Was ist passiert?

Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer bestand ein Versicherungsvertrag, der folgende Sparten beinhaltete: Feuerversicherung, Total-Mietentgang-Betriebsunterbrechungsversicherung, Einbruchsdiebstahlversicherung, Leitungswasserversicherung, Glaspauschalversicherung, Sturmversicherung, Haftpflichtversicherung Haus/und Grundbesitz. Den einzelnen Sparten waren jeweils unterschiedliche Versicherungssummen und unterschiedliche Jahresprämien zugeordnet. Darüber hinaus wurden den einzelnen Sparten unterschiedliche Versicherungsbedingungen zugrunde gelegt.

Durch einen Brand kam es am versicherten Objekt zu zahlreichen Sachschäden (Betriebsgebäude, Lagerhaus, kaufmännische und technische Betriebseinrichtung, Waren, Vorräte). Trotz ordnungsgemäßer Schadenmeldung im Rahmen der Feuerversicherung lehnte der Versicherer eine Leistung aus dem gegenständlichen Versicherungsvertrag mit der Begründung ab, dass der Versicherungsnehmer zur Total-Mietentgang-Betriebsunterbrechungsversicherung eine Verletzung einer Obliegenheit zu verantworten habe, da er über den Mietentgang unwahre Behauptungen gemacht habe, was schließlich zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen würde. Nach Einbringung einer Klage durch den Versicherungsnehmer landete der Fall schließlich beim Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

Der OGH (09.11.2022, 7 Ob 163/22d) befasste sich zunächst mit den Unterschieden zwischen einer „kombinierten“ Versicherung und einer Bündelversicherung. Nach Ansicht des OGH liegt eine „kombinierte“ Versicherung vor, wenn mehrere Gefahren in einem einzigen Vertrag zusammengefasst werden, dem einheitliche Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) zugrunde liegen. Die „kombinierte“ Versicherung führe zu einem Vertrag, der ein ungeteiltes rechtliches Schicksal hat. Er könne nur als Einheit abgeschlossen und beendet werden.

Von einer Bündelversicherung spreche man hingegen, wenn für die einzelnen Gefahren getrennte Verträge bestehen, die jedoch als einziges „Versicherungsprodukt“ angeboten werden, wofür in der Regel nur ein Versicherungsschein errichtet wird. Dabei werden mehrere rechtlich selbständige Versicherungsverträge zum Zweck der administrativen Vereinfachung in der Weise zusammengefasst, dass für sie zwar ein einheitliches Antragsformular verwendet und ein gemeinsamer Versicherungsschein ausgestellt wird, es werden aber dennoch mehrere selbständige Versicherungsverträge, für die unterschiedliche AVB zur Anwendung gelangen, abgeschlossen. Die darin eingeschlossenen Sparten haben ein rechtlich selbständiges Schicksal und sind insoweit getrennt zu beurteilen.

Ausgehend davon, dass im vorliegenden Fall eine Vielzahl unterschiedlicher Sparten eingeschlossen sei und dabei den einzelnen Sparten jeweils unterschiedliche Versicherungssummen, Jahresprämien und Allgemeine Vertragsbedingungen zugeordnet seien, kam der OGH zum Ergebnis, dass es sich beim gegenständlichen Versicherungsvertrag um eine Bündelversicherung handle. Die zur Total-Mietentgang-Betriebsunterbrechungsversicherung behauptete Verletzung einer Obliegenheit führe daher nicht zur Leistungsfreiheit hinsichtlich der durch den Brand verursachten Sachschäden aus der Feuerversicherung.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Bei einer Bündelversicherung haben die eingeschlossenen Sparten ein rechtlich selbständiges Schicksal. Obliegenheitsverletzungen zählen daher auch nur in der betroffenen Sparte.«

Was ist passiert?

Zwischen der Versicherungsnehmerin und dem Versicherer bestand ein Versicherungsvertrag, mit welchem das Geschäftslokal der Versicherungsnehmerin unter anderem gegen das Risiko von Schäden in Folge von Einbruchsdiebstählen versichert worden ist. Anlässlich der Eröffnung des Geschäftslokales beauftragte die Versicherungsnehmerin einen Fachbetrieb mit der Durchführung der notwendigen Arbeiten am Schloss der Schaufenstertür. Die beigezogene Schlosserei montierte dabei vier Sperr-/Schubriegel, unterließ es jedoch, Vorhangschlösser für die von ihr montierten Riegel beizustellen. Ebenfalls unterblieb ein eindeutiger Hinweis an die Versicherungsnehmerin, die Vorhangschlösser selbst zu montieren. Vielmehr teilte die Schlosserei der Versicherungsnehmerin mit, „dass die Türe wieder funktioniert und sperrbar gerichtet wurde“. Schließlich kam es über die Schaufenstertür zu einem Einbruchsdiebstahl, wobei die Tür zum Zeitpunkt des Einbruchs durch die Sperr-/Schubriegel (ohne Vorhangschlösser) versperrt war. Nach ordnungsgemäßer Schadensmeldung lehnte der Versicherer eine Zahlung unter Verweis auf den Ausschlussgrund der groben Fahrlässigkeit sowie mit der Begründung ab, dass die Versicherungsnehmerin die Sperrbarkeit der Schaufenstertür nach den Arbeiten des Schlossers überprüfen hätte müssen. 

