von Roland Weinrauch

Was ist passiert?

Der Kläger fuhr mit seinem Monowheel, einem elektrisch angetriebenen Einrad in die Arbeit. Bei einem Sturz mit einer Geschwindigkeit von rund 20km/h erlitt er einen offenen Trümmerbruch des Oberarms.

Die Versicherungsanstalt lehnte die Deckung mit der Begründung ab, dass der Unfall nicht vom Versicherungsschutz umfasst sei. Das Monowheel sei nicht für den Arbeitsweg geeignet und sei kein Verkehrsmittel iSd StVO, sondern ein Sportgerät für Freizeitzwecke.

Der Kläger begehrte mit der eingebrachten Klage die Feststellung, dass der Vorfall ein Dienstunfall war und forderte diverse Leistungen aus der Unfallversicherung.


Wie ist die Rechtslage?

Nach § 90 Abs 2 Z 1 B-KUVG (entspricht im Wesentlichen § 175 ASVG) sind Dienstunfälle auch Unfälle, die sich auf einem mit dem Dienstverhältnis zusammenhängenden Weg zur oder von der Dienststätte ereignen. Versichert sind die typischen Gefahren eines Arbeitsweges, das heißt jenes Risiko, dem sich die versicherte Person in ihrer Eigenschaft als Versicherte auf diesem Weg aussetzen musste.

Die Wahl des Verkehrsmittels bzw. die Art der Fortbewegung steht dem Versicherten auf Arbeitswegen aber grundsätzlich frei. Ob zumutbare günstigere, raschere, ökologisch sinnvollere oder wie auch immer zu bewertende Alternativen (etwa öffentliche Verkehrsmittel zu verwenden oder zu Fuß gehen) in Frage kämen, ist für die Unfallversicherung nicht maßgeblich.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs ist jedoch eine Grenze zwischen allgemein üblichen Verkehrsmitteln einerseits und den Spiel- und Sportgeräten andererseits zu ziehen. Es sollen nur die typischen (allgemeinen) Weggefahren und Risiken versichert sein, nicht aber mit dem Weg in irgendeinem Zusammenhang stehende andere Ereignisse, wie etwa auch Ereignisse, die im Zusammenhang mit Gefahren stehen, die typischerweise mit der Verwendung von Sport- und Spielgeräten verbunden sind.

Einen Anhaltspunkt für die Abgrenzung könnten auch die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung bilden. Skateboards, Hoverboards, Scooter und Miniscooter fallen nicht unter den Begriff des Fahrzeugs. Dies wird damit begründet, dass diese Fortbewegungsmittel, nicht vorrangig einem Verkehrsbedürfnis dienen, sondern auch einen Spiel- und Freizeitzweck verfolgen und für die Nutzung eine besondere Geschicklichkeit notwendig sei.

Die Verwendung derartiger Sport- bzw. Spielgeräte auf dem Arbeits- bzw. Dienstweg beseitigt allerdings von Vornherein nicht den Schutz bei allen Weggefahren, sondern nur insoweit, als die Unfallfolgen kausal auf die Verwendung des Sportgeräts zurückzuführen sind.

Schlussfolgerung

Der OGH kommt in seiner Entscheidung zu 10 ObS 150/20m zum Ergebnis, dass der Arbeitsweg, soweit er mit einem Monowheel zurückgelegt wird, nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, außer es würde sich eine allgemeine Weggefahr verwirklichen, die nicht im Zusammenhang mit der Verwendung eines Monowheel steht. Da im vorliegenden Fall zum Unfallhergang keine Feststellungen getroffen werden konnten, weil sich der Kläger an den Unfall nicht mehr erinnerte und keine Zeugen vorhanden (oder benennbar) waren, wurde das Klagebegehren abgewiesen. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass sich der Unfall aufgrund einer allgemeinen Weggefahr verwirklichte.

Was ist passiert?

