ist, kommt es darauf an, ob die Vorverletzung die gleiche körperliche Funktion betrifft. Kreuzband und Meniskus betreffen beide die gleiche körperliche Funktion, und zwar die Stabilisierung und Beweglichkeit des Kniegelenkes.«

Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer erwarb als Ehemann und Vater ein Versicherungsprodukt vom Versicherer, das einen Lebens- und Rentenversicherungsvertrag mit zwei eigenständigen Polizzen kombinierte. Für den Fall seines Todes sollten die Ehefrau und die Tochter je zur Hälfte bezugsberechtigt sein. Nach Streitigkeiten mit der Tochter änderte der Versicherungsnehmer die Bezugsberechtigungen beider Versicherungen auf die Ehefrau allein. Nach dem Tod des Versicherungsnehmers zahlte der Versicherer die gesamte Versicherungssumme aus der Rentenversicherung an die Ehefrau aus, die Versicherungssumme aus der Lebensversicherung jedoch nur zur Hälfte, da die schriftliche Änderung der Bezugsberechtigung beim Versicherer in Verstoß geriet.

Die Ehefrau klagte den Versicherer aufgrund geänderter Bezugsberechtigung auf Auszahlung der ausstehenden Versicherungssumme aus der Lebensversicherung. Die Tochter beanspruchte die Versicherungssumme zur Hälfte.

Der beklagte Versicherer hinterlegte die von der Klägerin und Tochter beanspruchte Versicherungssumme gemäß § 1425 ABGB beim Bezirksgericht. Im Verfahren war fraglich, ob der Versicherer bereits durch Hinterlegung der beanspruchten Versicherungssumme schuldbefreiend leistete und somit das Zahlungsbegehren der Ehefrau abgewiesen werden müsste.

Wie ist die Rechtslage?

Der OGH sprach in seiner Entscheidung vom 25.01.2023, Aktenzeichen: 7 Ob 213/22g aus, dass das Auftreten mehrerer Forderungsprätendenten allein den Schuldner noch nicht zum gerichtlichen Erlag berechtigt, wenn die konkurrierenden Ansprüche offenkundig unbegründet sind und dies für den Versicherer leicht erkennbar ist. Ein gerichtlicher Erlag ohne zureichenden Hinterlegungsgrund befreit den Versicherer nicht. Zudem ist der Versicherer, der sich selbst in die Lage der Unklarheit gebracht hat, nicht zur Hinterlegung berechtigt. Da der Versicherer gegenständlich den Verlust der Bezugsrechtsänderung zu verantworten hatte, konnte er nicht wirksam hinterlegen. Dem Zahlungsbegehren der klagenden Ehefrau gab der OGH somit statt.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Eine schuldbefreiende Hinterlegung der Versicherungssumme bei mehreren potentiellen Anspruchsberechtigten ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn der Versicherer die unklare Lage – etwa durch Verlust von Urkunden – selbst verursacht hat

Was ist passiert?

Zwischen der Versicherungsnehmerin – eine GmbH – und dem Versicherer bestand ein Haftpflichtversicherungsvertrag, dem unter anderem die Allgemeinen und Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 2006 und EHVB 2006), Fassung 2014, zugrunde lagen.

Die Versicherungsnehmerin wurde von einem Bauherrn mit Arbeiten im Keller seines Hauses beauftragt. Die erforderlichen Baggerarbeiten wurden vom ehemaligen Geschäftsführer der Versicherungsnehmerin, einem Bau-Polier mit langjähriger Erfahrung, durchgeführt. Er hat im Keller des Gebäudes ca. 25 cm Bodenschicht ohne Abstützungsmaßnahmen mit einem kleinen Bagger entfernt, wobei das Fundament untergraben wurde. Er prüfte den Untergrund während er das erste Stück mit dem Bagger abzog. Ihm hätte in dem Augenblick, als erkennbar war, dass die bestehende Gründungsunterkante untergraben wird, klar sein müssen, dass damit in die Standfestigkeit des Bauwerks eingegriffen wird. Er hätte die Arbeitsweise entweder sofort sach- und fachgerecht an diese Umstände anpassen oder einstellen müssen. Da er dies jedoch unterlassen hatte, kam es in weiterer Folge zu massiven Schäden am Haus und somit zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen des Bauherrn gegenüber der Versicherungsnehmerin.