Wie ist die Rechtslage?

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) ist grobe Fahrlässigkeit dann gegeben, wenn schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedermann einleuchten müssen. Dabei muss die Schadenswahrscheinlichkeit offenkundig so groß sein, dass es ohne weiteres nahe liegt, zur Vermeidung des Versicherungsfalls ein anderes Verhalten als das tatsächlich geübte in Betracht zu ziehen.

Im vorliegenden Fall führte der OGH (7 Ob 179/22g) zunächst aus, dass die Versicherungsnehmerin die Schaufenstertür durch einen Fachbetrieb reparieren ließ und von diesem Fachbetrieb zu erwarten gewesen wäre, dass dieser im Bedarfsfall die Vorhangschlösser selbst zur Verfügung stellt oder die Versicherungsnehmerin zumindest darauf aufmerksam macht, dass diese sie selbst beizustellen hat. Nach Ansicht des OGH konnte die Versicherungsnehmerin aufgrund der Beiziehung eines Fachbetriebes darauf vertrauen, dass die Schaufenstertür auch ohne Anbringung von Vorhangschlössern an den Schubriegeln ordnungsgemäß sperrt. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass die Gefahren eines Öffnens der Riegel von außen nach erfolgter Beiziehung eines Fachbetriebs keinesfalls so nahe liegen, dass von einer gleichgültigen Haltung der Versicherungsnehmerin oder von einer Außerachtlassung von für jedermann einsichtigen Sicherungsmaßnahmen auszugehen wäre. In der Gesamtschau ihres Verhaltens sowie des Ablaufs und der Umstände sei daher lediglich von leichter Fahrlässigkeit auszugehen und hätte die Versicherungsnehmerin keine weiteren Kontrollen veranlassen müssen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit müssen stets die Umstände des einzelnen Falls und die persönlichen Verhältnisse berücksichtigt werden. Im Rahmen dieser Prüfung ist auf jenen Personenkreis abzustellen, dem der jeweilige Versicherungsnehmer angehört.«

7 Ob 56/22w

Was ist passiert?

Die Klägerin ist Vermieterin einer Wohnung. Im Mietvertrag aus dem Jahr 2000 vereinbarten die Parteien Folgendes: »Festgehalten wird, dass bezüglich des Personenaufzuges eine separate Vereinbarung zu treffen sein wird. Der Mieter stimmt einer allfälligen Verlegung der WC-Anlage auf Kosten der Vermieterin zu.«

Als die Vermieterin in weiterer Folge die Verlegung der WC-Anlage beabsichtigte, knüpfte die Mieterin die Zustimmung an gewisse Bedingungen, mit welchen die Vermieterin nicht einverstanden war. Die Vermieterin kündigte daraufhin das Mietverhältnis mit der Begründung, die mangelnde Vertragszuhaltung stelle ein unleidliches Verhalten und somit einen Kündigungsgrund dar.

Wie ist die Rechtslage?

Ein erheblich nachteiliger Gebrauch vom Mietgegenstand iSd § 30 Abs 2 Z 3 Fall 1 MRG liegt vor, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht oder wenn das Verhalten des Mieters geeignet ist, den Ruf oder wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Vermieters oder der Mitmieter zu schädigen oder zu gefährden. Bei einem Verstoß gegen vertragliche Verpflichtungen liegt ein Kündigungsgrund dann vor, wenn hierdurch wichtige Interessen des Vermieters in einer Weise verletzt werden, dass sie einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Vermieters gleichkommen, was der Vermieter schon in der Aufkündigung dartun muss.

Der Kündigungsgrund des unleidlichen Verhaltens (§ 30 Abs 2 Z 3 Fall 2 MRG) stellt die mietrechtliche Konkretisierung der Unzumutbarkeit des Fortbestands des Dauerrechtsverhältnisses dar, bei dessen Beurteilung stets das Gesamtverhalten des Mieters zu berücksichtigen ist. Auch laufende Versuche eines Mieters, seine Benützungsrechte auf nicht in Bestand genommene Räume oder Gegenstände auszudehnen, sind als unleidliches Verhalten zu werten, weil ein derart beharrlich vertragswidriges Verhalten des Mieters dem Vermieter die Vertragsfortsetzung unzumutbar macht.