Am 03.07.2011 brannte das bei der Beklagten versicherte Gebäude der Klägerin beinahe zur Gänze ab und hatte das Gebäude nach dem Brand noch einen Restwert von circa EUR 120.000,00. Nach einem der Klägerin bekannten Sachverständigengutachten wurde unter der Überschrift „Schadenbild und Reparaturbeschreibung“, eine Trocknung der Deckenkonstruktion infolge Durchfeuchtung durch das Löschwasser angesprochen und wurde erwähnt, dass sich im Keller Löschwasser befindet und der Keller durch Raumtrockner zu trocknen sei. Die vom Löschwasser durchnässten Gebäudeteile wurden jedoch von der Klägerin über einen Zeitraum von sieben Jahren zu keiner Zeit getrocknet. Dadurch kam es im Gebäude zu einer Schimmelbildung, was zur Abbruchreife des Gebäudes geführt hat. Die Klägerin begehrte schließlich von der Beklagten mit ihrer Klage die Bezahlung des vor der Schimmelbildung vorhandenen Gebäuderestwertes von EUR 120.000,00.


Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 27.01.2021 (7 Ob 185/20m) musste sich der OGH nunmehr mit der Frage auseinandersetzen, ob die Vergrößerung des Schadens in Folge Schimmelbildung auf einen grob fahrlässigen Verstoß der Klägerin gegen ihre Rettungsobliegenheit zurückzuführen ist. Nach § 62 Abs 2 VersVG ist der Versicherer von der Leistung frei, wenn der Versicherte die Obliegenheit, nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen und Weisungen des Versicherers einzuholen oder zu befolgen, vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat.

Die Rettungsobliegenheit gilt zeitlich unbeschränkt, solange der Schaden abgewendet oder gemindert oder der Umfang der Entschädigung gemindert werden kann. Sie verlangt inhaltlich vom Versicherungsnehmer die ihm in der jeweiligen Situation möglichen und zumutbaren Rettungsmaßnahmen unverzüglich und mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zu ergreifen. Der Inhalt der Rettungs- und Schadenminderungsobliegenheit bestimmt sich danach, wie sich der Versicherungsnehmer verständigerweise verhalten hätte, wenn er nicht versichert wäre. Dabei hat der Versicherer den Verstoß gegen die Obliegenheit, der Versicherungsnehmer das Fehlen von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit zu beweisen.

Nach Ansicht des OGH weiß ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer, dass Feuchtigkeit in einem Haus zu Schimmelbildung führen kann und er einer solchen Gefahr mit Abwehrmaßnahmen begegnen würde. Die Verletzung der Rettungsobliegenheit wurde daher im vorliegenden Fall aufgrund der Untätigkeit der Klägerin bejaht.

Blieb noch zu prüfen, ob die Klägerin grobe Fahrlässigkeit zu verantworten hat. Grobe Fahrlässigkeit wird im Versicherungsvertragsrecht dann als gegeben erachtet, wenn schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedermann einleuchten müssen. Nach Ansicht des OGH lässt das Sachverständigengutachten weder auf einen Totalschaden, noch darauf schließen, dass der Aufwand für Trocknungsmaßnahmen verloren wäre. Es sei daher kein nachvollziehbarer Grund für das Unterlassen von Trocknungsmaßnahmen oder zumindest für das Unterbleiben der Einholung einer Weisung bei der Versicherung für allfällige weitergehende Rettungsmaßnahmen ersichtlich. Nach Ansicht des OGH kann daher die Klägerin in einem solchen Fall das fehlende grobe Verschulden nicht nachweisen, was zu einer Leistungsfreiheit des Versicherers führt. Im vorliegenden Fall waren jedoch die Feststellungen zum Sachverständigengutachten unklar, weshalb die Rechtssache zur Verfahrensergänzung an die untere Instanz zurückverwiesen worden ist.

Schlussfolgerung

Im Zweifel sollte daher in jedem Schadenfall mit dem Versicherer abgeklärt werden, ob weitergehende Sanierungsarbeiten vorzunehmen sind, um die mögliche Gefahr, die Rettungsobliegenheit zu verletzten, möglichst zu minimieren.

von Roland Weinrauch

Was ist passiert?

Ein Versicherungsnehmer kam beim Fahrradfahren zu Sturz und verletzte sich an der linken Schulter und an der Halsschlagader. Die Verletzung an der Halsschlagader hat in weiterer Folge zur Bildung eines Blutgerinnsels und folglich auch zu drei Schlaganfällen geführt. Seit den Schlaganfällen leidet der Versicherungsnehmer unter anderem an Gefühlsstörungen im rechten Arm und in der rechten Hand. Der Versicherungsnehmer hat den Schadensfall seiner Unfallversicherung gemeldet und eine Invaliditätsleistung begehrt. Die Unfallversicherung hat zwar vorprozessual eine Entschädigung geleistet, allerdings hat die Unfallversicherung die Deckung für die Folgen der Schlaganfälle abgelehnt. Dabei hat sich die Unfallversicherung auf eine Bestimmung in den AUVB gestützt, wonach Herzinfarkt oder Schlaganfall nicht als Unfallfolge gelten.