Der Versicherer lehnte jedoch eine Deckung unter Verweis auf das Vorliegen von Risikoausschlüssen ab. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH), Aktenzeichen: 7 Ob 96/23b.

Wie ist die Rechtslage?

Gemäß Artikel 7.2.1 AHVB 2006 erstreckt sich die Versicherung nicht auf Schadenersatzverpflichtungen der Personen, die den Schaden durch eine solche Handlung oder Unterlassung herbeigeführt haben, bei welcher der Schadenseintritt mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden musste, jedoch in Kauf genommen wurde (z.B. im Hinblick auf die Wahl einer kosten- oder zeitsparenden Arbeitsweise).

Nach Ansicht des OGH müssen sich Bedenken und Entschluss des Versicherungsnehmers nicht auf den Schadenserfolg selbst, sondern nur auf einen diesem Erfolg vorgelagerten Umstand beziehen, der eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür begründet, dass es wirklich zum Eintritt des Schadens kommen kann.

Im vorliegenden Fall kam der OGH zum Ergebnis, dass es keinen Anhaltspunkt für eine Inkaufnahme des Schadens gebe, da der Bau-Polier bei Bedenken nicht in das Gewölbe gefahren wäre, weil ihn das in Lebensgefahr gebracht hätte.

Darüber hinaus ist der Versicherer gemäß Abschnitt A, Ziffer 3 EHVB 2006 von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt wurde und bewusst – insbesondere im Hinblick auf die Wahl einer kosten- oder zeitersparenden Arbeitsweise oder Ausführungsweise einer Tätigkeit – den für den versicherten Betrieb oder für den versicherten Beruf oder für das versicherte Risiko geltenden Gesetzen, Verordnungen oder behördlichen Vorschriften zuwidergehandelt wurde.

Nach der Judikatur des OGH müssen beide Voraussetzungen kumulativ vorhanden sein. Die Leistungsfreiheit des Versicherers setze nicht das Kennenmüssen, das heißt einen grob fahrlässigen Verstoß gegen Vorschriften voraus, sondern einen bewussten, das heißt vorsätzlichen Verstoß. Der Versicherungsnehmer müsse die Verbotsvorschrift zwar nicht in ihrem Wortlaut und in ihrem genauen Umfang kennen, er müsse sich aber bei seiner Vorgangsweise bewusst sein, dass er damit gegen geltende Vorschriften verstößt. Er müsse also das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seiner Handlungsweise haben.

Abschnitt A Z 3 EHVB 2006 verlange einen Verstoß gegen Gesetze, Verordnungen oder behördliche Vorschriften. ÖNORMEN seien, soweit sie nicht durch konkrete Rechtsvorschriften für verbindlich erklärt wurden, rechtlich nichts weiter als Vertragsschablonen.

Im vorliegenden Fall kam der OGH zum Ergebnis, dass auch dieser Risikoausschluss nicht verwirklicht sei. Insbesondere habe der Versicherer nicht konkret vorgebracht, dass sich der Bau-Polier bei seiner Vorgangsweise bewusst war, dass er damit gegen die vom Versicherer behaupteten Vorschriften verstößt.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Risikoausschlusses als Ausnahmetatbestand liegt beim Versicherer. Der Versicherer muss daher auch zu allen Voraussetzungen eines Risikoausschlusses ein konkretes Vorbringen erstatten, andernfalls kann sich der Versicherer nicht erfolgreich auf Leistungsfreiheit berufen