Nichtsdestotrotz berechtigt aber nicht jede gesetz- oder vertragswidrige Verwendung des Bestandgegenstands durch den Mieter zur Aufkündigung, wenn diesem Verhalten auch mit einer Klage auf Vertragszuhaltung oder Unterlassung begegnet werden kann. Bei der Frage, ob ein bestimmtes Verhalten des Mieters oder seiner Mitbewohner als unleidlich zu qualifizieren ist, handelt es sich regelmäßig um eine Abwägung der Umstände im Einzelfall.

Gegenständlich bestätigte der OGH die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach die genannten Kündigungsgründe schon deshalb nicht vorlägen, weil weder wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen noch eine Existenzgefährdung in der Kündigung auch nur annähernd konkretisiert wurden, zumal die Klägerin in der Aufkündigung nur behauptete, die Beklagte verweigere beharrlich die bereits im Mietvertrag erfolgte Zustimmung zur Verlegung der WC-Anlage.

Laut OGH kann der Umstand, dass die Beklagte der Verlegung der WC-Anlage zur Errichtung eines Personenaufzugs nur unter gewissen Bedingungen zustimmt, nicht mit einer beharrlichen vertragswidrigen Ausdehnung der Benützungsrechte im Sinn der zitierten Judikatur gleichgesetzt werden und ist der Klägerin die Fortsetzung des Bestandverhältnisses keineswegs unzumutbar, zumal dem Verhalten der Beklagten auch mit einer Klage auf Vertragszuhaltung begegnet werden kann.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ob ein vertragswidriges Verhalten eine Kündigung rechtfertigt oder der Vermieter auf eine Klage auf Vertragszuhaltung verwiesen wird, ist stets eine Frage des Einzelfalls; umso wichtiger ist es, durch eine möglichst konkrete und bestimmte Formulierung im Vertrag Auslegungsspielräume bereits im Vorhinein zu vermeiden.“«

Was ist passiert?

Im Dezember 2018 beantragte die Klägerin den Abschluss einer Krankenversicherung über ihren Versicherungsmakler. Dem Antrag war eine „Schlusserklärung für die Gesundheitsvorsorge“ beigeschlossen, wonach sich die Klägerin verpflichtete, alle Änderungen ihres Gesundheitszustandes bis zur Übermittlung der Polizze umgehend anzuzeigen.

Am 04.01.2019 kam die Klägerin beim Eislaufen zu Sturz und verletzte sich dabei auch die linke Schulter. Eine Meldung an die Krankenversicherung erstattete die Klägerin nicht. Drei Tage nach dem Unfallereignis, am Montag dem 07.01.2019, stellte die Krankenversicherung die Polizze aus und übermittelte diese per Mail.

Im Juli 2019 wurde bei der Klägerin im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einer Privatklinik eine Arthroskopie am linken Schultergelenk durchgeführt. Die Deckung für diese Behandlung wurde von der Krankenversicherung abgelehnt und gleichzeitig der Rücktritt vom Versicherungsvertrag erklärt, da die Sturzverletzung vom 04.01.2019 der Versicherung erst im August bekannt wurde. Nach Ansicht der Versicherung sei die Klägerin ihrer Pflicht, die Sturzverletzung umgehend zu melden, nicht nachgekommen, weshalb sie zum Rücktritt berechtigt sei.

Daraufhin begehrte die Klägerin die Zahlung der Kosten sowie die Feststellung des Weiterbestandes des Versicherungsverhältnisses gegen die Versicherung auf dem Klagswege.

Wie ist die Rechtslage?

Gemäß § 16 Abs 1 VersVG hat der Versicherungsnehmer beim Abschluss des Vertrages alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Bei einer schuldhaften Verletzung dieser Anzeigepflicht kann der Versicherer nach § 16 Abs 2 VersVG vom Vertrag zurückzutreten.

Der Oberste Gerichtshof hatte in seiner Entscheidung zu 7 Ob 25/22k nun zu klären, ob im vorliegenden Fall überhaupt eine Pflichtverletzung der Klägerin vorliegt und falls ja, ob die Versicherung auch zum Rücktritt berechtigt war.

Die Klägerin war dazu verpflichtet, „umgehend“ eine Meldung an die Versicherung zu erstatten. Wann die Erstattung einer Meldung allerdings noch als „umgehend“ zu betrachten ist, ist weder im VersVG noch in den Versicherungsbedingungen geregelt. Der Gerichtshof legte den Begriff daher in Anlehnung an den Begriff „unverzüglich“ aus, der mehrmals im VersVG verwendet wird. Folglich ist eine Meldung innerhalb von drei Tagen noch als „umgehend“ zu qualifizieren. Da innerhalb dieser Frist – somit bis 07.01.2019 – keine Meldung der Klägerin erging, war ihr eine schuldhafte Verletzung ihrer Anzeigepflicht vorzuwerfen.

Dennoch kam der Oberste Gerichtshof im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Versicherung nicht dazu berechtigt war, gemäß § 16 Abs 2 VersVG vom Vertrag zurückzutreten.