Wie ist die Rechtslage?

Bei der Deckungsablehnung stützt sich die Versicherung auf nachstehende in den AUVB enthaltene Ausschlussbestimmung:

Eine Versicherungsleistung wird von uns nur für die unmittelbar durch den eingetretenen Unfall hervorgerufenen Folgen (körperliche Schädigung oder Tod) erbracht.

Herzinfarkt oder Schlaganfall gelten nicht als Unfallfolge.

Die Versicherung vertrat im Deckungsprozess den Rechtsstandpunkt, dass die Schlaganfälle ausgehend von dem Ausschlusstatbestand keine Unfallfolge darstellen und es sich dabei auch nicht um eine „unmittelbar durch den eingetretenen Unfall“ hervorgerufene Unfallfolge handelt. Dies wurde vom erstinstanzlichen Gericht, gestützt auf den Ausschlusstatbestand, bestätigt.

Der Versicherungsnehmer hat – wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren – in der Berufung wiederholt ausgeführt, dass der Ausschlusstatbestand nicht hinreichend bestimmt ist und lediglich so verstanden werden kann, dass der Deckungsausschluss nur für jene Fälle gilt, in denen sich ein Schlaganfall als Unfallfolge anlagebedingt oder ohne Zusammenhang mit einem Unfall ereignet.

Das Berufungsgericht hat der Berufung des Versicherungsnehmers schließlich Folge gegeben und bestätigt, dass der Deckungsausschluss nicht zum Tragen kommt, da die erlittenen Schlaganfälle als Folge der Verletzung der linken Halsschlagader direkte Trauma-Folge und nicht anlagebedingt aufgetreten sind (OLG Graz zu GZ: 3 R 122/19 i). In diesem Zusammenhang zitiert das Berufungsgericht völlig zutreffend die Entscheidung des OGH „7 Ob 73/02 i“ und auch die Rechtsmeinung von Fenyves in Festschrift Krejci II (Seiten 1153 ff [zur „Herzinfarkt-Klausel“ der Privaten Unfallversicherung]). Demnach kann sich der Deckungsausschluss nach dem Verständnis des Versicherungsnehmers nur auf jene Fälle beschränken, in denen ein Herzinfarkt als Unfallfolge anlagebedingt ist.

Schlussfolgerung

Unklar aufzufassende allgemeine Versicherungsbedingungen müssen so ausgelegt werden, wie dies der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer verstehen musste, wobei Unklarheiten zu Lasten des Versicherers gehen. Die Auslegung hat auch stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks der Bestimmung zu erfolgen (siehe dazu 7 Ob 208/13 h; 7 Ob 199/98 k; RS0008759; RS0080911). Sofern ein Herzinfarkt oder Schlaganfall sohin eine Folge eines Unfallereignisses darstellen, sind sie nach dem Verständnis des Versicherungsnehmers und wohl auch unter Berücksichtigung des Zwecks einer Unfallversicherung, als versichertes Unfallereignis zu verstehen.

Vortrag von Ingmar Etzersdorfer, Weinrauch Rechtsanwälte zum Corporate Governance Kodex für gemeinnützige Bauvereinigungen (GBV-CGK)

Neuerungen, die sich für GBV durch den am 3.12.2020 beschlossenen Corporate Governance Kodex für gemeinnützige Bauvereinigungen (GBV-CGK) ergeben, sind das Thema des Beitrags von Ingmar Etzersdorfer, RA und Partner bei Weinrauch Rechtsanwälte im Rahmen der Jahrestagung WGG der ARS – Akademie für Recht, Steuern & Wirtschaft am 9. März 2021.

Der Vortrag spannt einen Bogen von der Entstehungsgeschichte des GBV-CGK, dem Geltungsbereich, der Schaffung von Organen, der Auswirkungen auf das Controlling und Berichtswesen, der Schaffung eines internen Kontrollsystems (IKS), bis zur Vergabe von Wohnungen und Aufträgen. Relevant ist diese Tagung insbesondere für Mitarbeiter von Gemeinnützigen Bauvereinigungen, Rechtsanwälte, Notare, sowie Immobilien- bzw. Hausverwalter.