Eine Meldung der Klägerin im Laufe des 07.01.2019 wäre nämlich noch rechtzeitig gewesen. Da die Übermittlung der Polizze bereits an diesem Tag erfolgte, konnte auch eine rechtzeitige Meldung nicht mehr die am Morgen des 07.01.2019 getroffene Entscheidung der Versicherung, ob und zu welchen Bedingungen sie den Vertrag abschließen wolle, beeinflussen. Mit dem Recht zum Rücktritt beanspruchte die Versicherung daher eine Rechtsposition, die ihr auch bei einem vertragstreuen Verhalten der Klägerin nicht zugekommen wäre. Die Anzeigepflichtverletzung ist damit für den konkreten Vertragsabschluss nicht kausal geworden, weil auch deren ordnungsgemäße Erfüllung der Versicherung nicht ermöglicht hätte, ihre Entscheidung anzupassen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ob (die übrigen) Wohnungseigentümer einer von einem Wohnungseigentümer gewünschten Änderung an Der Vertragsrücktritt des Versicherers nach § 16 Abs 2 VersVG verlangt neben einer schuldhaften Anzeigepflichtverletzung auch, dass diese Pflichtverletzung für den konkreten Vertragsabschluss kausal wurde. Hätte auch ein pflichtkonformes Verhalten des Versicherungsnehmers keinen Einfluss mehr auf die Entscheidung des Versicherers nehmen können und wäre der Vertrag demnach auch in diesem Fall so wie tatsächlich geschehen geschlossen worden, so ist der Versicherer nicht zum Rücktritt berechtigt.seinem Wohnungseigentumsobjekt zustimmen müssen und der Ersatz der Zustimmungen erforderlichenfalls im Außerstreitverfahren erfolgreich ist, ist anhand des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.«

 (5 Ob 144/22w)

Was ist passiert?

Der Antragsteller ist Wohnungseigentümer einer Wohnung und ist zusätzlich zur Eigennutzung einer Gartenfläche berechtigt. Zur Umzäunung dieser Gartenfläche beabsichtigte der Antragsteller die Errichtung eines 1,50 m hohen, bunten Staketenholzzauns.

Mangels Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zur Umzäunung der dem Antragsteller zur Eigennutzung zugeordneten Gartenfläche, begehrte der Antragsteller sohin den Ersatz der Zustimmungen der weiteren Wohnungseigentümer im Außerstreitverfahren.

Der vorliegende Fall gelangte schließlich zum Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

Wohnungseigentümer sind gemäß § 16 Abs 2 WEG zu Änderungen an ihren Wohnungseigentumsobjekten auf eigene Kosten berechtigt. Solche Änderungen dürfen nach § 16 Abs 2 Z 1 WEG aber weder eine Schädigung des Hauses, noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben.

Eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, die zu einer Unzulässigkeit von Änderungen an einem Wohnungseigentumsobjekt führt, kann unter anderem durch die Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Hauses verwirklicht sein.

Ob eine solche Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses schutzwürdige Interessen der anderen Wohnungseigentümer beeinträchtigt oder nicht, ist ein spezifischer Fall der Interessenbeeinträchtigung und anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu beurteilen.

Die ständige Rechtsprechung versteht unter der Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses eine Veränderung, die eine Verschlechterung des Erscheinungsbildes bewirkt (RS0043718). Auch wenn die Veränderungen nur von anderen Wohnungen, insbesondere von den dazugehörigen Terrassen aus wahrnehmbar sind, handelt es sich um eine Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des Wohnhauses (5 Ob 120/89).

Der OGH bestätigte in seiner Entscheidung zu 5 Ob 144/22w die vorangegangene Entscheidung des Rekursgerichts, mit dem das Begehren des Antragstellers auf Ersatz der Zustimmungen der weiteren Wohnungseigentümer zur Umzäunung der Gartenfläche nicht stattgegeben wurde.

Im konkreten Einzelfall liegt laut OGH eine wesentliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Wohnungseigentümer vor, da durch den Zaun der einheitliche Grundblick der anderen Wohnungseigentümer von den Terrassen und den anderen Gartenanteilen beeinträchtigt wird. Dies insbesondere, da sich der Holzzaun des Antragstellers einerseits farblich deutlich von der Grünanlage abhebt, andererseits auch insgesamt einen optischen Fremdkörper im Garten bildet.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Ob (die übrigen) Wohnungseigentümer einer von einem Wohnungseigentümer gewünschten Änderung an seinem Wohnungseigentumsobjekt zustimmen müssen und der Ersatz der Zustimmungen erforderlichenfalls im Außerstreitverfahren erfolgreich ist, ist anhand des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.«

 (OGH 24.08.2022, 7 Ob 135/22m)

Was ist passiert?

In gegenständlicher Rechtsangelegenheit schloss der Kläger mit der Beklagten für das von ihm genutzte Einfamilienhaus einen Versicherungsvertrag (Eigenheimversicherung), der unter anderem auch die Sparte Leitungswasserschaden umfasst. Die Allgemeinen Bedingungen für Versicherungen gegen Leitungswasserschäden (AWB) lauteten auszugsweise:

Artikel 1: Versicherte Gefahren und Schäden

1. Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Schäden, die an den versicherten Sachen dadurch entstehen, dass Wasser aus Zu- oder Ableitungsrohren oder angeschlossenen Einrichtungen von Wasserleitungs-, Warmwasserversorgungs- oder Zentralheizungsanlagen sowie aus Etagenheizungen austritt.

[…]

Artikel 3: Nicht versicherte Gefahren und Schäden

[…]

h) Schäden an den an die Leitung angeschlossenen Einrichtungen und Armaturen wie Wasserhähnen, Wassermessern, Wasserbehältern, Badewannen, Brausetassen, Waschbecken, Spülklosetts, Heizkörpern, Heizkesseln und Boilern, mit Ausnahme der nach Art 1 (2) lit b eingeschlossenen Frostschäden.

[…]

Allgemeinen Bedingungen für Versicherungen gegen Leitungswasserschäden (AWB)

Wie ist die Rechtslage?

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 ff ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung. Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers.

In seiner Entscheidung vertrat der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht, dass aus der Formulierung des Art 1 Abs 1 AWB sich unzweifelhaft das Erfordernis des Anschlusses und damit der Verbindung der Einrichtung mit dem Wasserleitungssystem ergibt. Dementsprechend wird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer die Dusch-/Brausetasse, die über den Zulauf (Duschkopf) und Ablauf (Abwasserleitung) mit dem Rohrsystem verbunden ist, als Behältnis verstehen, das dauernd durch eine Zu- oder Ableitung mit dem Rohrsystem verbunden ist und folglich als angeschlossene Einrichtung ansehen.

Dieses Verständnis wird durch Art 3 Abs 1 lit h AWB verdeutlicht: Dieser nimmt auf „an die Leitung angeschlossene Einrichtungen“ Bezug und nennt ausdrücklich die Brausetasse. Keine Anhaltspunkte bietet der Wortlaut jedoch dafür, den gesamten Duschbereich, das heißt über die Dusch-/Brausetasse hinaus, wie die angrenzenden Wände und die sonstigen Bauteile einer Dusche wie etwa auch die Fugen als angeschlossene Einrichtung zu verstehen. Der Umstand, dass Duschen in ganz unterschiedlichen baulichen Gestaltungen ausgeführt werden, bestärkt dieses Verständnis des Versicherungsnehmers, zumal insbesondere im Falle von niveaugleichen und barrierefrei ausgeführten Duschen gesamte Räume umfasst sein müssten. Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer wird dementsprechend nicht davon ausgehen, dass die über Dusch-/Brausetasse hinausgehenden Bauteile einer Dusche, wie zum Beispiel Duschtrennwände, Verfugungen, Verfliesungen und Fugen gemeinsam mit der Dusch-/Brausetasse ein Behältnis bilden, das mit dem Rohrsystem verbunden und damit als eine angeschlossene Einrichtung iSd Art 1 Abs 1 AW anzusehen sind.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Entscheidung verdeutlicht, dass Klauseln in den Versicherungsbedingungen, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen sind und dabei der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen ist.«

Was ist passiert?

Im gegenständlichen Fall war zwischen den Parteien strittig, ob die Antragsgegnerin nach § 16 Abs 1 Z 3 MRG berechtigt war, dem Antragsteller für die von ihm gemietete Wohnung in einem denkmalgeschützten Gebäude einen angemessenen Hauptmietzins zu verrechnen.

Das Erstgericht verneinte dies und stellte die Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung sowie den gesetzlich zulässigen monatlichen Hauptmietzins auf Basis des Richtwertes nach § 16 Abs 2 MRG fest. Die Antragsgegnerin erhob Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung.

Wie ist die Rechtslage?

Im abgeführten Rechtsstreit zu GZ 5 Ob 18/22s hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, unter welchen Voraussetzungen die Vereinbarung eines angemessenen Mietzinses ohne die Beschränkungen des § 16 Abs 2 bis 5 MRG (Mietzins auf Basis des Richtwertes) zulässig ist sowie um die Behauptungs- und Beweislast des Vermieters.

Der OGH traf folgende Erwägungen:

Gemäß § 16 Abs 1 Z 3 MRG sind Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Hauptmietzinses ohne die Beschränkungen des § 16 Abs 2 bis 5 MRG (Richtwert) bis zu dem für den Mietgegenstand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag dann zulässig, wenn der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, an dessen Erhaltung aus Gründen des Denkmalschutzes öffentliches Interesse besteht, sofern der Vermieter unbeschadet der Gewährung öffentlicher Mittel zu dessen Erhaltung nach dem 8. Mai 1945 erhebliche Eigenmittel aufgewendet hat.