Was ist passiert?

Der Kläger war Vorstandsvorsitzender einer österreichischen Bank und war in dieser Position Mitversicherter einer abgeschlossenen Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Unternehmensleiter (D&O).

Nach seiner Kündigung erhob er im Jahr 2009 aufgrund diverser Forderungen Klage gegen seinen früheren Arbeitgeber. Die Bank wandte im Verfahren vor dem ASG Wien Schadenersatzansprüche von rund 70 Millionen Euro aufrechnungsweise ein und erhob eine Widerklage über rund 3 Millionen Euro. Erst vier Jahre später, im Jahr 2013 brachte die Bank eine Schadenersatzklage über 35 Millionen Euro gegen den Kläger ein.

Die D&O Versicherung lehnte die Deckung mit der Begründung ab, dass die prozessuale Aufrechnungserklärung im Verfahren vor dem ASG Wien keine der Versicherungsbedingungen entsprechende Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches sei und die Frist der Nachhaftung (zwölf Monate) somit bereits abgelaufen sei.


Wie ist die Rechtslage?

Die D&O Versicherung beruht auf dem Prinzip der Anspruchserhebung (Claims-made-Prinzip). Der Versicherungsfall besteht darin, dass der Versicherte wegen einer Pflichtverletzung in Ausübung einer Tätigkeit als versicherte Person erstmals schriftlich für einen Vermögensschaden in Anspruch genommen wird, sofern die versicherten Personen von der Pflichtverletzung bis zum Abschluss der Versicherung keine Kenntnis hatten. Damit tritt der Versicherungsfall mit der schriftlichen Anspruchserhebung ein.

In der Entscheidung 7 Ob 127/20g entschied der Oberste Gerichtshof, dass eine Anspruchserhebung oder Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen dann vorliegt, wenn der tatsächlich oder vermeintlich geschädigte Dritte seinen Entschluss in einer Art und Weise zu erkennen gibt, die als ernstliche Erklärung auf Verlangen nach Schadenersatz verstanden werden kann.

Der Oberste Gerichtshof hält fest, dass eine Bezifferung des Anspruchs zwar nicht verlangt werde, der Vortrag des Anspruchstellers müsse aber geeignet sein, eine Bestimmung des angeblich haftungsbegründenden Sachverhalts vorzunehmen. Eine Aufrechnungserklärung, die die Darstellung der rechtlichen und faktischen Umstände enthält, auf die der geschädigte Dritte die Haftung des Mitversicherten für Schadenersatzforderungen stützt, sei der Geltendmachung eines Haftpflichtanspruchs gleichzuhalten.


Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weirnrauch: „Im vorliegenden Fall hat dies zur Folge, dass die Aufrechnungserklärung im Verfahren vor dem ASG Wien bereits als Anspruchserhebung und Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen zu werten ist. Die Anspruchserhebung erfolgte somit innerhalb der Nachfrist und besteht daher eine Deckungspflicht für die D&O Versicherung.“

Neuregelungen bei Umwidmungen führen dazu, dass gewerbliche Bauträger immer häufiger gemeinsam mit gemeinnützigen Bauträgern in Kooperationen eintreten. Dabei ist es wichtig, sein neues Gegenüber zu verstehen, um von Beginn an die richtige Rollenverteilung zu finden.

Darüber hinaus werden seit einigen Jahren gemeinnützige Wohnungsbestände am Immobilienmarkt zum Kauf angeboten. Vor einer Kaufentscheidung und -beratung sollte sich der Immobilienmakler mit den wesentlichsten Unterschieden, zu denen das WGG führt, auseinandersetzen.

Themenschwerpunkte:

  • Kauf und Verkauf von „gemeinnützigen Liegenschaften“
  • Einmal WGG immer WGG
  • Kooperationen mit gemeinnützigen Bauvereinigungen
  • Unterschiede zwischen gewerblichen und gemeinnützigen Objekten

Vortragender: Dr. Roland Weinrauch ist Rechtsanwalt bei Weinrauch Rechtsanwälte GmbH und vorwiegend in den Bereichen Versicherungsrecht, Immobilien- und Baurecht, Miet- und Wohnrecht tätig. Er publiziert regelmäßig zu seinen Spezialgebieten und ist Vortragender bei Fachveranstaltungen.

22.10.2019 | Wirtschaftskammer Wien