Im gegenständlichen Fall ging es um die Frage der „Aufwendung erheblicher Eigenmittel“. Zu dieser Tatbestandsvoraussetzung „Aufwendung erheblicher Eigenmittel“ gibt es bereits einige Entscheidungen des Fachsenates, wonach unter den Begriff „Eigenmittel“ in § 16 Abs 1 Z 3 MRG nur verrechnungsfreie Mittel des Vermieters zu verstehen sind (vgl. RS0068797, 5 Ob 119/98f). Bei der Beurteilung der Frage, ob der Vermieter erhebliche Eigenmittel aufgewendet hat, ist von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Aufwendung auszugehen. Zukünftige Mietzinseinnahmen sind nicht zu berücksichtigen. Beachtlich ist auch, ob der Vermieter einmal (rechtmäßig) aufgewendete derartige Eigenmittel in der Folge (noch vor Abschluss der Mietzinsvereinbarung) nicht etwa (rechtmäßig) als Ausgaben in die Mietzinsabrechnung eingesetzt hat (RS0069740). Die Behauptungs- und Beweislast hierfür trifft den Vermieter (RS0111657). Um die Qualität der aufgewendeten Mittel als „erhebliche Eigenmittel“ in diesem Sinn beurteilen zu können, muss über den jeweils maßgeblichen Verrechnungszeitraum für Mietzinsreserven eine vollständige Abrechnung iSd § 20 Abs 1 MRG gelegt und die Kosten dürfen auch nicht nachträglich als Mietzinspassivum verrechnet werden (5 Ob 119/98f mwN; 5 Ob 227/18w).

Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass die übereinstimmende Auffassung der Vorinstanzen, die Antragsgegnerin habe hier die Aufwendung erheblicher Eigenmittel und damit den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs 1 Z 3 MRG nicht ausreichend nachgewiesen, sich im Rahmen der Rechtsprechung hält und daher nicht korrekturbedürftig war.

Schlussfolgerung

Bei der Vereinbarung eines angemessene Mietzinses in einem denkmalgeschützten Gebäude ist besonders darauf zu achten, dass das notwendige Kriterium „Aufwendung erheblicher Mittel“ im Sinne der oben beschriebenen Judikatur berücksichtigt wird. Ansonsten drohen dem Vermieter hohe Mietzinsausfälle.

Was ist passiert?

Ein Wohnungsmieter schloss mit einem Sperrventil einen Gartenschlauch an seinem Waschmaschinen-Wasseranschluss an, um Terrassenpflanzen zu bewässern. Nach wenigen Tagen dürfte sich in den Nachtstunden der Schlauch von der Schlauchhülle des Ventils gelöst haben, wodurch Wasser auslief, das in Bodenfugen sowie den durchgängig verlegten Klebeparkettboden eindrang und an diesem nicht reparable Quell- und Schwundschäden verursachte. Der Parkettboden musste mit Kosten von mehreren Tausend Euro erneuert werden. Der Gebäudeversicherer des Vermieters hat den Schaden ersetzt und begehrt vom Mieter gemäß § 67 VersVG den Rückersatz, weil der Schaden grob fahrlässig verursacht worden sei.

Der Mieter wiederum klagt seinen eigenen Versicherer auf Feststellung der Deckungspflicht des von ihm verursachten Schadens. Zwischen dem Kläger und dem beklagten Versicherungsunternehmen bestand am Ereignistag eine „Haushaltsversicherung Exklusiv Premium“ samt Privat-Haftpflichtversicherung. Die Bedingungen lauteten auszugsweise:

Nicht versichert sind:

[…]

3. Schadenersatzverpflichtungen der Personen, die den Schaden, für den sie von einem Dritten verantwortlich gemacht werden, rechtswidrig und vorsätzlich herbeigeführt haben. Dem Vorsatz wird gleichgehalten eine Handlung oder Unterlassung, bei welcher der Schadenseintritt mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden musste, jedoch in Kauf genommen wurde.

[…]

7. Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an

7.1. Sachen, die der Versicherungsnehmer oder […] entliehen, gemietet, geleast, gepachtet oder in Verwahrung genommen haben, […].

Artikel 31 ABH (Allgemeine Bedingungen für die Haushaltsversicherung)

Was ist nicht versichert (Risikoausschlüsse)?

[…]

10. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an

10.1. Sachen die der Versicherungsnehmer oder […] entliehen, gemietet, geleast, oder gepachtet haben;

Artikel 7 ABHV (Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung)

Wie ist die Rechtslage?

Das Berufungsgericht wies das Begehren des Klägers auf Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten ab und ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, ob für die Wirksamkeit von Subsidiaritätsklauseln der Versicherungsnehmer bei der primären und subsidiären Versicherung ident sein müsse.

In seiner Entscheidung zu 7Ob117/22i stellte der OGH zunächst klar, dass es zu den Voraussetzungen der Doppelversicherung gehört, dass in zwei Versicherungsverträgen dasselbe Interesse versichert ist. Dies muss allerdings nicht durch dieselbe Person geschehen, sodass eine Doppelversicherung auch dann anzunehmen ist, wenn (wie hier) dasselbe Interesse etwa durch eine Eigenversicherung und eine Versicherung für fremde Rechnung geschützt wird. Daher sprach der OGH aus, dass nicht die Identität des Versicherungsnehmers, sondern die Identität des versicherten Interesses die Doppelversicherung begründet.

Im vorliegenden Fall wurde vom OGH festgestellt, dass einerseits eine Gebäudeversicherung des Vermieters (dessen Eigenversicherung) und andererseits eine dasselbe Interesse des Vermieters an der Integrität des vermieteten Objekts deckende Haushaltsversicherung des Klägers besteht. Nach den ABH wäre die Beklagte nur dann zur Deckung verpflichtet gewesen, wenn die Gebäudeversicherung des Vermieters den verursachten Schaden nicht ersetzt hätte. Da dies jedoch nicht der Fall war, greift die ausdrückliche Subsidiaritätsklausel und die Beklagte ist nicht leistungspflichtig.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Nicht die Identität des Versicherungsnehmers begründet eine Doppelversicherung, sondern die Identität des versicherten Interesses. Im Wesentlichen greift eine Subsidiaritätsklausel bei Doppelversicherung dann, wenn der in Rede stehende Schaden durch eine andere Versicherung gedeckt wurde.«

Was ist passiert?

Die Beklagte schloss bei der Klägerin einen KFZ-Haftpflichtversicherungsvertrag für einen LKW ab. Ein Mitarbeiter der Beklagten fuhr mit dem LKW auf das Gelände eines Möbelhauses, um dort Waren abzuliefern. Dabei musste er eine Schrankenanlage passieren und streifte mit dem LKW das Bedienteil des Modulträgers sowie den Ticketnehmer der Schrankenanlage, wodurch der Schrankenautomat beschädigt wurde.

Im Bereich der Schrankenanlage befindet sich eine Überwachungskamera, die den Unfall aufzeichnete. Als das geschädigte Möbelhaus den Schaden an der Schrankenanlage bemerkte, überprüfte es die Aufzeichnungen, stellte die Schadensursache fest und meldete der Klägerin am nächsten Tag den Schaden. Dabei legte es eine Schadensmeldung sowie ein Fotoprotokoll vor, auf welchem zu sehen ist, dass der LKW sie Schrankenanlage beschädigte.

Die Klägerin bezahlte dem Möbelhaus die entstandenen Reparaturkosten. Die Beklagte erstattete erst zweieinhalb Wochen nach Schadenseintritt eine Schadensmeldung an die Klägerin. Aus diesem Grund begehrte die Klägerin von der Beklagten den Ersatz dieser Kosten mit der Begründung, dass die Beklagte die Obliegenheit zur Anzeige des Versicherungsfalles verletzt habe. Der vorliegende Fall gelangte schließlich zum Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

Der OGH führte in seiner Entscheidung zu 7 Ob 52/22f zunächst aus, dass Obliegenheiten im Versicherungsrecht dem Zweck dienen, den Versicherer vor vermeidbaren Belastungen und ungerechtfertigten Ansprüchen zu schützen und die sachgemäße Abwicklung des Versicherungsfalles zu gewährleisten. Grundsätzlich sind Versicherer insbesondere dann von ihrer Leistung befreit, wenn eine Anzeigeobliegenheit mit Täuschungs- und Verschleierungsvorsatz im Sinne des § 6 Abs 3 VersVG verletzt wurde.

Allerdings normiert § 33 Abs 2 VersVG, dass Versicherer dennoch leistungspflichtig sind, sofern sie in anderer Weise von dem Eintritt des Versicherungsfalles rechtzeitig Kenntnis erlangt haben. Diese Bestimmung gilt auch für das Verhältnis Versicherungsnehmer und KFZ-Haftpflichtversicherer.

Ausgehend vom Gesetzeswortlauft des § 33 Abs 2 VersVG kann sich die Klägerin somit nicht auf die Verletzung der Anzeigeobliegenheit stützen, da sie vom Möbelhaus vom Versicherungsfall in Kenntnis gesetzt wurde. Dabei spielt es keine Rolle, aus welchen Gründen die Beklagte die Schadensmeldung unterlassen hat.

Nach Ansicht des OGH entspricht dies auch dem Gesetzeszweck, da die schuldhaft verspätete Anzeige durch den Versicherten nicht geeignet ist, den Versicherer in der Abwicklung des Versicherungsfalles zu beeinträchtigen und diesen zu ungerechtfertigten Leistung zu veranlassen, wenn er ohnehin schon von anderer Seite rechtzeitig und vollständig Kenntnis vom Schadensfall erlangt hat.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Selbst wenn ein Versicherungsnehmer die Obliegenheit zur Anzeige des Versicherungsfalles mit Täuschungs- und Verschleierungsvorsatz verletzt, bleibt der Versicherer leistungspflichtig, sofern er in anderer Weise vom Eintritt des Versicherungsfalles Kenntnis erlangt hat. Im vorliegenden Fall kam der OGH daher zum Ergebnis, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin nicht ersatzpflichtig ist.«

Was ist passiert?

Zwischen dem Kläger als Versicherungsnehmer und der Beklagten als Versicherer bestand bis Jänner 2014 ein Rechtsschutzversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung der Beklagten (ARB 2003) zugrunde lagen. Diese lauten auszugsweise:

»Artikel 8

Welche Pflichten hat der Versicherungsnehmer zur Sicherung seines Deckungsanspruches zu beachten? (Obliegenheiten)

1. Verlangt der Versicherungsnehmer Versicherungsschutz, ist er verpflichtet

1.1. den Versicherer unverzüglich, vollständig und wahrheitsgemäß über die jeweilige Sachlage aufzuklären und ihm alle erforderlichen Unterlagen auf Verlangen vorzulegen; …«

Der Kläger hat im Jahr 2013 einen dieselbetriebenen PKW der Marke VW Touran erworben, welcher letztlich vom VW-Dieselabgasskandal betroffen war. Im Februar 2017 folgte der Kläger der Einladung der Herstellerin und ließ auf seinem Fahrzeug das von ihr empfohlene (bzw als Lösung der Manipulationen angepriesene) Software-Update durchführen. In der Folge bemerkte der Kläger jedoch einen höheren Kraftstoffverbrauch.

Erst im Juni 2020 wandte sich der Kläger an einen Rechtsvertreter, welcher am 17. Juni 2020 um Rechtsschutzdeckung bei der Beklagten ansuchte. Allerdings lehnte die Beklagte die Deckung mit Schreiben vom 18. Juni 2020 mit der Begründung ab, dass der Schaden dem Kläger seit Jahren bekannt gewesen wäre und die Schadensmeldung daher nicht unverzüglich erfolgt wäre. Weiters führte die Beklagte begründend aus, dass die dreijährige Verjährungsfrist nach § 12 Abs 1 VersVG spätestens im Februar 2017 zu laufen begonnen habe und der Anspruch somit verjährt sei.

Der Kläger begehrte die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten für die klageweise Geltendmachung seiner Ansprüche. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wohingegen das Berufungsgericht dieses Urteil in eine Klagsabweisung abänderte.

Wie ist die Rechtslage?

Der OGH nahm in seiner Entscheidung zu 7 Ob 98/22w zur Frage der Verjährung Stellung. Im besonderen Fall der Rechtsschutzversicherung beginnt die Verjährung mit der Fälligkeit des Rechtsschutzanspruchs zu laufen. Nach ständiger Rechtsprechung des OGH ist Beginn der Verjährung des Anspruchs aus der Rechtsschutzversicherung nach § 12 Abs 1 VersVG jener Zeitpunkt, zu dem sich die Notwendigkeit einer Interessenwahrnehmung für den Versicherungsnehmer so konkret abzeichnet, dass er mit der Entstehung von Rechtskosten rechnen muss, deretwegen er die Rechtsschutzversicherung in Anspruch nehmen will.

Gegenständlich ging die Beklagte vom Beginn der Verjährung im Frühjahr 2017 aus und begründete dies damit, dass dem Kläger spätestens nach dem Softwareupdate im Februar 2017 bekannt war, dass sein PKW vom Dieselabgasskandal betroffen ist und dadurch erhöhten Kraftstoffverbrauch hat.

Nach Ansicht des OGH zeichnete sich für den Kläger zu diesem Zeitpunkt allerdings noch keine Notwendigkeit zur Interessenwahrnehmung im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Dieselabgasskandal so konkret ab, dass er mit dem Entstehen von Rechtskosten rechnen musste, deretwegen er den Rechtsschutzversicherer in Anspruch nehmen wird. Aus diesem Grund sah der OGH die Verjährung noch nicht eingetreten.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch:

»Die Verjährungsfrist in der Rechtsschutzversicherung beträgt grundsätzlich drei Jahre. Sie beginnt mit jenem Zeitpunkt zu laufen, zu dem sich die Notwendigkeit einer Interessenwahrnehmung für den Versicherungsnehmer so konkret darstellt, dass er mit der Entstehung von Rechtskosten rechnen muss, deretwegen er die Rechtsschutzversicherung in Anspruch nehmen will. Die Feststellung dieses Zeitpunktes ist im Einzelfall nicht immer ganz einfach und bietet Spielraum für Argumentation.«